Serie: Das verdienen Landtechnik-Kunden Biogas: Licht und Schatten liegen nah beieinander Die Wirtschaftlichkeit einer Biogasanlage ist von vielen Faktoren abhängig. Schnell kann aus einer hohen schwarzen eine tiefrote Jahresendsumme werden. Neumann Der größte Kostenblock bei einer Biogasanlage sind die Rohstoffkosten. Ein hoher Preis für Silomais kann die Wirtschaftlichkeit stark sinken lassen. 6,5 Milliarden Euro: Diese Summe wurde im Jahr 2012 nach Schätzungen des Fachverbandes Biogas mit Biogasanlagen in Deutschland umgesetzt. Biogas eine wahre Goldgrube? Nein, ganz so selbstverständlich fließt hier das Geld dann doch nicht. Wie bei anderen Betriebszweigen in der Landwirtschaft beeinflussen viele Faktoren die Wirtschaftlichkeit einer Anlage. Doch es gibt auch Unterschiede zu der Tierhaltung oder dem Ackerbau. Der größte davon ist die feste Vergütung: Nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bekommt jeder Anlagenbetreiber für den verkauften Strom einen garantierten Vergütungssatz für 20 Jahre. Dieser kann je nach Inbetriebnahmejahr und eingesetzten Rohstoffen zwischen 11 und 25 Cent je Kilowattstunde (kwh) liegen. Zum Vergleich: Die Vergütung für Windenergieanlagen liegt bei 8 Cent, für Photovoltaikanlagen bei 13 bis 17 Cent je kwh. Damit ist die Biogasförderung mittlerweile die teuerste im EEG geworden. Denn während Wind- und Solarenergie aufgrund von technischem Fortschritt immer günstiger produzieren können, steigen bei der Biogastechnik die Kosten aufgrund der explodierenden Rohstoffpreise und immer stärker steigenden Sicherheits- und Umweltauflagen. Mittlerweile gibt es das EEG aus dem Jahr 2004, das EEG 2009 und das EEG 2012. Alle haben unterschiedliche Akzente gesetzt, bestimmte Boni wie den Güllebonus oder Bonus für nachwachsende Rohstoffe eingeführt und wieder abgeschafft. Doch die Anlagen, denen diese Boni bei der Inbetriebnahme zustanden, behalten sie für 20 Jahre.
500 kw ist Standardgröße Eine Standardbiogasanlage in Deutschland hat eine Größe von 500 Kilowatt (kw). Größere Biogasanlagen stehen vor allem im Osten und im Norden Deutschlands. In Niedersachsen beispielsweise ist die Durchschnittsgröße 528 kw und damit fast doppelt so hoch wie die in Bayern (284 kw). Viele Landwirte haben sich bis an die 500 kw-grenze herangetastet, weil diese Größe sowohl im Baugesetzbuch als auch bei der Vergütung im EEG eine magische Grenze darstellt. Wer größer baut, muss gewisse Nachteile wie höhere Genehmigungsauflagen oder eine geringere Vergütung hinnehmen. Mindestens 4 Mio. Kilowattstunden Strom Gute Biogasanlagen haben heute eine Laufzeit von 8500 und mehr Volllaststunden, im Schnitt dürften es aber 8000 Stunden sein. Ein Jahr hat insgesamt 8760 Stunden. Das bedeutet: 500 kw multipliziert mit 8000 Stunden ergeben eine Produktion von 4 Mio. kwh Strom im Jahr. Geht man von einer durchschnittlichen Vergütung von 20 Cent je kwh aus, würde der Betreiber dieser Anlage im Jahr einen Erlös von 800.000 Euro haben. Die Anlage mit 500 kw produziert quasi nebenbei noch 4,5 Mio. kwh Wärme. Einen Teil davon benötigt die Anlage selbst zur Beheizung des Fermenters. Wie eine Auswertung des Landwirtschaftsministeriums in Niedersachsen zeigt, nutzen die Biogasanlagen in der Regel 50 % der anfallenden Wärme. Durch Verkauf an Dritte oder durch Erhalt des Bonus für Kraft-Wärme-Kopplung, den es bis Ende 2011 gab, kann eine Anlage mit dem Wärmeverkauf je nach Menge und Verkaufspreis auch noch einmal zwischen 50.000 und 150.000 Euro erlösen. Doch während der Stromerlös gesetzlich festgelegt ist, ist der Wärmepreis verhandelbar und kann sich während der EEG-Laufzeit von 20 Jahren durchaus ändern. Kosten beeinflussen Wirtschaftlichkeit stark In der Tabelle ist eine überschlägige Wirtschaftlichkeitsberechnung aufgeführt. Wir haben dafür die Werte für den besseren Überblick gerundet. Der Erlös setzt sich zusammen aus Strom- und Wärmeverkauf und summiert sich hier auf 860.000 Euro. Doch den größten Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit haben die Kosten. Für eine Biogasanlage mit 500 kw liegen die Investitionskosten etwa bei 1,5 bis 2 Mio. Euro (siehe Kasten). Als jährliche Fixkosten fallen demnach Abschreibungen (AfA) und Zinsen an, die hier mit 200.000 Euro etwa ein Drittel des Kostenblocks ausmachen. Der geringste Teil sind alle weiteren Kosten inklusive Arbeitslohn. Die größte Position bei den Kosten sind die Substratkosten. In diesem Beispiel haben wir ein Substratmix von 30 Massenprozent Gülle und 70 Massenprozent Maissilage vorausgesetzt. Die Kosten für die Gülle haben wir auf Null gesetzt, den Maispreis haben wir mit rund 32 Euro je Tonne frei Fermenter kalkuliert. Für eine Anlage dieser Größe werden rund 8.500 t Mais sowie 3.600 t Gülle pro Jahr benötigt. Die Gülle liefert dabei nach Angaben der Landwirtschaftskammer Niedersachsen 7 % der Energie, das Gros von 93 % stammt aus den Energiepflanzen.
