Weltweit arbeiten über 6.000 Wissenschaftler und Ingenieure in den Labors und Forschungszentren von ABB an der Entwicklung der Technologien für die Produkte von morgen. Jedes Jahr werden zahlreiche Erfolge erzielt, und daraus die größten Innovationen zu wählen, ist keine leichte Aufgabe. Einige unserer bemerkenswertesten Errungenschaften dieses Jahres werden auf den folgenden Seiten vorgestellt. Sie geben einen Einblick in die verschiedenen Bereiche, in denen unsere Forschungs- und Entwicklungsteams tätig sind, und werden in einigen Artikeln in dieser Ausgabe der ABB Technik genauer behandelt. 6 ABB Technik 4/2008
Stilvoll und funktionell Energieeffiziente Gebäude spielen eine zunehmend wichtige Rolle bei der Bekämpfung des Klimawandels. Intelligente Komponenten in mit Sensoren und Aktoren ausgestatteten Gebäuden sorgen dafür, dass die Sonneneinstrahlung am Tag und die Beleuchtung bei Nacht automatisch reguliert wird. Auch die Heizung und Klimaanlage kann auf optimalen Komfort und niedrigen Energieverbrauch abgestimmt werden. Darüber hinaus unterstützt intelligente Gebäudesystemtechnik die Bewohner mit Sicher heitsfunktionen, Musik, Video und Internet. Die Technologie für diese universellen Funktionen in Gebäuden steht zur Verfügung, doch wird sie auch verwendet? Mit dem LivingSpace -Konzept hat das ABB-Unternehmen Busch-Jaeger eine neue Generation der Gebäudesystemtechnik entwickelt, die Flexibilität, Komfort, Energieeffizienz und Sicherheit auf optimale Weise miteinander verbindet. Die Kommunikation mit dem System ist sehr intuitiv und ähnelt der anderer bekannter Plattformen der Informations- und Kommunikationstechnik. Intuitive Touchscreens ermöglichen nicht nur eine umfassende und flexible Steuerung aller Gebäudesysteme, sondern stellen darüber hinaus Informationen über den tatsächlichen Stromverbrauch, aktuelle Nachrichten oder Wetterberichte zur Verfügung, während sie gleichzeitig die Möglichkeit bieten, in bestimmten Räumen bestimmte Musik abzuspielen. Noch nie konnten sich Energieeinsparungen in Gebäuden so einfach und elegant realisieren lassen wie mit der benutzerfreundlichen Living Space-Technologie von ABB Busch- Jaeger. Mehr hierzu erfahren Sie im Artikel Living Space auf Seite 11 dieses Hefts. In einem Schritt zum Relais Bei der Entwicklung eines neuen Produkts kommt es häufig zu Budgetund Zeitüberschreitungen, die ihre Ursache in ungenauen Spezifikationen oder Änderungen der Spezifikationen während des Designprozesses haben. ABB bringt eine neue Reihe von kostengünstigen Relais auf den Markt, die auf der Basis der sogenannten First-Time-Right -Philosophie entwickelt wurden. Durch sorgfältige Analyse der funktionellen Anforderungen an das Produkt und strikte Einhaltung der Spezifikationen konnte ein extrem kurzer Produktentwicklungszyklus erreicht werden. Eine besondere Eigenschaft des First-Time-Right -Ansatzes ist, dass nur ein Prototyp erstellt wird und jegliche Überarbeitungen vermieden werden. Dies wurde durch die Simu lation der Hard- und Software des Relais mithilfe fortschrittlicher Werkzeuge ermöglicht. Die Relais sind für einfache Verteilungsanwendungen vorgesehen. Bei den Modellen REJ 601 und REF 601 handelt es sich um dreiphasige Überstrom- und Erdschlussrelais mit externer Stromversorgung und Rogowski- Sensor-Schnittstellen. Das REJ 603 hingegen ist ein dreiphasiges Überstrom- und Erdschlussrelais mit eigener Stromversorgung und spezieller Stromwandler-Schnittstelle. Als erstes Produkt wurde das REJ 603 auf dem Markt eingeführt, die anderen Modelle sollen demnächst folgen. Mehr über diese Relais und ihre Entwicklung lesen Sie im Artikel Auf den Punkt auf Seite 15 dieses Hefts. ABB Technik 4/2008 7
Thema Ein innovatives Jahr 2008 Gasisolierte Schaltanlagen für Rekordspannungen Um die großen Entfernungen zwischen den Kraftwerken im Westen und den Verbrauchsschwerpunkten im Osten zu überbrücken, werden in China Drehstrom-Übertragungsleitungen mit Rekordspannungen von 1.100 kv realisiert. Durch die Verdopplung der Spannung von den herkömmlichen 550 kv werden die Übertragungsverluste um den Faktor vier reduziert, was eine erhebliche Energieeinsparung bedeutet. Um die Dimensionen der Unterstationen bei diesen außergewöhnlich hohen Spannungen im Rahmen zu halten, werden gasisolierte Schaltanlagen (GIS) eingesetzt. ABB hat sich dieser Herausforderung