Das Elektron. 3. Das Elektron. "Im Körper eines Menschen sind etwa 20 g Elektronen."

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Transkript:

3. Das Elektron "Im Körper eines Menschen sind etwa 20 g Elektronen." 3.1 Elektrizität ist heute eine Grundlage unserer Zivilisation Elektrizität ist aus unserem Leben nicht wegzudenken. Sie bringt Licht und Wärme in unser Haus, lässt Motoren, die Sklaven von heute, für uns arbeiten, und ist die Grundlage der modernen Kommunikation: Telephon, Radio, Fernsehen, Internet. Alle diese technischen Geräte sind erst möglich geworden, nachdem man die Physik der Elektrizität verstanden hatte. Die Engländer haben im 19. Jahrhundert dabei Entscheidendendes geleistet. Faraday und Maxwell haben die allgemeinen Gesetze der Elektrizität und des Magnetismus entdeckt, in denen der elektrische Strom eine entscheidende Rolle spielt. Er fließt z.b. durch die Überlandleitungen und überträgt die Energie von einem Generator im Kraftwerk zu einem Motor in einer Werkstatt. Man sagt "Strom fließt" in einer Leitung, aber was ist damit gemeint: was fließt bzw. strömt denn wirklich? Wenn Wasser durch ein Rohr fließt, wissen wir, was dort strömt, nämlich Wassermoleküle, die sich von einem Ort zum anderen bewegen. Aber beim elektrischen Strom? Gibt es auch dort so etwas wie "elektrische Strommoleküle" oder "elektrische Stromatome"? Die Antwort ist ja; das sind, wie wir heute wissen, die Elektronen in den Leitungen. Es war der Engländer J. J. Thomson, der das Elektron entdeckt hat. Ihm ist es gelungen, die Träger des elektrischen Stromes aus dem Stromleiter herauszuholen, damit er ihre Eigenschaften untersuchen konnte. Er hat sozusagen den Stromtransport im Leiter unterbrochen und in der freien Zone die Elektronen "fliegen gesehen". 3.2 Kathodenstrahlen und die Entdeckung des Elektrons In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts untersuchte man verstärkt den Transport elektrischer Ladungen in Gasen. Heute wissen wir, dass die Elektrizitätsleitung in Gasen verhältnismäßig kompliziert ist. Während die Leitung in Metallen ausschließlich durch freie Elektronen bewirkt wird und in Flüssigkeiten nur die Ionen für den Stromfluss verantwortlich zeichnen, sind an der Elektrizitätsleitung in Gasen beide Ladungsträgerarten beteiligt. Die Untersuchungen wurden stimuliert durch die Suche nach den kleinsten Teilchen der Elektrizität, und die benutzten Apparaturen hatten im Prinzip folgenden Aufbau. - 16 -

Das Elektron Versuch: In ein Glasgefäß, das auf eine Vakuumpumpe aufgesetzt ist, sind zwei durchbohrte Metallplatten eingesetzt, die mit den beiden Polen eines Hochspannungsgeräts verbunden werden. Wird bei einer Spannung von ca. 6 kv die Luft aus der Röhre herausgepumpt, so beginnt bei einem bestimmten Unterdruck der Stromfluss, begleitet von verschiedenen Leuchterscheinungen. Bei noch geringerem Druck verschwindet der größte Teil der Leuchter- scheinungen wieder und übrig bleibt ein grünliches Fluoreszieren des Glases in der Nähe des Pluspols (der Anode) und am rechten Ende des Gefäßes. Diese vom Minuspol, der Kathode, ausgehenden Strahlen werden Kathodenstrahlen genannt und lassen sich leicht im Feld eines Magneten ablenken. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts zogen die Kathodenstrahlen die Aufmerksamkeit einiger Forscher auf sich. Galt es doch, die Natur dieser Strahlen zu ergründen. Erstmals wurden sie systematisch von Philipp Lenard (1862-1947), der später in Heidelberg lehrte, untersucht. Er baute hierfür das so genannte Lenard-Fenster, das aus einem Gitter mit einer aufgebrachten Metallfolie bestand. Er erkannte, dass die Kathodenstrahlen eine Folie mit mehreren Tausend Atomschichten durchqueren können, dass sie photographische Platten belichten und bei geeigneten Stoffen Phosphoreszenz hervorrufen. Zur gleichen Zeit beschäftigte sich auch J. J. Thomson in Cambridge mit den Kathodenstrahlen, der bei seinen Untersuchungen folgendes feststellte: 1. Das Auftreten der Kathodenstrahlen ist unabhängig vom Kathoden- und Anodenmaterial und unabhängig von dem Gas in der Entladungsröhre, d.h. Kathodenstrahlen sind eine Strahlung eigener Art. 2. Die Kathodenstrahlen lassen sich - im Gegensatz zu Licht- oder Röntgenstrahlen ablenken, wenn man sie in ein äußeres elektrisches oder magnetisches Feld bringt. Aus diesen Versuchen folgte: Die Kathodenstrahlen sind negativ geladen. Wie kann man nun die Natur dieser Strahlen verstehen? Thomson war in der englischen Wissenschaftstradition aufgewachsen, in der vermutlich auf Newton zurückgehend - der Teilchencharakter der Materie zum Weltbild gehörte. Für ihn war es deshalb natürlich anzunehmen, dass Kathodenstrahlen aus Korpuskeln, d.h. einzelnen kleinen Teilchen bestehen, die neben ihrer Masse m auch eine Ladung e besitzen. Sein großes Verdienst war es, dass er durch gezielte Versuche e/m, d.h. das Verhältnis von Ladung und Masse dieser elektrischen Korpuskeln bestimmt hat (1897). Thomson folgerte aus seinen Ergebnissen, dass die Korpuskeln, die bald darauf Elektronen genannt wurden, Teile des Atoms sein müssten, denn woher sollten sie sonst kommen? - 17 -

