Beobachtungen an solitären Wespen und Wildbienen an ihren Nistplätzen in Brombeerstängeln (Insecta: Hymenoptera)

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Transkript:

Abh. DELATTINIA 40: 299-307 Saarbrücken 2014 ISSN 0948-6526 Beobachtungen an solitären Wespen und Wildbienen an ihren Nistplätzen in Brombeerstängeln (Insecta: Hymenoptera) Hannes Petrischak Kurzfassung: Im Frühjahr 2012 wurden die Aktivitäten der Lehmwespen Ancistrocerus nigricornis und Gymnomerus laevipes (Vespidae: Eumeninae), der Wildbienen Osmia caerulescens und Hylaeus sp. (Apidae), der Grabwespen Pemphredon sp. und Passaloecus corniger (Crabronidae) sowie der Parasitoiden Chrysis ignita, Chrysis fasciata (Chrysididae) und Gasteruption assectator (Gasteruptiidae) an abgeschnittenen Brombeerranken in einem Garten dokumentiert. Summary: Observations of solitary wasps and bees at their nesting sites in bramble stems (Insecta: Hymenoptera). In spring 2012, the behaviour of the following wasps and bees was documented at cut bramble stems in a garden: Ancistrocerus nigricornis and Gymnomerus laevipes (Vespidae: Eumeninae), Osmia caerulescens and Hylaeus sp. (Apidae), Pemphredon sp. and Passaloecus corniger (Crabronidae), the parasitoids Chrysis ignita, Chrysis fasciata (Chrysididae), and Gasteruption assectator (Gasteruptiidae). Résumé: Observations sur guêpes et abeilles solitaires aux nids dans les tiges de ronce (Insecta: Hymenoptera). Au printemps 2012, le comportement des guêpes et abeilles suivantes a été observé sur des tiges de ronce coupées et documenté: Ancistrocerus nigricornis et Gymnomerus laevipes (Vespidae: Eumeninae), Osmia caerulescens et Hylaeus sp. (Apidae), Pemphredon sp. et Passaloecus corniger (Crabronidae), les parasitoïdes Chrysis ignita, Chrysis fasciata (Chrysididae) et Gasteruption assectator (Gasteruptiidae). Keywords: Rubus, Eumeninae, Apidae, Crabronidae, Chrysididae, Gasteruptiidae 1 Entstehung und Lage der Nistplätze In einem Garten in Wallerfangen (Mittleres Saartal) wurden von Mitte Mai bis Anfang Juni 2012 mehrere Arten von solitären Wespen und Wildbienen einschließlich einiger Parasitoide an ihren Nistplätzen in den Stümpfen abgeschnittener Brombeerranken (Rubus laciniatus, Schlitzblättrige Brombeere, stachellose Zuchtform) beobachtet und fotograiert. Die Brombeeren wuchsen dort seit mehreren Jahren in unmittelbarer Nähe zur Hauswand an einem sonnigen Standort (Südlage). Die kräftigen, markhaltigen Triebe waren jeweils nach ihrem Absterben etwa 10 bis 30 cm über dem Boden abgeschnitten worden. Die verbliebenen, in den Folgejahren zunächst unbeachteten Stümpfe bildeten, wie sich im Beobachtungszeitraum herausstellte, einen idealen Nist-Standort für hohlraumbesiedelnde Hymenopteren (Abbildung 1). 299

Abb. 1: Blick auf den Niststandort mit den abgeschnittenen Brombeerranken. Deutlich sind einige Nesteingänge in den Schnittlächen zu erkennen (15.5.2012). 300

