KWK im zukünftigen Energiemarktdesign AGFW, 10. KWK-Infotag BERLIN, 29.01.2015
Wer wir sind > Unabhängige Denkfabrik, 18 Experten, Projektdauer: 2012-2017 > Finanziert mit 15 Millionen von Mercator Stiftung & European Climate Foundation (ECF) > Mission: Wie wird die Energiewende zu einer Erfolgsgeschichte? > Methoden: Analysieren, diskutieren, ausarbeiten, vorschlagen 2
KWK IM ZUKÜNFTIGEN ENERGIEMARKTDESIGN Die Energiewende verändert das wirtschaftliche Umfeld der KWK Erneuerbare Stromerzeugung und abnehmender Wärmebedarf als Treiber
VERÄNDERTES WIRTSCHAFTLICHES UMFELD DER KWK Der Wärmemarkt wird im Zuge der Energiewende langfristig schrumpfen > Der Wärmebedarf nimmt ab, EE-Wärme wird wichtiger. Quelle: Endenergiebedarf gemäß Zielszenario Energiereferenzprognose BMWi (Prognos, EWI, GWS; 2014) > Bei den sehr langlebigen Fernwärmenetzen stehen gegenwärtig Verdichtung und Erweiterung von Netzen im Vordergrund, nicht Neubau. 4
VERÄNDERTES WIRTSCHAFTLICHES UMFELD DER KWK Strommarkt: Die Erneuerbaren werden stetig ausgebaut Quelle: Daten 2000-2014: AG Energiebilanzen (2014); Projektion 2015 bis 2025: Zielkorridor gemäß EEG 2014 5
VERÄNDERTES WIRTSCHAFTLICHES UMFELD DER KWK insbesondere Wind und Photovoltaik 450.000 Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien in Deutschland* GWh 400.000 350.000 300.000 250.000 200.000 150.000 100.000 50.000 0 PV Wind onshore Wind offshore Biomasse und Biogas Wasserkraft Andere EE Anteile in % gesamt Wind + PV 2013 24,7% 2020 43% 29% 2030 63% 48% * Zukünftige Werte entsprechend Leitszenario 2022 der Bundesnetzagentur 6
VERÄNDERTES WIRTSCHAFTLICHES UMFELD DER KWK Der Markt für konventionelle Erzeugung wird kleiner 7
VERÄNDERTES WIRTSCHAFTLICHES UMFELD DER KWK in der Residuallast nimmt das Grundlastband ab, die Rampen werden steiler 8
VERÄNDERTES WIRTSCHAFTLICHES UMFELD DER KWK Die Zahl Anzahl der Stunden mit negativen oder Nullpreisen steigt Quelle: Öko-Institut (2014): EEG 3.0 9
VERÄNDERTES WIRTSCHAFTLICHES UMFELD DER KWK das Strompreisniveau ist heute schon niedrig und eine Erholung nicht in Sicht Strom-Großhandelspreise [EUR/MWh] (Jahresfuture) 140 120 100 80 60 ~40% 40 20 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Peakload Baseload Quelle: EEX (2014) 10
VERÄNDERTES WIRTSCHAFTLICHES UMFELD DER KWK Gasgefeuerte Fernwärme-KWK verdient bis auf Weiteres kaum ihre fixen Betriebskosten (1) 11
VERÄNDERTES WIRTSCHAFTLICHES UMFELD DER KWK Gasgefeuerte Fernwärme-KWK verdient bis auf Weiteres kaum ihre fixen Betriebskosten (2) > Umfrage des BDEW (Dezember 2014) unter Mitgliedsunternehmen: Renditen in der Regel nicht auskömmlich, Ausblick negativ 12
VERÄNDERTES WIRTSCHAFTLICHES UMFELD DER KWK Schlechte Aussichten für die KWK? Nicht generell > Ein Teil des gegenwärtigen Wirtschaftlichkeitsproblems trifft fast alle Kraftwerkstypen, nicht nur die KWK. > Das Marktumfeld der KWK (insbesondere Brennstoff- und CO 2 -Preise) kann sich mittel- und langfristig durchaus auch wieder wandeln. > Die KWK lässt sich technisch an die neuen Herausforderungen anpassen: - Vermeidung von must-run durch thermische Speicher - Power-to-Heat-Kapazitäten > Die KWK kann einen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten. > Gasgefeuerte und biogene KWK trägt zur Decarbonsierung bei. 13
KWK IM ZUKÜNFTIGEN ENERGIEMARKTDESIGN Betriebs- und Investitionsentscheidungen im zukünftigen Energiemarktdesign Perspektiven für die zukünftige Rahmenordnung der KWK
