Sonderdruck aus Heft 04/2016 VERGLEICHSTEST gegen MERCEDES
, MERCEDES VERGLEICHSTEST Das große Messen Quer durch alle Klassen wetteifern und miteinander. Die Königsdisziplin ist seit jeher der Wettbewerb in der Oberklasse auch bei den Dieseln. Ehe ehrgeizige Menschen sich in den Kopf setzten, Audi zur dritten Premium-Marke in Deutschland zu machen und diesen langen Weg 1988 mit dem Audi V8 begannen, herrschten klare Verhältnisse im Oberhaus: oder, das war die Frage. Alternativen wie Jaguar, Maserati oder exotische Amerikaner standen damals unter Unzuverlässigkeitsverdacht, Lexus war noch nicht auf dem Plan. Siebener oder S-Klasse zwischen diesen zweien fiel die Entscheidung; dieser Vergleichstest ist also gleichsam Reminiszenz an die 70er, 80er und 90er und präsentiert, da sind wir fast wie mancher Radiosender, das Beste von heute. Anders als in den frühen Jahren der deutschen Oberklasse geben heute allerdings Diesel den Ton an. Benziner ja, die haben beide natürlich auch im Programm. Prestigeträchtige Zwölfender wie einst, als 1987 im 750i mit 300 PS vorpreschte und erst 1991 mit dem 600 SE konterte, der sicher ganz zufällig 300 Kilowatt oder 408 PS auffuhr, leistet sich in den Langversionen und mit dem M760Li xdrive ab Ende des Jahres. Doch die Stückzahlmusik spielt bei den Dieseln, die nichts, aber auch gar nichts mehr zu tun haben mit jenem 300 SD der späten 70er, der mit 115 beschaulichen Fünfzylinder-PS speziell für die USA und Kanada entwickelt worden war. Einen Diesel für die USA zu entwickeln das würde sich jeder heute aus aktuellem Anlass sehr gründlich überlegen, doch das ist ein anderes Thema. Möge die Macht mit dir sein 115 PS bringen die zwei Dreiliter- Diesel unseres Vergleichs wohl schon bei leicht erhöhtem Leerlauf zustande. Rund 260 stehen für beide im Datenblatt, und mit 620 Newtonmetern erreicht das verfügbare Drehmoment Dimensionen, von denen auch der Fahrer starker Benziner nur träumen kann. Die motorische Macht ist also mit den Fahrern dieser Fünfmeter-Limos, die auch wegen sehr reichhaltig eingebauter Sonderausstattung keine Leichtgewichte sein können. Immerhin: Der, dessen Struktur zum Teil aus Carbon gefertigt ist, ist nahezu 200 Kilogramm leichter als der, der die Zwei-Tonnen-Grenze hinter sich lässt. Wegen der vielen Masse hat man hier wie da erst einmal das Gefühl des Umsorgt- und Geschütztseins. IM VERGLEICH : 265 PS, 0 100 km/h in 5,9 s, 250 km/h, ab 82 600 MERCEDES : 258 PS, 0 100 km/h in 6,5 s, 250 km/h, ab 81 753 2 4/2016 4/2016 3
VERGLEICHSTEST Unter all dem Luxus und Pomp der Oberklasse lässt der Siebener das Fahrerauto spüren Farbe und Anzeige der Instrumente wechseln, hier der Eco-Pro-Modus 515 Liter Volumen, 586 kg Zuladung, Heckdeckelautomatik serienmäßig Die Cockpit-Architektur folgt der bekannten -Linie. Vorn ist der Siebener sehr großzügig dimensioniert Gestepptes Leder und Massagesitze auch im Fond sind nur ein winziger Ausschnitt aus dem umfangreichen Optionsangebot. Der partiell mit Carbon verschlankte bringt 1864 Kilogramm auf die Waage, wirkt aber leichter Mit hellem, manchmal vorlautem Klang legt sich der Dreiliter mächtig ins Zeug und reagiert fein aufs Gas Reichlich Platz bieten beide, dazu das schöne Ambiente feinster Materialien und sorgsamer Verarbeitung. Es ist ein