Wofür wir stehen. Das Leben nach Werten leben und gestalten: Gemeinsame Grundüberzeugungen von Evangelisch-Lutherischer Kirche und Handwerk

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Transkript:

Wofür wir stehen Das Leben nach Werten leben und gestalten: Gemeinsame Grundüberzeugungen von Evangelisch-Lutherischer Kirche und Handwerk

Vorwort Denn beide, Kirche wie Handwerk, bewegen sich auf einem gemeinsamen Wertefundament. Dass es unserem Leben gut tut, wertorientiert zu handeln und zu wirtschaften dieser Gedanke hat spätestens seit Ausbruch der Finanzkrise verstärkt Konjunktur. Die ganz alten Fragen beschäftigen uns wieder ganz neu: An welchen Werten sollen wir unsere Entscheidungen ausrichten als einzelne Menschen ebenso wie als Unternehmen oder staatliche Institutionen? Wie verhält sich unser persönliches Einzelinteresse zu den Interessen unserer Mitmenschen, im privaten wie im beruflichen Zusammenhang? Was macht eigentlich eine gute Wirtschaft aus? Und wie muss die Gesellschaft beschaffen sein, in der wir alle leben wollen? Bei der Suche nach Antworten auf diese und ähnliche Fragen folgen das Handwerk und die Evangelisch-Lutherische Kirche denselben Grundüberzeugungen. Denn beide, Kirche wie Handwerk, bewegen sich auf einem gemeinsamen Wertefundament. Ausgehend von einem eng verwandten Menschenbild hier religiös fundiert, dort Erbe einer frühen Wirtschaftsethik teilen Handwerk und Kirche dasselbe Verständnis von zentralen Themen unseres Daseins: Wie wir Verantwortung, Vertrauen, Gerechtigkeit, Zusammenleben und auch Nachhaltigkeit begreifen, bestimmt ganz wesentlich unsere Haltung zu aktuellen und künftigen gesellschaftlichen Fragen. Kirsten Fehrs Bischöfin Evangelisch- Lutherische Kirche in Norddeutschland Impressum Herausgeber: Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland Bischofskanzlei im Sprengel Hamburg und Lübeck Shanghaiallee 12 20457 Hamburg Handwerkskammer Hamburg Holstenwall 12 20355 Hamburg Layout: DKKD, David Krüger Erscheinungsdatum: Frühjahr 2017 Übersetzung ins Plattdeutsche: Bolko Bullerdiek Das heißt nicht, dass Kirche und Handwerk über der gemeinsamen Wertebasis immer zu denselben Antworten kämen oder gesellschaftspolitisch stets dieselben Positionen bezögen das war in der Vergangenheit nicht so und wird auch in Zukunft so bleiben. Zweck des vorliegenden Grundsatzpapiers ist es vielmehr, sich zunächst der Ähnlichkeit der beiderseitigen Grundüberzeugungen einmal förmlich zu vergewissern. Dies schafft zugleich die Möglichkeit, öffentliche Debatten entweder zusammen zu initiieren oder bereits laufende gesellschaftliche Diskussionen in den Rahmen der gemeinsamen Wertvorstellungen von Handwerk und Kirche zu stellen. Weitere gesellschaftliche Gruppen und Akteure werden dabei um einem naheliegenden Missverständnis vorzubeugen stets herzlich willkommen sein. Denn Wofür wir stehen ist kein konfessionell gebundenes Manifest, das etwa Menschen und Gruppen anderer religiöser Bekenntnisse ausschließt, sondern Einladung zum wertebasierten Gespräch in einer pluralistischen Gesellschaft. Kirsten Fehrs Bischöfin Josef Katzer Präsident Josef Katzer Präsident Handwerkskammer Hamburg

