Biogas aus Schweinegülle geht das?

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Transkript:

Management Biogas aus Schweinegülle geht das? Das neue EEG sieht für Biogasanlagen mit mindestens 80 % Gülleanteil ab Januar 2012 eine höhere Einspeisevergütung vor. Was sollten Schweinehalter bedenken, bevor sie in die Biogasproduktion einsteigen? Aus Gülle Geld machen davon träumt wohl jeder Schweinehalter. Diesem Ziel könnten viele Ferkelerzeuger und Mäster künftig ein Stückchen näher kommen. Denn die Novellierung des Erneuerbare-Energien- Gesetzes (EEG) schafft neue Rahmenbedingungen für die Biogaserzeugung aus Schweinegülle. Künftig werden Kleinanlagen bis 75 Kilowatt (kw) Leistung und mindestens 80 % Gülleanteil in der Substratmischung mit pauschal 25 Cent je Kilowattstunde (kwh) gefördert. Der Ge- setzgeber will hierdurch erreichen, dass künftig keine bzw. deutlich weniger Energiepflanzen in der Biogasproduktion eingesetzt werden. Das Umweltministerium erklärt die erhöhte Fördersumme außerdem damit, dass die Stromerzeugung in kleineren Biogasanlagen teurer ist, und auch bei einer Leistung von relativ wenigen Kilowatt ein hoher Beitrag zum Klimaschutz geleistet wird. Gülle ist nicht gleich Gülle! Auch wenn die Biogasgewinnung aus Gülle durch das neue EEG interessanter wird, für Schweinehalter bleiben dennoch einige Knackpunkte bestehen: Die Methanausbeute ist beim Einsatz von Schweinegülle 14 mal niedriger als beim Einsatz von Energiepflanzen. Der Gasertrag aus der Trockenmasse von Schweinegülle liegt zwar knapp über dem von Rindern, aber relativ geringe Kotausscheidungen pro Tier machen diesen Vorteil wieder zunichte. Reine Schweinegülle ist für die Biogasproduktion schwerer zu verwerten. Der Grund liegt in dem sehr hohen Wassergehalt von rund 95 %. Hinzu kommt, dass vor allem Sauengülle durch anfal- lendes Wasser bei der Stallreinigung zusätzlich verdünnt wird. Viele Mastplätze nötig: Aufgrund des hohen, nicht verwertbaren Wasseranteils wird eine große Tierzahl benötigt, um eine 75 kw-anlage auszulasten. Beispielsweise sind beim Einsatz von mindestens 80 % Gülle und Zufütterung von 20 % Energiepflanzen jährlich rund 4 400 m³ Gülle erforderlich. Das entspricht bei einem Gülleanfall von 1,70 m 3 je Mastplatz (0,65 m 3 je Tier bei 2,6 Mastdurchgängen) ca. 2 600 Mastschweineplätzen. Liegt der Gülleanfall bei 2,34 m 3 pro Mastplatz, werden knapp 1 900 Mastplätze benötigt. Deutlich größere Mastschweinebestände werden benötigt, wenn ausschließlich Gülle vergärt werden soll. Für die reine Güllevergärung müssten etwa 12 000 m³ Gülle pro Jahr vorhanden sein. Das wären bei einem Gülleanfall von 1,70 m 3 pro Platz gut 7 000 Mastplätze! Zumindest in Süddeutschland sind solche Strukturen eher selten zu finden, erklärt Dr. Stefan Rauh vom Fachverband Biogas. Interesse an diesen Anlagen könnte also vor allem in den nord- Feststoffvergärung: Zudosierung verursacht Mehrarbeit Sauengülle enthält viel Wasser. Für die Biogasproduktion ist das nachteilig. Foto: Heil Das EEG schreibt vor, dass bei 80 % Güllevergärung bis zu 20 % andere Substrate eingesetzt werden dürfen. Das ist durchaus sinnvoll, steigt dadurch der Gasertrag doch