Fragen zur Entwicklung der Rentenhöhe in Deutschland und der Nettoersatzquote im europäischen Vergleich

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Transkript:

Fragen zur Entwicklung der Rentenhöhe in Deutschland und der Nettoersatzquote im europäischen Vergleich 2017 Deutscher Bundestag

Seite 2 Fragen zur Entwicklung der Rentenhöhe in Deutschland und der Nettoersatzquote im europäischen Vergleich Aktenzeichen: Abschluss der Arbeit: 24. Februar 2017 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen.

Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Monatsbetrag einer rechtzeitig in Anspruch genommenen Altersrente 4 2. Auf der Standardrente beruhendes Sicherungsniveau 5 3. Entwicklung bis zum Jahr 2030 5 4. Höhe der tatsächlich gezahlten Renten nicht aussagekräftig 6 5. Die Rentenhöhe im europäischen Vergleich 7

Seite 4 1. Monatsbetrag einer rechtzeitig in Anspruch genommenen Altersrente Die Höhe einer Rente richtet sich gemäß 63 ff. des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen. Das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen wird in Entgeltpunkte umgerechnet. Die Versicherung eines Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens in Höhe des Durchschnittsentgelts eines Kalenderjahres (Anlage 1) ergibt einen vollen Entgeltpunkt. Der Durchschnittsverdienst beträgt für das Jahr 2016 vorläufig 36.267 Euro (West) bzw. rechnerisch 31.594,22 Euro (Ost). 1 Der Monatsbetrag einer rechtzeitig in Anspruch genommenen Altersrente ergibt sich, indem die Summe der für die einzelnen Kalenderjahre ermittelten Entgeltpunkte mit dem aktuellen Rentenwert vervielfältigt wird. Der aktuelle Rentenwert wird entsprechend der Entwicklung des Durchschnittsentgelts unter Berücksichtigung der Veränderung des Beitragssatzes zur allgemeinen Rentenversicherung jährlich angepasst und beträgt vom 1. Juli 2016 bis 30. Juni 2017 für in Westdeutschland zurückgelegte Beitragszeiten 30,45 Euro und für in Ostdeutschland zurückgelegte Beitragszeiten 28,66 Euro. 2 Die folgende Abbildung zeigt die Entwicklung der Durchschnittsentgelte in Westdeutschland seit 1970: 35.000 Durchschnittsentgelte der Anlage 1 SGB VI in Euro 30.000 25.000 20.000 15.000 10.000 5.000 1970 1975 1977 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 Für einen Entgeltpunkt war beispielsweise im Jahr 1980 ein versichertes Bruttoarbeitsentgelt von 29.485 DM (umgerechnet 15.075,44 Euro) erforderlich. Die rechtzeitig in Anspruch genommene 1 Vgl. Anlagen 1 und 10 SGB VI. 2 1 der Rentenwertbestimmungsverordnung 2016 (RWBestV 2016) i.v.m. 65 und 68 SGB VI.

