Prozesskontrolle in Biogasanlagen 3. Kolloquium Prozessanalytik 16. November 2007 Dr. Rainer Baumgarten, TENIRS GmbH, Kiel Dr. Stefan Busche, Polytec GmbH, Waldbronn # 1
Gliederung Vorstellung TENIRS GmbH / Polytec GmbH Biogas: Kontext: Politik & Wirtschaft Anlagenüberblick Stand der Technik Nahinfrarotspektroskopie & Chemometrie Systemintegration: Von der Überwachung zur Regelung Zusammenfassung & Ausblick # 2
TENIRS GmbH Gegründet 2006 als Spin-Off der Uni Kiel durch die Gesellschafter Dr. Helga Andree und Dr. Rainer Baumgarten Gefördert durch Land Schleswig-Holstein Kompetenzen: Langjährige Erfahrungen beim Einsatz von NIRS in landwirtschaftlichen Prozessen Detaillierte Kenntnisse in Stoffwechselphysiologie, Fermentation und Futtermittelkunde Systemdynamik, mathematische Modelle und scientific Computing Entwicklung und Fertigung feldtauglicher Hardware Software-Entwicklung, Datenbanken und Netzwerk # 3
Polytec GmbH Laser Doppler Vibrometer Spektroskopie Noise Analysis Laser Surface Velocimeter Photonik Oberflächenmesstechnik Polytec 1967 Firmengründung 250 Mitarbeiter weltweit 40 Mitarbeiter F&E 55 Mio. Umsatz weltweit Niederlassungen in Frankreich, Großbritannien, USA und Japan # 4
Überblick Biogas Kontext: Politik & Wirtschaft Anlagenüberblick Stand der Technik # 5
Biogas: Politik & Wirtschaft Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich (EEG Juli 2004) Ziel des Gesetzes ist: Förderung des Ausbaus der erneuerbaren Energien als nachhaltige Entwicklung die Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien an der Stromversorgung (2010: 12,5 % und 2020: 20 %) Die Vergütung von Strom aus Biomasse wird geregelt. Grundvergütung erhöht sich ggf. um den Biomasse-, KWK- und Technologie-Bonus. Wachsender Markt Mehr Anlagen Anlagen werden größer Rohstoffe werden knapper # 6
Biogas: Verwendung Erzeugung von elektrischer und thermischer Energie durch Kraft- Wärme-Kopplung (BHKW) mit Wirkungsgrad: elektrisch 28-38% ; thermisch 42-58% Geringere Umweltbelastung durch Ersatz von fossilen Brennstoffen, geschlossener CO 2 -Kreislauf Energetische Verwertung von Biomasse und eine umweltgerechte Entsorgung von biologischen Abfällen Große Unterschiede in den Anlagen Häufig wirtschaftliche Probleme der Anlagen Optimierung auch unter Umweltaspekten notwendig # 7
Biogas: Anlagenüberblick Unterscheidung von industriellen und kommerziell betriebenen Großanlagen, sowie kleinen landwirtschaftlichen Bauernhofanlagen. Verwendung ganzer Pflanzen ohne Aufbereitung Ausbeute: Strom Wärme Gas Kosubstrat Massenstrom Gasraum Gasvolumenstrom Substrat Massenstrom Massenstrom # 8
Biogas: Entstehungsprozess Polymere Substrate: Kohlenhydrate, Fette, Eiweiße Hydrolyse Bruchstücke und gelöste Polymere Acidogenese H 2 Alkohole Org. Säuren CO 2 Essigsäure Acetogenese Essigsäure Methanogenese Biogas # 9
Biogas: Zusammensetzung Bestandteil Methan Kohlendioxid Wasser Schwefelwasserstoff Stickstoff Wasserstoff Ammoniak Formel CH 4 CO 2 H 2 O H 2 S N 2 H 2 NH 3 Konzentration 50-75 % 25-50 % 2 7 % ca. 2 % < 2 % < 1 % 0 1 % Die Zusammensetzung des Biogases ist abhängig von: Nährstoffzusammensetzung des Substrates Prozessführung Temperatur Derzeit praktisch nur nasschemische Analysen: langsam, teuer, aufwändig, nicht repräsentativ # 10
Biogasanlagen: Fakten Biogasanlagen im Unterlastbetrieb Energieausbeuten nicht am Optimum Gefahr des Absterbens der Mikroorganismen durch Überfütterung Folge: Verminderter Strom- und Wärmeerlös Gefahr des Anlagenstillstandes Problematik: Die Verweilzeit des Substrats ist stark vom Inputgemisch abhängig. Laboranalysen der Fermenterinhalte liefern Summenparameter Verlässliche Messtechnik dringend benötigt # 11
Verbesserung durch Messtechnik Kontinuierliche Messung der relevanten Parameter aller Substratströme in der Biogasanlage Analyse der Eingangssubstrate Analyse der Fermenterzustände Permanentes Monitoring des Fermenterverhaltens Überwachung auf kritische Fermenterzustände Verbesserung der Anlagenfütterung aus: Bilanzierung der Stoffströme mathematische Beschreibungen der Fermentation Fernüberwachung der Anlage # 12
