Untersuchung über die Auskopplung von biotechnischen Produkten bei der stofflichen Verwertung von biologisch abbaubaren Siedlungsabfällen

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Transkript:

Untersuchung über die Auskopplung von biotechnischen Produkten bei der stofflichen Verwertung von biologisch abbaubaren Siedlungsabfällen 1. Wissenschaftskongress Abfall- und Ressourcenwirtschaft 29./30. März 2011, Straubing Dipl.-Ing. Marc Hoffmann Institut IWAR - Fachgebiet Abfalltechnik Petersenstr. 13, 64287 Darmstadt E-Mail: m.hoffmann@iwar.tu-darmstadt.de 1

Einstieg - Motivation - Biomasse liegt in verschiedener Form vor: Zellulose, Pflanzenöl, Stärkepflanzen oder organische Reststoffe (z. B. Gülle, organische Abfälle) - Biomasse ist weltweit eine bedeutende Quelle für regenerative Energien - Allgegenwärtige Diskussion um Klima- und Ressourcenschutz - Bisher überwiegend stoffliche Verwertung von biologisch abbaubaren Siedlungsabfällen (Küchenabfälle, Marktabfälle sowie Garten- und Parkabfälle) durch Kompostierung Nährstoffrückführung in den Stoffkreislauf - Zukunft: Energetische Nutzungspotential in Verbindung mit der stofflichen Verwertung Vergärungsanlagen als Vorschaltanlagen vor der Kompostierung Weiterentwicklung bestehender Systeme als Alternative zur thermischen Behandlung Quelle: www.ead.darmstadt.de Quelle: www.abfall-sh.ch 2

Anaerobe Behandlung, Entwicklung IWAR - Potential durch die Gewinnung von biotechnologischen Produkten für die Herstellung von Sekundärrohstoffen aus biogenen Quellen Erhöhung der Wertschöpfung durch Stoffumwandlung in Chemikalien und Wirkstoffe vor einer Biogasgewinnung Biokonversion - Innovative Technologie zur stofflichen und energetischen Nutzung lagerfähiger Rohstoffe aus Biomasse mit hoher Energiedichte Ein Produkt für die Verwertung von Nährstoffmedien der flüssigen Gärphase: Gewinnung von Milchsäureprodukten Quelle: www.bio-power.ch 3

Projekt: Erweiterung am Kompostwerk Darmstadt Kranichstein um eine anaerobe Zwischenstufe IST-Zustand Projekt Bioabfall Mazeration Bioraffinerie Boxenvorrotte Vergärung Nachrotte Fertigkompost Biogas Bioprodukte 4

Mazeration (lat. macerare einweichen ) - Anwendung: Biotechnologie, Pharmazie bis zur Lebensmitteltechnik - Transferiert in die Abfalltechnik beschreibt Mazeration das physikalische Verfahren, wobei Bioabfall einige Zeit der Einwirkung von Wasser ausgesetzt wird - Wasser dient als Lösungsmittel für leicht lösliche Stoffe - Bioabfall wird nicht vollständig aufgelöst, sondern nur bestimmte Bestandteile davon gehen in das Wasser über - Extraktion charakterisiert ein physikalischen Lösungsvorgang in der Verfahrenstechnik Da das Bioabfallmaterial lebt und enzymatische und damit chemische Vorgänge auch in kurzen Zeitabschnitten ablaufen, wird der Begriff der Mazeration verwendet 5

Mazerationseinheit, Prozessablauf 6

Mazerationsanlage mit Waschspirale 7

Mazerationseinheit 8

Voruntersuchungen, Labormaßstab durch Perkolation - Versuchsmaterial: Gras- und Astschnitt, Laub und haushaltsüblicher Bioabfall Limit der Bio- und Grünabfälle - Repräsentative Probennahme in Anlehnung an die LAGA PN 98, Material der Kompostanlage Kranichstein - Reaktor aus transparentem Kunststoff, Zylinderform, nutzbares Volumen ca. 3-3,5 Liter für ca. 1,0-1,5 kg Bioabfall charakteristische Kenndaten Bioabfall, Stichprobenumfang n = 8 Mittelwert [%] Minimum [%] Maximum [%] WG 58,79 46,61 62,01 GV 55,97 39,95 61,79 9

Voruntersuchungen, Labormaßstab durch Perkolation - Bestimmung der Eluierbarkeit des Feststoffes erfolgte nach DIN 38414-S4 in Vorversuchen Extraktion der potenziell leicht löslichen org. Substanz ca. 80% in den ersten 2 Stunden Verweilzeiten max. 2 Stunden, Probenmasse 1 kg, Temperatur +20-25 C, Prozesswasserumfang 1,5-2,0 Liter je Vorgang charakteristische Kenndaten Outputmaterial Perkolat, Stichprobenumfang n = 8 P1, batch P2, konti. P3, batch P4, batch Verweilzeit h 72 2 4 2 Perkolator Wechselrate h 24 1 2 1 Org. Säuren mg/l 2.317 2.967 2.917 CSB-Fracht g/kg FS 45,16 33,85 37,83 40,30 g/l Perk. 9,03 2,71 5,82 3,22 10

