Aktuelles zum Wettergeschehen 04. August 2006 / Th. Schlegel, P. Albisser Juli 2006: klimatologisch ein extremer Monat Wetterablauf Die ersten Tage des Monats Juli brachten bereits an den meisten Orten in der Schweiz hochsommerliche Temperaturverhältnisse. Am 4. stiess von Westen her eine flache Tiefdruckrinne (Abb. 1) gegen Mitteleuropa vor.
Abbildung 1: Bodenwetterkarte vom 4.7.2006 Die damit herangeführten feuchten Luftmassen lösten verbreitet, zum Teil ergiebige Niederschläge aus (Abb. 2). Dabei gingen die Temperaturen deutlich zurück (Abb.2a). Abbildung 2: Verlauf der Regenaktivität für die Stationen Zürich, Genf und Lugano
Abbildung 2a: Temperaturverlauf für die Stationen Zürich, Genf und Lugano Bereits am 7. stiess ein Hochdruckgebiet von den Azoren in den europäischen Kontinent hinein vor (Abb. 3). In seinem Einflussbereich stellte sich von Westen her sonniges Wetter ein, wobei die Temperaturen rasch wieder auf Werte anstiegen, die deutlich über der Norm waren. (Abb. 2b). Abbildung 2b: Verlauf der Temperaturabweichungen gegenüber den langjährigen Mittelwerten für die Stationen Zürich, Genf und Lugano.
Abbildung 3: Bodenwetterkarte vom 7.7.2006 Am 16.7. begann sich die grossräumige Druckverteilung zu verändern. Als Folge davon ging die im Alpenraum herrschende Bisenströmung zu Ende. Anschliessend stellte sich eine schwache Südwestströmung ein (Abbildung 4). Diese Umstellung der Strömungsverhältnisse führte dazu, dass feuchtere und heisse Luftmassen von der Iberischen Halbinsel in den Alpenraum strömten. Die Temperaturen stiegen nochmals an und - weil auch die Luftfeuchtigkeit zunahm - wurde die Hitze von vielen Leuten als ausgesprochen drückend empfunden.
Abbildung 4: Bodenwetterkarte vom 19.7.2006 Die sich abzeichnende, zunehmende Hitzebelastung für die Menschen bewog die MeteoSchweiz am 18.7.06 Hitzealarm auszulösen. Das hochdruckbeeinflusste Hochsommerwetter dauerte in der Folge bis zum 23.. an. Anschliessend verflachte sich die Druckverteilung (Abbildung 5). Damit nahm die Neigung zur Bildung von Gewittern sukzessive zu. Sie waren stellenweise heftig und sorgten für grössere Schäden (z.b. Grindelwald, Val de Dix, Martigny). Zu einem Unterbruch der Hitzewelle kam es damit aber nicht. In den letzten Tagen des Monats Juli machte sich allmählich eine Wetterumstellung bemerkbar. Eine Gewitterstörung linderte am 27. und 28. Juli vorerst nur lokal die grosse Trockenheit. Nach einem letzen Hitzetag am 30. Juli, floss im Laufe des letzten Juli Tages zunehmend feuchtere Atlantikluft gegen die Schweiz und bis am Abend setzte verbreitet Regen ein.
Abbildung 5: Bodenwetterkarte vom 25.7.2006 Der Hitze-Juli 2006 im langjährigen Vergleich Der Juli 2006 war in weiten Teilen der Schweiz ausgesprochen heiss. Die erreichten Tagesmitteltemperaturen waren in den Niederungen der Alpennordseite und in den meisten Alpentälern die höchsten Juliwerte seit Beginn der systematischen Aufzeichnungen im Jahre 1864. Die bisherigen Rekordwerte stammen aus dem Juli 1983. An den höher gelegenen Stationen westlich der Reuss und des Alpensüdhanges erreichten die Temperaturen nicht ganz die Werte vom Juli 1983. In den Gipfelregionen herrschten im Juli 2006 und im Juli 1983 vergleichbare Temperaturen. In den Niederungen der Alpensüdseite übertrafen die Temperaturen ebenfalls die Werte aus dem Jahre 1983. Der Juli-Rekord aus dem Jahre 1928 wurde jedoch nicht gebrochen.
