Dialog zwischen EU und Eurasischer Wirtschaftsunion - zurzeit nicht sinnvoll Stewart, Susan

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Transkript:

www.ssoar.info Dialog zwischen EU und Eurasischer Wirtschaftsunion - zurzeit nicht sinnvoll Stewart, Susan Veröffentlichungsversion / Published Version Arbeitspapier / working paper Zur Verfügung gestellt in Kooperation mit / provided in cooperation with: Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) Empfohlene Zitierung / Suggested Citation: Stewart, Susan ; Stiftung Wissenschaft und Politik -SWP- Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit (Ed.): Dialog zwischen EU und Eurasischer Wirtschaftsunion - zurzeit nicht sinnvoll. Berlin, 2015 (SWP-Aktuell 61/2015). URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-447101 Nutzungsbedingungen: Dieser Text wird unter einer Deposit-Lizenz (Keine Weiterverbreitung - keine Bearbeitung) zur Verfügung gestellt. Gewährt wird ein nicht exklusives, nicht übertragbares, persönliches und beschränktes Recht auf Nutzung dieses Dokuments. Dieses Dokument ist ausschließlich für den persönlichen, nicht-kommerziellen Gebrauch bestimmt. Auf sämtlichen Kopien dieses Dokuments müssen alle Urheberrechtshinweise und sonstigen Hinweise auf gesetzlichen Schutz beibehalten werden. Sie dürfen dieses Dokument nicht in irgendeiner Weise abändern, noch dürfen Sie dieses Dokument für öffentliche oder kommerzielle Zwecke vervielfältigen, öffentlich ausstellen, aufführen, vertreiben oder anderweitig nutzen. Mit der Verwendung dieses Dokuments erkennen Sie die Nutzungsbedingungen an. Terms of use: This document is made available under Deposit Licence (No Redistribution - no modifications). We grant a non-exclusive, nontransferable, individual and limited right to using this document. This document is solely intended for your personal, noncommercial use. All of the copies of this documents must retain all copyright information and other information regarding legal protection. You are not allowed to alter this document in any way, to copy it for public or commercial purposes, to exhibit the document in public, to perform, distribute or otherwise use the document in public. By using this particular document, you accept the above-stated conditions of use.

Einleitung Stiftung Wissenschaft und Politik Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit SWP-Aktuell Dialog zwischen EU und Eurasischer Wirtschaftsunion zurzeit nicht sinnvoll Susan Stewart Die Zollunion zwischen Russland, Belarus und Kasachstan hat sich seit 2009 rasant entwickelt. Anfang dieses Jahres ist sie in der Eurasischen Wirtschaftsunion (EWU) aufgegangen, der inzwischen auch Armenien und Kirgisistan beigetreten sind. Das Format hatte bereits vor der Ukraine-Krise die Beziehungen der EU zu Russland in einigen Aspekten erschwert. Nach Beginn der Krise kam die Idee auf, durch einen Dialog zwischen EU und EWU zur Entschärfung des Konflikts beizutragen. Von einem solchen Versuch ist jedoch abzuraten. Der Dialog wäre eine Rückkehr zu jenem Ansatz, dem Deutschland und die EU gegenüber Russland bereits vor der Krise folgten. Da diese Vorgehensweise damals nicht zum gewünschten Ergebnis führte, ist kaum zu erwarten, dass sie im heutigen ungleich schwierigeren Umfeld fruchten wird. Eine andere Perspektive auf das Thema bietet SWP-Aktuell Nr. 62 (Juli 2015) von Alexander Libman:»Dialog zwischen EU und Eurasischer Wirtschaftsunion einen Versuch wert«die Reaktion der EU auf die Krise um die Ukraine besteht aus 1) Sanktionen, 2) politischer und wirtschaftlicher Unterstützung für die Ukraine und 3) Austausch in Dialogund Verhandlungsformaten, die Russland einbeziehen. Diese Formate beschränken sich bislang auf solche, die sich speziell mit der Situation in der Ukraine beschäftigen und konfliktentschärfend wirken sollen. Zu nennen sind hier vor allem das Normandie- Format (Deutschland, Frankreich, Ukraine, Russland) sowie die Kontaktgruppe unter OSZE-Ägide. Auch die trilateralen Gespräche zwischen der EU, Russland und der Ukraine über Energie- bzw. Handelsfragen entsprechen diesem Schema. In den beiden erstgenannten Foren versucht man, sich im Rahmen der Minsker