TIS innovation park: 13.12.2013 Mikronetze und/oder Fernwärme: Was und wo ist die richtige Lösung Dipl.-Ing. Alfred Hammerschmid BIOS BIOENERGIESYSTEME GmbH, Austria TEL.: +43 (316) 481300; FAX: +43 (316) 4813004 E-MAIL: hammerschmid@bios-bioenergy.at HOMEPAGE: http://www.bios-bioenergy.at
Inhalt Grundsätzliche Überlegungen Fernwärme - Mikronetze Herausforderungen für Fernwärme und Mikronetze Beispielhafte Entwicklungen Entwicklungstendenzen und Innovationen 2
Sinnhaftigkeit leitungsgebunden Wärmeversorgung (I) Wann sind Fernwärme- oder Mikronetze generell sinnvoll? Der Wärmepreis muss so niedrig liegen, dass ihn die Fernwärmekunden noch akzeptieren. Dies ist dann der Fall, wenn der Fernwärmepreis mit den anderen konventionellen Heizsystemen konkurrieren kann. Dies kann extrem länderspezifisch sein: z.b. Heizölpreis in Italien beträchtlich höher als in Österreich. 3
Sinnhaftigkeit leitungsgebunden Wärmeversorgung (II) Die Abgrenzung von Fernwärmesystem, Nahwärmesystem und Mikronetz ist generell ein Graubereich. Beide verwenden das System: Wärmeerzeugung Verteilung Endkundenversorgung Hinsichtlich Planung, Betrieb und Optimierung bestehen sehr ähnliche Herausforderungen für beide Systeme, da die Physik sich nicht unterscheidet. 4
Sinnhaftigkeit leitungsgebunden Wärmeversorgung (III) Wann sind Fernwärmesysteme und wann Mikronetze sinnvoller? Allgemein gültige Antwort dafür gibt es nicht!! Entscheidung darüber sollte aber ganz am Beginn eines Zukunfts- Wärmekonzeptes für eine Region getroffen werden. Die Entscheidung hängt von vielen Parametern ab, wesentliche Fragestellungen und Optimierungen sind oft: - soll es ein langfristiges kommunales Projekt werden? - wie groß soll letztendlich das Wärmeversorgungsgebiet sein - Erzielung der niedrigsten Wärmeproduktionskosten pro MWh 5
Sinnhaftigkeit leitungsgebunden Wärmeversorgung (IV) Ist die Entscheidung für ein Fernwärmesystem mit definiertem Endausbaugebiet getroffen, machen in der Regel innerhalb dieses Gebietes Parallelsysteme wenig Sinn, da die Kapazitäten für das Fernwärme-Versorungsgebiet bereits eingeplant werden. Entscheidend ist natürlich, dass die Wirtschaftlichkeitsrechnungen bereits für das gesamte Versorgungsgebiet durchgeführt werden. Bei Wahl für ein oder mehrere Mikronetze besteht der Vorteil, dass die Entscheidungen wesentlich kurzfristiger, dafür öfter getroffen werden können/müssen. Außerhalb des ursprünglich definierten Fernwärme-Versorgungsgebietes sind die Überlegungen wieder neu anzustellen. 6
Sinnhaftigkeit leitungsgebunden Wärmeversorgung (V) Dabei sind oftmals Kombinationen von Fernwärmesystem und Mikronetz von besonderem Interesse: Nutzen der Vorteile beider Systeme und Vermeiden der Nachteile beider Systeme: - Abzweig von Fernwärmesytem in Richtung Mikronetz sehr gut isloiert und sehr klein dimensioniert geringe Wärmeverluste geringe Investitionen - Heizzentrale des Mikronetzes entspricht einer Übergabestation mit hydraulischer Trennung und sinnvollerweise mit Integration eines Pufferspeichers auf der Mikronetzseite 7