erheblich an. Allerdings erhöht sich durch die Zufütterung von Energiepflanzen auch der technische Aufwand für die Biogasanlage: Ein Feststoffdosierer wird zwingend benötigt, zudem entstehen Kosten für Anbau, Ernte und Lagerung der nachwachsenden Rohstoffe. Auch darf der zusätzliche Arbeitsaufwand für die tägliche Befüllung und Wartung der Anlage nicht unterschätzt werden. Und letztlich steigt die Störanfälligkeit durch das mechanische Eintragssystem an. S 18 top agrar 11/2011

westdeutschen Regionen oder im Osten aufkommen, so der Experte. Wenn die eigene Güllemenge nicht ausreicht bzw. zu dünn ist, um eine 75 kw-anlage zu füttern, könnte eine Betriebskooperation mit einem anderen Landwirt sinvoll sein. In diesem Fall könnte zusätzlich Rindergülle in die Anlage gepumpt werden. Stefan Rauh bewertet das dadurch entstehende Bakterienspektrum zwar als äußerst positiv für den Gärvorgang, er hat aber auch Bedenken: Der stetige Gülletransport ist teuer und zeitaufwändig, das lohnt sich nur bei wenigen Kilometern Entfernung. Eine zweite Alternative ist, die Anlagengröße an die im Betrieb vorhandene Güllemenge anzupassen. Möglich wäre zum Beispiel der Bau einer Biogasanlage mit 30 oder 50 kw Leistung. Neue Anlagentechnik. Die Entwicklung der Kleinbiogasanlagen steckt derzeit noch in den Kinderschuhen. Nur wenige Hersteller haben sich im Vorfeld der EEG-Novelle mit der Anlagenklasse unter 75 kw auseinandergesetzt. Dementsprechend sind die Anbieter mit den Planungen und Kalkulationen erst mit dem Bekanntwerden der Gesetzesinhalte vor einigen Monaten gestartet. Verlässliche Daten gibt es bislang nicht. Klar ist aber schon jetzt, dass frühere Anlagenkonzepte mit Nachgärer, großen Rührwerken usw. für die relativ niedrige Leistung deutlich zu aufwändig und zu teuer sind. Es zeichnet sich daher ein Trend hin zu einer verkleinerten, günstigeren Bauweise ab. Das bestätigt auch Dr. Manfred Dederer von der Landesanstalt für Schweinezucht in Boxberg: Die Hersteller werden künftig wahrscheinlich eine Standardanlage anbieten und weniger individuelle Lösungen präsentieren, um günstige Angebotspreise zu ermöglichen, prognostiziert Dederer. Die neu entwickelten Anlagenkonzepte dürfen also mit Spannung erwartet werden. Erste Entwürfe sehen Containeranlagen (siehe Reportage ab Seite S 21), Fermentertürme mit einem so genannten Festbettreaktor (Reportage auf Seite S 23) sowie verkleinerte Versionen der üblichen Beton-Rundbehälter vor. Ob sich dabei generell eine Feststoffzuführung etabliert und/oder sich auch reine Güllesysteme durchsetzen, ist unklar. Viele ungelöste Probleme. Die spannendste Frage dürfte sein, ob sich die reinen Gülleanlagen rechnen. Viel hängt Bei reiner Güllevergärung kommen meist neue Anlagenkonzepte zum Einsatz. Hier im Bild ein 20 m hoher Festbett-Fermenter. top agrar 11/2011 S 19

