Tragbare Tonbandlegende

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20 T E C H N I K ANALOG 1/2010 Tragbare Tonbandlegende Geschichte und Technik der Nagra-Tonbandgeräte Als Stefan Kudelski Anfang der 50er Jahre sein portables Tonbandgerät Nagra entwickelte, waren professionelle Tonbandgeräte meist nur in Truhenform zu haben und zudem enorm schwer. Kudelskis Nagra revolutionierte die analoge Aufnahmetechnik und setzte in Radio, Film und Fernsehen wichtige Impulse.

ANALOG 1/2010 T E C H N I K 21 21 Die Schweizer sind uns nicht nur bekannt durch bestimmte Hustenbonbons und hervorragende mechanische Uhren, sondern auch durch ihr weltweit bekanntes Schweizer Messer, bei dem alles, was man an Werkzeugen unterwegs braucht, sehr praktisch und griffbereit in der Hand liegt. Ob Pinzette, Kombizange oder Schraubendreher gewünscht werden ein Griff in die Tasche, eine Klappbewegung und schon kann man das kompakte und vielfältige Werkzeug entsprechend benutzen. Vielleicht dachte der 1929 in Warschau geborene und später in die Schweiz übersiedelte Stefan Kudelski Anfang der 50er Jahre bei der Entwicklung der kompakten Nagra-Tonbandgeräte an eben dieses Taschenmesser, zu einer Zeit, in der Aufnahmeanlagen groß und aufgrund ihres Gewichts zumeist nur in Truhenform im Studio standen. Die Geschichte der Firma Kudelski ist eng verknüpft mit eben jenen auf der ganzen Welt bekannten Nagra-Aufnahmegeräten. Nagra leitet sich vom Polnischen ab und bedeutet übersetzt so viel wie er/sie/es nimmt auf. Durch die spezielle Konstruktion dieser von Kudelski gebauten Tonband-Geräte wurde die Miniaturisierung und mit ihr die Autonomie und Bewegungsfreiheit für die Tonaufnahme on location eingeführt. Da diese kompakten Maschinen zudem beispielhafte Tonqualität lieferten und extrem robust waren, wurden sie im Mediengeschäft wie eine wahre Revolution aufgenommen: Bei Radio, Fernsehen und der Filmindustrie hielten sie in kurzer Zeit Einzug, aber auch die Geheimdienste aus der ganzen Welt machten von ihnen regen Gebrauch. Für diesen Zweck fertigte Kudelski spezielle, sehr kleine Geräte, etwa doppelt so groß, wie ein heutiger ipod. Aufgrund der hervorragenden Qualität vertrauen auch heute noch Radioreporter und Tonjäger ihrem Nagra-Aufnahmegerät, das sie am Tragegurt bis in die letzten Winkel der Erde mitführen. Der Toningenieur mit seiner Nagra am Set gehörte schnell zum alltäglichen Bild beim Film und so wurde er bald auch gern als der mit dem Bauchladen bezeichnet, denn so ähnlich sieht es aus und fühlt es sich an, wenn circa sieben Kilogramm Tonstudio um den Hals und zur besseren Bedienung - vor dem Bauch am breiten Riemen hängen. Der Vorteil dieses Bauchladens : Der Tonmann muss nur einen Schalter drehen und sofort hat er eine perfekte Stereo-Ton-Aufnahme im Kasten. Komplett in einem Gehäuse von der Größe einer Aktentasche befindet sich ein kleines analoges Tonbandgerät mit Akku- oder Batteriebetrieb, der Speisemöglichkeit für alle gängigen Kondensatormikrofone und einem kleinen Kontroll-Lautsprecher. Sogar eine Einmessung auf verschiedene Bandsorten vor Ort ist möglich. Ein eingebauter Messgenerator und das Messinstrument stehen dafür zur Verfügung. Mit einem genormten Typ von Mikrofon (Brüel&Kjaer) kann man das Gerät auch als Schallpegelmesser verwenden. Auf diese Weise wurde die Nagra in der Wissenschaft und Forschung zum Messdatenrecorder. Uhrwerksmotor mit Fliehkraftregelung: Nagra I Mit angesetztem Aussteuerungsmesser: Nagra II Kam 1958 auf den Markt: Nagra III