Sinnhaftigkeit leitungsgebunden Wärmeversorgung (VI) Danach Ausführung eines klassischen Mikronetzes: - Materialwahl Fernwärmerohre - Temperaturregelung und Lastmanagement etc. Je nach Randbedingungen kann (muss aber nicht) auch die Trennung der Gesellschaften und der Abrechnungssysteme erfolgen. WICHTIG FÜR DIE ZUKUNFT IST: Fernwärmesysteme und Mikronetze sollen sich positiv ergänzen und nicht konkurrieren. Dies erfordert ständiges Optimieren und Integration von Innovationen. 8
Verteilung der Biomasse-Heizwerke in der Steiermark 9
Heizwerksbeispiele (I) 10
Heizwerksbeispiele (II) 11
Heizwerksbeispiele (III) 12
Fernwärmesysteme Herausforderungen (I) Für Fernwärmesysteme gelten im Vergleich zu Mikronetzen größere Herausforderungen in folgenden Phasen: Planungsphase: - Definition des langfristigen Versorgungsgebietes - Wärmebedarfserhebungen und Vertragserstellungen erstrecken sich über Monate - Gesellschaftsgründung: größerer Kapitalbedarf über längeren Zeitraum erforderlich - Grundstücksfindung für Heizzentrale mit hoher allgemeiner Akzeptanz 13
Fernwärmesysteme Herausforderungen (I) Bauphase: - Große Investitionen zum Vorfinanzieren - Große Gebiete des Ortes/Gemeinde durch Baumassnahmen betroffen - Aufwendigere Verfahren zur Erlangung der Genehmigungen Landesstraßen Brücken Bachquerungen etc. 14
Verteilung des Biomassebedarfs 15
Entwicklung des Biomassebedarfs Quelle: AEA 16
Betrachtungseinheiten 17
Investitionskostenaufteilung typischer Heizwerke 10% 21% 19% Maschinentechnik Fernwärmenetz Bau Sonstige 50% Quelle: qm-heizwerke Förderungen werden nicht mehr steigen und sind an immer mehr Bedingungen geknüpft! 18
Vollkostenaufteilung typischer Heizwerke 5% 8% 10% Kapitalgebundene Kosten Maschinentechnik Kapitalgebundene Kosten 16% Fernwärmenetz Kapitalgebundene Kosten Bau 4% 3% Kapitalgebundene Kosten Sonstige Verbrauchsgebundene Kosten 54% Betriebsgebundene Kosten Sonstige Kosten Quelle: qm-heizwerke 19
Einheit - Wärmekunden Reduzierter Wärmebedarf durch: - energieeffiziente Neubauten - Sanierung von Bestandsgebäuden - Auswirkungen der Klimaerwärmung Optimierung durch: - beste Fernwärmetauglichkeit der Sekundärseite zur Maximierung der Spreizungen - Kostenanreize für niedrige Rücklauftemperaturen und gleichmäßigeres Lastverhalten - Fernwärmeeinbindung von evtl. vorhanden kostengünstig erzeugten dezentralen Wärmequellen (Abwärmen bzw. Solarenergie, etc. ) 20
Kleine Absorptionskälteanlage als dezentrale Wärmeabnehmer Dezentrale Absorptionskältmaschinen bei Fernwärmekunden mit Kühlbedarf insbesondere im Sommer könnten die Sommerlast des Heizwerkes anheben 21
Dezentrale Pufferspeichersysteme I Parameter für die Netz- bzw. Pufferdimensionierung Reduktion der maximalen Leistung im Netz und bei den einzelnen Abnehmern Auswirkung dieser Reduktion auf die Leitungsquerschnitte im gesamten Fernwärmenetz Definition des erforderlichen Puffervolumens Ermittlung der Wärmeverluste des Puffers 22
Normierte Wärmeleistung ab Hausübergabestation [%] BIOENERGIESYSTEME GmbH Auswertung Abnehmerdaten V Normierte Tagesganglinie eines Einfamilienhauses im Versorgungsgebiet 2 bei unterschiedlichen Außentemperaturen 110% Zeitintervall = 10min 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 00:00 00:50 37% 23% 9% 01:40 02:30 03:20 04:10 05:00 05:50 06:40 07:30 08:20 09:10 10:00 10:50 11:40 12:30 Tageszeit PNorm,i (-12,3 C) PNorm,i (6,6 C) PNorm,i (15,3 C) 13:20 14:10 15:00 15:50 16:40 17:30 18:20 19:10 20:00 20:50 21:40 22:30 23:20 PMittel,Norm (-12,3 C) PMittel,Norm (6,6 C) PMittel,Norm (15,3 C) 23