Management Links: Für den Betrieb einer 75 kw-anlage werden bei 80 % Gülle- und 20 % Energiepflanzeneinsatz rund 2 600 Mastplätze benötigt. Rechts: Wenn die eigene Schweinegülle zu dünn ist, kann diese z. B. durch Rindergülle aufgewertet werden. Fotos: Heil Fallstricke der Güllevergärung Der Gesetzgeber fördert die Güllervergärung in Biogasanlagen ab dem Jahr 2012 stärker als bisher. Folgende Besonderheiten sind hierbei zu beachten: 75 kw Leistung sind die zulässige Höchstgrenze für die Pauschalvergütung in Höhe von 25 Cent je kwh. Die Stromerzeugung muss dort erfolgen, wo die Biogasanlage steht, Satelliten-BHKW sind nicht erlaubt. Geflügelmist und -trockenkot zählen nicht als Gülle, Pferde- und Schafmist schon. Die höhere Einspeisevergütung von 25 Cent je kwh wird nur dann gezahlt, wenn die Anlage frühestens am 1. Januar 2012 ans Netz geht. Eine Umstellung auf die neue Fördersumme ist für Altanlagen, die bereits Strom ins Netz liefern, generell nicht möglich. Investoren sollten daher genau durchkalkulieren, ob sie noch in diesem Kalenderjahr Strom einspeisen wollen. Das Substrat muss mindestens 150 Tage in der Anlage vergären, um die Methan- und Ammoniakemissionen zu reduzieren. Da dies auch für Kleinanlagen gilt, ist genügend Faulraum einzuplanen. Bei relativ kleinen Fermentern werden also ausreichend dimensionierte, abgedeckte Nachgärbehälter gebaut werden müssen. Nur bei reinen Gülleanlagen mit 100 % Gülleanteil entfällt die Abdeckungspflicht, teilt der Fachverband Biogas mit. von den Investitionskosten ab. Dr. Arne Dahlhoff, Biogasberater bei der Landwirtschaftskammer NRW, hat in einer Modellrechnung die Wirtschaftlichkeit solcher Anlagen durchkalkuliert. Beim Einsatz von 19 % Maissilage könnte ein Schweinemäster nach Berechnungen des Experten theoretisch 6 500 pro kw investieren, ein Sauenhalter rund 4 900. Die Unterschiede beruhen auf den unterschiedlichen Trockensubstanz-Gehalten und Gaserträgen der eingesetzten Gülle. Die kalkulatorischen Werte sind aber mit großer Vorsicht zu genießen, warnt der Experte. Zum einen liegen bislang überhaupt keine Erfahrungen vor, wie die Biogasproduktion mit einem hohen Anteil an Schweinegülle langfristig läuft. Fraglich ist z. B., ob die Anlagenbauteile den Belastungen standhalten und die Technik nicht verstopft. Zum anderen ist zu bedenken, dass beim Einsatz von Maissilage oder anderen Feststoffen hohe Substratkosten entstehen können und der Gülletransport bei Kooperationsmodellen erheblich zu Buche schlagen kann. All das belastet die Wirtschaftlichkeit und damit müss- Schnell gelesen ten die Investitionskosten pro kw installierter Leistung sinken. Preiswerter müssten die Anlagen auch bei reiner Gülleverwertung werden, da der Gasertrag deutlich niedriger ist, gibt Arne Dahlhoff zu bedenken. Geklärt ist auch noch nicht die Frage, welche Auswirkungen der Einsatz von Desinfektionsmitteln nach der Stallreinigung auf die Arbeit der Bakterien hat. Inwieweit sich Kleinanlagen am Markt künftig durchsetzen werden, darüber kann Dr. Dahlhoff derzeit nur spekulieren. Bislang gibt es noch viele ungelöste Probleme, warnt der Fachmann. Und Dr. Stefan Rauh sieht in den Kleinanlagen bislang allenfalls eine Zuerwerbsmöglichkeit. Die Mehreinnahmen durch die Biogasproduktion schätzt er auf 15 000 bis 20 000 pro Jahr. Markus Lehmenkühler Weitere Informationen zur Güllevergärung finden Sie in der top agrar-ausgabe 10/2011 ab Seite 110 sowie im neuen Energiemagazin, das dieser Ausgabe beiliegt. Das neue EEG fördert die Biogasproduktion aus