Handwerk und Kirche sehen sich in besonderem Maße einem gemeinsamen Wertekanon verpflichtet. Unsere Gesellschaft beruht grundlegend auf der Achtung und Würde sowie der Anerkennung von Freiheit und Gleichheit aller Menschen. So beginnt das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland mit dem Satz: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Dem darin formulierten Wert- und Achtungsanspruch, der jedem Menschen unabhängig von seinem Können, seinem körperlichen oder geistigen Zustand oder seinem sozialen Status zukommt, entsprechen die biblischen Worte: Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde. Der Mensch als Geschöpf Gottes kann als religiöse Begründung der Menschenwürde aufgefasst werden. Dieses Menschenbild hat Konsequenzen für die Gestaltung des Zusammenlebens in der Gesellschaft: Der wechselseitige Umgang von Menschen, die mit gleicher Würde ausgestattet sind, kann in der Folge nur von Achtsamkeit und Respekt geprägt sein. Auch dürfen die Arbeits- und Lebensbedingungen den einzelnen Menschen nie zum bloßen Objekt oder Mittel zum Zweck machen. Zur Würde jedes Menschen gehört vielmehr, dass ihm die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung gegeben ist. Sie zielt auf die Bildung des einzelnen Menschen, der seine Begabungen so zum Wohl des Gemeinwesens entwickeln kann. Dieser weltlichen Auffassung entspricht die religiöse Überzeugung, dass jeder individuellen Lebensgeschichte von Gott ein unendlicher Wert zugesprochen wird. Wofür wir stehen Das Leben nach Werten leben und gestalten: Gemeinsame Grundüberzeugungen von Evangelisch-Lutherischer Kirche und Handwerk Handwerk und Kirche sehen sich in besonderem Maße einem gemeinsamen Wertekanon verpflichtet. Grundsätzliche Wertvorstellungen des Wirtschaftszweigs Handwerk haben sich in Entsprechung zu zentralen evangelischen Glaubensinhalten herausgebildet. Bis heute haben Kirche und Handwerk darum ein übereinstimmendes Bild vom Menschen und seiner Bestimmung und vom Zusammenleben in der Gesellschaft. Menschliche Freiheit ist dennoch endliche Freiheit: Sie findet ihre Grenze im Freiheitsgebrauch der Mitmenschen. Ein Gebrauch der Freiheit, der die Würde und prinzipielle Gleichheit anderer Menschen missachtet, widerspricht sich selbst. Wahre Freiheit bedarf also des Maßes und der Rücksichtnahme auf gleichberechtigte Freiheitsansprüche. Aus der Sicht des evangelischen Glaubens lebt die Freiheit eines Christenmenschen aus dem Vertrauen auf Gottes Zuwendung und Liebe. Diese Freiheit verwirklicht sich in einem verantwortungsvollen Leben in Gemeinschaft. Aus dem Menschenbild von Kirche und Handwerk folgt auch die Überzeugung, dass die natürlichen Lebensgrundlagen kein bloßes Verbrauchsgut darstellen. Vielmehr ist die Erde als komplexes ökologisches System zu schonen und zu schützen sei es um ihrer selbst willen, sei es in ihrer unersetzlichen Funktion und Bedeutung für das menschliche Leben überhaupt. Auch diese weltliche Wertsetzung hat ihre religiöse Entsprechung: Alles Leben und alle natürlichen Ressourcen verdanken wir Gott als dem Schöpfer. Im Folgenden formulieren Kirche und Handwerk ihre gemeinsame Haltung zu fünf grundlegenden Dimensionen der menschlichen Lebensführung.