Gewinn kann stark schwanken Nach dieser Berechnung würde die Anlage einen jährlichen Gewinn von 190.000 Euro erwirtschaften. Doch dieser ist keineswegs sicher. Wie eine Auswertung der Unternehmensberatung Treurat und Partner aus Kiel zeigt, liegen zwischen den guten und den schwächeren Betrieben etwa 5 Cent je kwh an Kosten. Das heißt: Bei einer 500 kw-anlage kann ein guter Betrieb 200.000 Euro Gewinn machen, ein schwächerer dagegen auf eine schwarze Null kommen. Im Jahr 2012 machten weitere Einflüsse den Betreibern große Schwierigkeiten: Der Substratpreis ist mancherorts auf 50 Euro je t frei Fermenter gestiegen. Das bedeutet für die Beispielrechnung: Bei diesen Preisen würde der Gewinn auf 45.000 Euro zusammenschmelzen und irgendwann die Substanz des Betriebes angreifen. Auf keinen Fall kann ein Betreiber bei diesem Kostenniveau langfristig Geld verdienen. Die Betriebskosten für Diesel, Dünger oder Strom für den Betrieb der Anlage sind erheblich gestiegen, Strom allein in den letzten Jahren um 25 %. In Veredelungsregionen sind die Ausbring- bzw. die Entsorgungskosten für den Gärrest stark angestiegen, in einem Beispiel einer 500 kw-anlage sogar von 500 auf 50.000 Euro. Viele Anlagen müssen früher als erwartet reinvestieren, weil die Technik verschlissen ist. Gerade die Feststoffdosierer, Schnecken, Pumpen und Rührwerke hielten in der Vergangenheit oft nur halb so lange wie erwartet. Die Arbeitszeit für die Beseitigung von Störungen wurde erheblich unterschätzt. Zwei Stunden Arbeit pro Tag sind nur möglich, wenn keine Reparaturen oder Störungen anliegen. Alle diese Störfaktoren machen deutlich, wie schnell eine gute Rendite einer Anlage innerhalb eines Jahres ins Minus rutschen kann.
Betreiber hat großen Einfluss Vieles hängt aber auch am Betreiber. Wie Auswertungen von verschiedenen Arbeitskreisen zeigen, schaffen gute Betreiber im Jahr eine Auslastung von 8600 Stunden und mehr, während andere mit der gleichen Anlagentechnik nur auf 7500 Stunden kommen. Und jede Stunde, die eine 500 kw-anlage nicht läuft, bedeutet rund 100 Euro weniger Einnahmen. Es gibt aber auch Möglichkeiten, die Wirtschaftlichkeit zu verbessern: Gemeinschaftsanlagen von mehreren Landwirten haben Vorteile, weil sie Kapital, Arbeitszeit und Rohstoffe auf mehrere Schultern verteilen können. Da häufig kein Rohstoff extern eingekauft werden muss, lassen sich hierbei Kosten sparen. Da bei diesen Anlagen meistens ein oder zwei Landwirte mit dem Anlagenbetrieb beschäftigt sind und sich voll auf die Arbeit konzentrieren können, ist die Auslastung meistens höher als bei einer Anlage, die ein einzelner Landwirt neben Tierhaltung und Ackerbau allein betreibt. Mit einer guten Erntelogistik (z.b. mit GPS-gestützter Fahrzeugnavigierung) lassen sich die Rohstoffkosten je Tonne um 2 bis 3 Euro senken. Mit neuen Rohstoffen wie Gras, Stroh oder Zuckerrüben lassen sich andere Rohstoffe einsetzen. Sie sind zwar nicht so einfach zu handhaben wie Mais und benötigen meistens eine spezielle Einbringtechnik, sind dafür aber deutlich günstiger als Mais. Gute Betreiber feilen auch immer wieder an der Effizienz ihrer Anlage. Zu den Maßnahmen zählen u.a.: Einsparung von Eigenstrombedarf (z.b. mit veränderten Laufzeiten der Rührwerke) oder höhere Gasausbeute aus den Rohstoffen (z.b. mit Zuschlagstoffen wie Spurenelementen oder Stopfen von Gaslecks in der Anlage). Künftig sind auch Mehrerlöse von 50.000 bis 100.000 Euro möglich, wenn der Betreiber den Strom an einen Stromhändler direkt vermarktet oder Strom nur noch zu Hochpreiszeiten erzeugt. Allerdings sind dafür auch Investitionen wie ein größeres BHKW oder ein zusätzlicher Gasspeicher nötig. Außerdem unterliegen die Erlöse den Marktschwankungen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass eine Biogasanlage ab einer gewissen Größe durchaus ein eigener Betriebszweig sein kann. Je kleiner die Anlage wird, desto geringer sind auch die Gewinnaussichten. Aber soll die Anlage erfolgreich geführt werden, muss sie genauso intensiv betreut werden wie ein Tierbestand. Keinesfalls ist sie die Gelddruckmaschine, wie sie von Außenstehenden häufig bezeichnet wird.
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