Predigt des Erzbischofs em. Friedrich Kardinal Wetter zum 50-jährigen Bestehen des Carmel Hl. Blut in Dachau am 14. September 2014

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Transkript:

1 Predigt des Erzbischofs em. Friedrich Kardinal Wetter zum 50-jährigen Bestehen des Carmel Hl. Blut in Dachau am 14. September 2014 Am 14. September 1964, heute vor 50 Jahren, begann das Leben der Schwestern im neuen Carmel. Wie kam es dazu, hier an der Stätte des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau einen Carmel zu errichten? Die zündende Idee hatte Schwester Maria- Theresia von der gekreuzigten Liebe, damals Priorin des Karmelitinnenklosters Pützchen bei Bonn. Schwester Maria-Theresia stammte aus München und hatte während des Krieges Verbindung mit Personen des Widerstandes. Im Januar 1962 schrieb sie ihre Gedanken nieder: Dachau wird in der ganzen Welt als Inbegriff der Konzentrationslager angesehen. Sein Name wird immer mit den furchtbarsten Greueln der Menschheit verbunden bleiben. Ein Ort, wo so gefrevelt wurde, wo so viele Menschen Unsagbares gelitten haben, darf nicht zu einer neutralen Gedenkstätte oder gar zu einem Besichtigungsort erniedrigt werden. Es sollte dort stellvertretende Sühne geleistet werden durch das Opfer unseres Herrn Jesus Christus und, verbunden damit, durch die Opfer und Sühne von Menschen, die sich diesem leidenden und sühnenden Herrn in Liebe und Gehorsam anschließen. Der Orden des Karmel ist in besonderer Weise zu opferndem und sühnendem Gebet berufen. Kardinal Döpfner machte sich dieses Anliegen zu eigen, ein Kloster zur Sühne für die im ersten Konzentrationslager des Dritten Reiches begangenen Verbrechen zu errichten. Er beauftragte Weihbischof Neuhäusler, der selbst in diesem Lager gefangen war, mit der Durchführung.

2 So kam es, dass am 14. September 1964, also heute vor 50 Jahren, Schwester Maria-Theresia, als Gründungspriorin mit den ersten Schwestern hier einzog. Die Gründungsidee der gekreuzigten, sühnenden Liebe Christi fand im Namen des neuen Klosters ihren Ausdruck: Heilig Blut. Er war eine Fügung Gottes, dass der Beginn unseres Carmels auf das Fest der Kreuzerhöhung fiel. Denn mit dem Kloster wurde an dem Ort, wo hier einige Jahre der Thron Satans (Offb. 2,13) stand, wo Menschen gequält, geschunden, entwürdigt und umgebracht wurden, das Kreuz Christi erhöht, das Zeichen der siegreichen Liebe Gottes. Die Greuel, die hier verübt wurden, haben immer wieder die Frage aufgeworfen: wo war denn Gott? Gott bleibt die Antwort nicht schuldig. Sie lautet: Jesus Christus. Gottes eigener Sohn Jesus Christus war in diesem Lager gegenwärtig und hat mit den Gefangenen gelitten. Papst Benedikt schreibt in seiner Enzyklika über die Hoffnung: Der Mensch ist Gott so viel wert, dass er selbst Mensch wurde, um mit den Menschen mitleiden zu können, ganz real in Fleisch und Blut, wie es uns in der Passionsgeschichte Jesu gezeigt wird. Das hat uns schon der heilige Paulus in der Lesung gesagt: Christus Jesus war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich (Phil 2,6f.), auch den Gefangenen im Lager. Beim Jüngsten Gericht wird Jesus sagen: Was ihr einem meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan (Mt 25,40). Dieses Wort Jesu steht für das Gute, das wir für einen Menschen tun, wie für das Böse, das wir ihm antun. Alles, was man hier den Gegangenen angetan hat, wurde auch Jesus angetan.