Vereinbarungen von September 2014 bzw. Februar 2015 auf kurzfristige Schritte zu einigen, die zu einer Deeskalation des Krieges im Donbas führen können. Innerhalb der EU wird häufig vorgeschlagen, über diese taktische Ebene hinauszugehen und mit Russland über breitere europäische Themen zu sprechen, etwa die künftige wirtschaftliche Gestaltung des Kontinents. Man hofft darauf, eine neue Vertrauensbasis bilden zu können, wenn man von besonders strittigen Fragen der Tagespolitik wegkommt und stattdessen über Themen redet, die eine stärkere Basis zur Verwirklichung gemeinsamer Interessen bieten. Im Idealfall so die Logik des Ansatzes ließen sich durch Teilerfolge auf der ökonomischen Ebene Spillover-Effekte Dr. Susan Stewart ist stellvertretende Leiterin der Forschungsgruppe Osteuropa und Eurasien 1

erzielen, die im Laufe der Zeit auch zu Fortschritten hinsichtlich der Ukraine führen. Oft bringen die Befürworter dieser Linie einen Dialog zwischen EU und Eurasischer Wirtschaftsunion ins Gespräch, der sich mit Fragen eines kompatiblen Wirtschaftsrahmens für ganz Europa beschäftigen soll. EU-Russland-Kooperation: Schon vor der Krise mangelhaft Bereits vor der heutigen Krise gestalteten sich die Verhandlungen zu Wirtschaftsthemen zwischen der EU und Russland mühsam. Seit 2003 werden die wechselseitigen Beziehungen durch vier»gemeinsame Räume«strukturiert, die alle Aspekte des Verhältnisses abdecken. Im Rahmen des ersten»gemeinsamen Raums«, dessen Roadmap von 2005 die Kooperation in Wirtschaftsfragen zusammenfasst, gab es durchaus einige produktive Dialoge zu Teilgebieten, vor allem im Energiebereich. Bei Grundsatzfragen wurde es allerdings schwierig, eine gemeinsame Sprache zu finden. Das gilt insbesondere für die Verhandlungen über ein neues Abkommen, das das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen von 1997 ersetzen sollte. Diese Verhandlungen wurden Anfang März 2014 ausgesetzt, im Rahmen der ersten EU-Sanktionen nach der Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine durch Russland. Aber schon davor war es zu keinen wesentlichen Fortschritten gekommen. Was den Handelsteil des Abkommens angeht, wollte die EU den Beitritt Russlands zur Welthandelsorganisation (WTO) abwarten, da sie ursprünglich von einem deutlich schnelleren Aufnahmeverfahren ausging. Die Tatsache, dass die Mitgliedschaft 18 Jahre auf sich warten ließ, spiegelt die große Ambivalenz wider, die in Russlands Elite zum Thema WTO-Beitritt herrschte. Auch nachdem das Land im August 2012 der WTO beigetreten war, kamen die beiden Seiten in den Verhandlungen nicht weiter. Die EU plädierte dafür, die WTO-Regeln als eine Grundlage zu nehmen, auf der man weitergehende Absprachen treffen könnte. Russland dagegen wollte sich erst langsam an die WTO-Regeln gewöhnen und noch keine weiteren Verpflichtungen eingehen. Im bilateralen EU-Russland-Verhältnis war man also weit entfernt von einer Einigung über Freihandel oder Investitionsanreize, und das russische Interesse daran schien alles andere als ausgeprägt zu sein. In der heutigen Situation, da in Moskau eine antiwestliche Rhetorik vorherrscht, muss man davon ausgehen, dass der Spielraum für eine solche Kooperation noch enger geworden ist. Russland und die EWU: Politische Ziele dominieren Die bisherige Entwicklung der EWU weist nicht darauf hin, dass Russland auf Kompatibilität mit anderen Handelsformaten hinarbeiten würde. Zwar sollen WTO- Regeln die Basis für die Entwicklung der EWU bilden, doch konnte Russland durchsetzen, dass im Normalfall diejenigen externen Zölle übernommen wurden, die bereits in Russland galten. Dies bedeutet für Länder wie Armenien und Kirgisistan, dass sie mit der WTO über zahlreiche Abweichungen von ihren ursprünglichen Verpflichtungen verhandeln müssen. Russland hat zwar zu Beginn der Zollunion behauptet, diese solle ebenso wie die geplante Eurasische Union ein Partner der EU werden. Mit der Zeit aber wurde Moskaus Rhetorik in Richtung Europa immer feindseliger. Zugleich verhängte der Kreml im Handelsbereich restriktive Maßnahmen gegenüber Nachbarn wie der Ukraine und der Republik Moldau, die engere Handelsbeziehungen zur EU anstreben bzw. bereits pflegen. Außerdem zeigt die Evolution der EWU, dass sie nicht geeignet ist, den Weg für Freihandel mit anderen Wirtschaftsakteuren zu ebnen. Stattdessen entwickelt sich ein protektionistisches Gebilde, das vor allem die zentralasiatischen Mitgliedstaaten dazu zwingt, ihren bisherigen Handel mit China einzuschränken. Russland dominiert in der EWU, ohne das Potential mitzubringen, ein Modernisierungs- oder Innovationsmotor 2