2 Die Lehmwespen Ancistrocerus nigricornis (curtis, 1826) und Gymnomerus laevipes (shuckard, 1837) (Vespidae: Eumeninae) Mehrere Nistplätze waren von Ancistrocerus nigricornis belegt (Abbildung 2). Die Weibchen konnten vom 14.-16. Mai dabei beobachtet werden, wie sie erbeutete Kleinschmetterlingsraupen in die offenen Brutröhren eintrugen und abschließend die Öffnung mit feuchtem Lehm versiegelten. Die paralysierten Raupen wurden im Anlug mit den Mandibeln an der Unterseite der Thorakalsegmente gehalten. Das Aufsammeln des Lehms erfolgte mehrfach an den Überresten älterer Maulwurfshügel inmitten der angrenzenden Rasenläche. Mit den Mundwerkzeugen und der Unterseite des Kopfes wurde das Erdmaterial dabei rückwärts gegen die eingeknickten Vorderbeine geschoben, das entstandene Klümpchen mit den Mandibeln ergriffen und liegend zum Nesteingang transportiert. Nach Verfüllen der Öffnung wurde der Lehm sorgfältig auf der Schnittläche der Brombeerranke glattgestrichen. Während der Verproviantierung der Brutröhren hielt sich die Goldwespe Chrysis ignita LinnaeUS, 1791 (Chrysididae) regelmäßig in der näheren Umgebung auf. Mehrfach warteten einzelne dieser Parasitoide an den Brombeerstängeln ab, bis die Lehmwespe das Nest verließ, um dann den Nesteingang zu inspizieren und gelegentlich für kurze Zeit im Innern zu verschwinden (Abbildung 2 f, g). Während dieser Zeit erschien an unmittelbar benachbarten Nistplätzen Gymnomerus laevipes (Abbildung 3). Besonders auffällig war zunächst das Verhalten der Männchen, erkennbar am leuchtend gelb gefärbten Clypeus und den hakenförmig nach unten gekrümmten Antennenspitzen. Sie sonnten sich bevorzugt auf den Schnittlächen der Brombeerstängel. Immer wieder inspizierten sie aufmerksam die Nestöffnungen. Fanden sie darin ein Weibchen vor, ergriffen sie es mit den Mandibeln am Kopf (an Antennen oder Haaren) und versuchten, es nach oben herauszuziehen. Am 15. Mai hielt ein Männchen ein Weibchen auf dem Rand eines Blumentopfes in der Nähe der Nistplätze umklammert. Gut zwei Wochen später, vom 30. Mai bis 2. Juni, verproviantierten die Weibchen Nistzellen mit Rüsselkäfer-Larven (Curculionidae). Dabei wurden sie ständig von der Goldwespe Chrysis fasciata olivier, 1790 belauert (Abbildung 3 h-j), die ein identisches Verhalten zeigte wie zuvor Chrysis ignita bei A. nigricornis. Zur Auskleidung der Nistzellen trug G. laevipes ebenfalls Lehm ein, der allerdings mit den Mandibeln vorwiegend als Belag von am Boden liegenden Steinen abgeschabt wurde. Regelmäßig wurden die ersten aufgeblühten Brombeerblüten sowie Schnittlauch-Blüten in unmittelbarer Nähe zur Aufnahme von Nektar aufgesucht, meist nach dem Eintragen einer Käferlarve. Bei bewölktem Himmel zogen sich die Lehmwespen in ihre Nistgänge zurück. 3 Die Mauerbiene Osmia caerulescens (linnaeus, 1758) und eine Maskenbiene Hylaeus sp. (Apidae) In einem der Brombeerstängel nistete die Stahlblaue Mauerbiene (Osmia caerulescens), die Ende Mai/ Anfang Juni beim Eintragen von Pollen beobachtet werden konnte. Bei einer Kontrolle am 30. Juni iel der dunkelgrüne Nestverschluss aus Planzenmörtel auf (Abbildung 4 a-c). Am 30. Mai wurde an einem ehemaligen Nistplatz von A. nigricornis (erkennbar an den Lehm- Resten auf der Schnittläche) eine weibliche Maskenbiene (Hylaeus sp.) angetroffen. Sie hatte ihren Nestzugang bereits mit einem dünnen Sekrethäutchen verschlossen (Abbildung 4 d). Ende Mai/Anfang Juni patrouillierte die an Wildbienen-Nestern schmarotzende Art Gasteruption assectator (LinnaeUS, 1758) (Gasteruptiidae, Schmalbauch- oder Gichtwespen) mehrfach an den Nistplätzen (Abbildung 4 e). 301

Abb. 2: Die Lehmwespe Ancistrocerus nigricornis. a, b: Eintragen von Kleinschmetterlingsraupen; c, d: Lehmaufnahme; e: Verschließen des Nesteingangs; f, g: die Goldwespe Chrysis ignita, f: beim Inspizieren des Nesteingangs von A. nigricornis (14.-16.5.2012). 302

