Wann ist der Lebenszyklus wichtig?

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Transkript:

Wann ist der Lebenszyklus wichtig? Ramona Lütcherath, SEMPACT AG, Juli 2013 Können Produktionsmittel einen Lebenszyklus wie Lebewesen haben? Zwar unterliegen diese nicht einem genetisch verankerten Code für Geburt, Wachstum, Alterung und Tod. Und natürlich muss man dem Vergleich zwischen Lebenszyklus in der Natur und in der Ökonomie ein besonders ausgeprägtes Hinken nachsagen. Doch haben Gleichnisse, auch wenn sie hinken, schon oft die Aufmerksamkeit für kritische Situationen geschärft und zur Bewältigung von Situationen beigetragen, die nicht identisch, sondern nur in gewissen Merkmalen ähnlich sind. Das Lebenszyklusmodell basiert auf der Erkenntnis, dass, ähnlich wie für Lebewesen, auch für die aus Sicht eines Unternehmens relevanten Produktionsmittel das Gesetz des Werdens und Vergehens gilt. Es lässt sich daher für sie jeweils ein Lebenszyklus abgrenzen, d. h. ein Zeitraum, über den sie entwickelt, geplant, erworben, erstellt, bearbeitet, genutzt, stillgelegt, entsorgt und/oder veräußert werden. Technische Umsetzungsmaßnahmen zur Energieeffizienz werden ebenso geplant, bewertet, realisiert, überprüft, überwacht, ggf. korrigiert und weiter überprüft und überwacht. Das ist der Kreislauf des Managements von Energie. Doch wie lässt sich die Beschaffung von Produktionsmitteln in diesen Kreislauf einbinden? Die Lebenszykluskosten zeigen die Wirtschaftlichkeit unter Berücksichtigung aller anfallenden Folgekosten. Solche Folgekosten oder Betriebskosten sind z. B.: Installationskosten (z. B. bei Heizungs- und Beleuchtungssystemen) Betriebs- und Unterhaltskosten (elektrische Energie unter Leerlauf und unter Last, Gas, Diesel usw.) Betriebs- und Hilfsstoffe (wie Wasser, Luft, Gase, Schmiermittel, Kühlmittel, Hydrauliköl usw.) Werkzeugkosten (Verschleißmaterial) Bedienungskosten Servicekosten (Schulungen, Parametrierungen usw.) Pflege- und Wartungskosten (Arbeitszeit) Instandhaltungskosten (Ersatzteile, Arbeitszeit) Produktionsausfallkosten Umweltschutzkosten (Abwasserkosten usw.) Außerbetriebnahmekosten Entsorgungskosten (ggf. Transportkosten) Kosten für Abfallbehandlung Daraus resultiert, dass eine Kaufentscheidung, die ausschließlich auf Anschaffungskosten basiert, gelinde gesagt, grob fahrlässig sein kann. Die Folgekosten können schon nach wenigen Jahren die Investitionskosten kompensieren. Seite 1/5

Bild 1: Quelle: Entscheidungsbasis bei der Beschaffung von Werkzeugmaschinen (WZM) TU Chemnitz, Professur Unternehmensrechnung und Controlling, R. Lindner und U. Götze: Life cycle costing as instrument for the evaluation of energy- and cost effectiveness of machine tools Um Folgekosten (siehe oben) einer Anschaffung wirtschaftlich bewerten zu können, ist der Bedarf pro Betriebsstunde anzugeben. Welche Möglichkeiten gibt es nun zur differenzierten Bestimmung, Analyse und Beeinflussung der Lebenszykluskosten? Oder anders gefragt: Wann schaue ich auf Betriebskosten? Welche Kriterien in diesem Punkt zu definieren sind, muss jedes Unternehmen für sich entscheiden. Die folgenden Ideen unterstützen möglicherweise die Suche nach diesen Kriterien: Betriebskosten entstehen während der Nutzungsphase einer Anlage. Sind die Betriebskosten in dieser Zeit (10 Jahre, 15 Jahre ) hoch oder niedrig? Was ist hoch und was ist niedrig? Angenommen, die Anschaffung eines Extruders kostet 500 T. Bei einer jährlichen Laufzeit von 8.000 Stunden fallen über die Standzeit der Maschine (10 Jahre) ca. 1,5 Mio. Energiekosten an. Sind hier die Energiekosten bei der Kaufentscheidung in Betracht zu ziehen oder nicht? Eine CNC-Maschine kostet in der Anschaffung 750 T und läuft jährlich ca. 2.000 Stunden. Über die Standzeit von 10 Jahren wird ein Energieverbrauch von 200 T abgeschätzt. Sind diese Kosten relevant oder nicht relevant bei der Kaufentscheidung? Seite 2/5