22 T E C H N I K ANALOG 1/2010 Noch ohne Band: Links und rechts sind die Abgleichpunkte für die verschiedenen Geschwindigkeiten zu erkennen Mit eingelegtem Band: Die Bandführung ist geschlossen. Das Band wird zwischen Rubinen geführt Handarbeit: der Daumen als Pausenoder Editiertaste Relativ übersichtlich: Blick in die Nagra-Elektronik Die ersten Geräte der legendären Reihe wurden von Stephan Kudelski im schweizerischen Cheseaux in den 50er Jahren gebaut. Die ersten beiden Nagra I + II besaßen für den Bandtransport Uhrwerksmotoren mit Fliehkraftregelung, wie sie für den Antrieb von Grammophonen bekannt sind. Sie verfügten über eine Kurbel zum Aufziehen und ihre Aufnahme- und Wiedergabeelektronik war mit Miniaturröhren bestückt. Bei der Nagra II ist links erstmals ein Aussteuerungsinstrument angesetzt. Dies erlaubte neben der Anzeige des Pegels auch bereits eine Kontrolle des Ladezustands der eingesetzten (Heiz-) Batterien. Wegweisend für alle weiteren Generationen, ist hier schon die Funktion der Drehschalter zu erkennen: Lautstärke Aufnahme/Wiedergabe Start/Stopp. Im Jahre 1958 kam Nagra III auf den Markt. Es war das erste tragbare Studio- Tonbandgerät mit elektrischem Motor und vollständiger Germanium-Transistor-Bestückung. Vertrieben wurde es in Deutschland anfangs von der Firma Telefunken in Konstanz, Fachbereich technisches Magnetophon. Hier kamen auch die schweren Studiogeräte der M-Serie her. Bei diesem Recorder wurde dem eingebauten Aussteuerungsmesser schon eine spezielle Anzeige-Ballistik gegeben: Trotz träger Zeigerfunktion konnte es bereits Pegelspitzen im Audiosignal recht genau anzeigen. Nagra nennt dieses Instrument bis heute Modulometer. Eine Besonderheit der Nagras war und ist der sehr gut schließende, mit Gummidichtung versehene Deckel. Er bedeutete eine zusätzliche Schallabschirmung von gerätinternen Laufgeräuschen nach außen - was beim Film sehr wichtig ist - und ermöglichte es, den Recorder am Tragegurt oder in der Ledertasche über die Schulter zu hängen und so im Freien, quasi in jeder Lage, zu betreiben. Die Spulen waren vor versehentlichem Berühren geschützt und auch Spritzwasser konnte die Aufnahmequalität nicht beeinflussen. Gleichzeitig erlaubte die vollkommene Transparenz des Deckels einen schnellen Blick auf das gesamte Laufwerk. Ich weiß aus Erfahrung, wie beruhigend es ist, die sich drehenden Spulen zu sehen, mit Hinterbandkontrolle zu hören, was aufgenommen wurde und gleichzeitig überprüfen zu können, ob noch genügend Bandreserve auf der linken Spule ist. 1968 schließlich wurde die Nagra IV gebaut. Es war zunächst ein Mono-Gerät, enthielt als erstes die besonders stromsparenden Siliziumtransistoren und konnte mit einer Batterieladung bereits einen ganzen Produktionstag, zwölf bis 16 Stunden, im Aufnahmebetrieb durchlaufen. Dem Tonmann wurde so ein großer Teil der Angst vor leeren Batterien genommen. Typisch für alle tragbaren analogen Nagra ist die Verwendung von 13-Zentimeter-Tonbandspulen für den Betrieb bei geschlossenem Deckel. Bei einer Geschwindigkeit von 19 Zentimetern pro Sekunde reicht das Band auf einer Spule für etwa 20 Minuten Aufnahme. Das entspricht auch etwa der Aufnahmekapazität einer 16-Millimeter- Filmkassette mit 200 Metern Film. Der 16-Millimeter-Film lief übrigens auch mit 19,05 Zentimetern pro Sekunde bei einer Anzahl von 25 Bildern pro Sekunde. Dies erleichterte später dem Cutter/den Cuttern das Anlegen des Tons auf dem Schneidetisch. Bei geöffnetem Deckel schließlich war es möglich, das Nagra-Gerät auch mit 18er Spulen zu betreiben. Kudelski war mit Nagra in der Schweiz aber nicht allein. Im kleinen Ort Hauterive baute der Ingenieur Georges Quellet ein vergleichbares Gerät, aber noch kleiner als die Nagra. Seine Firma Stellavox wurde 1955 gegründet und betrieb bis zur endgültigen Auflösung 1988 hauptsächlich die Entwicklung und Produktion von tragbaren Tonbandgeräten. Ein bekanntes Produkt aus dem Hause Stellavox ist die SP-7, ein Reportage-Tonbandgerät, das tatsächlich deutlich kompakter als eine Nagra geriet und respektable 2000 Mal gebaut wurde. Bereits 1964 musste Stellavox an die Firma des Konkurrenten Kudelski verkauft werden. Eine Nachfolgefi rma bietet heute