gestellt und gemeinsam mit ihren Partnern die erste gasisolierte Schaltanlage der Welt für 1.100 kv entwickelt. Die GIS wurde in einer Unterstation nahe der Stadt Jingmen in Zentralchina installiert und soll einen Teil der am Drei- Schluchten-Staudamm erzeugten Energie in den Norden Chinas übertragen. Typprüfungen der GIS-Komponenten wurden gleichzeitig in chinesischen, schwedischen und schweizerischen Labors durchgeführt. Das erfolgreiche Projekt markiert nicht nur den Beginn einer neuen Ära in der Ultrahochspannungsübertragung, sondern ist auch eine eindrucksvolle Demonstration des gemeinsamen technischen Potenzials der weltweit führenden Unternehmen auf diesem Gebiet. Mehr hierüber erfahren Sie im Artikel Spannende Entwicklung auf Seite 20 dieses Hefts. Frühwarnsystem Das elektrische Netz, das uns alle mit hochwertiger Energie versorgt, ist ein Geflecht aus Tausenden Kilometern Freileitungen und Kabeln, an das Millionen von Verbrauchern angeschlossen sind, und das von Hunderten unter schiedlichen Kraftwerken an verschiedenen Stellen mit Energie gespeist wird. Ein solches System ist äußerst empfindlich selbst gegenüber kleinen Störungen, die im ungünstigen Fall zu einem vollständigen Zusammenbruch, einem sogenannten Blackout, anwachsen können. Je früher ein Netzoperateur über eine kritische Entwicklung unterrichtet wird, desto besser ist er in der Lage, entsprechende Gegenmaßnahmen zu treffen. Die Betreiber großer Übertragungsnetze benötigen also entsprechende Frühwarnsysteme, die ihnen mitteilen, dass zum Beispiel ein Frequenzabfall in Spanien zu einer Abschaltung eines Kraftwerks in Schweden führen könnte. Die von den Netzbetreibern verwendeten traditionellen SCADA-Systeme liefern diese Informationen nicht. ABB bietet mit dem Network Manager TM eine SCADA- und EMS-Lösung, die mit einer Reihe neuer Tools die Überwachung von Stromnetzen auch über Tausende von Kilometern hinweg ermöglicht. Relativ wenige, an strategischen Stellen innerhalb des Netzes platzierte Vektormessgeräte reichen dabei aus, um einen vollständigen Überblick über die Netzstabilität in Echtzeit zu erhalten. Mehr hierüber erfahren Sie im Artikel Zähmung des elektrischen Netzes auf Seite 34 dieses Hefts. 8 ABB Technik 4/2008
Kontrollierte Qualität Mit der neuen Network Platform, der Hauptkomponente des ABB-Qualitätsleitsystems (QLS) für die Papierherstellung, hilft ABB Papiermachern, Kosten zu sparen und untermauert damit ihre Position als führender Anbieter von QLS für die Papierindustrie. Die moderne Papierherstellung erfordert eine Menge Technik. Ein zentrales Element ist der Messrahmen mit Sensoren zur Messung verschiedener Werte wie der Feuchtigkeit oder der Faserorientierung des Papiers bei der Herstellung. Die von den Sensoren erfassten Daten werden sortiert und an ausgeklügelte Regelungsalgorithmen übergeben, die die Stellgrößen für die Papiermaschine erzeugen. Die Network Plattform basiert auf dem neuesten Stand der Technik, entspricht modernsten Standards und ermöglicht die Einbindung vieler neuer Technologien. Neue Diagnosetools und Darstellungen erleichtern dem Kunden zudem den Zugang zu den Prozessdaten. Dies und die generelle Einfachheit und Flexibilität des Systems sorgen für eine Reduzierung des Schulungsaufwands sowie eine einfachere Konfiguration im Herstellerwerk und bei der Projektausführung. Bei Modifikationen des Quellecodes kann das Erstellen, Installieren und Testen von Objektcode nun in zwei bis vier Stunden erledigt werden. Darüber hinaus wurde als Anwendungssprache der De-facto-Standard C++ gewählt, um eine maximale Portabilität und einen optimalen Support zu gewährleisten. Mehr über die ABB Network Platform erfahren Sie im Artikel Intelligente Plattform für einen intelligenten Prozess auf Seite 25 dieses Hefts. Frischer Wind Angesichts der steigenden Nachfrage nach erneuerbarer Energie ist die Stromerzeugung mit Windkraftanlagen kontinuierlich auf dem Vormarsch. Zurzeit sind Windparks mit einer Gesamtleistung von über 15.000 MW in Nord- und Ostsee in Planung, wovon die ersten Projekte die Realisierungsphase erreicht haben. Das größte Offshore-Windparkgebiet der Welt entsteht zurzeit in der Nordsee. Nach Fertigstellung aller derzeit verfolgten Windparkprojekte in diesem Gebiet soll das Windparknetz eine Leistung von rund 6.300 MW haben. D er Transport elektrischer Energie über