Wann macht eine Vorgabe Sinn, bei der Anschaffung von Antriebsmotoren auf Energiekosten zu achten? Bild 2: Lebenszykluskosten Antriebe P el = 10 kw ƞ = 90 % IE1 Betrachtungszeitraum 10 Jahre 15 ct/kwh Schon mit einem Mehraufwand von 300 Anschaffungskosten lässt sich der Wirkungsgrad auf 95 % steigern (IE3) und die Energiekosten um 4.500 in den betrachteten 10 Jahren reduzieren. Bei einer Anzahl von 250 Motoren gleicher Leistung in einem Unternehmen ist das ein Energieeinsparpotenzial von 1,125 Mio. in 10 Jahren. Zieht man die Mehrinvestition ab, bleiben noch 1,05 Mio. Kostenersparnis übrig. Wo also ist hier das Einkaufskriterium zu setzen? Das Beispiel Druckluft zeigt, dass die Anschaffungskosten bei 4.000 Stunden pro Jahr ca. 12 % aller Aufwendungen während des gesamten Lebenszyklus betragen. Bild 4: Lebenszykluskosten Druckluft P el = 50 kw IE1 Betrachtungszeitraum 15 Jahre 15 ct/kwh Ausschlaggebend für die Amortisation von Effizienzmaßnahmen sind immer die Betriebsstunden. Je höher die Betriebsstunden, desto höher auch die Möglichkeit, Energiekosten zu sparen und desto kleiner der ROI für die effizientere Lösung. In dem Beispiel für Druckluft würde eine um 5 % effizientere Drucklufterzeugung in 15 Jahren bei 4.000 h/a 22,5 T Energiekosteneinsparung bringen. Bei 8.000 h/a sind dies sogar 45 T. Wie viel mehr kostet ein effizienterer Kompressor? Seite 3/5

Die Effizienz einer Kompressionskältemaschine wird gemessen über das Verhältnis von elektrischem Energieaufwand zu abgeführter Wärmemenge (COP = coefficience of performance). Ein COP von 3 verursacht Kosten von ca. 5 ct pro kwh erzeugter Kältemenge (oder abgeführter Wärmemenge). Bild 5 zeigt die damit verbundenen Betriebskosten in Abhängigkeit der Betriebsstunden pro Jahr. Bild 5: Lebenszykluskosten Kälte Kompressionskältemaschine COP = 3 100 kw P el 6.000 Betriebsstunden/Jahr 15 ct/kwh Betrachtungszeitraum 10 Jahre Würde man im Rahmen der Planung und Beschaffung dafür sorgen, dass die Kältemaschinen mit einem COP = 6 zum Einsatz kämen, halbierten sich die Energiekosten auf 2,5 ct/kwh Kältemenge, was wiederum ein Einsparpotenzial in diesem Fall von 50 % Energiekosten birgt. In unserem Beispiel bedeutet dies bei 8.000 h/a eine Einsparung von 600 T in 10 Jahren. Fazit Das Problem einer zielführenden Kostenbewertung liegt nicht selten bei den klar definierten Nutzungsbedingungen. Denn häufig müssen Entscheidungen rasch und pragmatisch erfolgen, um bspw. schnell eine Produktionsstörung zu beseitigen. In dieser Stresssituation werden keine Kostenbewertungen durchgeführt, da das nicht im Verhältnis zum Produktionsausfall steht. Doch ein unter solchen Bedingungen eingesetzter Motor wird dann viele Jahre seinen Dienst tun und dabei vielleicht deutlich mehr Strom benötigen, als ein effizienterer Motor. Nicht bei jeder Anschaffung müssen komplizierte Tabellen gefüllt oder umfangreiche Berechnungen durchgeführt werden. Manchmal reicht auch der einfache Dreisatz, um schnell zum richtigen Ergebnis zu gelangen. Das gilt vor allem dann, wenn es nur wenige zu bewertende Faktoren gibt. Doch eines lässt sich nicht umgehen: Die Beschaffungsrichtlinie des Unternehmens ist in jedem Fall um das Kriterium Energieeffizienz geprüft zu ergänzen! Seite 4/5

Anmerkung Die VDI-Richtlinie 2884 stellt einen methodischen Rahmen bereit, um Beschaffungsentscheidungen unter Annahme eines Nutzungsprofils auf der Basis der resultierenden gesamten Lebenszykluskosten zu treffen. Die Richtlinie hilft insbesondere, den Einfluss wiederkehrender Kosten und Folgekosten aufzuzeigen. Somit können fundiert die Vorteile alternativer Produktionsmittel bzw. Produktionsmitteleigenschaften diskutiert und nicht nur qualitativ sondern weitgehend quantitativ bewertet werden. Seite 5/5