Normierte Wärmeleistung ab Hausübergabestation [kw] BIOENERGIESYSTEME GmbH Auswertung Abnehmerdaten III Normierte Tagesganglinie eines Einfamilienwohnhauses im Versorgungsgebiet 2 am kältesten Tag 120% 100% 80% 60% 54% 40% 20% P Norm, i P P i max 0% Tageszeit PNorm,i (-12,3 C) PMittel,Norm (-12,3 C) 24
Reduktionsfaktor Pufferspeichersystem II Jahresvolllaststunden Reduktion von Pmax. Abnehmertyp (Auslegungsbasis) bei Nennaußentemp. [%] Einfamilienhaus 1300 40,0% Einfamilienhaus_Solar 1170 41,0% Einfamilienhaus_Gewerbe 1300 40,0% Reihenhaus 1500 38,0% Reihenhaus_Solar 1250 41,0% Mehrfamilienhaus 1800 35,0% Bauernhaus 1500 38,0% Fernienhaus 1000 43,0% Pension 1500 38,0% Hotel 1800 35,0% Gasthof 1500 38,0% Schule 1700 36,0% Gewerbe/Industrie 1200 41,0% Kirche_Kapelle 200 52,0% VLS neu Q P ges. max, neu [ kwh] [ kw] 25
Einheit - Fernwärmenetz Maximierung der Netzbelegung (Netzverdichtung) Verringerung der Leitungsdimensionen strategische Planung und Integration von dezentralen Pufferspeichern und evtl. Einbindung dezentraler Wärmequellen (z.b. Solarenergie) Optimierung (d.h. Senkung) der Gleichzeitigkeit der Fernwärmeabnahme durch intelligentes Lastmanagement Umsetzung von standortspezifischen Netzregelungen Senkung und Minimierung der Fernwärmenetzverluste (kleinere Leitungsdimensionen, Doppelrohrsysteme) 26
Wärmeverlust [W/trm] - 43% - 49% - 48% - 47% - 55% - 52% - 50% - 52% Reduktion des Wärmeverlustes [%] - 61% BIOENERGIESYSTEME GmbH Fernwärmerohr I Wärmeverlust von Einzelrohr PLUS & Doppelrohr PLUS 40,0 70% Einzelrohr (PLUS Isolierung) 35,0 60% 30,0 50% 25,0 40% 20,0 Doppelrohr (PLUS Isolierung) 30% 15,0 10,0 20% 5,0 10% Reduktion der Verlustwärme 0,0 20 25 32 40 50 65 80 100 125 Rohrdimensionen 0% Parameter: T VL = 90 C, T RL = 60 C T Boden = 10 C, Boden = 2 W/m Überdeckung = 60cm 27
Fernwärmerohr III 28
Fernwärmerohr V 29
Fernwärmerohr VI Vorteile vom Doppelrohr Reduktion der Wärmeverluste Reduktion der Tiefbaukosten durch schmälere Kinete Reduktion der Muffenanzahl (1/2) Leckwarndrähte nur einmal erforderlich Hauseinführung nur einmal erforderlich Nachteil vom Doppelrohr Rohrverlegung aufwendiger (Schweißarbeiten) Logistik bei den Rohrkomponenten erfordert genauere Plaung und Disposition 30
Fernwärmerohr VII Trippelrohrsystem 2 Vorläufe Ideal bei mehrjährigen Ausbau, da bei Nutzung eines Vorlaufes die Wärmeverluste aufgrund der kleineren Oberfläche verringert werden Reduktion der Wärmeverluste über die Sommermonate (nur Warmwasserbereitung) 31
Erforderliche Wärmeleistung [kw] BIOENERGIESYSTEME GmbH Auswirkung Pufferspeicher / Doppelrohr I Neuversorgungsgebiet - Vergleich der Jahresdauerlinien in Abhängigkeit vom System (Einzelrohr, Doppelrohr, Pufferspeicher) 2500 2000 2.232 kw 1.983 kw 1.780 kw - 11,2% - 10,2% - 20,3% Reduktion von P max durch Pufferspeichersystem und Doppelrohr 1500 1000 500 0 0 8760 Stunden [h] Einzelrohr Einzelrohr+Puffer Doppelrohr+Puffer 32
Auswirkung von Effizienzsteigerungsmaßnahmen Einheit - Wärmeerzuegung Feuerungseffizienz und Kesselwirkungsgrade erhöhen (Economiser mit speziellen Materialen; Rauchgaskondensationsanlagen mit oder ohne Wärmepumpenintegration) Optimierung des Biomasseeinsatzes Fossilbrennstoffanteil senken Strombedarf senken Reduzierung der Emissionen Minimierung des Ascheanteils (guter Ausbrand) Auswirkungen von Betriebssicherheits-Optimierungsmaßnahmen Lebensdauererhöhung Innovative Anlagenplanung Minimierung der Wärmeerzeugerkapazitäten Integration von geeigneten (evtl. sogar saisonalen) Speichersystemen 33