Gülle mit 25 Cent je kwh. Es dürfen maximal 20 % Substrate zugesetzt werden. Um eine 75 kw-anlage auslasten zu können, sind je nach Gülleanfall ca. 2 600 Mastplätze erforderlich. Bei reiner Güllevergärung werden rund 7 000 Schweinemastplätze benötigt. Die Anlagentechnik steckt noch in den Kinderschuhen. Sie muss sich im Praxisalltag erst noch bewähren. Welchen Preis Schweinehalter pro kw installierter Leistung investieren können, hängt unter anderem davon ab, ob Energiepflanzen oder Fremdgülle zugesetzt werden. S 20 top agrar 11/2011

Georg Schmidt musste feststellen, dass seine Schweinegülle für die Biogasproduktion zu wenig Energie enthält. Der Landwirt füttert nun Ganzpflanzensilage zu. Feststoffannahme macht Arbeit In seiner kompakten Containeranlage vergärt Georg Schmidt aus Kipfenberg-Krut zu einem Großteil Schweinegülle. Erst die Zugabe von Ganzpflanzensilage brachte die gewünschte Maximalleistung. Die Vergärung reiner Schweinegülle hat bei Georg Schmidt aus Kipfenberg-Krut in Bayern nicht die erhofften Energieerträge gebracht. Im Gegensatz zu den ersten Berechnungen kam Schmidts Anlage über eine Leistung von 30 kw nicht hinaus. Ein Grund hierfür war der geringe Energiegehalt in den jährlich anfallenden 5000 m 3 Schweinegülle. Denn Georg Schmidt hat die Futterrationen für seine 250 Sauen und 1800 Mastplätze so optimiert, dass nur wenig vergärbares Substrat für die Biogasbakterien übrig bleibt. Im Durchschnitt enthält die Gülle einen Feststoffanteil von lediglich 5 %. Zu wenig, um daraus ausreichend Gas zu produzieren. Deshalb hat sich der Landwirt, der eine Containeranlage von der Firma agrikomp betreibt, dazu entschieden, den zur Anlage gehörenden Feststoffdosierer zu nutzen. Neben den 12 m³ Schweinemischgülle, die täglich aus der Vorgrube in die Anlage gepumpt werden, dosiert Schweinehalter Schmidt 2,2 t Gersten- Ganzpflanzensilage in das System ein. Dadurch läuft das BHKW jetzt mit der top agrar 11/2011 S 21

Management Alles unter einem Dach. In Schmidts Containeranlage sind der 120 m 3 große Fermenter und das BHKW untergebracht. Über den Feststoffdosierer werden täglich gut 2 t Ganzpflanzensilage zudosiert. Ein Getriebemotor treibt das innen liegende Rührwerk an. Maximalleistung von 75 kw, berichtet Georg Schmidt von seinen Erfahrungen. Anlage kam mit Schwertransport. Das Aufbauen der gesamten Anlage war problemlos. Die Technik selbst ist in einem 21 m langen und 3,20 m breiten Container untergebracht. Dieser wurde im Frühjahr 2011 per Schwertransport angeliefert und mit einem Kran abgeladen, der das 35 t schwere Stahlgehäuse platziert hat. Schmidt musste vorher nur die Stellfläche für den Container betonieren. Außerdem hat er ein abgedecktes Endlager mit 900 m³ Fassungsvermögen errichtet. In diesem wird das restliche Gas dem Gülle-Ganzpflanzensilage- Gemisch entzogen. Die Arbeitsweise der Biogasanlage ist simpel. Vom Prinzip her ist sie eine reine Durchlaufstation zwischen Vorgrube und Endlager. Im Container befindet sich ein isolierter Fermenter mit 120 m³ Volumen, in dem ein waagerechtes Paddelrührwerk für die Durchmischung sorgt. Der 1,1 kw-antriebsmotor des Rührwerks läuft zwar stetig, aber mit einer