Wie spielt man eine Wiese?

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Transkript:

Arbeiterwohlfahrt in Dortmund Nr. 52 April 2013 1 K53172 Wie spielt man eine Wiese? 02 Schulsozialarbeit 03 Schwerpunkt Bildung & Arbeit: Förderzentrum plan B - Wie spielt man eine Wiese? 08 Selbsthilfegruppe von Eltern behinderter Kinder 10 Auf die Plätze, fertig los - Ausbau der Kinderbetreuung 12 Auf der Flucht in eine ungewisse Zukunft 14 Teppichklopfer und Schiefertafel 16 Selbst Gesangsmuffel machen mit 20 kunstverrückt

EDITORIAL Liebe Leserin, Lieber Leser, Dortmund ist eine Großstadt mit 590.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Und diese Stadt hat seit Februar nur noch eine Lokalzeitung. Offiziell gibt es die Westfälische Rundschau zwar noch, aber der Mantelteil kommt aus der Zentralredaktion in Essen und der Dortmunder Lokalteil wird nun mit Artikeln der nun nicht mehr konkurrierenden Ruhr-Nachrichten gefüllt. Auch die anderen Lokalteile der WR werden seit Februar von der Konkurrenz oder der WAZ bestückt. Was für eine Mogelpackung! Es gab laute Proteste gegen den Rauswurf der insgesamt 120 Redakteurinnen und Redakteure. Viele Menschen gingen für den Erhalt von Medienvielfalt und Arbeitsplätzen auf die Straße. Und was macht die WAZ-Mediengruppe, zu der die Westfälische Rundschau gehört? Nichts. Schweigen im Blätterwalde. Kein Bericht über die Redaktionsschließungen und die Folgen, kein Bericht über die Demonstrationen dagegen, Stille. Medien haben Macht. Worüber sie berichten, gerät ins öffentliche Bewusstsein, worüber sie schweigen, bleibt klein. Bei diesem verschwiegenen Skandal wurde einmal mehr deutlich, wie wichtig Medien- und Meinungsvielfalt sind. Es sollte grundsätzlich nicht so sein, dass eine einzige Zeitung entscheidet, worüber die Dortmunderinnen und Dortmunder informiert werden und worüber nicht. Die WAZ-Mediengruppe hat sich still und heimlich aus ihrer Verantwortung gestohlen. Und sie hat es sich leicht gemacht. Statt viele engagierte JournalistInnen zu entlassen, hätte sie sich besser Gedanken über ein zukunftsfähiges Konzept für eine erfolgreiche Lokalzeitung machen sollen. Trotzdem wünsche ich Ihnen schöne Ostertage und eine angenehme Frühlingszeit. Ihre SPENDENKONTO AWO Unterbezirk Dortmund Konto 001 069 691 BLZ 440 501 99 Sparkasse Dortmund Schulsozialarbeit muss gesichert werden Weg vom Modellprojekt, hin zu mehr Nachhaltigkeit Schulsozialarbeiter sind ein wichtiges Scharnier zwischen Schule und Jugendhilfe, sie machen wichtige Arbeit, auf die niemand mehr verzichten will. Die Schulsozialarbeit muss erhalten bleiben, da sind sich alle einig: Schulen, Eltern, Stadt, Land und auch der Bund. Doch jetzt ist die Fortführung dieser Arbeit in akuter Gefahr. Die auf zwei Jahre angelegte Finanzierung, bundesweit gefördert mit 400 Millionen Euro, läuft im Sommer aus. Im Zuge des Bildungs- und Teilhabepakets der Bundesregierung wurden 2011 in Dortmund 81 zusätzliche Schulsozialarbeiterstellen geschaffen. Wenn nicht noch eine Lösung gefunden wird, fallen diese Stellen zum Ende des laufenden Schuljahrs komplett weg - und damit die Hälfte der Dortmunder Schulsozialarbeiter. So einhellig die Bedeutung der Schulsozialarbeit gewürdigt wird, so offen ist die weitere Finanzierung. Die Stadt Dortmund kann die Personalkosten alleine nicht tragen, auch Land und Bund sind hoch verschuldet. Es gab bereits mehrere Protestaktionen zum Erhalt der Schulsozialarbeit auf jetzigem Niveau. "Das Thema ist so wichtig, dass dafür eine Lösung gefunden werden muss", sagt Gerda Kieninger, Vorsitzende der Dortmunder AWO. Sowohl der AWO-Bezirk Westliches Westfalen als auch der AWO Unterbezirk Dortmund haben Positionspapiere zur Zukunft der Schulsozialarbeit veröffentlicht. Dabei sind sich Bezirk und Unterbezirk einig: Es muss eine langfristige Finanzierungsstrategie gefunden werden - jenseits von Projekt- oder Modellvorhaben. Die Dortmunder AWO hat sich mit der Tochtergesellschaft dobeq von Beginn an an der Konzeptentwicklung und mit konkreten Angeboten am Aufbau der Schulsozialarbeit beteiligt. Bereits 1993 wurde die erste Schulsozialarbeiterstelle an einer Dortmunder Hauptschule eingerichtet - in Trägerschaft der AWO. "Diese Angebote tragen zu mehr Chancen- und Bildungsgerechtigkeit besonders für benachteiligte Kinder und Jugendliche bei, betont Gerda Kieninger. Die Ergebnisse können sich sehen lassen. Umso wichtiger ist es nun, die erfolgreiche Arbeit fortzuführen. Das Positionspapier des Unterbezirks stellt klar: "Die Dortmunder Akteure sind sich einig, dass die kontinuierliche und verlässliche Weiterführung der Schulsozialarbeit im aktuellen Umfang unverzichtbar ist." Und weiter: "Angesichts der Finanzsituation der Kommunen und des Landes ist offensichtlich, dass dies nur mit weiterer finanzieller Unterstützung des Bundes gelingen kann." Gerda Kieninger: "Die Schulsozialarbeit muss im jetzigen Umfang erhalten werden und sollte als präventives Handlungsfeld möglichst sogar weiter ausgebaut werden. Hier sind Kommunen, Länder und Bund in gemeinsamer Verantwortung." 2