für die Region zu sein. Wirtschaftliche Erfolge stellen sich so nicht ein im Gegenteil, der Handelsumsatz zwischen den Mitgliedstaaten ist im letzten Jahr gesunken. Die neuen Mitglieder Armenien und Kirgisistan sind ökonomisch schwach und werden nicht dazu beitragen, dass die EWU eine stärkere Rolle in der Region und darüber hinaus spielt. Die Erweiterung der EWU erreicht Russland nicht durch deren Attraktivität, sondern über Druck bzw. wegen mangelnder Alternativen seiner Nachbarn und sei es mit Neumitgliedern, die das Gefüge eher schwächen. Dies deutet darauf hin, dass Moskau im EWU-Rahmen keine primär ökonomischen, sondern hauptsächlich politische Ziele verfolgt. Die Wirtschaftsunion ist ein Prestigeprojekt des russischen Präsidenten Putin und spielte in seinem»wahlkampf«eine wesentliche Rolle. Schon deshalb darf die EWU nicht scheitern. Außerdem ist sie ein Vehikel, um Russlands Hegemonie in der Nachbarschaft zu betonen. Schließlich soll der Zusammenschluss die Mitglieder davon abhalten, ihre Beziehungen mit anderen Akteuren zu vertiefen. Insofern verwundert es nicht, dass Russland auf jeden Fall eine ukrainische Mitgliedschaft in der EWU erzwingen will. Die Erfahrungen mit Südossetien und Abchasien zeigen, dass Moskau eine Defacto-Aufnahme von (international nicht anerkannten) Teilstaaten in die EWU betreibt, falls eine Mitgliedschaft des Gesamtstaates unerreichbar erscheint. So verpflichten die Verträge, die zwischen Russland und den beiden abtrünnigen Regionen Georgiens geschlossen wurden, Letztere dazu, ihre Zollbestimmungen mit denen der EWU bzw. Russlands zu harmonisieren. Diese Vorgehensweise erweitert das Territorium (wenn auch nur minimal), auf dem die EWU-Regeln gelten, und schwächt zugleich jene Staaten, deren abgespaltene Gebiete in die Wirtschaftsunion eingegliedert werden in diesem Fall Georgien. Ein solcher Umgang mit De-facto-Staaten bringt Russland bzw. der EWU keine wirtschaftlichen Vorteile. Eher entstehen dadurch zusätzliche Kosten für die russische Seite. Es geht Moskau offensichtlich darum, mögliche Erfolge (pro-) westlicher Akteure zu vereiteln und so geopolitische Gewinne zu erzielen, selbst wenn sie ökonomische Kosten verursachen. Keine Rückkehr zu gescheiterten Ansätzen Da Russland mit der Eurasischen Wirtschaftsunion hauptsächlich (geo-) politische Zwecke verfolgt, macht es für die EU wenig Sinn, einen Dialog mit der EWU in der Hoffnung zu beginnen, damit wirtschaftliche Ziele zu erreichen. Es bleibt also lediglich die Frage, ob ein Austausch zwischen EU und EWU in politischer Hinsicht positive Ergebnisse bringen könnte. Im Grunde ist die Idee, einen institutionalisierten Dialog mit der EWU zu eröffnen, eine Fortsetzung jener Russland-Politik, die Deutschland und die EU vor Beginn der Ukraine-Krise betrieben haben. Leitgedanke war damals, in den Bereichen zu kooperieren, wo gemeinsame Interessen vermutet werden. So könnte man womöglich Fortschritte erzielen, die im Idealfall das wechselseitige Vertrauen erhöhen und eine positive Entwicklung auf anderen Feldern der Beziehungen anstoßen. Auf diese Weise ließe sich eine Atmosphäre schaffen, in der es möglich ist, etwa heikle Sicherheitsfragen zu besprechen. In der heutigen Lage erscheint eine solche Vorgehensweise leider unrealistisch. Bereits in den Jahren vor der Ukraine-Krise hat dieser Ansatz mehr schlecht als recht funktioniert. Weder konnte man gemeinsame Interessen in den Bereichen Modernisierung und Nachbarschaft entwickeln, noch ist es gelungen, eine tragfähige Vertrauensbasis zu schaffen, mit der sich die Ukraine-Krise hätte verhindern lassen. Stattdessen hat Russland mit seinen Handlungen eindeutig gezeigt, dass es ihm vor allem darum geht, die Ukraine zu destabilisieren und damit eine Anerkennung seiner hegemonialen Rolle in der Nachbarschaft zu erzwingen. 3

