Messen Berechnen Simulieren. Beheizen von Kirchen ein Praxisbeispiel

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Transkript:

Messen Berechnen Simulieren Beheizen von Kirchen ein Praxisbeispiel Dipl.-Ing. (FH) Thomas Löther

Gliederung 1. Projekteinführung 2. Klosterkirche St. Marienstern 3. Voruntersuchungen 4. Berechnungen / Simulationen 5. Heizkonzept / bisherige Umsetzungen 6. Aktueller Stand

1. Projekteinführung Nutzungsorientierte, optimierte Lokaltemperierung von Kirchen - modellhafte Voruntersuchungen und Konzeptentwicklung AZ 24824 Laufzeit: 2007 / 2008 Untersuchung modellhafter Maßnahmen zur gleichzeitigen Reduzierung des Energieverbrauchs, Verbesserung des Nutzerkomforts und Reduzierung des Instandhaltungsaufwandes temporär genutzter Sakralbauten AZ 28066 Laufzeit: 2010 / 2012

2. Klosterkirche St. Marienstern Erbaut zwischen 1250 und 1300

2. Klosterkirche St. Marienstern - tägliche Nutzung - Grundtemperierung des Kirchenraums auf > 10 C - bauliche Besonderheiten

2. Klosterkirche St. Marienstern

2. Klosterkirche St. Marienstern Grundriss mit Heizsystem bis 2007

2. Klosterkirche St. Marienstern Raumzustand 2007

2. Klosterkirche St. Marienstern Raumzustand 2007

2. Klosterkirche St. Marienstern Raumzustand 2007

2. Klosterkirche St. Marienstern - Erneuerungen der inneren Raumschale Erstmaliger Heizungseinbau Errichtung 1429 1585 Ende 17. Jh. 1835 1862 1895 1933 1965 1998 2007 1200 1300 1400 1500 1600 1700 1800 1900 2000 Renovierungskosten: 220.000

3. Klosterkirche St. Marienstern 140000 120000 Brennstoffkosten [ ] 100000 Kosten [ ] 80000 60000 40000 20000 0 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 Auswertung der Heizkostenabrechnung

3. Voruntersuchungen Raumklimamessungen

3. Voruntersuchungen IR- Untersuchungen

3. Voruntersuchungen

3. Voruntersuchungen

3. Voruntersuchungen Luftströmungen

3. Voruntersuchungen Luftströmungen

3. Voruntersuchungen - Ergebnisse - stabiles Raumklima - kaum Kurzzeitschwankungen - Zugerscheinungen durch Grundtemperierung, bestehendes Heizsystem, Besucher - Kondenswasserbildung an Fenstern und Gewölbeunterseiten - Verschmutzung der Raumschale - kritische Bauteile (Fenster, Gewölbe) - geringer (normaler?) natürlicher Luftaustausch

4. Berechnungen / Simulationen Ziele / Anforderungen an die Heizung Schaffung eines behaglichen Raumklimas während der kontinuierlichen Nutzung Vermeidung von Staubablagerungen bzw. Staubfahnen Reduzierung des bauphysikalischen Schadenpotentials (Feuchteschäden, wie Kondensation und Schimmel) Senkung der Heizenergie und damit der Heizkosten Formschöne, moderne Heizung

4. Berechnungen / Simulationen Quellenstudium Quelle: Arendt, Raumklima in großen historischen Räumen mittlere Heizleistung: Qm = 19 W/m³ minimale Heizleistung: Qmin = 8 10 W/m³

4. Berechnungen / Simulationen Unsere Ziel ist die zu installierende Heizleistung auf 50-70 kw zu reduzieren: Q = 5-7 W/m³ Können wir das tun? Vorhandene Heizleistung: 50 60 kw (Diplomarbeit Köhler 2008)

4. Berechnungen / Simulationen Q Q F Q W Q L F W L Wärmeverluste durch Fenster Wärme zum Aufheizen der Wände Lüftungswärmebedarf klassische Auslegung einer Heizungsanlage

