Lesegottesdienst Jahrgang 2015/2016 Predigtreihe II 14.02.2016 1. Sonntag der Passionszeit Invokavit Mühlhausen - Weingartsgreuth Leitbild Versuchung Wochenspruch Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre. 1.Johannes 3,8b Lesungen Epistel Hebräer 4,14-16 Evangelium Matthäus 4,1-11 Predigttext Hebräer 4,14-16 Gottesdienst-Institut - Lesegottesdienste - Intranet www.elkb.de 1
Hinführende Gedanken Invokavit 2016 Der Verfasser des Hebräerbriefes ruft seine Leser immer wieder zum Festhalten an Jesus auf. Das ist der rote Faden in diesem Brief. Seine Adressaten haben kaum mehr Kraft, sich in ihrer nichtchristlichen Umwelt zu behaupten. Aber die Bedrohung kommt nicht von außen, sondern sie geht von den Adressaten selber aus. Darum seine Aufforderung: Wieder im Glauben zu Jesus Christus hinzu zu treten, am Bekenntnis der Hoffnung festzuhalten, und aufeinander achtzuhaben. Die Predigt beginnt mit der Bedeutung der Passionszeit für unseren Glauben. Die Passionszeit öffnet uns die Augen für das vielfältige Leiden in der Welt. Unter dem Kreuz Jesu müssen wir die Augen davor nicht verschließen. Diese 40 Tage bis zum Karfreitag stellen uns Jesus vor Augen, der dieses Leiden und die so oft damit verbundene Schuld auf sich genommen hat. Darum stellt die Predigt auch den Einschnitt heraus, der mit der Passionszeit im Ablauf des Kirchenjahres gegeben ist. Oft sind diese sieben Wochen durch zusätzliche Passionsandachten als eine für die christliche Gemeinde ganz besondere Zeit gekennzeichnet. Das Predigtwort lenkt unseren Blick zunächst auf uns selber auf die eigenen Schwachheiten und Anfechtungen. Es möchte uns gleich am ersten Sonntag in der Passionszeit innerlich festigen, damit wir als in Jesus Christus gegründete Gemeinde den Weg durch die Passionszeit gehen und Kraft finden, den vielfältigen Leiden dieser Zeit standzuhalten. Gottesdienst-Institut - Lesegottesdienste - Intranet www.elkb.de 2
Hebräer 4,14-16 (wird während der Predigt gelesen) Predigt I. Liebe Gemeinde! mit dem heutigen 1. Sonntag in der Passionszeit stehen wir an einem Wendepunkt im Kirchenjahr. Wir merken das schon an kleinen Veränderungen. Unser Singen wird verhaltener: Das Halleluja entfällt vom heutigen Sonntag an bis zum Osterfest. Und der Altar wird nicht mehr mit weißen oder grünen Altardecken geschmückt, sondern mit violett-farbenen. Mit alledem werden wir an die Bedeutung der beginnenden Passionszeit erinnert. Während der Passionszeit werden in den Gottesdiensten Themen angesprochen, die nicht nur die Jünger damals bewegten. Alle Christen und Christinnen müssen sich in ihrem Leben mit dem Passionsweg Jesu auseinandersetzen. Denn alle Fragen, um die es damals ging, können auch plötzlich in unserem Leben aufbrechen. In der Passionsgeschichte hören wir davon, wie Petrus seinen Herrn verleugnet hat. Auch wir kennen Augenblicke, wo wir feige waren und uns nicht zu Jesus Christus bekannt haben. Die Jünger liefen in der Stunde der Gefahr von Jesus weg und ließen ihn im Stich. Auch wir wollen manchmal davonlaufen oder sind wohl auch schon davongelaufen. Die Jünger verstehen ihren Herrn auf einmal nicht mehr. Auch wir kennen das, dass uns die Gewissheit unseres Glaubens schwindet. Solche Erfahrungen stehen hinter unserem heutigen Bibelwort. Es sagt: Wir haben einen Hohenpriester, der versucht worden ist in allem wie wir. Unser heutiges Bibelwort öffnet uns also die Augen für unsere Versuchungen. Und es nennt uns gleichzeitig die Hilfe, die wir in jeder Stunde der Versuchung ergreifen können: Es ist Jesus selber, der Sohn Gottes, an dem wir uns festhalten können. Hören wir unser Bibelwort aus dem Hebräerbrief, Kapitel 4: Weil wir einen großen Hohenpriester haben, Jesus, den Sohn Gottes, der die Himmel durchschritten hat, so lasst uns festhalten an dem Bekenntnis. Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht könnte mitleiden mit unserer Schwachheit, sondern der versucht worden ist in allem wie wir, doch ohne Sünde. Darum lasst uns hinzutreten mit Zuversicht zu dem Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu der Zeit, wenn wir Hilfe nötig haben. II. Gottesdienst-Institut - Lesegottesdienste - Intranet www.elkb.de 3
