Astrid Greve, Konfis treffen Obdachlose

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Transkript:

Astrid Greve Konfis treffen Obdachlose Ein Projekt zum diakonischen Lernen mit Jugendlichen Vandenhoeck & Ruprecht

Umschlagabbildung: Anne Ittmann und SchülerInnen Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-525-58033-2 ISBN 978-3-647-58033-3 (E-Book) / Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U. S. A. www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Printed in Germany. Satz: textformart, Göttingen Druck und Bindung: V Hubert & Co, Göttingen Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

Inhalt Vorwort: Einblicke in eine Entdeckungsreise 7 Baustein 1: Der Anstoß 9 Gerechtigkeit lernen Was heißt das?! 9 Schritt 1: Brainstorming 9 Schritt 2: Lebenswelterkundung 10 AB 1: Mein Wahrnehmungs-Protokoll 11 Baustein 2: Hinsehen 12 Schritt 1: Wahrnehmungen in der eigenen Stadt 12 Schritt 2: Das Thema Obdachlosigkeit im Film 14 Schritt 3: Wir sind arm Ein Zeitungsbericht 15 AB 2: Hinsehen 16 Baustein 3: Prophetenworte 19 Schritt 1: Prophetenworte hören 20 Schritt 2: Prophetenworte sprechen 21 Alternativen zu Schritt 1 und 2 21 Schritt 3: Prophetisch reden 22 Zusatz: Jeremia 22 AB 3.1: Wortkarten: Prophetenworte 24 AB 3.2: Prophetenworte live 26 AB 3.3: Eine Rede schreiben 27 Baustein 4: Hingehen 28 Schritt 1: Individuelle Vorbereitung 28 Schritt 2: Vorbereitung in der Kleingruppe 29 Schritt 3: Nachbereitung 29 AB 4.1: Vor der Begegnung 33 AB 4.2: Interviewregeln 34 AB 4.3: Nach der Begegnung 35 5

Baustein 5: Psalmworte 36 Schritt 1: Assoziatives Gespräch im Sitzkreis 37 Schritt 2: Einzelarbeit: Eigene Gedanken zum Bibelvers 40 AB 5.1: Wortkarten: Psalmverse 42 AB 5.2: Gedanken festhalten 45 Baustein 6: Handeln und helfen 46 Schritt 1: Ideensammlung, Planungsgespräch 46 Schritt 2: Arbeitsphase 47 Schritt 3: Präsentationen in einem besonderen Rahmen 47 AB 6.1: Gerechtigkeit lernen Werkstattbericht 49 AB 6.2: Projekt- und Zeitplanung 50 Baustein 7: Wundergeschichten als Hoffnungsgeschichten 51 Schritt 1: Assoziative Annäherungen 52 Schritt 2: Präsentationen 52 Schritt 3: Erzählung und Gespräch 52 Schritt 4: Vertiefende Einzelarbeit 52 Schritt 5: Präsentation der Texte und Bilder 53 AB 7.1: Aufschauen 57 AB 7.2: Mantel 58 AB 7.3: Neben dem Weg 59 AB 7.4: Schreien 60 AB 7.5: Zachäus Bartimäus 61 Resumée 67 Grundlagen Einblicke in die Reisevorbereitungen 68 1 Der Ausgangspunkt 68 2 Die Idee: Diakonisches Lernen 69 3 Armes Deutschland?!? 74 4 Ökumenische Perspektiven 78 6

Vorwort: Einblicke in eine Entdeckungsreise Diakonische Projekte und Praktika im Konfirmandenunterricht (KU) oder auch im schulischen Religionsunterricht (RU) erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Das liegt ganz sicher daran, dass die direkte Begegnung, das praktische Tun und Erleben mehr zu denken, zu deuten und zu lernen geben als das noch so engagierte Reden über. (Zur biblisch-theologischen Begründung des diakonein und des diakonischen Lernens vgl. das Kapitel Grundlagen ). Ganzheitliches Lernen gewinnt angesichts der Komplexität unserer Lebenswelt immer mehr an Bedeutung. Begegnungen und Erfahrungen anzubahnen, die die Jugendlichen fordern, ohne sie zu überfordern, die nachhaltig sind, ohne kurzsichtig den moralischen Zeigefinger zu heben, an denen sie in ihrer Persönlichkeit wachsen und reifen können das bedarf vieler Überlegungen, Planungen und Erprobungen. Denen, die mitüberlegt, mitgeplant und miterprobt haben, möchte ich an dieser Stelle herzlich danken: Uwe Kanis, dem Leiter der diakonischen Wohnungslosenhilfe Siegen, Wolfgang Otto für die Unterstützung der Jugendlichen bei der grafischen Gestaltung ihres Flyers, Anne Ittmann für ihre pädagogische und künstlerische Mitarbeit in der Erarbeitung einer Fotoausstellung und Ingo Baldermann für das immer wieder inspirierende Gespräch und seine Geschichten, die in diese Projekte eingewoben sind. Ich danke der Martini-Kirchengemeinde in Siegen, vor allem Frau Pfarrerin Ute Waffenschmidt-Leng, für Anregungen und neue Perspektiven, die sowohl meine Kinder als auch ich aus einem sehr besonderen Konfirmandenunterricht erhalten haben. Das hier entwickelte Projekt mit Wohnungslosen hat dort seinen Ursprung. Der Weg, den wir mit Schülerinnen und Schülern einer siebten Klasse sowie mit zwei Konfirmandengruppen gegangen sind (denen danke ich selbstverständlich auch!), führte uns zu einem aufmerksameren Blick für sichtbare Armut im eigenen Lebensumfeld und schließlich in intensive und berührende Begegnungen Begegnungen mit obdachlosen Menschen und ihren Lebensgeschichten. 7