Damit stellte er die Vorstellung des "unteilbaren Atoms" in Frage. Da die Atome als ganze elektrisch neutral sind, musste er ihnen irgendwie eine gleich große positive Ladung zukommen lassen. Seine konkrete Vorstellung, wie ein Atom aus Elektronen und "etwas positiv Geladenem" zusammengesetzt sein könnte, hat er in einem Atommodell dargelegt, das allerdings relativ schnell überholt war. Heute wissen wir, dass die Elektronen die hauptsächlichen Träger der Elektrizität oder auch die "Atome der Elektrizität" sind, egal ob es sich dabei um Ströme in Überlandleitungen oder in sog. elektronischen Schaltungen handelt. 3.3 Eigenschaften des Elektrons Auch heute noch werden die Eigenschaften des Elektrons untersucht, und man kann sagen, dass das Elektron auch heute noch nicht wirklich verstanden ist. Meint man mit "Verstehen", dass man ein neues Phänomen auf etwas Bekanntes zurückführen kann, dann kennen wir keine Theorie, aus der sich die Eigenschaften wie Masse, Ladung usw. berechnen ließen. In Experimenten, die mit Hilfe einer Nebelkammer gemacht wurden, konnte Thomson 1899 einen ungefähren Wert für die Ladung seiner Korpuskeln bestimmen. Aus der Ablenkung der Elektronen im Magnetfeld hatte er außerdem das Verhältnis von Ladung zu Masse erhalten. Damit waren die Werte für die Ladung und die Masse des Elektrons bekannt. Neben der Masse und der Ladung sind der Spin und die Größe weitere wichtige Eigenschaften des Elektrons. Mit dem Spin beschreibt man seine Eigenschaft, dass es sich wie ein Kreisel verhält. Ein anschauliches Beispiel ist ein Kinderkreisel. Im Unterschied zum Kinderkreisel kann man jedoch Elektronen nicht schneller oder langsamer rotieren lassen, sie drehen sich alle gleich schnell und hören nie mit der Drehung auf. Ferner bewirkt die Drehbewegung, dass das Elektron sich wie ein kleiner Stabmagnet verhält. Auf das Wirken dieser kleinen Stabmagneten lassen sich fast alle magnetischen Erscheinungen unserer Welt zurückführen. Auch die Größe des Elektrons gibt uns Fragen auf: Aus Experimenten mit Elektronenbeschleunigern z.b. am Deutschen Elektronen SYnchrotron in Hamburg, in denen Elektronen an Elektronen gestreut werden, hat man herausgefunden, dass das Elektron sehr klein ist (Durchmesser D<10-18 m), mindestens tausend mal kleiner als ein Atomkern. Man vermutet sogar, dass das Elektron punktförmig ist, d.h. gar keine Ausdehnung besitzt. Wie ein solches punktförmiges Teilchen Masse, Ladung und insbesondere Spin haben soll, können wir uns allerdings schlecht vorstellen. Nach allem, was wir heute wissen, ist das Elektron ein wirkliches Elementarteilchen, denn es lässt sich nicht in andere kleinere Teilchen zerlegen und scheint auch keine inneren Strukturen zu besitzen. Das sind sicherlich notwendige Bedingungen dafür, dass ein Teilchen elementar genannt wird. Vielleicht gehört zu den Charakteristika eines Elementarteilchens auch die Eigenschaft, dass es keine Ausdehnung hat. - 18 -