Was sind denn das für Versuchungen im Leben Jesu und in unserem Leben, an die unser Bibelwort denkt? Wo ist Jesus denn versucht worden wie wir? Bei einer der bekanntesten Geschichten, die einem dazu einfallen, spielt Petrus die entscheidende Rolle. Damals hat Jesus davon gesprochen, dass er den Weg ins Leiden gehen wird. Dass er diesen Weg gehen wird, um die Last und Schuld der Menschheit wegzutragen. Da hat sich Petrus seinem Herrn in den Weg gestellt und gesagt: Mach das doch nicht. Geh doch diesen Weg nicht. Jesus hat diese Haltung des Petrus als teuflische Versuchung empfunden und seinen Jünger schroff abgewiesen. 1 Wir kennen diese Versuchung in verkleinertem Maßstab auch. Wir kennen das auch, dass andere zu uns oder wir zu andern sagen: Sei doch nicht so dumm! Warum bringst du für andere Opfer? Warum setzt du dich so sehr ein? Du könntest es dir doch viel leichter machen, wenn du die Menschen, die dir zu tragen geben, abschüttelst! Lass sie doch selber zurechtkommen mit ihrem Leben, mit ihrer Schuld, mit ihren Nöten! Unser Bibelwort sagt: Jesus kannte diese Versuchung, sich von den Lasten anderer zu distanzieren. Eine weitere Versuchung bestand für Jesus darin, die Menschen, die um ihn waren, aufzugeben. Einmal sagte er voll Kummer: O du ungläubiges und verkehrtes Geschlecht, wie lange soll ich bei euch sein? Wie lange soll ich euch erdulden? 2 Jesus hätte mit Recht sagen können: Mit euch habe ich nur Schwierigkeiten! Wir alle müssen uns ja mit vielen Problemen in Beruf und Familie auseinander setzen. Und da wünschen wir uns dann wenigstens unsere Kirchengemeinde als einen Ort des Friedens und der Geborgenheit. Aber oft geraten wir auch da in Spannungen und Probleme hinein. Jemand, der dies so erlebte, ist dann einfach aus seiner Gemeinde ausgetreten. Aber bald war er auch in seiner neuen Gemeinde von Problemen umringt und mit Versagen konfrontiert. Wieder trat er aus und suchte sich eine neue Gemeinde. Es war ein langer Weg für ihn, bis er sein Verhalten durchschaute und sagen konnte: Ich habe gelernt, dass man als Christ auch Lasten der Gemeinde mittragen muss. Und nicht nur die Resignation im Blick auf Menschen kannte Jesus. In der Versuchungsgeschichte 3, die wir vorhin als Evangelium gehört haben, wurde er auch mit der Resignation im Blick auf die ganze Welt konfrontiert. Der Teufel forderte Jesus auf: Gib doch zu, dass diese Welt eigentlich nur einen Herren hat, und der bin ich. Du musst das ja nicht groß und laut predigen. Gib doch einfach durch einen Kniefall vor mir zu, dass es sinnlos ist, auf Gottes Reich und Herrschaft zu hoffen. Und dass es erst recht sinnlos ist, sich für Gott und sein Reich einzusetzen. 1 Mt 16,22f 2 Mt 17,17 3 Mt 4,1-11 Gottesdienst-Institut - Lesegottesdienste - Intranet www.elkb.de 4
Gottesdienst-Institut - Lesegottesdienste - Intranet www.elkb.de 5 Invokavit 2016 Und noch eine Versuchung taucht im heutigen Evangelium auf. Da sagt der Teufel: Mach ihnen etwas vor, halte sie in Stimmung, dann merken sie nicht, wie elend ihre Situation ist. Jesus soll von der Tempelmauer herunterspringen. Dann werden sie begeistert sein. Ja, man kann sich mit Tempo, mit Vergnügen, mit Alkohol, mit ständigen Events auf Trapp halten und so die Enttäuschung, die man im Herzen trägt, verdecken. Nein, das Thema Versuchung ist kein altes und überholtes Thema. Unser aller Leben ist davon geprägt. III. Welche Hilfe haben wir dann in unseren Versuchungen? Der Verfasser des Hebräerbriefes nennt uns zwei starke Hilfen. Sie fallen uns schon beim Hören auf, weil er sie jedes Mal mit dem Hinweis einleitet: Lasst uns nun! Lasst uns nun festhalten an dem Bekenntnis. Und: Lasst uns hinzutreten mit Zuversicht zu dem Thron der Gnade. In beiden Hinweisen geht es um Jesus, der uns als Helfer in allen Versuchungen vor Augen gestellt wird. Weil Jesus auf seinem Erdenweg von keiner Versuchung verschont geblieben ist, darum können wir aus all unseren Versuchungen und mit all unseren Versuchungen zu ihm kommen. Und weil er als der zu Gott Erhöhte uns allezeit verbunden bleibt, darum dürfen wir mit seiner Hilfe rechnen. Festhalten am Bekenntnis Wie kann das in unserem Leben ausschauen? Zunächst werden wir hier an unsere Taufe erinnert. Wer als Erwachsener getauft wurde, bekam drei Fragen gestellt: Glaubst du an Gott, den Vater, den Schöpfer aller Dinge? Glaubst du an Jesus Christus, Gottes Sohn, unseren Herrn? Glaubst du an den Heiligen Geist, der lebendig macht? Und dann wird einem Täufling, der diese Fragen mit Ja, ich glaube beantwortet hat, die große Zusage gegeben: In der Taufe stellt uns Gott unter die Herrschaft Jesu Christi. Als Getaufte wissen wir um den Machtbereich Gottes, in den wir hineingestellt sind. Ganz ausdrücklich geschieht dies im Gottesdienst, wo gleich am Anfang dieser Raum eröffnet wird: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Sicher ist dies auch einer der Gründe, warum das Mitfeiern im Gottesdienst für unseren Glauben eine solche Bedeutung hat. Hier erfahren wir innere Stärkung angesichts unserer Versuchungen. Manche von uns haben sich vielleicht auch schon zu Beginn des Tages durch ein Bibelwort oder einen Morgensegen wieder bewusst gemacht, dass sie in diesem Machtbereich Jesu stehen. Von Martin Luther wissen wir, dass er sich in seinen größten Anfechtungen ausdrücklich an diesen Lebensraum erinnerte und sich notierte: Ich bin getauft! Das heißt: Jesus Christus steht an meiner Seite.