3 Das sind nicht leere Worte. In seiner Passion hat Jesus das Leid der ganzen Welt auf sich genommen, auch das Leid von Dachau. Doch das ist noch nicht die ganze Antwort Gottes. Denn das Kreuz ist nicht Ende, sondern Durchgang in die Auferstehung, in das ewige Leben, in die Teilhabe am Leben des dreifaltigen Gottes. Jesu Kreuz und Auferstehung gehören untrennbar zueinander. Denn in der Auferstehung wird der Sieg, den Christus am Kreuz errungen hat, sichtbar und wirksam. Christus ist gestorben, um aufzuerstehen und uns mitzunehmen in das ewige Leben mit Gott. Darum gehört die Auferstehung auch zur Antwort, die uns Gott auf die Frage gibt, wo er denn in Dachau gewesen sei. Jesus hat nicht nur mit den Gefangenen gelitten, er nimmt sie auch mit auf seinem Weg in die Auferstehung und das ewige Leben. Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat (Joh. 3,16); so hörten wir im Evangelium. So wird das Leid, das die Gefangenen hier im Lager erlitten, verwandelt in die Herrlichkeit Gottes und in die ewige Freude des Himmels. Auf diese Antwort Gottes verweist auch der Name des Klosters Heilig Blut. Durch das Blut des geschlachteten Osterlammes, das in Ägypten an die Türpfosten gestrichen wurde, sind die Israeliten der Knechtschaft des Pharao entkommen und in die Freiheit gelangt. Das war ein Vorbild für das, was durch das heilige Blut Jesu, des wahren Osterlammes, geschah. Durch sein Blut, das Jesus zur Sühne am Kreuz für uns vergossen hat, werden wir von der Knechtschaft der Sünde und des Todes befreit und erlangen Anteil an Gottes Leben. Mit seinem Namen Hl. Blut legt unser Kloster Zeugnis ab, dass auch die

4 Gefangenen des hiesigen Lagers durch Christi werden, derer sich die Kinder Gottes auf ewig erfreuen dürfen. Blut in die Freiheit geführt Unser Kloster, errichtet am Fest der Kreuzerhöhung, ist ein Zeichen, dass über der Gedenkstätte das Kreuz Christi errichtet wurde, das Siegeszeichen der Liebe Gottes, als Gottes Antwort auf das, was einst hier an unermeßlichem Leid, an Gewalt, Folter und Tod geschehen ist. Das Wappen des Ordens über dem Eingang zum Kloster weist mit dem Kreuz dezent darauf hin. Wir danken den Schwestern für Ihr Zeugnis, dass sie durch ihr sühnendes Wachen und Beten die Gegenwart des gekreuzigten Herrn an dieser Stätte lebendig halten. Das ehemalige Lager wurde in eine Gedenkstätte umgewandelt wider das Vergessen. Was einst hier geschah, darf nicht vergessen werden, damit so etwas nie wieder geschieht. Und das Kloster wurde ebenfalls wider das Vergessen errichtet, nämlich wider das Vergessen Gottes. Wir dürfen Gott nicht vergessen. Was damals im Lager geschah, war nur möglich, weil die Täter sich von Gott abgewandt hatten. Sie waren verblendet durch eine Ideologie, in der Gott keinen Platz hatte und in der darum auch der Mensch, das Abbild Gottes, keinen Platz hatte. Die Greueltaten jener Jahre zeigen, wozu der Mensch ohne Gott fähig ist. Alexander Schmorell, Mitglied der Weißen Rose, wurde 1943 von den damaligen Machthabern hingerichtet. Sein letztes Wort im Abschiedsbrief an seine Eltern lautete: Eins vor allem lege ich Euch ans Herz: Vergesst Gott nicht!!! Vergesst Gott nicht! Das ist auch die Botschaft des Carmels in der heutigen Zeit. Denn wir alle müssen durch das Zeugnis unseres Lebens angehen gegen die Gottlosigkeit und Gottvergessenheit unserer Tage. Auch heute geschehen weltweit Greueltaten, über die wir entsetzt sind, in Syrien, im Irak und an vielen anderen Orten. Menschen sind auf der Flucht, werden massenhaft ins

5 Elend, ja in den Tod getrieben. Wenn sich Täter auch als Gotteskrieger ausgeben, auf den wahren, lebendigen Gott kann sich niemand berufen, der solches tut. Wir dürfen Gott nicht vergessen. Auf ihn müssen wir schauen und unser Leben und unsere Welt in seinem Lichte sehen und durch unser Leben Zeugnis geben für Gott, der Liebe ist. Dafür steht unser Carmel. Verbunden mit der Gedenkstätte bezeugt er, dass Gott auch damals bei den Gefangenen im Lager war, wie er heute bei uns ist. Dieses Zeugnis halten unsere Schwestern durch ihr Leben und Beten an diesem Ort lebendig. Dafür danken wir Ihnen. Unser Glaube sagt uns, dass Gott das letzte Wort hat über das, was damals im Lager Dachau geschah, über das, was heute in der Welt geschieht, das letzte Wort auch über unser Leben. Wie sein letztes Wort lauten wird, hat er uns im auf Golgatha erhöhten Kreuz gezeigt. Das Kreuz Jesu ist ein Siegeszeichen, das Zeichen seiner siegreichen Liebe. Vertrauen wir uns und unsere Welt Jesus, der am Kreuz erhöhten Liebe Gottes, an. Denn durch ihn lässt Gott uns teilhaben an seinem Sieg und führt uns in die unfassbare Fülle seines göttlichen Lebens. Amen