3.4 Die Familie der Leptonen Auch wenn wir die Elektronen nicht sehen können, sind sie überall in unserer Welt vorhanden, denn alle Materie besteht aus Atomen und diese wiederum enthalten Elektronen. Die moderne Teilchenphysik, die den Aufbau der Welt untersucht, hat bei ihren Experimenten mit Beschleunigern auch andere Teilchen erzeugt, die jedoch sehr schnell wieder zerfallen. Auch wenn sie uns nicht in unserer Welt begegnen, sind sie doch für das Verständnis der Struktur dieser Welt von grundlegender Bedeutung. Die zunächst verwirrende Vielzahl dieser Teilchen läßt sich bei näherem Hinschauen in verschieden Familien einteilen, wobei die Mitglieder einer Familie ähnlich wie im täglichen Leben einander sehr ähnlich sind und sich von anderen Familien deutlich unterscheiden. Das Elektron (e) gehört zur Familie der Leptonen, d.h. zur Familie der "Leichten". Zu dieser Familie gehören außerdem 2 schwerere Geschwister, das Müon (µ) und das Tauon (τ). Sie haben die gleiche Ladung und den gleichen Spin wie das Elektron und unterscheiden sich nur in der Masse. Ferner gehören zu dieser Familie auch noch die 3 Neutrinos, das Elektron-Neutrino, das Müon-Neutrino und das Tauon-Neutrino, die ungeladen und nahezu masselos sind, aber den gleichen Spin wie die Elektronen besitzen. Warum diese Neutrinos zur Familie der Leptonen gehören, kann an dieser Stelle noch nicht erklärt werden, die Neutrinos sind das Thema einer späteren Vorlesung. Interessant an der Familienstruktur ist vielleicht die Zahl drei: drei geladene Leptonen - Elektron, Müon, Tauon - und drei ungeladene Neutrinos. Warum die Zahl drei? Mit dieser Frage setzt sich die moderne Physik auseinander. Elektron e - Müon µ - Tauon τ - Elektron-Neutrino ν e Müon-Neutrino ν µ Tauon-Neutrino ν τ Tabelle: Die sechs Leptonen unserer Welt. In der oberen Zeile stehen die geladenen Leptonen, die alle eine negative Elementarladung tragen, in der unteren die ungeladenen Neutrinos. In gewissen Prozessen der schwachen Wechselwirkung treten immer nur die übereinanderstehenden Paare von Leptonen auf, also z.b. das Elektron mit dem Elektron-Neutrino, das Müon mit dem Müon-Neutrino usw.. Über-Kreuz-Prozesse, bei denen z.b. ein Elektron gemeinsam mit einem Müon-Neutrino auftritt, wurden nie gefunden. 3.5 Biographie: Joseph John Thompson (1856 1940) Der in einem Vorort von Manchester geborene Sohn eines Buchhändlers trat im Alter von 14 Jahren in das "Owens College" in seiner Heimatstadt ein. Als zwei Jahre später sein Vater starb, wechselte der junge Thomson vom Ingenieurfach zur Mathematik und Physik. Auf Grund einer sehr guten mathematischen Arbeit erhielt er 1876 ein Stipendium für das "Trinity College" der Universität Cambridge, an der er bis zu seinem Tode kein Semester versäumte. Thomson hat noch einige Vorlesungen bei Maxwell gehört und bei dessen Nachfolger Lord Raleigh mehrere theoretische Arbeiten angefertigt. Raleigh hatte sich für nur - 19 -