Seite 5 monatliche Altersrente hieraus beträgt aktuell 30,45 Euro. Wer die Hälfte verdient hat, erhält 0,5 Entgeltpunkte und daraus 15,23 Euro Rente. Bei einem Verdienst in Höhe des eineinhalbfachen Durchschnittsverdienstes werden der Rentenberechnung 1,5 Entgeltpunkte zugrunde gelegt, aus denen sich eine Rente von 45,68 Euro ergibt. Die Berechnung der Entgeltpunkte wird auf vier Dezimalstellen durchgeführt. 2. Auf der Standardrente beruhendes Sicherungsniveau 3 Im deutschen Rentenrecht ist für die Höhe der Renten ein bestimmtes Mindestsicherungsniveau festgelegt, das auf der sogenannten Eck- oder Standardrente beruht. 4 Dieser liegt eine Beitragszahlung zur gesetzlichen Rentenversicherung für 45 Jahre aufgrund eines durchschnittlichen Verdienstes zugrunde. Die Standardrente beträgt ab 1. Juli 2016 in Westdeutschland brutto 45 x 30,45 Euro = 1.370,25 Euro und in Ostdeutschland 45 x 28,66 Euro = 1.289,70 Euro. Seit dem Jahr 2005 wird als Sicherungsniveau der Verhältniswert aus der verfügbaren Standardrente und dem verfügbaren Durchschnittsentgelt bezeichnet. Verfügbare Standardrente ist die ohne Berücksichtigung der auf sie entfallenden Steuern um den allgemeinen Beitragsanteil zur Krankenversicherung und den Beitrag zur Pflegeversicherung geminderte Standardrente. Verfügbares Durchschnittsentgelt ist das Durchschnittsentgelt ohne Berücksichtigung der darauf entfallenden Steuern, gemindert um den durchschnittlich zu entrichtenden Arbeitnehmersozialbeitrag einschließlich des durchschnittlichen Aufwands zur zusätzlichen Altersvorsorge. Das Sicherungsniveau vor Steuern betrug im Jahr 2015 nach vorläufiger Berechnung 47,7 vom Hundert. 5 Bis zum Jahr 2020 soll es nicht unter 46 und bis zum Jahr 2030 nicht unter 43 vom Hundert sinken. 3. Entwicklung bis zum Jahr 2030 Die Bundesregierung erstellt gemäß 154 Abs. 1 SGB VI jährlich einen Rentenversicherungsbericht. Der Bericht enthält unter anderem Modellrechnungen zur Entwicklung von Einnahmen und Ausgaben in den künftigen 15 Kalenderjahren. Die Entwicklung der Durchschnittsentgelte der Versicherten, der aktuellen Rentenwerte und der Standardrenten in der allgemeinen Rentenversicherung bis 2030 in Westdeutschland wird vom 3 Zum Rentenniveau in Deutschland vgl. Deutscher Bundestag, Aktueller Begriff vom 24. Oktober 2012 Rentenniveau als Sicherungsziel in der Alterssicherung Abrufbar im Internet unter https://www.bundestag.de/blob/192658/f4d0537b93933fb165e39f4059d50fae/rentenniveau-data.pdf, zuletzt abgerufen am 23. Februar 2017. 4 154 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB VI. 5 Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.), Rentenversicherung in Zeitreihen, Oktober 2015, S. 258.

Seite 6 Bundesministerium für Arbeit und Soziales im aktuellen Rentenversicherungsbericht in der mittleren Lohnvariante wie folgt eingeschätzt: 6 Jahr Durchschnittliche Bruttoarbeitsentgelte in Euro Aktuelle Rentenwerte in Euro Standardrente 7 in Euro 2018 38.008 31,83 1.432,35 2019 39.110 32,64 1.468,80 2020 40.244 33,54 1.509,30 2021 41.411 34,50 1.552,50 2022 42.653 35,33 1.589,85 2023 43.933 36,08 1.623,60 2024 45.251 36,51 1.642,95 2025 46.609 37,28 1.677,60 2026 48.007 38,08 1.713,60 2027 49.447 38,76 1.744,20 2028 50.930 39,49 1.777,05 2029 52.458 40,31 1.813,95 2030 54.032 40,98 1.844,10 4. Höhe der tatsächlich gezahlten Renten nicht aussagekräftig Der tatsächlich gezahlte durchschnittliche monatliche Rentenzahlbetrag der Altersrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung betrug laut der Rentenbestandsstatistik 2015 in Westdeutschland 785,07 Euro und in Ostdeutschland 964,26 Euro. 8 Diese oder ähnliche in den Medien häufig verbreiteten Beträge sind jedoch nur wenig aussagekräftig, da bei der Berechnung des Durchschnittswerts die Dauer der Beitragszahlung unberücksichtigt bleibt. Auch ist die Höhe der auf Teilzeitbeschäftigungen mit entsprechend geringeren Beitragszahlungen entfallenden Rentenleistungen nicht bekannt. Aus der tatsächlich gezahlten durchschnittlichen Rente können zudem keine Rückschlüsse auf die Einkommenssituation der älteren Generation gezogen werden. Hintergrund hierfür ist, dass sich die Höhe der Renten von geringen Beträgen von wenigen Euro bis zu hohen Renten über 6 Bundestags-Drucksache 18/10570, S. 37. 7 Standardrente = jeweiliger aktueller Rentenwert vervielfältigt mit 45. 8 Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Die Rentenbestände in der gesetzlichen Rentenversicherung in der Bundesrepublik Deutschland, Stand 1. Juli 2015, S. 21 und 131. Abrufbar im Internet unter http://www.bmas.de/shareddocs/downloads/de/pdf-publikationen/rentenbestandsstatistik-2015.pdf;jsessionid=0994979576cf369bf0236ff54ede3697? blob=publicationfile&v=2, zuletzt abgerufen am 22. Februar 2017.