SCHWERPUNKT BILDUNG & ARBEIT Fotos: Iris Wolf Förderzentrum plan B Wie spielt man eine Wiese? Wer aus einer schwierigen Lebenssituation kommt, weiß manchmal gar nicht, was alles in ihm steckt. Die Stärken der Teilnehmer hervorzulocken, das ist das Ziel des Förderzentrums. Mit innovativen Methoden und der Kombination unterschiedlichster Maßnahmen fördert plan B die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen und verhilft ihnen zu neuen Chancen im Leben und auf dem Arbeitsmarkt. Ein Vorzeigeprojekt, das zurzeit viele Nachahmer findet. 3

Ein Paar schwitzt in der Sauna. Die Beziehung kriselt, sie streiten, flüsternd, um die anderen Saunagäste nicht zu stören. Er ist verzweifelt, will sich ändern. Das hat er schon so oft gesagt, sie glaubt nicht mehr daran. Nächste Szene. Der Hund ist tot. Bringen sie ihn zum Tierarzt oder was ist nun zu tun? Die beiden diskutieren, abwechselnd traurig, albern, unentschlossen. Die kleine Bühne ist leer, bis auf ein paar Kabel, die am Boden liegen und den Raum in drei Felder einteilen. Jedes Feld steht für ein Gefühl, das die Schauspieler darstellen sollen. Schnell wechseln sie die Felder und schalten zwischen den Emotionen hin und her. In einer Szene sind sie verliebt oder hasserfüllt, in der nächsten fröhlich oder wütend. Improvisationstheater. Auf der Bühne stehen Wolfgang und Tim, Jessica und David. Sie alle sind um die zwanzig Jahre alt und Teilnehmer der Maßnahme "Förderzentrum plan B". Junge Leute, Hartz IV-Empfänger, bei denen die Gesellschaft fast schon aufgegeben hatte. So genannte Problemfälle, die aus schwierigen Elternhäusern kommen, keinen Schulabschluss, Drogen- oder Alkoholprobleme haben oder psychisch labil sind. Keine doofen Sprüche Theaterspielen haben Wolfgang und Tim sich als Projektbereich innerhalb des Förderzentrums ausgesucht. Dreimal in der Woche vormittags improvisieren sie, entwickeln kleine Szenen, lernen aufeinander zu achten - was sagt der jeweils andere, wann ist er fertig, welche Antwort passt, wann stimmt das Timing. "Jeder macht hier mit, auch wenn wir ein Stück Wiese spielen sollen", das findet Wolfgang gut. Wie spielt man ein Stück Wiese? Ah, auf dem Boden liegen und sich langsam wiegen. Ist das nicht irgendwie seltsam? "Nein, überhaupt nicht. Wir liegen beim Tanzen auch auf dem Boden und räkeln uns. Das ist uns nicht peinlich", erklärt Tim. Es gibt keine doofen Sprüche, niemand wird ausgelacht, alle respektieren sich und gehen wohlwollend miteinander um. "Deswegen können wir hier auch was schaffen", sagen alle einhellig. Die gegenseitige Wertschätzung ist der Schlüssel - Wer keine Angst vor Zurückweisung haben muss, kann auch zeigen, was in ihm steckt. Bei Wolfgang ist es ein Talent zur Komik, er hat ein Gefühl für Sprache, ist schlagfertig, setzt gute Pointen. Tim ist aufmerksam, ein kluger Zuhörer, der sehr genau registriert, was passiert und punktgenau reagiert. Projektleiter Frank Plass von Grünbau, neben der AWO-Tochter dobeq einer der Projektträger, freut sich, die Veränderungen zu erleben: "Das Theaterprojekt verlangt von den Teilnehmern echte Überwindung. Die Erfolge sind ganz