5 Jahre als Professor verpflichtet und nach Ablauf dieser Zeit legte er 1884 seine Professur am Cavendish-Laboratorium nieder. Thomson, der damals 28 Jahre alt war, bewarb sich um den Posten, jedoch mehr zum Spaß und ohne die damit verbundene Arbeit und Verantwortung ernsthaft erwogen zu haben. Zu seiner Überraschung fiel die Wahl auf ihn. Damals sagte er: "Ich kam mir wie ein Fischer vor, der mit leichtem Angelgerät an einer Stelle fischt, an der er eigentlich nichts zu fangen erwartet, zu seiner Überraschung aber einen Fisch fängt, den er gar nicht an Land ziehen kann. Plötzlich war ich mir der Schwierigkeiten bewusst, die mit der Nachfolge eines so hervorragenden Wissenschaftlers wie Lord Raleigh verbunden sind." Die Berufung zum "Cavendish Professor" war besonders ehrenvoll, da dies der erste Lehrstuhl für Experimentalphysik war, zu dessen Ausstattung ein großes Unterrichtslaboratorium gehörte. Er war erst 1871 gegründet und nach seinem Hauptsponsor benannt worden. Nach seinem Amtsantritt im Jahre 1884 stattete Thomson das Labor neu aus, führte neue Lehrmethoden ein und begründete eine höchst erfolgreiche Forschungsabteilung, die er bis 1919 leitete. Während dieser Zeit wurden im Cavendish-Laboratorium viele bedeutende Entdeckungen gemacht, u.a. das Elektron, die Nebelkammer und die Isotope. Thomsons erste wichtige Arbeit (1881) war eine Anwendung der neuen und noch nicht voll akzeptierten Theorie des Elektromagnetismus von Maxwell auf die Dynamik bewegter Ladungen. Er zeigte, dass eine geladene Kugel entsprechend der Ladung und proportional zur elektrostatischen Energie an Masse zunimmt. Damit tat er einen ersten Schritt in Richtung auf Einsteins Gesetz der Energie-Masse-Äquivalenz. Die Entdeckung der Röntgenstrahlen führte zum verstärkten Studium der sie hervorrufenden Kathodenstrahlen. Die Natur der letzteren wurde in der damaligen Fachwelt viel diskutiert. Heinrich Hertz war der Ansicht, dass es sich um eine Wellenstrahlung handelte, da die Kathodenstrahlen dünne Metallplättchen durchdrangen und in einem elektrischen Feld nicht abgelenkt wurden. 1897 konnte Thomson zeigen, dass der Fehler bei den Hertzschen Experimenten an dem ungenügenden Vakuum lag. Es bildeten sich geladene Teilchen, die das Feld neutralisierten. Nachdem Thomson das Vakuum verbessert hatte, erhielt er Ablenkungen, aus denen er, zusammen mit den schon bekannten Ablenkungen durch Magnete (Hittorf 1869), das stets konstante Verhältnis von Ladung zur Masse (e/m) der vermuteten Teilchen ermittelte. In seiner Autobiographie schrieb er kurz vor seinem Tode: "Nach langen Erwägungen schien es mir, dass aus den Versuchen die folgenden Schlussfolgerungen zu ziehen sind: Erstens, dass Atome nicht unteilbar sind, denn negativ elektrische Partikel können von ihnen weggerissen werden durch Wirkung elektrischer Kräfte... - 20 -

Zweitens, dass die Partikel alle von derselben Masse sind und die gleiche Ladung negativer Elektrizität tragen, aus welcher Art von Atomen sie auch stammen, und dass sie Bestandteile aller Atome sind. Drittens, dass die Masse dieser Teilchen geringer ist, als der tausendste Teil eines Wasserstoffatoms. Ich nannte diese Teilchen zuerst Korpuskeln, aber man nennt sie jetzt mit dem besser passenden Namen Elektronen." Thomson gelang es 1907, durch Ablenkung von Kanalstrahlen im elektrischen Feld Parabeln zu erhalten, von denen jede einer der verschiedenen vorhandenen Atom- oder Molekülarten entsprach. Damit wurde zum erstenmal der schlüssige Beweis dafür erbracht, dass die Atome eines Elements nicht alle identisch sind. Während die alten Methoden zur Bestimmung der Atomgewichte nur Durchschnittswerte ergaben, entdeckte Thomson 1912 beim genaueren Studium der gewonnenen Ergebnisse, dass durchaus verschiedene Atome ein Element konstituieren können. Insbesondere stellte er bei Neon fest, dass eine Parabel dem Atomgewicht 20, eine andere demjenigen von 22 entsprach. Francis William Aston, der ihm bei diesen Versuchen assistiert hatte, entdeckte nach dem Ersten Weltkrieg, dass der Fall des Neons keineswegs die Ausnahme, sondern vielmehr die Regel darstellt, und dass die meisten Elemente aus mehreren "Isotopen" zusammengesetzt sind. J. J. Thomson beeinflusste in großem Maße die Entwicklung der Physik. Sein Wirken war die Grundlage der Forschungsergebnisse seiner Schüler, zu denen u. a. Ernest Rutherford, Paul Langevin, Charles Thomson Rees Wilson, William Lawrence Bragg und Francis William Aston gehörten. Im Laufe seines Lebens erhielt Thomson nahezu alle Ehrungen, die einem Wissenschaftler zuteil werden konnten. Neben 22 Ehrendoktorwürden der verschiedensten, teils sehr berühmten Universitäten wie Oxford, Göttingen und Princeton, wurde ihm im Jahre 1906 der Nobelpreis für Physik verliehen. Zwei Jahre später ehrte ihn das englische Königshaus durch die Erhebung in den Adelsstand. Quellen: 1. E. Segre: Die großen Physiker und ihre Entdeckungen von den Röntgenstrahlen zu den Quarks, R. Piper & Co. Verlag, München, 1982 2. http://uploader.wuerzburg.de/gymfkg/schule/fachber/physik/lk9799/lk.13/thomson.h tml) 3. http://www.iap.uni-bonn.de/p2k/periodic_table/atom_structure_evidence.html - 21 -