1 Verantwortung Vertrauen 2 Wer verantwortlich lebt, gestaltet sein Leben bewusst und mit Blick auf die Folgen des eigenen Handelns für sich selbst, für andere Menschen und für unsere Umwelt. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist das persönliche Streben nach Bildung und Reflexion. Denn in dem Maße, in dem wir Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten erwerben, erweitern sich unsere Vorstellungen von der Welt und unser Bild von uns selbst. Damit wachsen zugleich unsere Möglichkeiten, Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung bezieht Position, vertritt sie mit guten Gründen und sucht die Verbesserung auch im unvollkommenen Ganzen. Verantwortung kennt und verfolgt das persönliche Interesse, macht aber ebenso das berechtigte Anliegen jenseits der eigenen Person zu ihrer Sache. Verantwortung ist also Engagement für sich und andere, in Familie und Beruf und im öffentlichen Leben. Lebendige Form für öffentliches Engagement ist das Ehrenamt, wie es gerade in Kirche und Handwerk lange Tradition hat. Wir können nur leben, wenn wir vertrauen können. Dass der Andere uns mit redlichen Absichten gegenübertritt und uns nicht betrügen und übervorteilen will, ist eine lebensnotwendige Annahme, die sich in der Regel bestätigen muss. Das gilt für alle menschlichen Beziehungen: im privaten Miteinander ebenso wie im Geschäftsverkehr, zwischen Einzelnen und Gruppen, Unternehmen und Institutionen, Politik und Zivilgesellschaft. Vertrauen ist das Fundament, auf dem unser Leben und Wirtschaften aufbaut. Wer vertraut, gibt dem Anderen einen Vorschuss auf seine moralische Integrität. Dieser Vorschuss verwandelt sich in gemeinsames Kapital, wenn sich Vertrauen auszahlt, also bestätigt wird. Umgekehrt wird Vertrauen verbraucht, wenn der Andere es enttäuscht. Wir stellen also gemeinsam Vertrauen her oder vernichten es. Weil privates, geschäftliches und gesellschaftliches Leben ohne Vertrauen nicht möglich sind, müssen wir dafür sorgen, dass Vertrauen obwohl es täglich auch enttäuscht wird bestärkt wird und neu entstehen kann. Der Einzelne muss sich deshalb den Mut bewahren, sich immer wieder vertrauensvoll einzulassen und selbst vertrauenswürdig zu verhalten gerade auch, wenn dies nicht immer belohnt wird. Denn Vertrauen ist immer ein Wagnis, und grundsätzliches Misstrauen würde uns lähmen. Lebendige Form für öffentliches Engagement ist das Ehrenamt, wie es gerade in Kirche und Handwerk lange Tradition hat. Aber auch Organisationen jeder Art von Unternehmen über Vereine bis zu öffentlichen Einrichtungen und staatlichen Institutionen tragen eine wesentliche Verantwortung dafür, dass Vertrauen als gesellschaftliches Kapital erhalten bleibt. Dies gilt auch dann, wenn eine Organisation gar nicht über die Mittel verfügt, Fehlverhalten in ihrem Wirkungsbereich zu ahnden: Entscheidend ist die Bereitschaft, offen mit Verfehlungen auch im eigenen Bereich umzugehen und öffentlich Stellung für das rechtlich und moralisch Richtige zu beziehen. Vertrauen ist das Fundament, auf dem unser Leben und Wirtschaften aufbaut.