NIR & Chemometrie Übersicht Nahinfrarotspektroskopie Übersicht Chemometrie # 13
NIR-Spektroskopie Wellenzahl 12500 cm -1 4000 cm -1 400 cm -1 20 cm -1 Wellenlänge 800 nm 2500 nm 25 µm 500 µm NIR MIR FIR Röntgen UV Infrarot Mikrowellen Radio Wellenlänge 3 nm 400 nm 780 nm 500 µm 30 cm K-Elektronen Valenzelektronen Molekülschwingungen Molekülrotationen Anregung von Oberton- bzw. Kombinationsschwingungen organischer Moleküle durch Licht im Spektralbereich des nahen Infrarots Wellenlängenbereich: 760 bis 2500 nm (nahes Infrarot) Messungen in diffuser Reflexion Chemometrie: Zusammenhänge zwischen Spektren und Zielgrößen # 14
Diodenzeilenspektroskopie Hohe Empfindlichkeit Faseranschluss Shutter Ordnungsfilter Hohe Messgeschwindigkeit Variable Probenpräsentation Ideal für die Prozessintegration: - einfache Handhabung Beleuchtungsspalt Kollimator Gitter Abb. System Detektoreinheit - keine beweglichen Teile - robust - servicefreundlich 1,100 nm 2,100 nm # 15
Chemometrie Standardisierte Methoden für quantitative und qualitative Auswertungen vorhanden Verschiedene Parameter können mit der multivariaten Datenanalyse aus einem Spektrum gewonnen werden Biogasanlage Proben-Messung Online-Messung Referenzanalysen Anlagen Überwachung/Regelung Datenaufnahme Software Chemometrie Software Chemometrische Modelle Prozess Software Methoden Entwicklung Methoden Applikation # 16
Systemintegration Anlagenüberwachung Regelgrößen Anlagenregelung # 17
Anlagenüberwachung Kosubstrat Gasraum Gasvolumenstrom Automatisierte Anlagenüberwachung Massenstrom Substrat Massenstrom Expertise vor Ort häufig gering Massenstrom Dezentrale Anlagen zentrales Fachpersonal Monitorisierung Fernüberwachung # 18
Systemintegration Spektrometer Ethernet PC Prozess-Software 9.6 % Vorhersage-DLL Schnittstellen # 19
Systemintegration Zentraler Messkopf für Fermentersubstrate # 20
Systemintegration Messkopf am Maisbunker # 21
Überwachte Parameter Permanente Überwachung folgender Werte: (organische) Trockensubstanz Rohnährstoffe Essigsäureäquivalente Essigsäure Propionsäure Pufferkapazität (FOS/TAC) ph-werte Weitere Kalibrierungen in Vorbereitung IP-55 Gehäuse mit Touchscreen Anzeige der aktuellen Werte Anzeige der Zeitreihen # 22
Ergebnisse Parameter TS [%] ots [%] Essigsäure [g/kg] Propionsäure [g/kg] Buttersäure [mg/kg] FOS [g/kg] Korrelation 0.90 0.92 0.95 0.92 0.95 0.90 RMSEP 0.70 0.60 0.59 0.20 0.06 1.30 Beispiel: 600 Maisspektren über 4h Messung am Feststoffbunker Zwischenzeitliches Trockenfallen der Messstelle Signal Zeit Wellenlänge # 23
Ergebnisse Hauptfermenter Nachgärer Hauptfermenter Nachgärer Vorgrube Zeitverlauf ots in % Zeitverlauf ph Warnung bei Überschreitung von Grenzwerten Vorhersage der Entwicklung für einige Stunden Hierbei ist zu berücksichtigen: Vielfältige und inhomogene Substrate Schwankungen in den Biologischenmatrizes Wechselnde Umgebungsbedingungen # 24
Ergebnisse Schwankungen im Trockenmassegehalt (innerhalb eines Silos um bis zu 10 %) können überwacht und ausgeglichen werden gleichmäßige Gasausbeute Wirtschaftlicher Nutzen bei 500kWel: ca. 30.000 /Jahr Ausfaulungsgrad kann erhöht werden aktuell: 5 bis 10 % Restgaspotenzial Ausfaulungsgrad aus Trockensubstanzgehalt Reduktion um 1 % bei 500 kwel: 15.000 /Jahr Zusammenbrüche der Gasproduktion können verhindert werden Bestimmung und Überwachung der org. Säurekonzentration / ph-wert Extreme finanzielle Ausfälle möglich: 70.000 bei Ausfall von 500kWel # 25
Biogasanlage: Regelung Kosubstrat Massenstrom Gasraum Gasvolumenstrom Methangehalt Mathematische Modelle für den Biogasprozess Substrat Massenstrom Ziel: modellgestützte Regelung Massenstrom Regelung Problematik: Interpretation nicht trivial # 26
Zusammenfassung & Ausblick Überwachung von bisher unüberwachten Biogasanlagen durch NIR Bestimmung von mehreren Parametern aus den Spektren Vermeidung von finanziellen Verlusten durch Messtechnik, Minimierung des Prozessrisikos Monitoring von Grenzwerten und Vorhersage von Trends Dienstleistungen hinsichtlich Messtechnik und Know-How Ziel: Regelung der Substratströme und damit der gesamten Anlage # 27
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! # 28