75.000 m³ Erdbecken-Wärmespeicher Heizzentrale (Biomasse-KWK / Wärmepumpe) Beispiel: Innovative Wärmeerzeugungsanlage 18.300 m² Solarkollektoren (Bestand seit 1996/2003) 15.000 m² Solarkollektoren Bioöl-Kessel 10.000 m³ Erdbecken-Wärmespeicher (Bestand seit 2003) Foto: Marstal Fjernvarme 34
Neue KWK-Konzepte im kleinen Leistungsbereich Intensive F&E-Aktivitäten im Bereich Klein-KWK-Technologien sind derzeit im Laufen Technologische Ansätze: Stirlingmotor, thermoelektrischer Generator, Mikrodampfmotor, Klein-ORC und Mikrogasturbine Technologien befinden sich im Entwicklungsstadium und zum Teil im frühen Demonstrationsstadium Links: Bild eines an eine Pelletfeuerung angekoppelten thermoelektrischen Generators (elektr. Nennleistung: ca. 0,2 kw) (Quelle: BE2020+, Wieselburg) Rechts: Bild der Biomassefeuerung und des Hochtemperatur-Wärmetauschers einer KWK-Anlage auf Basis Mikrogasturbine (elektr. Nennleistung: ca. 100 kw) 35
Vorlauftemperatur [ C] Vorlauftemperatur [ C] BIOENERGIESYSTEME GmbH Neue Regelungskonzepte im allen Leistungsbereichen Modellbasierte Regelungssysteme bilden die Feuerungs- und Kesselanlage als Gesamtmodell ab und erkennen damit alle relevanten Zusammenhänge Entsprechende Basismodelle bereits entwickelt und getestet Wesentliche Vorteile bzgl. Brennstoffflexibilität, Lastwechsel, stabilen Nennund Teillastzuständen, Wirkungsgrad, Emissionen Regelung laut Stand der Technik Modellbasierte Regelung Zeit [s] Zeit [s] 36
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Für Fernwärmesysteme und Mikrosysteme gilt: Exakte Kenntnis des Lastverhaltens der Wärmekunden bereits in der Vorkonzeption von großer Bedeutung -> exakte Wärmebedarfserhebung Exakte Netzberechnungen und Lastgangermittlung für die Konzeption der Erzeugeranlagen vor Wirtschaftlichkeitsberechnung und Projektentscheidung erforderlich. Das Pufferspeicher- und Doppelrohrsystem sind eine unerlässliche Vorraussetzung, um die Lastspitzen zu senken, die Leitungsquerschnitte zu minimieren und die Wärmeverluste stark zu reduzieren. Fernwärmesysteme und Mikrosysteme: miteinander und nicht gegeneinander! 37
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen II Das Pufferspeicher- und Doppelrohrsystem sind eine unerlässliche Vorraussetzung für dieses Projekt, um die Lastspitzen zu senken, die Leitungsquerschnitte zu minimieren und die Wärmeverluste stark zu reduzieren. Der Ölverbrauch vom Spitzenlastkessel muss aufgrund der hohen Netzinvestitionskosten und des Ölpreises so klein als möglich gehalten werden, wodurch eine Steigerung der Biomassewärmeproduktion in jedem Fall erforderlich ist. Durch die signifikant höhere Auslastung im Heizwerk 2 konnte eine Biomasse-Kraft-Wärme-Kopplungsanlage sinnvoll eingebunden werden, welche wesentliche Infrastrukturen des Bestandes mitnutzen kann. 38
Danke für die Aufmerksamkeit Dipl.-Ing. Alfred Hammerschmid, Austria TEL.: +43 (316) 481300-72; FAX: +43 (316) 481300-4 E-MAIL: hammerschmid@bios-bioenergy.at HOMEPAGE: http://www.bios-bioenergy.at 39