BETRIEB & INVEST IM ZUKÜNFTIGEN ENERGIEMARKTDESIGN Eine effiziente Energiewende macht ein neues Marktdesign erforderlich > Die Rahmengesetzgebung der Energiemärkte muss auf die neuen Herausforderungen reagieren: - Mehr Anlagen, mehr Anlagentypen, mehr Akteure, mehr Marktrollen, mehr Volatilität, mehr IT, dichter an Echtzeit, europäischer. - Diese neue Komplexität muss über Preissignale verarbeitet werden. - Für Märkte ist problematisch, wenn die Politik häufig und nicht antizipierbar in Preissignale eingreift (regulatorische Risiken). - Deshalb ist ein verlässliches Energiemarktdesign erforderlich, das einen effizienten Transformationsprozess anreizt. - Es muss Strom, Wärme und perspektivisch Mobilität umfassen! 15
BETRIEB & INVEST IM ZUKÜNFTIGEN ENERGIEMARKTDESIGN Mögliche Eckpunkte für ein neues Strommarktdesign Kapazitäts- und Flexibilitäts-Markt** SDL-Märkte* Regenerativ- (Kapazitäts-) Markt** Erzeugungssegment des Stromsystems Infrastruktursegment des Stromsystems Nachfragesegment des Stromsystems ** Finanzierungssegmente Energy-only- Markt* Infrastruktur- Regulierung Marktsegmente (nach Primärfunktion): * Koordinationssegmente Quelle: Öko-Institut 2014 16
BETRIEB & INVEST IM ZUKÜNFTIGEN ENERGIEMARKTDESIGN Herausforderungen auf dem Weg zu einem Marktdesign für die Energiewende > Abbau von Hindernissen für effizienten Ressourceneinsatz: - An den Sektorgrenzen zwischen Strom und Wärme (sowie Mobilität) herrschen unterschiedliche Besteuerungen und Umlagenbelastungen, die dazu führen, dass die besten Lösungen oft nicht die wirtschaftlichsten sind (z.b. Power-to-Heat). - Ähnliches gilt innerhalb des Strommarktdesigns durch eine Vielzahl von Verzerrungen durch Umlagen, Förderregimes und Ausnahmen. > Beides hat erhebliche Auswirkungen auf Investitionen in KWK- Anlagen und deren Betrieb. 17
BETRIEB & INVEST IM ZUKÜNFTIGEN ENERGIEMARKTDESIGN Verzerrung der Investitionen in KWK-Anlagen: Das Selbstverbrauchsprivileg (Quelle: LBD-Darstellung in Anlehnung an Prognos 2014) 18
BETRIEB & INVEST IM ZUKÜNFTIGEN ENERGIEMARKTDESIGN Verzerrung der Investitionen in KWK-Anlagen: Vermiedene Netznutzungsentgelte > Durch die Ausschüttung vermiedener Netznutzungsentgelte wird KWK jährlich mit einem unbekannten dreistelligen Millionenbetrag gefördert, obwohl die Begründung dieses Instruments gegenstandslos geworden ist: Die Einführung des Konzepts der vermiedenen Netzentgelte nach 18 StromNEV fußt auf zwei Annahmen: 1. Die Möglichkeit einer Vermeidung von Netzausbau durch die dezentrale Einspeisung von Strom. 2. Eine durchgängige Stromflussrichtung von vor- zu nachgelagerten Netzebenen. Beide zentrale Annahmen sind nicht länger erfüllt. (BNetzA-Erfahrungsbericht Anreizregulierung 2014) 19
BETRIEB & INVEST IM ZUKÜNFTIGEN ENERGIEMARKTDESIGN Verzerrung der Investitionen in KWK-Anlagen: KWK-Förderung als Kapazitätsinstrument > Die bestehende KWK-G-Förderung lässt sich als auf die KWK- Technologie fixierter Kapazitätsmechanismus interpretieren. > Die Marktdesign-Diskussionen der vergangenen Jahre zeigen aber, dass sich das Kapazitätsthema auf diese Weise nicht befriedigend lösen lässt, da u.a. folgende Fragen zu beantworten sind: - Welches Versorgungssicherheitsniveau soll erreicht werden? - Wie soll der Kapazitätsbedarf festgestellt werden (zentral/dezentral)? - Wie gelingt die Einbindung der Nachfrageseite? - Wie lässt sich der Flexibilitätsbedarf decken? - Welche Kosten entstehen? 20
BETRIEB & INVEST IM ZUKÜNFTIGEN ENERGIEMARKTDESIGN Verzerrung des Dispatchs von KWK-Anlagen durch kwh-förderung und Selbstverbrauchsprivileg Idealtypische Anreizsituation für ein 300 kw BHKW (unter Berücksichtigung der Wärmeerlöse) (leistungsgewichteter Fördersatz) Quelle: EEX, LBD-Analyse 21