Klischee, klar. Aber wenn die mächtigen Türen sanft ins Schloss fallen (oder per Soft Close ins Schloss gezogen werden), bleibt die Welt ein Stück weit draußen, und die Insassen tauchen ein in einen Kokon der Ruhe. Besonders der versteht sich auf dieses wohltuende Entkoppeln, auch weil sein Motor mit warmer dunkler Stimme nur leise in die Ohren dringt. Wobei: Der prägnant tönende Reihensechser des lässt höchstens unter Last etwas mehr von sich hören, vor allem beim Anfahren und beim Beschleunigen in den unteren Gängen der Achtgangautomatik, die geschmeidig und schnell agiert, hin und wieder aber zurückschaltet, ohne dass das angesichts der Drehmomentmassen nötig erschiene. Der schöpft seine Durchzugskraft gelassener aus, seine neue Neungangautomatik lässt den Bullen da vorn öfter mal ziehen, anstatt ihm kleinere Gänge mit höheren Drehzahlen zu verschreiben. Das passt subjektiv irgendwie besser zu dieser Art von Auto, das ja die reichlichen Leistungsreserven eher als Guthaben ansieht, dessen Verzinsung in Drehmoment und Gelassenheit ausgezahlt wird. Der legt ab wie eine große Jacht, der geht spritziger ran, hängt williger am Gas, animiert den Fahrer eher, das Gaspedal in den Bodenteppich zu pressen, den Reihensechser drehen zu lassen wozu der gern bereit ist. Subjektiv und objektiv ist der das flinkere Auto, der hingegen der gesetztere Typ. Antriebstechnisch sind beide also klar positioniert in großer Nähe zur Markentradition, was schon einmal eine gute Hilfe bei der Kaufentscheidung sein kann. Dass der ein wenig weniger verbraucht als der, dürfte Kunden, die in beiden Fällen inklusive etwas Zubehör mit Preisen um die 100 000 rechnen müssen, wenig interessieren. Mit 8,2 () oder 8,6 Litern Testverbrauch () VERBRAUCHSMESSUNG Testverbrauch Zusammensetzung: 70 % Pendler: typische Fahrt vom Wohnort zur Arbeit (ø 21 km) 15 % Eco: besonders sparsam gefahrene Runde (275 km) 15 % Sportfahrer: sportliche Fahrweise mit häufig hohen Geschwindigkeiten % 70 15 15 131 Meter benötigt der aus 190 km/h bis zum Stillstand. Dem reichen lediglich 125 Meter 8,2 8,6 8,4 8,9 5,7 6,3 9,6 9,8 DATEN UND Fahrzeugtyp Antrieb Motorbauart/Zylinderzahl Reihe/6 V/6 Hubraum cm 3 2993 2987 Leistung kw (PS) bei 1/min 195 (265) 4000 190 (258) 3600 maximales Drehmoment Nm bei 1/min 620 bei 2000 620 bei 1600 Kraftübertragung Hinterradantrieb Hinterradantrieb Testwagenbereifung vorn hinten Achtgangautomatik Pirelli P Zero Neungangautomatik 275/40 R 19 Y Michelin Pilot Sport 3 Maße/Gewichte Leergewicht/Zuladung kg 1864/586 2040/615 Länge Breite mm 5098 1902 5116 1899 (mit Spiegeln) Höhe (2169) 1478 (2130) 1496 Radstand mm 3070 3035 Wendekreis links/rechts m 12,0/12,1 11,9/11,8 Gepäckraum l/vda 515/515 510 Anhängelast/gebremst kg 750/2100 750/2100 Innenbreite v./h. mm 1570/1535 1540/1555 Innenhöhe v./h. mm 1030/940 1050/995 Normsitzraum mm 765 745 Verbrauch/Reichweite/CO 2 Testverbrauch l/100 km 8,2 8,6 ams-eco ams-pendler ams-sportfahrer CO 2 -Ausstoß im Test g/km 5,7 8,4 9,6 216 6,3 8,9 9,8 227 NEFZ-Verbrauch l/100 km Diesel Stadt/über Land/gesamt 5,5/4,2/4,7 Schadstoffeinstufung 6 6 CO 2 -Ausstoß (NEFZ) g/km 124 139 Effizienzklasse A+ A Tankinhalt l 78 70 Reichweite km 951 813 Beschleunigung/Höchstgeschwindigkeit Diesel 6,4/4,6/5,3 Beschleunigung s 0 80 km/h 