Wir denken bei dem Wort Bekenntnis vielleicht auch an unser gemeinsam gesprochenes Glaubensbekenntnis. Aber darüber hinaus umfasst dieses Wort den gesamten Alltag unseres Lebens. Wir kommen in so vielfältige Lebenssituationen, in denen wir bekennen und benennen sollen: wem wir gehören, was uns trägt, und auf wen wir unsere Hoffnung setzen. Die zweite Hilfe, die unser Bibelwort für Angefochtene nennt, hängt mit dem Gebet zusammen: Lasst uns hinzutreten mit Zuversicht zu dem Thron der Gnade. Dabei benützt der Schreiber des Hebräerbriefes einen Vergleich: Er erinnert an den Weg in das Innerste des Jerusalemer Tempels. Auf diesem Weg galt für manche Menschen: Zutritt streng verboten. Die Heiden, die Frauen, die Männer, die Priester sie alle stießen auf diesem Weg an Schranken, die sie nicht weitergehen ließen. Nur der Hohepriester konnte den Weg ganz gehen, bis in den vordersten Tempelbereich, den Ort der Gegenwart Gottes, das Allerheiligste. Freilich auch nur einmal im Jahr, am großen Versöhnungstag. Und nun sagt uns der Hebräerbrief: Diesen Weg bis in die unmittelbare Gegenwart Gottes dürfen wir jetzt alle gehen. Denn Jesus hat durch sein Leiden, Sterben und Auferstehen alle Schranken weggenommen, die es auf diesem Weg für uns Menschen gab. Er ist als der Auferstandene durch die Himmel hindurchgeschritten zu Gott. Durch ihn wird für uns der Thron Gottes, den wir von Natur aus fürchten und auch gar nicht genau kennen, zum Thron der Gnade und zu einem Ort, an dem wir Barmherzigkeit empfangen. Gerade in den Stunden der Anfechtung, gerade auch in den schwierigen Lebenssituationen sollen wir diesen Weg des Gebets gehen: Lasst uns hinzutreten mit Zuversicht zu dem Thron der Gnade, so ermutigt uns das Bibelwort. In der Stunde der Versuchung werden in uns auch andere Stimmen laut. Da sagt uns unser Herz: Wenn man den Versuchungen so oft nicht widerstanden hat wie du, dann braucht man gar nicht mehr zu Gott kommen. Wenn man so versagt hat wie du, dann gibt es keinen Ausweg mehr. Nein!, ruft uns unser Bibelwort zu. Lasst uns festhalten am Bekenntnis! Und lasst einander immer wieder sagen: Es gibt keine Situation, die so verfahren und so hoffnungslos ist, dass wir nicht mit Jesus Christus und seinem Erbarmen rechnen dürften. Amen. Nach: Pfarrer i. R. Friedrich-Erwin Walther Rampenstr. 36, 91564 Neuendettelsau friedrich-walther@web.de Gottesdienst-Institut - Lesegottesdienste - Intranet www.elkb.de 6
Fürbittengebet II Herr, Jesus Christus, du begleitest uns in guten und in schlechten Tagen, dich rufen wir an und bitten: Für alle Männer und Frauen, die Politik gestalten, dass sie nicht den dunklen Versuchungen der Macht erliegen. Invokavit 2016 Für alle, die in den kommenden 40 Tagen Versuchungen widerstehen wollen, dass sie deine Kraft verspüren. Für alle, die hungern nach einer Geste der Anerkennung und Liebe, dass sie Verständnis und Zuneigung finden. Für alle, die Leid und Mangel durchleben, dass ihnen Menschen begegnen, die sie trösten und stärken. Für alle, die vor dein Angesicht treten, schaue auf all das Gute, das sie in ihrem Leben gewirkt haben, und lass sie teilhaben am himmlischen Gastmahl. Herr, Jesus Christus, stärke uns und bewirke durch deine Liebe neue Kräfte in uns. Amen. Gottesdienst-Institut - Lesegottesdienste - Intranet www.elkb.de 7