ANALOG 1/2010 T E C H N I K 23 23 noch Ersatzteile und Service für viele Stellavox-Modelle an. Es gibt auch noch eine Firma mit dem Namen Stellavox in der Schweiz, sie arbeitet mit dem selben Logo wie die ehemalige Firma, stellt jedoch keine Aufzeichnungsgeräte her, sondern Endstufen, Analog-Digital- Wandler und Passive Lautstärkeregelungen für den Studiobedarf. Doch zurück zur Nagra IV, der wir uns nun im Besonderen widmen möchten. Die IV-S, so die kurze Bezeichnung für Insider, ist das letzte analoge tragbare Stereo-Bandgerät mit Studio-Qualitäten, konzipiert für den rauhen Außeneinsatz hauptsächlich bei Film und Fernsehen. Die Geburtsstunde dieses Klassikers war im Jahre 1971. Bei der Konstruktion des autark sprich von jeglicher Steckdose meilenweit entfernt arbeitenden Gerätes, war es den Entwicklern besonders wichtig, eine eingebaute Stromversorgung zu schaffen, bei der nicht ständig der Blick auf das Messgerät für den Ladezustand fallen muss. Hier geht Nagra seit jeher einen sehr konsequenten Weg: Zwölf D-Zellen garantieren, dass man schnell vergessen kann, dass die Maschine mit Batterien oder Akkus läuft. So habe ich die Nagra schon einmal im Studio von morgens bis abends in dem festen Glauben betrieben, das Netzteil sei angeschlossen, um dann beim Abbau festzustellen, dass dem nicht so war. Mit einer kleinen Münze lässt sich der Deckel am Boden bequem öffnen und die Zellen sind sofort zugänglich. Die Federkontakte für diese sind auf einer Seite als Feinsicherungen ausgebildet. Sollten in der Hektik eines Drehtages die Zellen einmal falsch eingesetzt werden, so schützt das die Elektronik der Maschine. Eine externe Stromversorgung lässt sich natürlich auch anschließen: Hier verdaut die Nagra alles: von der 12 Volt-Autobatterie über den 24 Volt LKW-Akku bis zum einfachen Netzgerät mit einer Ausgangs-Spannung bis 30 Volt. Auf der Oberseite der Maschine, zwischen den beiden Spulen, befi n- det sich der Schalter für die Geschwindigkeiten. Die Nagra arbeitet mit 9,5, 19 und 38 Zentimeter pro Sekunde Band- Präzise Markierungen, unverwechselbare Regler und Schalter: Bedienfeld rechts Verschraubbare Kleintuchel- und XLR- Anschlüsse für Mikro, Line und NRS (Geräuschunterdrückung)

24 T E C H N I K ANALOG 1/2010 Eingebaute Stromversorgung: Zwölf D-Zellen im Batteriefach sorgen für ordentlich Power Fast linear: Der Pegelschrieb zeigt den hervorragenden Frequenzgang der Nagra IV-S Speziell für die Geschwindigkeit 19 cm/sec ist die rechte Bandführung als kleine mechanische Uhr ausgebildet Kompakt und solide: Nagra IV-S Laufwerk von unten geschwindigkeit. Links und rechts vom Geschwindigkeitswähler sind jeweils drei Durchbrüche zu erkennen, die, nach Verschieben des kleinen schwarzen Knopfes, Löcher für den Abgleich der Maschine freigeben. Hier kann, nach Einschalten des internen Generators schnell in die Frequenzgänge eingegriffen und der Rauschabstand um bis zu drei Dezibel verbessert werden. Nachteil: Die Aufnahme muss über die gleiche Entzerrung wieder abgespielt werden. Da bei diesem Gerät alles freiliegt, also nichts unter irgendeiner Abdeckung verschwindet, wie bei manch anderen Geräten, ist das Einlegen des Bandes sehr einfach. Der Hebel rechts unten, der für das Abheben der Andruckrolle und der Bandführungen zuständig ist, dient bei Profis gleichzeitig als Halter der teuren Sicherungsschrauben für die Spulen, wenn diese gewechselt werden müssen. Wenn das Band eingelegt ist, die Schrauben die Spulen sichern und