Stiftung Wissenschaft und Politik, 2015 Alle Rechte vorbehalten Das Aktuell gibt ausschließlich die persönliche Auffassung der Autorin wieder SWP Stiftung Wissenschaft und Politik Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit Ludwigkirchplatz 3 4 10719 Berlin Telefon +49 30 880 07-0 Fax +49 30 880 07-100 www.swp-berlin.org swp@swp-berlin.org ISSN 1611-6364 Aus russischer Sicht wäre ein EU-EWU- Dialog gegenwärtig ein Vehikel, um diese Agenda durchzusetzen. Es käme Moskau vor allem auf den Statusgewinn an, der mit einem solchen Format einherginge. Der Inhalt des Austauschs stünde allenfalls an zweiter Stelle. Sollte der Dialog etabliert werden, würde der Kreml dies außerdem als Schritt hin zur Normalisierung seiner Beziehungen mit der EU deuten und als Akzeptanz der eigenen Handlungen in der Ukraine. Da Russland mit dem Dialog seine Dominanz im postsowjetischen Raum hervorheben möchte, ist es unwahrscheinlich, dass alle Mitglieder der EWU gleichberechtigt am Tisch sitzen würden. Nahegelegt wird dies auch durch die bisherigen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten im EWU-Rahmen und durch den Umstand, dass die Mehrheit der Beamten bei der Eurasischen Wirtschaftskommission dem Exekutivorgan der EWU vermutlich russische Staatsbürger sind. Die EU könnte also ihre Absicht, die anderen Länder gleichwertig mit einzubeziehen, kaum durchsetzen. Eine Intensivierung des jeweiligen bilateralen Verhältnisses würde in dieser Hinsicht wohl mehr bringen. Aus deutscher Sicht soll das Dialogangebot in der jetzigen Krise auch Moskaus Vorwurf entkräften, die EU wolle Russland mit den Sanktionen wirtschaftlich ruinieren. Diese Behauptung ist jedoch auch ohne eine solche Offerte nicht haltbar. Zahlreiche Analysen weisen darauf hin, dass die bisherigen Sanktionen einen wesentlich geringeren Anteil an den heutigen ökonomischen Schwierigkeiten in Russland haben als der niedrige Ölpreis und die Verweigerung struktureller Reformen. Außerdem hat die EU mehrmals klargestellt, dass die schwerwiegenden Wirtschaftssanktionen aufgehoben werden, sobald Russland die Minsker Vereinbarungen vollständig umsetzt. Ein umfassender Dialog auf hochrangiger politischer und wirtschaftlicher Ebene ist allerdings zu unterscheiden von den bisherigen Kontakten zwischen der EU und der EWU bzw. der Zollunion, die zu technischen Fragen stattgefunden haben. Diese Kontakte sind notwendig und werden in Zukunft eventuell ausgebaut werden müssen, damit der Handel zwischen EU und EWU-Mitgliedstaaten möglichst reibungslos verläuft. Ein weitergehender Dialog seitens der EU bzw. einzelner EU-Mitgliedstaaten beträfe jedoch eine qualitativ andere Ebene, auf der zu verhandeln in der gegenwärtigen Phase der Beziehungen nicht sinnvoll wäre. Der deutsche Vorschlag eines Dialogs war zwar mit der Bedingung verknüpft, dass zunächst die Situation in der Ukraine stabilisiert werden müsse. Allerdings wird diese Konditionierung in der jetzigen Debatte oft unterschlagen bzw. es wird für einen bedingungslosen Dialog plädiert. Offensichtlich war das Angebot der Bundesrepublik für die russische Seite nicht attraktiv genug, um unmittelbar zu einer Lösung des Ukraine-Konflikts beizutragen. Dies sagt viel über die aktuellen Prioritäten der russischen Führung aus. Es scheint also angebracht, die Idee eines EU-EWU-Dialogs erst einmal auf Eis zu legen. Bestenfalls ließe sich das Vorhaben in ein Konzept für die wechselseitigen Beziehungen einbetten, das bei einer günstigeren Elitenkonstellation in Russland zum Tragen kommen könnte. Wie Vladislav Inozemtsev neulich ausführte (»Russia of 2010s: How to Live with It and How to Outlive It«, DGAP-Kompakt Nr. 7, Juni 2015), ist es bereits jetzt notwendig, ein solches Konzept zu entwickeln, um auf etwaige Änderungen in der russischen Politik zügig und sinnvoll reagieren zu können, selbst wenn diese noch Jahre auf sich warten lassen. Die EU sollte dabei Lehren aus den Erfahrungen der 1990er und 2000er Jahre ziehen. Dies bedeutet, dass ein neuer Ansatz für die EU-Russland-Beziehungen sowohl die Weltanschauung russischer Akteure als auch deren Handlungsmotivationen stärker berücksichtigen muss. 4