Seite 7 2.000 Euro im Monat verteilt. Den Kleinstrenten liegen meist nur kurze Beitragszeiten zur gesetzlichen Rentenversicherung zugrunde, zum Beispiel wenn durch einen Wechsel des Berufs ein Übergang von der gesetzlichen Rentenversicherung in die Beamtenversorgung bzw. andere Alterssicherungssysteme erfolgt ist oder eine nicht versicherte selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt wurde. Eine niedrige Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sagt dementsprechend wenig über das Gesamteinkommen im Alter aus. Auch weichen die Rentenhöhen neben den Unterschieden in Ost und West auch für Männer und Frauen im Durchschnitt stark voneinander ab. Gleiches gilt für den aus den gezahlten Renten nach Häufigkeit gewichteten Mittelwert als Median-Rente, der in der Statistik der Deutschen Rentenversicherung nicht bestimmt wird. Aussagekräftiger als der errechnete durchschnittliche Rentenzahlbetrag ist die in der Statistik der Deutschen Rentenversicherung ausgewiesene Verteilung der tatsächlich gezahlten Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Altersrenten nach Anzahl der Versicherungsjahre sowie nach der Höhe des Rentenzahlbetrages. Aus den sich daraus ergebenden Rentenzahlbetragsklassen kann der am häufigsten gezahlte Rentenzahlbetrag entnommen werden. Danach erhalten die meisten Männer in Westdeutschland eine monatliche Altersrente zwischen 1.250 und 1.300 Euro und in Ostdeutschland zwischen 1.000 und 1.100 Euro. An westdeutsche Frauen werden am häufigsten Altersrenten zwischen 200 und 300 Euro gezahlt, während ostdeutsche Frauen am häufigsten Altersrenten zwischen 800 und 850 Euro erhalten. 9 5. Die Rentenhöhe im europäischen Vergleich Die Soziale Sicherung ist geprägt von der jeweiligen kulturellen Tradition, der wirtschaftlichen und der historisch-politischen Entwicklung eines Landes. So weichen die Sicherungssysteme insbesondere hinsichtlich des einbezogenen Personenkreises und des angestrebten Sicherungsziels mehr oder weniger stark voneinander ab. 10 In den meisten entwickelten Ländern haben sich seit der Industrialisierung differenzierte Alterssicherungssysteme gebildet, die auf drei Säulen beruhen: So erfolgt die finanzielle Absicherung der älteren Generation über diverse historisch gewachsene öffentlich-rechtliche Pflichtsysteme sowie die betriebliche und private Altersvorsorge. Den drei Säulen der Alterssicherung kommt in den einzelnen Ländern häufig eine unterschiedliche Bedeutung zu. Auch innerhalb einer Säule variiert die Gewichtung einzelner Subsysteme. In Deutschland stellt die gesetzliche Rentenversicherung das mit Abstand wichtigste Einzelelement in der Alterssicherung dar. Einem direkten Vergleich zwischen ausländischen Alterssicherungssystemen mit der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland steht beispielsweise entgegen, dass die gesetzliche Ren- 9 Vgl. Fn. 3, S. 79-81 und 189-191. 10 Zur Problematik des Vergleichs sozialer Sicherungssysteme vgl. Schmidt, Josef: Wohlfahrtsstaaten im Vergleich: Soziale Sicherung in Europa: Organisation, Finanzierung, Leistungen und Probleme; [Forschungsprojekt zum Thema "Stand, Perspektiven und Probleme der Finanzierung von Sozialen Sicherungssystemen in anderen EG- Ländern in Komparativer Perspektive"], 3., aktualisierte und erw. Aufl. 2010, VS-Verl., Wiesbaden S. 99 und Bäcker, Gerhard u.a.: Sozialpolitik und soziale Lage in Deutschland, Band 2: Gesundheit, Familie, Alter und Soziale Dienste. 5., durchgesehene Auflage 2010, VS Verl. Wiesbaden, S. 396 ff.