Voruntersuchungen, IBC-Behälter - Mazerationsanlage Einstellung optimale Betriebsweise durch verschiedene Testläufe mit Bioabfällen - Qualitativ und quantitativ Untersuchung der Auswaschung der org. Bestandteile und die Überführung in das Mazerat - Untersuchung der Parameter Waschwassermenge, Löslichkeitseigenschaften der Substrate, Aufenthaltsdauer charakteristische Spannweite der Probenanalysen IBC-Behälter ph-wert Redoxsp. [mv] Milchsäure [mg/l] org. Säure [mg/l] CSB [mg/l] 4-6 - 400-100 100-5.000 100-10.000 300-30.000 Beobachtung: biologischer Abbau in Zeiträume zw. 2 und 4 Wochen Untersuchungen sind notwendig für den Start und Betrieb des Fermenters 11

Voruntersuchungen, IBC-Behälter, Analyseergebnisse 12

Analyseergebnisse, Fermenter Konzentration [mg/l] 18.000 16.000 14.000 12.000 10.000 Fermenterinhalt - Fermenter Input ca. 3-5 m³/wo - Fakultativ anaerober Fermenterbetrieb, d. h. ein Restgehalt an Sauerstoff wird akzeptiert - Untersuchung der Bildungsrate von org. Säuren - Fermentationsbrühe enthält Verunreinigungen 8.000 6.000 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 Tage CSB Fermenterinhalt 4.000 3.500 Konzentration [mg/l] 3.000 2.500 2.000 1.500 1.000 500 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 Tage Milchsäure organische Säure Alkohol Fermenterinhalt V = 30 m³ 13

Gewinnung von Säureprodukten mit Elektrodialyse - Reinigung der Fermentationsbrühe Membranverfahren, Filtration sowie Elektrodialyse - Elektrodialyse ist ein elektrochemischer Prozess bei dem unter dem Einfluss eines elektrischen Feldes mit Hilfe ionenselektiver Membranen elektrisch geladene Teilchen, Ionen, aus einer Rohlösung (Retentat, Diluat) in eine höher konzentrierte Lösung (Permeat, Konzentrat) überführt werden Aufkonzentrierung von Salzen, Säuren und Laugen Funktionsweise der Elektrodialyse 35 ED-Test mit Kondensat + Milchsäure Spannung = 20 V, 10 whe, Membranfläche = 0,1 m² 2,5 30 2 25 Cd [ms/cm] Temperatur [ C] 20 Strom [A] 15 10 Cd Diluat Cd Konz. Temperatur Stromverlauf 1,5 1 5 0,5 0 0,00 0,10 0,20 0,30 0,40 0,50 0,60 0,70 0,80 0,90 1,00 1,10 1,20 1,30 1,40 1,50 t [h] 0 14

Ausblick - Technologie zur stofflichen und energetischen Nutzung lagerfähiger Rohstoffe aus Biomasse mit hoher Energiedichte Strategie für Substratvermarktung an externe Verwertungsanlagen - Derzeit dynamische Entwicklung bei energetischer Nutzung von Biomasse durch Gewinnung an feste, flüssige oder gasförmige Energieträger - Konzeptentwicklung zur Nutzung von Zwischenprodukten bei Bioabfall aus dem Verarbeitungsprozess Milchsäuregewinnung - Nutzung von biogenen Rest- und Abfallstoffströmen als Alternative zur thermischen Behandlung - Die Implementierung der Mazeration und Säurefermentation aus Bioabfällen in großtechnischen Anlagen ist derzeit nicht Gegenstand der Betriebsverfahren 15

Ausblick, Bioabfallraffinerie und Verwertungsoptionen Bioabfall Aufbereitung Flüssigsubstrat Substratvermarktung Rotte Biovergärung Biogas Raffinerie Kompost Biogasverwertung Energie Produkt Abfallbehandlungsanlage Externe Verwertungsanlagen 16

Danksagung Die wissenschaftliche Untersuchung wird von der Deutsche Gesellschaft für Abfallwirtschaft e.v. gefördert. Herzlichsten Dank! Dieses Projekt (HA-Projekt-Nr.:179/09-09) wird im Rahmen von Hessen ModellProjekte gefördert aus Mitteln der LOEWE Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz, Förderlinie 3: KMU-Verbundvorhaben. Projektpartner: - Handelshaus Runkel - Technische Universität Darmstadt, Institut IWAR, Fachgebiet Abfalltechnik - Eigenbetrieb Abfallwirtschaft und Stadtreinigung der Stadt Darmstadt - EAD - INGUT Ingenieurbüro für Umwelttechnologie Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 17