der Hebel in seine Ausgangsstellung gebracht ist, kann direkt mit dem Arbeiten begonnen werden. Ein kleiner Schalter, im Bild auf der linken Seite unten, dient zum schnellen Vor- oder Rücklauf. Da das Gerät eigentlich nur zum Aufnehmen und nicht zum Schneiden oder anderweitigem Bearbeiten eines Tonbandes gedacht ist, handelt es sich hier lediglich um eine Behelfslösung. Der Rücklauf ist nur möglich bei geöffnetem Bandtransport, der Vorlauf nur in Stellung Lautsprecher ein mit geschlossenem Bandtransport. Für den Spulvorgang wird die Regelung des Motors einfach abgeschaltet, sodass dieser mit voller Geschwindigkeit dann allerdings abhängig vom Ladezustand der Zellen - läuft. Rechts darüber, zwischen Lösch- und Aufnahmekopf, ist ein kleiner Schlitz-Drehschalter mit der Beschriftung BIAS zu sehen. Hier ist es möglich, im Schnellzugriff nach Gehör auf eine andere Bandsorte einzumessen. Darunter, auf der Band-Beruhigungsrolle, sind verschiedene Stroboskopscheiben zur Geschwindigkeitskontrolle angebracht. In Europa sind es als Bezug 50 Hertz in Amerika 60 Hertz. Von innen nach außen sind die Zähne für 38, 19 und 9,5 Zentimeter pro Sekunde zuständig. Vor dem Wiedergabekopf rechts unten befindet sich die Brummklappe - mit rotem Rand -, die für ein einwandfreies Abspielen hochgeklappt werden sollte. Zwischen A- und W-Kopf ist eine kleine Platte zu sehen. Hier sitzt bei Filmtonmaschinen der Pilotkopf für die Synchronisation zwischen Bandgerät und Filmkamera. Weiter rechts folgen der Capstan und die Andruckrolle. Ein einfaches Editieren des Bandes erfolgt durch Abheben der Rolle mit dem Daumen. Das Gesicht der Nagra bietet einige Dreh- und Kippschalter auf kleinstem Raum, die aber alle für die perfekte Aufnahme notwendig sind. Es fehlt nichts und es gibt nichts Überflüssiges. Links unten befi ndet sich die 6,3 Millimeter- Klinkenbuchse für den Kopfhörer. Direkt darüber der Schalter für die abzuhörenden Kanäle. Der kleine Schraubendreherantrieb dient der einmal einzustellenden Lautstärke. Mit etwas Übung steuert der Toningenieur am Set nach Gehör aus, eine Änderung der Abhörlautstärke im Kopfhörer würde das verfälschen. Die beiden Schauzeichen - so werden die kleinen schwarz-weißen kreuzförmigen Anzeigen genannt - zeigen an, dass die Motordrehzahl stimmt, und informieren über einen eventuell anliegenden Piloten, der wenn angeschlossen von der Filmkamera kommt. Daneben das Modulometer, das zentrale Anzeigegerät für

ANALOG 1/2010 T E C H N I K 25 25 1968 vorgestellt: Nagra IV-L Jahrgang 1969: Nagra-Konkurrentin Stellavox SP-7 Größenvergleich Stellavox SP-7 - Nagra IV-L alle Betriebszustände inklusive des Einmessens der Nagra. Auf der Abbildung bedeutet die Stellung des grünen Zeigers: Der Motor braucht circa 30 Prozent des Gesamtstroms. Die des roten Zeigers deutet an: Die Zellen sind voll. Mit dem LEVEL-Schalter rechts oben lassen sich die anzuzeigenden Betriebsarten einstellen. LEVEL bedeutet die Anzeige der Aussteuerung der beiden Kanäle. Besonders interessant ist die Stellung Dreieck : Hier kann der Tonmeister kontrollieren, ob die beiden Stereokanäle korrelieren, das heißt, die richtige Polung besitzen. Falschpolung eines Kanals würde zu einer Auslöschung bei Monobetrieb führen. Außerdem ist die Ortungsschärfe bei Stereobetrieb nicht mehr gewährleistet. Der grüne Zeiger sollte in dieser Betriebsstellung immer vor dem roten ausschlagen. Rechts unter dem Betriebsartenwahlschalter befindet sich der Knopf für die Filtereinstellungen. Hier kann der Tonmeister zwischen vollen und eingeschränkten Frequenzgängen wählen, um zum Beispiel Windgeräusche zu minimieren. Der kleine Schraubendreherschalter erlaubt die Einstellungen Mono, Stereo und Stereo mit höherer Empfindlichkeit. Darüber