Seite 8 tenversicherung in Deutschland zwar das wichtigste, jedoch nicht das einzige Alterssicherungssystem darstellt. Beamte, Landwirte, Mitglieder berufsständischer Versorgungswerke und die meisten Selbständigen werden von der Rentenversicherungspflicht nicht erfasst. 11 Gleiches gilt für Erwerbseinkommen über der Beitragsbemessungsgrenze von zurzeit monatlich 6.350 Euro in Westdeutschland und 5.700 Euro in Ostdeutschland. Eine über die gesetzliche Rentenversicherung hinausgehende, auch die anderen gesetzlichen Alterssicherungen einbeziehende Betrachtung erfolgt zumindest in Deutschland mit der im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales durchgeführten regelmäßigen Befragung Alterssicherung in Deutschland (ASID). 12 Ob mit der ASID-Befragung vergleichbare Untersuchungen im europäischen Ausland vorliegen ist nicht bekannt. Einem Vergleich der tatsächlich gezahlten durchschnittlichen Rentenbeträge steht auch entgegen, dass im Gegensatz zu anderen Ländern die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland keine Mindestrenten kennt. Daher senken aufgrund nur kurzer Versicherungszeiten niedrige Renten den Durchschnittswert in Deutschland erheblich. Anstelle der Mindestrente besteht außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung gegebenenfalls Anspruch auf Leistungen zur Grundsicherung im Alter. Insoweit divergieren die angestrebten Sicherungsziele zwischen Existenzsicherung und Lebensstandardsicherung in den einzelnen Ländern erheblich. Auf Initiative der Europäischen Kommission wurde mit dem gegenseitigen Informationssystem zur sozialen Sicherheit (MISSOC) eine Datenbank eingerichtet, die eine Vergleichbarkeit der Alterssicherungssysteme in den Staaten der Europäischen Union ermöglichen soll. 13 Einer kurzen, überblicksmäßigen Darstellung steht dabei jedoch die Fülle der komplizierten Regelungen entgegen. Auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales weist auf der Internetseite zum Sozialkompass Europa - der sich auf MISSOC bezieht - darauf hin, dass ein exakter Vergleich der einzelnen Systeme schwierig sei, da es kein für alle EU-Länder einheitliches Raster gibt, auch wenn die Struktur der Datenbank dies bisweilen suggerieren mag. Tatsächlich sind nämlich einzelne Risiken oder Leistungsfelder in den Mitgliedstaaten zum Teil ganz unterschiedlichen Zweigen der sozialen Sicherung zugeordnet. 14 Von besonderer Bedeutung für einen Vergleich der Alterssicherungssysteme auf internationaler Ebene dürften die Rentenhöhe und das Rentenniveau sein. Hierzu kann jedoch nicht auf die 11 Einen Überblick über die Alterssicherung für verschiedene Gruppen von Erwerbstätigen in Deutschland enthält u.a.: Viebrok, Holger und Himmelreicher, Ralf K. (2001): Verteilungspolitische Aspekte vermehrter privater Altersvorsorge, ZeS-Arbeitspapier 17/2001, S. 22. 12 Vgl. Internetseite http://www.alterssicherung-in-deutschland.de/, zuletzt abgerufen am 23. Februar 2017. 13 Abrufbar im Internet unter http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catid=815&langid=de, zuletzt abgerufen am 23. Februar 2017. 14 Vgl. http://www.sozialkompass.eu, zuletzt abgerufen am 23. Februar 2017.

Seite 9 Höhe der tatsächlich aus der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlten Durchschnittsrente zurückgegriffen werden, da diese, wie bereits erwähnt, wenig aussagekräftig ist. Mit der Standardrente und dem Sicherungsniveau vor Steuern vergleichbare Größen existieren in ausländischen Alterssicherungssystemen nicht, so dass ein direkter Vergleich nicht in Betracht kommen kann. Der OECD-Bericht vom Dezember 2015 Pensions at a glance enthält unter anderem Angaben über die Nettoersatzrate, die einen Vergleich zwischen dem Verhältnis des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes und der Rentenhöhe auf internationaler Ebene ermöglichen soll. 15 Der Durchschnittswert aller 34 OECD-Staaten beträgt für männliche Durchschnittsverdiener 63,0 %. Für die zu den EU-15 gehörenden Mitgliedstaaten der Europäischen Union liegen folgende Angaben zur Nettoersatzrate vor: 16 Nettoersatzrate für Durchschnittsverdiener in % Belgien Dänemark Deutschland Finnland Frankreich Griechenland Italien Irland Luxemburg Niederlande Österreich Portugal Schweden Spanien Vereinigtes Königreich 61,5 71,1 50,0 63,5 67,7 54,1 79,7 42,2 88,6 95,7 91,6 89,5 55,8 89,5 28,5 Auch aus den stark voneinander abweichenden Werten des OECD-Berichts lässt sich schließen, dass der Vergleich der Sicherungsniveaus wegen der großen Unterschiede der Alterssicherungssysteme nur wenig aussagekräftig ist. *** 15 OECD (2015), Pensions at a Glance 2015: Retirement-income Systems in OECD and G20 Countries, OECD Publishing, Abrufbar im Internet unter http://www.oecd-ilibrary.org/social-issues-migration-health/pensions-at-aglance-2015_pension_glance-2015-en, zuletzt abgerufen am 23. Februar 2017. 16 Abrufbar im Internet unter http://www.oecd-ilibrary.org/social-issues-migration-health/pensions-at-a-glance- 2015_pension_glance-2015-en, zuletzt abgerufen am 23. Februar 2017.