Abb. 3: Die Lehmwespe Gymnomerus laevipes. a: Ein Männchen zieht an einem Weibchen im Nesteingang; b: ein Pärchen auf dem Rand eines Blumentopfs (15./16.5.2012); c, d: Lehmaufnahme; e: Blütenbesuch an Brombeere; f: Eintrag einer Rüsselkäferlarve; g: Blick von oben in den mit erbeuteten Larven gefüllten Nistgang; h-j: die Goldwespe Chrysis fasciata, j: beim Eindringen in ein Nest von G. laevipes (30.5.-2.6.2012). 303

4 Die Grabwespen Pemphredon sp. und Passaloecus corniger shuckard, 1837 (Crabronidae) An deutlich kleineren Nistgängen konnten vom 30. Mai bis 6. Juni Aktivitäten von Grabwespen dokumentiert werden (Abbildung 5). So nagte Pemphredon sp. Gänge entweder zentral in die Brombeerstängel oder, wenn diese bereits von Lehmwespen belegt waren, auch in das seitlich verbliebene Mark hinein und trug Blattläuse als Proviant für die Larven ein. An einem solchen Nest erschien am 6. Juni wiederholt Passaloecus corniger, um jeweils mit 1-2 entwendeten Blattläusen davon zu liegen. 5 Diskussion Das Spektrum der hier vorgestellten Hymenopteren umfasst Arten, die für den menschlichen Siedlungsbereich typisch sind und daher als synanthrop charakterisiert werden (Witt 2009). Ancistrocerus nigricornis zählt zu den häuigsten solitären Faltenwespen (Bestimmungsschlüssel: SchMiD-eGGer 2004; wichtigstes Merkmal: rechtwinklige Stufe am 2. Sternit). Da die Weibchen überwintern, erscheinen sie bereits zeitig im Frühjahr. Im vorliegenden Fall erfolgte die Versorgung der Nistzellen zu einem Zeitpunkt, als Gymnomerus laevipes noch mit der Partnerindung beschäftigt war. Chrysis ignita gilt als häuigste Goldwespe und ist als Parasitoid regelmäßig an den Nestern von A. nigricornis zu inden (kunz 1994, Witt 2009). A. nigricornis nistet vorwiegend in Gängen von rund 5 mm Durchmesser, nutzt also vorhandene Hohlräume, häuig auch an Wildbienen-Nisthilfen sowohl in Holzbohrungen als auch in Bambusröhrchen (WeStrich 2011). G. laevipes hingegen baut seine Nester in markhaltige Stängel, die durch eine Bruch- oder Schnittläche zugänglich sein müssen: Das Mark wird herausgenagt, die Zelle wird mit Lehm ausgekleidet, der Nestverschluss erfolgt jedoch mit zerkautem Mark (Witt 2009). Die komplett blaugrüne Chrysis fasciata ist eine Kuckuckswespe von G. laevipes (kunz 1994, Witt 2009). Gymnomerus laevipes kann in der beschriebenen Vergesellschaftung der Eumeninae und Wildbienen also als Erstbesiedler der Brombeerstängel gelten, der die Hohlräume für die anderen Arten (A. nigricornis, Osmia caerulescens, Hylaeus sp.) schafft. G. laevipes nutzt aber auch bestehende Nistgänge. O. caerulescens errichtet Linienbauten in unterschiedlichen Hohlräumen, ebenfalls oft an Nisthilfen. Zellzwischenwände und Nestverschluss werden aus zerkauten Laub- oder Blütenblättern verschiedener Planzen hergestellt. Der Nestverschluss der Maskenbiene war deutlich erkennbar von Resten eines Lehm verschlusses umgeben, so dass dieser Stängel von mindestens drei verschiedenen Arten nacheinander genutzt wurde. Mehrere Hylaeus-Arten, deren Artbestimmung an Hand von Fotos in der Regel nicht zweifelsfrei möglich ist, nisten in vorhandenen Hohlräumen. Der Nestverschluss aus einem transparenten, dünnen Häutchen ist gattungsspeziisch. Schmalbauchwespen (Gasteruption-Arten) sind Futterparasiten von Wildbienen, meist Maskenbienen (WeStrich 2011). Markhaltige Stängel oder Hohlräume wie Insektenfraßgänge werden regelmäßig von den kleinen, dunkel gefärbten Pemphredon- und Passaloecus-Arten (und weiteren Grabwespen) besiedelt. Passaloecus corniger ist am Hörnchen zwischen den Fühlerbasen, den dunklen Mandibeln und dem auch beim Weibchen silbrig behaarten Clypeus eindeutig bestimmbar. Das beobachtete Verhalten des Beute-Diebstahls (Blattläuse) aus anderen Nestern, sogar aus denen anderer Arten, ist ebenfalls charakteristisch. Bei dem Diebstahls- Opfer könnte es sich in diesem Fall um Pemphredon lethifer (ShUckarD, 1837) handeln, einer häuigen Art an Rubus-Stängeln allerdings wäre auch hier eine eindeutige Bestimmung nur am Präparat möglich (BLöSch 2000, BLöSch 2012, Witt 2009). Die Beobachtungen der dargestellten Arten innerhalb des kurzen Zeitraums zeigen exemplarisch, welch hohe Bedeutung dürren, angeschnittenen Brombeerranken bzw. den Stängeln weiterer Planzen wie Königskerzen (WeStrich 2011) für Wildbienen und Wespen zukommt. Über längere Zeiträume ent- 304