Umdrehung pro Minute relativ langsam und dadurch energiesparend. Der Zersetzungsprozess im Fermenter findet bei Temperaturen zwischen 50 und 55 ºC in einer relativ warmen Umgebung statt. Dadurch weisen die Bakterien eine hohe Aktivität auf und vergären die Biomasse effektiver. Mit durchschnittlich sieben bis acht Tagen ist die Verweildauer im Gärraum daher auch deutlich kürzer als bei den größeren Anlagen. Kaum Störungen: Der Energiewirt ist mit seiner Biogasanlage im Großen und Ganzen zufrieden. Viele Störungen hat es bisher nicht gegeben, lediglich das Zündstrahl-BHKW streikte zeitweise. Der Grund dafür war die mangelhafte Qualität des Zündöls. Mittlerweile haben wir das Problem aber in den Griff bekommen, da wir den Öllieferanten gewechselt haben, berichtet Schmidt. Zudem hat der Landwirt die Erfahrung gemacht, dass die Anlage wesentlich besser läuft, wenn frische Gülle regelmäßig im Stall abgelassen und der Vorgrube zugeführt wird. Hinsichtlich der Kosten für die Biogasproduktion kann Georg Schmidt bislang folgende Aussagen machen: Mit allen Vor- und Nacharbeiten haben ihn der agrikomp -Container und der Nachgärbehälter zusammen knapp 500 000 gekostet. Schmidt kalkuliert mit rund 10 % Jahreskosten für Zins und Tilgung. Pro Stunde verbraucht das BHKW 1,6 l Zündöl. Bei 8 500 Stunden Jahresleistung und einem Preis von 1,13 je Liter liegen die Jahreskosten bei knapp 16 000. Weitere Kosten entstehen durch die jährlich benötigten rund 800 t Energiepflanzen. Diese baut der Landwirt auf 15 ha selbst an. Schmidt kalkuliert mit 1200 je ha plus Lager- und Erntekosten. Die Lohnkosten für das tägliche Befüllen des Feststoffdosierers betragen etwa 15 pro Tag bzw. 5 475 pro Jahr. Motorwärme heizt Stall. Alles in allem rechnet Schmidt inklusive der Wartungsund Kontrollarbeiten mit Kosten von knapp 100 000 pro Jahr. Die Abschreibung kommt noch hinzu. Die Erlöse kalkuliert er mit rund 145000 pro Jahr. Zudem kann er etwa die Hälfte der Abwärme zur Beheizung seines Stalles nutzen. Die andere Hälfte der entstehenden Abwärme wird für den Erhalt der Prozesstemperatur im Fermenter benötigt. Markus Lehmenkühler S 22 top agrar 11/2011

Leistung muss besser werden Franz Kratzer aus Kühlenthal produziert Biogas aus reiner Sauengülle. Der 20 m hohe Fermenter besteht aus einem neuartigen Festbett-System. Mit der Arbeit in meinem 2 000er- Sauenstall bin ich voll ausgelastet, ich kann mich nicht jeden Tag mehrere Stunden mit der Betreuung einer Biogasanlage beschäftigen. Daher gefällt mir das bei uns installierte Anlagenkonzept mit reiner Güllevergärung und ohne störanfälligen Feststoffeintrag gut, erklärt Ferkelerzeuger Franz Kratzer aus dem bayerischen Kühlenthal. 20 m hoher Fermenterturm. Franz Kratzer hat lange überlegt, ob er den zusätzlichen Aufwand für den Betrieb einer Biogasanlage auf sich nehmen soll. Doch das Konzept der Firma Stulz H+E GmbH aus Ravensburg hat ihn neugierig gemacht. Sie hat direkt an Kratzers Sauenstall ihre Pilotanlage mit reiner Güllevergärung errichtet. Dabei setzt das in der Abwasseraufbereitung tätige Unternehmen auf ein neues Anlagenkonzept. Herzstück der Anlage ist ein 20 m hoher Fermenterturm mit einem Durchmesser