4. Berechnungen / Simulationen Wärmeverluste durch Fenster 28 kw Fensterfläche U Wert der Fenster Temperaturdifferenz (-10 C außen / 15 C) Wärme zum Aufheizen der Wände 101 kw Außenwandfläche Aufheiztemperaturdifferenz = 0 Wärmeabsorptionskoeffizient der Wände Lüftungswärmebedarf 40 kw Luftwechsel 0.5 h -1 Raumvolumen = 0.2 h SUMME: 169 kw (17 W/m³) SUMME: 68 kw 7 W/m³

4. Berechnungen / Simulationen Gebäudesimulation am Baudenkmal Messung Rechnung Validierung Nutzungsstudie Raumklimamessung Temperaturen Luftfeuchtigkeit CO2 - Konzentration Luftwechsel etc. Materialanalyse Hygrothermische Gebäudesimulation Vergleich der Ergebnisse mit der Messung Anpassung der Eingabeparameter wie: Luftwechsel, thermische Eigenschaften Variantenrechnung durch die Gebäudesimulation

4. Berechnungen / Simulationen Vergleich Messung / Rechnung 100 80 Temp. [ c], rel. Feuchte [%] 60 40 20 Umgebungstemperatur T_Kirche_berechnet rh_kirche_berechnet t_3m rh_3m 0 Die rel. Raumluftfeuchte lässt sich ohne Berücksichtigung der hygrischen Speicherfähigkeit der Umfassungskonstruktion nicht berechnen! -20 2000 2500 3000 3500 4000 4500 5000

4. Berechnungen / Simulationen Berechnung mit Testreferenzjahr 40 30 Umgebungstemperatur T_Kirche_berechnet 20 Temp. [ C] 10 0-10 Ohne Heizung sinken die Temperaturen unter 0 C! -20 0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000

4. Berechnungen / Simulationen Berechnung mit Testreferenzjahr 40 30 Umgebungstemperatur T_Heizung_8 C T_Heizung_11 C T Kirche berechnet 20 Temp. [ C] 10 0-10 -20 0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000

4. Berechnungen / Simulationen Berechnung mit Testreferenzjahr 40 30 Umgebungstemperatur T_Kirche_berechnet T_Kirche_50 kw / Luftwechsel = 0,5 20 Temp. [ C] 10 0-10 -20 0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000

4. Berechnungen / Simulationen Berechnung mit Testreferenzjahr 40 30 Umgebungstemperatur T_Kirche_berechnet T_Kirche_70 kw / Luftwechsel = 0,5 20 Temp. [ C] 10 0-10 -20 0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000

4. Berechnungen / Simulationen Eine Beheizung (Temperierung) der Kirche auf ein geringes Temperaturniveau empfiehlt sich aufgrund der Nutzung und zur Vermeidung von bauphysikalischen Problemen. Durch das Einbringen der Heizwärme nah am Nutzer kann das mittlere Temperaturniveau in der Kirche gesenkt werden. Gewölbedämmung: Reduzierung der Bedarfes um ca. 7 % Eine Heizleistung von 50 70 kw wird für die Temperierung notwendig.

4. Berechnungen / Simulationen Das Problem: Die Ergebnisse von Simulationen wirken sehr überzeugend. Auch wenn sie auf falschen Annahmen beruhen. Quelle: GEO, Heft 05/2012 S.62

5. Heizkonzept / bisherige Umsetzungen 15-30 kw 0? kw 5 kw 15-30 kw 5 kw 0? kw 0 30 kw 5 kw 5 kw 5 kw 5 kw 15? kw? kw 15? kw 15? kw

5. Heizkonzept / bisherige Umsetzungen Chorgestühl

5. Heizkonzept / bisherige Umsetzungen Bankreihen

5. Heizkonzept / bisherige Umsetzungen Nordfenster

6. Aktueller Stand - Grundtemperierung < 8 C - Zugerscheinungen verringert - Behaglichkeitsgefühl wurde verbessert

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! KLOSTER ST. MARIENSTERN Dipl.-Ing. (FH) Thomas Löther www.idk-info.de