Die Schritte dieses Prozesses, die Vorbereitung zunächst im geschützten Klassenraum oder Gemeindehaus, die Einladung von Experten, schließlich das Verlassen der geschützten Räume und Sich-Hinauswagen in verunsichernde Begegnungen das dabei entstandene, erprobte und bewährte Material gebe ich in diesem Band weiter. Ich möchte damit die Methode zur Diskussion stellen und empfehlen. Sie finden im Folgenden dreierlei: das ganze Projekt in nachvollziehbaren Schritten (Bausteinen), praxisfähig mit Aufgaben und Arbeitsblättern, darin integriert eine konkrete und nachvollziehbare Einbindung und Begleitung der Erfahrungen durch biblische Impulse und Texte sowie jeweils beispielhafte Einblicke in die Erfahrungen und Reflexionen meiner Jugendlichen. An ihnen ist ein Erwartungshorizont ablesbar. Zugleich wird sichtbar, was diakonisches Lernen sein kann und welche Lernprozesse hier in Gang kommen. Ich lade Sie herzlich ein: Machen Sie mit! Lassen auch Sie sich auf eine Entdeckungsreise mit Ihren Jugendlichen ein; Sie werden sich wundern Astrid Greve, im März 2012 8

Baustein 1: Der Anstoß Gerechtigkeit lernen Was heißt das?! Der Begriff diakonisches Lernen ist schwierig, er verführt zu der Vorstellung, dass es hier um im Wesentlichen karitatives Handeln geht, um ein Einüben in Mitleid und Hilfsbereitschaft. Verloren gehen der Aspekt einer für den eigenen Glauben und Jesu Botschaft vom Reich Gottes notwendigen Praxis sowie die politische Dimension eines Tuns, das im Sinne Jesu auf eine veränderte Welt ausgerichtet ist. Dazu gehören auch die Bereitschaft, sich Wissen anzueignen über strukturelle Ungerechtigkeit, diese wahrzunehmen und in Frage zu stellen sowie Zivilcourage. Hinsehen Hingehen Helfen erscheint als eine Möglichkeit zu elementarisieren, was mit diakonein gemeint ist, und statt diakonisches Lernen heißt das Projekt Gerechtigkeit lernen. Unter diesem Anstoß sollen die Schülerinnen und Schüler in die Planung hineingenommen werden. Schritt 1: Brainstorming Was sind Assoziationen der Schülerinnen und Schüler zum Thema Gerechtigkeit lernen? Wo sehen oder erfahren sie verletzende Ungerechtigkeit? Nach einem ersten Unterrichtsgespräch arbeiten die Jugendlichen in Gruppen zu dritt oder viert an einem Plakat. Gestaltet ein Plakat zu dem Thema: Gerechtigkeit lernen. Gerechtigkeit was versteht ihr darunter? Kann man Gerechtigkeit lernen? Wie geht das? Wer das Plakat ansieht, sollte erkennen, woran ihr denkt, was ihr meint mit Gerechtigkeit lernen heute, hier und jetzt! Im Anschluss an die Arbeitsphase werden die Plakate an die Tafel gehängt und gemeinsam betrachtet und besprochen. Was hatten die verschiedenen Gruppen im Blick? Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten fallen auf? 9

Einblicke Die Jugendlichen in der Erprobung plakatierten u. a. dieses: Gerechtigkeit ist lernen, Menschen richtig zu beurteilen Gleichbehandlung aller Menschen aus dem Leben lernen den Umgang mit Menschen lernen hinsehen nachdenken und verstehen sich weiterentwickeln ausprobieren (verbunden mit den Bildern von Kopf, Herz und Hand). Gerechtigkeit muss wachsen zwischen schwarz und weiß zwischen Mann und Frau zwischen arm und reich zwischen Eltern und Kindern Gerechtigkeit heißt für mich Gleichberechtigung brüderlich / geschwisterlich teilen jedem das, was er braucht Frieden auf Erden Die Assoziationen machen deutlich: Es muss ein ganzheitliches Lernen sein, es hat etwas mit dem Umgang mit anderen Menschen zu tun, es gibt verschiedene Konfliktfelder, auf denen offenbar Ungerechtigkeit herrscht, Gerechtigkeit hat etwas mit Teilen zu tun und Gerechtigkeit ist Voraussetzung für friedliches Auskommen miteinander. Die Thematisierung von Gerechtigkeit ist ein bewusst gesetztes Vorzeichen vor die Arbeit an diesem Projekt. Dieses Vorzeichen macht es den Jugendlichen schwerer, sich die sichtbaren Formen der Armut im reichen Deutschland als selbstverschuldete Faulheit vom Leib zu halten was wohl einer weit verbreiteten Stimmung in der Gesellschaft entspricht. Die Frage nach Gerechtigkeit, gerechtem, auch würdevollem Miteinander von Menschen in unserer Gesellschaft im Hinterkopf zu haben, verändert die Perspektive, wirft Fragen auf. Schritt 2: Lebenswelterkundung Die Jugendlichen erhalten die Aufgabe, eine Woche lang mit offenen Augen durch die Stadt zu gehen und festzuhalten: Wo siehst du Ungerechtigkeit? Wo siehst du Armut? (AB 1) 10