Auf der Alpennordseite östlich der Aare war der Juli 2006 verbreitet 5 Grad heisser als im Mittel der Jahre 1961 bis 1990. Im Westen und Wallis erreichte der Wärmeüberschuss rund 4 Grad, im Engadin und auf der Alpensüdseite war er mit rund 3.5 Grad weniger extrem. Die Monatsmitteltemperatur betrug im Flachland der Alpennordseite, im Rheintal bis Chur und in der Urner Reussebene sowie im Zentralwallis 22 bis 23.5 Grad, in den tiefen Lagen der Alpensüdseite sogar rund 24 Grad. Selbst auf dem 3580 m hohen Jungfraujoch wurde eine mittlere Monatstemperatur von Plus 2.8 Grad gemessen. Entsprechend der hochsommerlichen Witterung war der Juli auch gebietsweise aussergewöhnlich sonnig und sehr trocken. Aufgrund der häufig schauerartigen und gewittrigen Niederschlägen ergaben sich lokal zum Teil beträchtliche Unterschiede in den Niederschlagsmengen. Grosse Trockenheit stellte sich vor allem am Juranordfuss, in weiten Teilen des Mittellandes und am östlichen Alpennordhang ein, wo im Allgemeinen nur 25 bis 50 Prozent der normalen Niederschlagsmengen fiel. Auch das Vorderrheintal erhielt weniger als 50 Prozent der normalen Regenmengen. Entlang dem südlichen Jura, im Napfgebiet und im nördlich angrenzenden Mittelland wurden aber verbreitet mehr als 70 Prozent, lokal sogar übernormale Mengen gemessen. In den Alpen westlich der Reuss fielen verbreitet 50 bis 70 Prozent der Normalsummen. In weiten Teilen von Graubünden und Tessin war das Regendefizit gering und es fiel lokal mehr Regen als im langjährigen Durchschnitt. Die Besonnung erreichte am Juranordfuss, im Mittelland und im Zentralwallis mehr als 300 Stunden. Im zentralen und östlichen Mittelland wurden sehr hohe 135 bis 160 Prozent der normalen Besonnung erreicht. Im Westen, Wallis, Süden und Graubünden blieb es meist bei 110 bis 130 Prozent des Normalwertes. Tagesmitteltemperaturen und Abweichungen zum langjährigen Mittel einiger ausgewählter Standorte aus dem Messnetz der MeteoSchweiz:
Tagesmittel Abweichung zum Bisheriger Rang Station Juli 2006 in langjährigen Mittel Rekord / Juli C 1961-1990 Jahr 2006 Basel 23.7 5.2 22.5 / 1983 1 Bern 22.1 4.6 21.5 / 1983 1 Genf 23.7 4.4 23.0 / 1983 1 Säntis 9.9 5.2 9.8 / 1983 1 Zürich MCH 22.5 4.9 22.0 / 1983 1 Lugano 24.3 3.2 25.0 / 1928 2 Viele Hitzetage Die aussergewöhnlich lang anhaltenden hohen Temperaturen widerspiegeln sich auch in der Anzahl Hitzetage. Von Hitzetagen spricht man in der Klimatologie, wenn die Tageshöchstewerte 30 C oder mehr erreichen. Anzahl Hitzetage (Tagesmaxima >=30 C) des Juli 2006 im Vergleich zum langjährigen Mittel: Station Langjähriges Mittel 1961-1990 Anzahl Hitzetage Juli 2006 Anzahl Hitzetage Juli 2003 Anzahl Hitzetage Juli 1983 Basel 3.4 17 9 14 Bern 1.9 16 6 13 Genf 4.6 19 13 19 Zürich 1.7 15 3 12
MCH Lugano 1.2 17 10 11 Häufung der überdurchschnittlich warmen Julimonate in den letzten 25 Jahren Der Sommer in der Schweiz zeigte ab Beginn der 1980er Jahre einen schnellen Wechsel zu deutlich höheren Temperaturen (Durchschnitt Juni bis August). Dies zeigt sich auch in den Julitemperaturen. Vier der fünf wärmsten Julimonate seit 1864 erreigneten sich an der Messtation Zürich-MeteoSchweiz in den letzten 25 Jahren (Abbildung 6). Abbildung 6: Die jährliche Abweichung der Juli-Temperatur in der Messstation Zürich vom langjährigen Durchschnitt (Norm 1961-1990) als eindrückliches Beispiel für den Klimawandel. Die zu warmen Jahre sind rot, die zu kalten Jahre blau angegeben.
Maximumtemperaturen Juli 2006 Die absoluten Temperatur Höchstwerte im Juli 2006, registriert auf dem Messnetz der MeteoSchweiz. 2005 MeteoSchweiz Letzte Änderung: 04.08.2006