0 100 km/h 0 120 km/h 0 130 km/h 0 140 km/h 0 160 km/h 0 180 km/h 0 200 km/h 0 400 m 4,1 5,9 8,1 9,5 11,0 14,6 19,2 25,0 14,2 4,5 6,5 9,0 10,6 12,2 16,2 21,1 27,7 14,7 Zwischenspurt s 60 100 km/h 80 120 km/h 3,2 4,0 3,6 4,5 Höchstgeschwindigkeit km/h 250 250 Bremswege aus 100 km/h kalt m 37,3 37,2 aus 130 km/h kalt/warm aus 190 km/h kalt 59,0/57,6 125 60,5/60,3 131 Innengeräusche bei 80 km/h letzter Gang 62 60 bei 100 km/h db(a) 65 63 bei 130 km/h bei 160 km/h bei 180 km/h 68 72 75 66 70 72 Fahrversuche Slalom 18 m TC/ESP ein/aus 62,0/62,9 63,9/64,2 doppelter Spurwechsel km/h 132,4/133,8 132,9/133,8 Fahrdynamikbewertung Lenkpräzision indirekt/direkt Balance unter-/übersteuernd ESP konservativ/sportlich Beherrschb. leicht/anspruchsv. Fahrzeugkonzept konservativ/sportl. Kosten Festkosten Steuer Haftpflicht Teilkasko 1) Vollkasko 2) -MESSWERTE ø 333, 521, 596, 1390, ø 373, 406, 531, 1688, Unterhaltskosten im Monat 3) bei 15 000 km/jahr 295, 321, bei 30 000 km/jahr 472, 532, Grundpreis 82 600, 81 753, 1) ohne SB; 2) mit 150 SB; 3) ohne Wertverlust 4 4/2016 4/2016 5
VERGLEICHSTEST Der Preis fürs größte Display geht vorerst nach Stuttgart. Das Lenkrad hat nur noch zwei Speichen. Stört das? Nein MERCEDES Trotz aller Digitalisierung strahlt die S-Klasse Wärme und große Gelassenheit aus Auch die S-Klasse bietet dem Fahrer viele Instrumentenkonfigurationen Minimal mehr Stauraum und Zuladung, schmalere Ladekante Dass dies keine C-Klasse ist, registriert der Uneingeweihte nicht immer sofort. Die Dimensionen mit weit über fünf Metern Länge, die dem Fond Großzügigkeit schenken, schaffen jedoch Klarheit: Hier fährt ein S Wie von weit entfernt nuschelt der etwas weniger spritzige Dreiliter-V6 tieffrequent in den Innenraum liegen beide deutlich über den Werksangaben, doch das ist ja angesichts der realitätsfremden Prüfbedingungen heute die Norm und nicht die Ausnahme. Der isoliert mehr vom Geschehen und ist auch bei hohem Tempo leiser als der, obwohl beide mit der optionalen Verbundverglasung ausgestattet sind. Auch die Straße hält der Benz seiner Besatzung gründlicher vom Leib. Serienmäßig rundum luftgefedert (wie auch der ), filtert er Wellen, Buckel und Fugen noch einen Tick besser weg als der ebenfalls sehr gute, leistet sich dafür aber auf kleinen Unebenheiten ein minimales Zittern der Vorderachse, typisch für luftgefederte Autos. Agiler, schneller In Kurven liegt er auch gewichtiger in der Hand, zeigt jedoch weniger Seitenneigung als der. Doch langsam ist der nicht, wie die Slalom- und Spurwechseltests zeigen. Gut möglich, dass hier die breite Mischbereifung des Testwagens (2915 ) zum Tragen kommt. Jedenfalls erreicht der bei Bedarf ebensolche Tempi wie der, der zwar früher ins Untersteuern gerät, mit seiner sehr sensibel ansprechenden Integral-Aktivlenkung (1450 ) für eine große Limousine überraschend direkt einlenkt. So sind sich die Rivalen beim Fahrverhalten nähergekommen, ohne ihre Tugenden bestmöglicher Komfort beim Benz, anspringende Dynamik beim aufzugeben. Auch bei Cockpitgestaltung und Bedienkonzept bleibt die S-Klasse trotz animierter Hauptinstrumente und neuer Bedienelemente eher klassisch, der Siebener wirkt innovativer. Selbst wenn man Gestensteuerung angesichts reichlich vorhandener sonstiger Bedienelemente als Gag