von 3,20 m. Hierin können nur dünnflüssige Substrate vergoren werden, da das System sonst verstopfen würde. Über 2,5 mm große Spelzen und Schweineborsten werden auf dem Weg von der Vorgrube zur Anlage daher mit einem eigens dafür konzipierten Rechen aus der Gülle gesiebt. Diese schwer zersetzbaren Stoffe werden direkt ins Endlager geleitet. Der Trockensubstanzgehalt in der Gülle liegt nach dem Sieben zwischen 1,5 und 2,2 %. Festbett-Fermenter im Turm. Der Anlagenturm ist zweigeteilt: Im unteren Bereich ist ein mannshoher Pumpenraum untergebracht, direkt darüber Damit die Anlage nicht verstopft, werden Borsten über einen Rechen abgesiebt. befindet sich ein so genannter Festbett-Fermenter mit 120 m³ Volumen und integriertem Gasspeicher. Beim Festbett-Fermenter haften die Bakterien im Gärraum an dicht nebeneinander angebrachten Aufwuchsflächen und schweben nicht frei im Behälter wie bei herkömmlichen Anlagen. Bei der Anlage der Firma Stulz besteht das Festbett aus verstopfungssicheren Kunststoffeinbauten. Das Substrat strömt an den Bakterien entlang und wird währenddessen abgebaut. Das Gärsubstrat selbst wird mithilfe einer Güllepumpe durch vier Eintragsrohre an der Unterseite in den Fermenter eingeleitet. Die Förderleistung liegt bei 1,5 m³ pro Stunde. Anschließend strömt das Substrat durch das Festbett also entlang der eingebauten Kunststoffkörper und verlässt den Gärraum nach durchschnittlich drei Tagen Verweildauer durch einen Überlauf in das Endlager. Im Pumpenraum sorgt eine Rezirkulationspumpe dafür, dass das Substrat im Fermenter umgepumpt wird. Eine weitere Pumpe stellt sicher, dass Ablagerungen vor allem Mineralstoffe aus der spitz zulaufenden Unterseite des Gärbehälters ebenfalls in das Endlager gelangen. Sauenhalter Franz Kratzer (rechts) ist derzeit noch unentschlossen, ob er die Pilotanlage kaufen soll. Leistung muss steigen. Der Landwirt kann mit dem aus der Sauengülle erzeugten Gas ein BHKW mit etwa 10 kw Leistung antreiben. Das erzeugte Gas enthält 70 % Methan, da durch das Festbett die Vergärung vollständiger abläuft als in klassischen Anlagensystemen. Die Methanausbeute liegt damit etwa 20 % über den sonst üblichen Werten. Momentan arbeitet die Firma Stulz intensiv daran, den Gärprozess zu verbessern. Um die geplante Zielleistung von 20 kw zu erreichen, will man zum Beispiel die Prozesstemperatur nach und nach optimieren, so dass der maximale Wärmeertrag aus der Gülle gewonnen wird. Derzeit erwirtschaftet die Anlage bei einem durchschnittlichen Energieertrag von 10 kw pro Stunde knapp 20 000 pro Jahr. Ob die Rechnung für den Landwirt damit aufgeht, ist unklar. Denn bislang handelt es sich um eine reine Pilotanlage der Firma Stulz. Ob ich die Anlage kaufe, wird die Zeit zeigen, hält sich Franz Kratzer bedeckt. Die Chancen stehen aber nicht schlecht. Denn durch die Nutzung der Abwärme des BHKWs konnte ich meinen 2000er-Sauenstall im Sommer praktisch ohne zusätzliches Gas heizen. Und wenn die Anlage erst einmal optimal läuft, sinkt mein Gasbedarf weiter. Das muss ich bei meinen Investitionsüberlegungen natürlich berücksichtigen, zeigt sich Kratzer optimistisch. Markus Lehmenkühler top agrar 11/2011 S 23