Entfernungen von mehr als 100 km erfordert Hochspannungs- Gleichstrom-Übertragungssysteme mit Kabelverbindungen. Wie dies mithilfe der HVDC Light -Technologie erreicht werden kann, hat ABB vor Kurzem mit der Estlink-Verbindung zwischen Finnland und Estland gezeigt, die in der Rekordzeit von knapp 20 Monaten realisiert wurde. Nun hat ABB den Auftrag erhalten, die ersten Anbindungen für das Windparknetz in der Nordsee mit einem 400-MW-HVDC Light-System zu realisieren. Von diesem ersten Anschlusspunkt für mehrere Windparks soll die erzeugte Energie über 128 km Seekabel und 75 km Landkabel zu einem Umspannwerk auf dem deutschen Festland übertragen werden. Weitere Informationen zu diesem Projekt finden Sie im Artikel Die Zukunft hat begonnen auf Seite 40 dieses Hefts. ABB Technik 4/2008 9
Mit Sicherheit integriert Die Nichtbeachtung der Sicherheit öffnet Unfällen Tür und Tor. Das gilt zu Hause ebenso wie am Arbeitsplatz. In Prozessanlagen unterstützen ausgeklügelte Systeme den Menschen bei der Überwachung der Sicherheit. Traditionell handelt es sich hierbei um Zusatzkomponenten, die unabhängig vom Leitsystem arbeiten. Doch angesichts der steigenden Komplexität in Prozessanlagen erweisen sich diese Systeme als zunehmend unflexibel und kostspielig. Hier kommt das Sicherheitssystem 800xA High Inte grity von ABB in Spiel, das vollständig in die Leittechnikplattform System 800xA integriert werden kann. Als integrierter Bestandteil der Leittechnikplattform System 800xA hat das Sicherheitssystem 800xA High Integrity Zugriff auf alle erforderlichen Prozessdaten und ist in der Lage, dem Bediener alle sicherheitsrelevanten Infor mationen zur Verfügung zu stellen. Dank einer einheitlichen Abfolge von Ereignis- und Alarmbehandlungsfunktionen können die Bediener gefähr liche Ereignisse bereits in ihrer Entstehung analysieren und entsprechende Entscheidungen treffen, um mögliche Folgen abzuwenden bzw. deutlich abzumildern. Da sich die Geräte und Softwaretools für die Prozessleit- und Sicherheitssysteme zum großen Teil ähneln, reduziert sich der erforderliche Schulungsaufwand, das Verständnis wird erleichtert und die Komplexität verringert. Die System 800xA High Integrity-Plattform wird voraussichtlich Ende 2008 nach SIL3 1) zertifiziert. Mehr über die System 800xA High Integrity-Plattform erfahren Sie im Artikel Integrierte Sicherheit auf Seite 44 dieses Hefts. Fußnote 1) SIL (Safety Integrity Level) ist ein Maß für die relative Risikominderung, wobei SIL3 der höchsten Stufe entspricht, die üblicherweise in der Prozessindustrie zu finden ist. Eine neue FlexPicker - Generation Mit dem neu entwickelten FlexPicker der zweiten Generation reagiert ABB auf die Forderungen nach mehr Produktivität in der Handhabungs- und Verpackungsindustrie und unterstreicht ihre führende Position im Bereich der Roboterlösungen. Der neue IRB 360 FlexPicker basiert auf dem äußerst erfolgreichen Konstruktionsprinzip seines Vorgängers IRB 340 und zeichnet sich zudem durch eine höhere Tragkraft, Wartungsfreundlichkeit und Flexibilität aus. Das grundsätzliche Konzept des Delta- Roboters mit drei Armen in Form von Parallelo grammen, die über Kreuzgelenke mit der Werkzeugschnittstelle verbunden sind, blieb erhalten. Die schweren Motorkomponenten sind im Sockelgehäuse untergebracht, was eine schnelle Bewegung der leichten Arme mit wiederholbarer Genauigkeit ermöglicht. Zur Steigerung der Produktivität in räumlich engen Produktionsumgebungen wurde eine kleinere Version entwickelt. Verbesserungen der Bewegungssteuerungen QuickMove und TrueMove sorgen für kürzere Zykluszeiten, sodass dieselbe Produktivität mit weniger Robotern erzielt werden kann, was wiederum Platz spart. Die verbesserte Bewegungssteuerung, mit der alle FlexPicker der Generation IRB 360 ausgestattet sind, ermöglicht höhere Traglasten und verhindert Kollisionsschäden durch rechtzeitiges Erkennen von Fehlfunktionen und Anhalten des Roboters. Aufgrund der hohen Anforderungen in der Lebensmittelindustrie wurde eine Version des FlexPicker entwickelt, die sich leicht mit heißem Wasser unter hohem Druck reinigen lässt. Dank allgemeiner Verbesserungen der Langlebigkeit einzelner Komponenten ist die neue Generation des FlexPicker zudem robuster und wartungsärmer. Mehr hierzu erfahren Sie im Artikel Flexibler Helfer auf Seite 29 dieses Hefts. 10 ABB Technik 4/2008