abtut: Insgesamt ist der tipptopp beherrschbar, die S-Klasse gibt sich etwa bei den Lenkradtasten umständlicher. Doch das ist Jammern auf sehr hohem Niveau. Da liegen auch die Grundpreise mit jeder Menge Optionsluft nach oben. Egal wie: Unbezahlbar bleibt bei beiden die Kombination aus tollem Komfort, gediegener Verarbeitung, zeitgemäßer Bedienbarkeit und nicht zuletzt einer Portion Fahrspaß. Ein Paket, das der neue Siebener am Ende einen Hauch kompletter schnürt. Text: Michael Harnischfeger Fotos: Hans-Dieter Seufert 75 db(a) beträgt das Innengeräusch des bei 180 km/h trotz Doppelverglasung. Mit nur 72 db(a) ist der erheblich leiser FAZIT Eigenschafts-Sieger 1 Knapper kann die Eigenschaftswertung nicht entschieden werden. Der fahraktivere punktet dann auch bei den Kosten und gewinnt dieses Duell auf Augenhöhe. 2 MERCEDES Unter Komfortaspekten ist die S-Klasse ungeschlagen. Kleine Bedien- und Multimediaschwächen kosten sie, wie auch die weniger bissigen Bremsen, den Sieg. ERGEBNISSE Fahrzeugtyp * Bester erhält volle Punktzahl (Maximalpunktzahl) Karosserie Raumangebot (20) 12 12 Außenabmessungen (10) 4 3 Kofferraum (15) 7 7 Zuladung (10) 7 8 Variabilität/Funktionalität (10) 8 8 Instrumente/Anzeige (5) 5 4 Bedienung (10) 9 8 Rundumsicht (10) 6 6 Qualitätsanmutung (10) 10 10 Summe (100) 68 66 Sicherheit Sicherheitsausstattung/-assistenz (40) 21 26 Licht (10) 10 10 Bremsweg kalt (100 km/h) (10) 2 2 Bremsweg kalt (130 km/h) (5) 3 2 Bremsweg warm (130 km/h) (10) 7 5 Verzögerung (190 km/h) (5) 5 4 Pedalgefühl (5) 5 5 Fahrsicherheit (15) 14 14 Summe (100) 67 68 Komfort Federungskomfort (25) 23 24 Sitze vorn (15) 14 15 Sitze hinten (10) 9 9 Multimedia (20) 19 17 Komfort-Assistenzsysteme (10) 10 8 Klimatisierung (10) 10 10 Innengeräusch-Messwerte (5) 4 5 Geräuscheindruck (5) 4 5 Summe (100) 93 93 Antrieb Laufkultur (10) 7 8 Durchzugskraft (10) 9 8 Leistungsentfaltung (5) 4 4 Schaltung/Getriebeabstufung (10) 9 10 Beschl./Höchstgeschwindigkeit (15) 10 10 Zwischenbeschleunigung (5) 4 3 Testverbrauch (20) 9 8 Lademöglichkeiten (10) Reichweite Elektro (10) Reichweite (5) 5 5 Summe (100) 57 56 Fahrverhalten Fahrdynamik (20) 8 9 Handling/Fahrspaß (25) 23 21 Lenkung (20) 18 19 Wendekreis (10) 0 1 Traktion/Wintertauglichkeit (15) 10 10 Geradeausl./Windempf. (10) 9 10 Summe (100) 68 70 Umwelt Well-to-Wheel-CO 2 -Emission (30) 13 12 Emissionen nach NEFZ (15) 11 10 Stand- und Fahrgeräusch (5) 4 5 Summe (50) 28 27 Eigenschaftswertung (550) 381 380 Kosten Grundpreis* (25) 25 25 Ausstattung* (10) 10 8 Aufpreisgestaltung (5) 3 3 Wiederverkaufschancen (10) 8 8 Festkosten für 5 Jahre* (10) 10 10 Wart./Reparatur 100 000 km* (15) 15 14 Kraftstoffkosten 100 000 km* (15) 15 15 Garantie (10) 5 5 Summe (100) 91 88 Gesamtwertung (650) 472 468 1 2 6 4/2016 4/2016 7
DER ANSPRUCH VON MORGEN. DER NEUE 7er. EINE AUSGEZEICHNETE WAHL. BEST CARS Der neue 7er Sieger Best Cars 2016 in der Gesamtwertung der Kategorie Luxusklasse (auto motor und sport, Ausgabe 04/2016). Gewinner Connected Car Award in der Kategorie Connected Car des Jahres 2015 (AUTO BILD und COMPUTER BILD, Ausgabe 51 52/2015). Sieger Goldenes Lenkrad 2015 in der Kategorie Luxusklasse (AUTO BILD und BILD am SONNTAG, Ausgabe 46/2015). Abbildung zeigt Sonderausstattungen. www.bmw.de/7er Freude am Fahren