befindet sich der Umschalter für die Wahl zwischen Mikrofon oder Line-Eingang. Der Schalter NRS Normal wird nur benötigt, wenn mit einer Rauschunterdrückung (Dolby SR) - ein separates Gerät, welches unter die Nagra geklemmt wird - gearbeitet wird. Die Skalen der Pegelsteller (rot und grün) für die Aufnahme, sind in Dezibel geeicht, wenn, wie oben erwähnt, ein spezielles Mikrofon angeschlossen wird. Zwischen diesen beiden Knöpfen befindet sich auch die Taste für den eingebauten Generator zum Einmessen der Maschine. Dieser wird aber auch gebraucht, um einzelne Takes auf einem Band voneinander zu trennen: Bei Beginn einer Aufnahme wird zwei Mal kurz auf diesen Knopf gedrückt, beim Ende eines Takes ein Mal lang. Wird nun auf dem Schneidetisch im Studio das Band im schnellem Vor- oder Rücklauf rangiert, so hat der Cutter mit diesen kurzen Piepsern ein sicheres Signal für Beginn und Ende der Takes. Ganz rechts findet sich der Schalter für die Steuerung der Maschine. Als nützlich erweist sich hier die Möglichkeit der Aufnahme mit oder ohne Limiter, der, im Falle des Auftretens eines plötzlichen lauten Signals, sehr hilfreich ist. Der Limiter selbst setzt sehr behutsam ein und man hört ihn kaum, wenn normal aufgenommen wird. Zur Wiedergabe des Bandes muss zunächst zurückgespult werden. Danach kann entweder über Kopfhörer oder Lautsprecher abgehört werden. Hierzu wird der Hauptschalter aus der Waagrechten nach links gedreht. Auf der linken Seite des Gerätes befi n- den sich, in Form der verschraubbaren, mehrpoligen Kleintuchelbuchsen, die Anschlüsse für den Line-Ausgang, die extern anzuschließende NRS (Geräuschunterdrückung) und die Line-Eingänge. Weiter rechts sind die beiden XLR- Anschlüsse für die Mikrofone zu sehen. Diese können wahlweise männlich (Schweizer Version der Nagra, auf dem Bild erkennbar) oder weiblich (internationale Ausführung) sein. Über diesen Anschlüssen befinden sich die Schalter, welche jedes angeschlossene Mikrofon mit der richtigen - Phantom oder Tonader - oder keiner Speisung für dynamische Mikrofone versorgen. Außerdem gibt es einen Schalter, der die Phase des linken Mikrofonanschlusses dreht. Dieser kann lebensrettend sein, wenn verschiedene Kabel für den Anschluss der Mikrofone verwendet werden. Die Phasenrichtigkeit der beiden Kanäle lässt sich, wie zuvor beschrieben, auf dem Modulometer in der Stellung Dreieck ablesen. Rechts befinden sich die drei Tuchelbuchsen für den Anschluss des Netz/Lade-Gerätes, des CUE-Anschlusses sowie der Piloteingang - bei Maschinen, die für die Aufnahme von Filmton eingerichtet sind. Das Produzieren mit der Nagra hat etwas ganz Besonderes: Es ist nicht das typische Vorgehen wie bei einem Studio-Bandgerät, bei dem nur auf eine oder zwei Tasten gedrückt und so die Aufnahme mit lautem Klacken gestartet wird. Hier ist es das Drehen am Hauptschalter, das fast geräuschlos die kleine Maschine in Betrieb setzt. Selbst in völlig stiller Umgebung hört man weder das Vorbeigleiten des Bandes an den Köpfen, noch irgendein Motorengeräusch. Nur die Sicht auf das gleichmäßige Drehen der Spulen deutet auf Betriebsamkeit hin, da in diesem Gerät ausschließlich selektierte Bauteile Verwendung finden. Teilweise sind Aufnahmen mit der Nagra rauschärmer als mit so manchem Studiogerät. Natürlich schlägt sich die Qualität im Preis nieder: Ein IV-S kostete bei Einführung circa 22.000 Mark. Analoge Nagra werden auch heute noch eingesetzt und selbstverständlich gibt es noch alle Ersatzteile. Meine eigene Maschine stammt aus dem Fundus einer großen Rundfunkanstalt. Der Klang ist unvergleichlich gut, das Gerät kompakt und in wenigen Augenblicken einsatzbereit. Und das Schönste: Es ist analog. Text: Uli Apel Fotos: Uli Apel, Nagra