3 Gerechtigkeit Zusammen leben 4 Gerechtigkeit ist ein menschliches Grundbedürfnis. Wenn es in Familie, Betrieb, Kommune oder Staat nicht gerecht zugeht, ist die Humanität bedroht. Wo aber die Humanität bedroht ist, ist auch der Bestand menschlicher Gemeinschaften, gleich welcher Art und Größe, grundsätzlich gefährdet. Gerechtigkeit hat dabei durchaus etwas mit Verteilung zu tun. Gerechtigkeit heißt aber nicht, alle gleich zu machen und allen das Gleiche zuzuteilen. Gerecht handeln bedeutet vielmehr, gegebene Nachteile materielle wie immaterielle auszugleichen, die der Einzelne aus eigener Kraft kaum wettmachen kann und die ihn in der Entfaltung seiner Begabungen und Möglichkeiten behindern. Gerechtes Handeln insbesondere das überpersönliche Handeln in Wirtschaft und Gesellschaft braucht klare Regeln, die zu nachvollziehbaren Entscheidungen führen. Hierfür schafft der Rechtsstaat, der sich aus seinen festgelegten und transparenten Verfahrensweisen legitimiert, den unentbehrlichen Rahmen. Regeln und Gesetze allein machen aber noch keine gerechte Gesellschaft. Immer bedarf es auch einer Kultur der persönlichen Zurücknahme und des Fair Play, deren oberstes Ziel nicht die blinde Verfolgung eines Rechtsanspruchs, sondern der befriedende Ausgleich ist. Dies gilt in einer globalisierten Welt auch für den Austausch von Gütern und Arbeit über Ländergrenzen und Erdteile hinweg. Gesellschaft ist mehr als die Vielzahl aller Menschen in Stadt und Land. Gesellschaft sind wir dort, wo wir wirklich miteinander leben, also aufeinander bezogen sind. In Partnerschaft und Familie, Betrieb und Verein, Nachbarschaft und Stadtteil begegnen wir einander und gestalten jeden Tag unser Zusammenleben. Dieses gelingt, wenn wir individuelle Freiheit und Gemeinwohl gleichermaßen achten, das heißt, immer wieder neu in Einklang bringen. Ein gutes Zusammenleben lässt also dem Einzelnen Raum zur freien Entfaltung und verlangt von ihm zugleich einen Beitrag zum allgemeinen Wohlergehen. An einer lebenswerten Gesellschaft haben alle teil sie schließt ein und nicht aus. Darum ist sie eine Gesellschaft der Chancen und nicht der Besitzstände und Privilegien. Eine Gesellschaft der Chancen fördert die Entwicklung jedes Einzelnen, erlaubt ihm, seinen Platz zu finden und vertraut darauf, dass ihre Angebote verantwortungsvoll genutzt werden. Sie respektiert aber auch Fremdheit und ist bereit, mit Fremdheit zu leben. Ein gutes Zusammenleben ist kein Zustand, der einmal für immer gewonnen wäre, sondern ist stets im Werden. Das erfordert Aufmerksamkeit für Veränderungen, Einfühlung in die Lebenslage von einzelnen Menschen wie von Gruppen und die Bereitschaft zum Dialog. Gerechtes Handeln insbesondere das überpersönliche Handeln in Wirtschaft und An einer lebenswerten Gesellschaft haben Gesellschaft braucht klare Regeln, die zu alle teil sie schließt ein und nicht aus. nachvollziehbaren Entscheidungen führen.

5 Nachhaltigkeit Ohne Nachhaltigkeit hat die Welt, in der wir leben, keine Zukunft. Ob Raum und Ressourcen für die gesamte Biosphäre und damit auch für den Menschen langfristig erhalten bleiben, hängt davon ab, ob wir lernen, nachhaltig zu wirtschaften. Dazu bedarf es zunächst eines Bewusstseins davon, dass die Erde ein begrenzter Lebensraum ist, dessen Vorrat an Grundstoffen endlich ist. Notwendig ist darum ein Paradigmenwechsel, der das Verbrauchsdenken ablöst und durch eine Orientierung auf ein Wirtschaften in Stoff- und Energiekreisläufen ersetzt. Dieser Wandel muss einhergehen mit dem fortwährenden Bemühen, Energie und Stoffe effizienter einzusetzen und so endliche, aber auch regenerierbare Ressourcen zu schonen. Der Begriff Nachhaltigkeit steht dabei für ein ökonomisches Prinzip. Nachhaltigkeit erfordert, dass wir unsere Vorstellung von Wachstum verändern und bezieht den Aspekt der Qualität ein: der Qualität von Produkten, aber auch der Qualität unseres Lebens. Wirtschaftliches Wachstum soll darum nicht nur effizienter, sondern auch effektiver werden, also unsere Bedürfnisse besser befriedigen. Als Produzenten und zugleich Konsumenten von Waren und Dienstleistungen haben wir eine doppelte Verantwortung, aber auch doppelte Möglichkeiten für die Umsetzung einer nachhaltigen Wirtschafts- und Lebensweise. Dazu gehört auch die Nutzung regionaler Produkte und Wertschöpfungsketten. Nachhaltigkeit achtet überdies die Rechte und Bedürfnisse nachfolgender Generationen. Nachhaltigkeit erfordert, dass wir unsere Vorstellung von Wachstum verändern und bezieht den Aspekt der Qualität ein.