BETRIEB & INVEST IM ZUKÜNFTIGEN ENERGIEMARKTDESIGN Die KWK in einem idealen Energiewende-Marktdesign > Refinanzierung von KWK-Investitionen durch - Erlöse am (weitgehend unverzerrten) Strommarkt - Erlöse am (weitgehend unverzerrten) Wärmemarkt - Ggf. Erlöse an einem Kapazitätsmarkt - Höhere Effizienz schlägt sich in eingesparten Brennstoffkosten und eingesparten CO 2 -Zertifikaten nieder. > Realistisch betrachtet ist dieses Redesign ein Langfristprojekt, EEG- Novelle und Grün-/Weißbuchprozess nur ein erster Schritt. > Die Herausforderung im Bereich der KWK heute besteht in gezieltem Bestandserhalt und im Abbau von Inflexibilität. 22
KWK IM ZUKÜNFTIGEN ENERGIEMARKTDESIGN Transformation begleiten: Weiterentwicklung der KWK-Förderung Ausblick auf die Novelle des KWK-G
KWK-G NOVELLE: TRANSFORMATION BEGLEITEN KWK-Ausbauziele und Förderkosten: Die Politik muss entscheiden > Das KWK-Ziel liegt bei 25% Stromerzeugung im Jahr 2020. > Dafür ist ein gegenwärtig auf maximal 750 Millionen Euro p.a. begrenztes Fördervolumen vorgesehen. > Aus heutiger Sicht sind diese beiden Ziele nicht gleichzeitig erfüllbar: Überschlägig betrachtet wäre für eine Erreichung des KWK-Ziels eine zusätzliche KWK-Stromerzeugung von etwa 50 TWh notwendig. Der bestehende Deckel im KWKG müsste stark angehoben werden. [Es] ergibt sich als Orientierungswert im Jahr 2020 ein zusätzliches Fördervolumen von 2 bis 3 Milliarden Euro. (Prognos 2014) > Bestandsschutz für Gas-Fernwärme-KWK ist bei Beibehaltung des KWK-Deckels realistisch. 24
KWK-G NOVELLE: TRANSFORMATION BEGLEITEN Unter der Prämisse knapper Fördermittel ist Prioritätensetzung erforderlich (1) Folgende Thesen müssen sorgfältig geprüft werden: > Wirtschaftlichkeitsprobleme liegen insbesondere im Bereich der CO 2 - armen Wärme- und Stromerzeugung mittels Gas-Fernwärme-KWK (Weiterbetrieb, Ersatzinvestitionen). Die Konsolidierung des Kraftwerksparks sollte nicht ausgerechnet zu Lasten der klimaschonendsten Anlagen gehen. > Kohlegefeuerte KWK hat weniger, teilweise keine Wirtschaftlichkeitsprobleme, hier scheint Förderung überflüssig. > KWK mit Selbstverbrauchsmöglichkeit wird durch das Selbstverbrauchsprivileg implizit gefördert. Dies könnte auf die KWK- Förderung angerechnet werden (Kürzung, Abschaffung). 25
KWK-G NOVELLE: TRANSFORMATION BEGLEITEN Unter der Prämisse knapper Fördermittel ist Prioritätensetzung erforderlich (2) Folgende Thesen müssen sorgfältig geprüft werden: > Technische Flexibilität von Fernwärme-KWK wird im Zuge der Energiewende wichtiger und sollte deshalb weiter gefördert bzw. zur Fördervoraussetzung gemacht werden. > Anreize für ineffizienten Dispatch sollten gemindert werden, indem in Zeiten negativer Strompreise keine KWK-Förderung gezahlt wird. > Regulatorische Hemmnisse für Power-to-Heat in KWK-Anlagen sollten gemindert werden (EEG-Umlagenbefreiung). > Transparenz bezüglich vermiedener Netznutzungsentgelte sollte geschaffen werden, der Einstieg in ihre Abschaffung erfolgen. 26
KWK IM ZUKÜNFTIGEN ENERGIEMARKTDESIGN Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. Thies Clausen Projektleiter Agora Energiewende Rosenstraße 2 10178 Berlin Alle Informationen auch zum Download unter www.agora-energiewende.de T +49 (0)30 28 44 901-26 M +49 (0)151 72 63 64 19 thies.clausen@agora-energiewende.de www.agora-energiewende.de Kommentare sind herzlich willkommen: thies.clausen@agora-energiewende.de 27