Abb. 4: Wildbienen. a, b: Die Stahlblaue Mauerbiene (Osmia caerulescens) am Nesteingang (30.5./1.6.2012), c: ihr grünlicher Nestverschluss aus zerkautem Planzenmaterial (30.6.2012); d: eine Maskenbiene (Hylaeus sp.) am Nestverschluss (30.5.2012); e: die Schmalbauchwespe Gasteruption assectator (2.6.2012). 305

stehen interessante Lebensgemeinschaften aus Erstbesiedlern, Nachmietern, Konkurrenten und Parasitoiden. Die große Vielfalt der Hymenopteren-Nester in Rubus-Stängeln, meist analysiert mit Hilfe von Zuchten aus eingetragenen Brombeerranken, wurde bereits von verschiedenen Autoren untersucht (z.b. höppner 1910, enslin 1933, DankS 1970, JakUBzik & cölln 1990). Abb. 5: Grabwespen. Pemphredon sp. beim Nagen des Nistganges (a, 2.6.2012) und vor dem Eingang (b, 6.6.2012); c, d: Passaloecus corniger beim wiederholten Diebstahl von Blattlaus-Nymphen aus dem Pemphredon-Nest (6.6.2012). 306

6 Dank Ein herzlicher Dank für Unterstützung bei der Bestimmung der fotograierten Arten gilt Dr. Christian Schmid-Egger. 7 Literatur BLöSch, M. (2000): Die Grabwespen Deutschlands. Die Tierwelt Deutschlands, 71. Teil, Goecke & Evers, Keltern, 480 S. BLöSch, M. (2012): Grabwespen, NBB Scout, Band 2, Westarp Wissenschaften, Hohenwarsleben, 219 S. DankS, H. V. (1970): Biology of some stem-nesting aculeate Hymenoptera. Trans. R. Entomol. Soc. London 122: 323-399. enslin, F. (1933): Die Bewohner der Brombeerstengel. Ent. Jb. 42: 134-148. höppner, H. (1910a): Zur Biologie der Rubus-Bewohner. Z. wiss. InsBiol., 6 (3): 93-97, (4): 133-136, (5): 161-167, (6/7): 219-224. JakUBzik, A. & cölln, K. (1990): Zur Biologie der in Rubus nistenden Hymenopteren des Rheinlandes. - Verh. Westd. Entom. Tag 1989, 113-122. kunz, P. X. (1994): Die Goldwespen Baden-Württembergs. Beih. Veröff. Naturschutz Landschaftsplege Bad.-Württ. 77, Karlsruhe, 188 S. SchMiD-eGGer, C. (2003): Bestimmungsschlüssel für die deutschen Arten der solitären Faltenwespen (Hymenoptera: Eumeninae). DJN, Göttingen, S. 54-102. WeStrich, P. (2011): Wildbienen Die anderen Bienen. Verlag Dr. Friedrich Pfeil, München, 168 S. Witt, r. (2009): Wespen. 2. Aul., Vademecum, Oldenburg, 400 S. Anschrift des Autors: Dr. Hannes Petrischak Stiftung Forum für Verantwortung Pestelstraße 2 66119 Saarbrücken E-Mail: petrischak@forum-fuer-verantwortung.de 307