erstaunlich und unmittelbar sichtbar: Zum Beispiel bewegen sie sich danach (selbst) bewusster und verhalten sich achtsamer ihren Mitmenschen gegenüber." Kümmerer und Jobcoaches Ulrike Fischer, dobeq-mitarbeiterin und stellvertretende Projektleiterin: "Das Theaterspiel ist ein Baustein, der die Jugendlichen bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung unterstützt und ihnen hilft, den eigenen Weg zu finden." Das Förderzentrum setzt sich aus vielen Bausteinen zusammen. So gibt es weitere Berufsfelder wie Multimedia und Musik, die Kreativität und Motivation fördern. Dann gibt es die Berufsfelder, die den Jugendlichen Einblicke in verschiedene Aufgaben wie Lager und Logistik, Pflege oder Hauswirtschaft und Ernährung ermöglichen. Tim und Wolfgang sind zurzeit beispielsweise in der Metallwerkstatt. Darüber hinaus bietet das Förderzentrum gesundheitsorientierte Arbeitsgruppen und Workshops. Dazu gehören Angebote rund um Bewegung - Yoga genauso wie Fußball -, Ernährung, Stressbewältigung und Suchtprävention. Jeder Teilnehmer hat einen persönlichen sozialpädagogischen Betreuer, den "Kümmerer", der ihn kontinuierlich unterstützt und begleitet, auch wörtlich genommen zum Beispiel bei Ämtergängen. Zusätzlich wird jedem Teilnehmer ein Jobcoach an die Seite gestellt, der bei Bewerbungen hilft, Praktika und Ausbildungsstellen sucht. "Das Jobcoaching von der sozialpädagogischen 4

SCHWERPUNKT BILDUNG & ARBEIT Begleitung zu trennen ist innovativ. Das gab es bisher nicht, hat sich aber bereits sehr bewährt. Sozialarbeiter sind schließlich keine Vermittlungsprofis", erklärt Frank Plass. Nicole Buchwald vom Jobcenter: "Das Jobcenter hat, gerade im Bereich der unter 25-Jährigen, eine erhebliche Anzahl von Jugendlichen, die (noch) nicht stabil genug sind für andere Maßnahmen. Aus den Erfahrungen, die in den vergangenen Jahren mit den vielfältigen Fördermöglichkeiten gesammelt werden konnten, wurde die Forderung laut, möglichst die verschiedensten Fördermöglichkeiten in einer einzigen Maßnahme zu bündeln und so ganz individuell auf die Förderbedarfe der einzelnen Teilnehmer eingehen zu können." Der Austausch zwischen 5

Kümmerer, Jobcoach und Jobcenter ist im Förderzentrum besonders eng. Das Jobcenter hat das Förderzentrum initiiert und war eng in die Projektentwicklung eingebunden. Gestartet im April 2012 lief es von Anfang an gut - sogar besser als erwartet. "Am Anfang wurden manche Teilnehmer zu früh vermittelt, obwohl sie persönlich noch nicht soweit waren. Das konnte dazu führen, dass sie das Praktikum oder den Ausbildungsplatz abbrachen. Daraus haben wir gelernt und die Abstimmung zwischen Jobcoaches und Kümmerern weiter intensiviert", so der Projektleiter. "Das Jobcenter und wir als Bietergemeinschaft mussten in der Anfangszeit erst Verständnis dafür entwickeln, dass eine schnelle Vermittlung der Teilnehmer nicht unbedingt nachhaltig ist." Vorbild für andere Projekte Inzwischen blicken alle Beteiligten auf ein Jahr Erfahrung zurück. Das Förderzentrum für unter 25-Jährige ist ein echtes Großprojekt mit 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Die Bietergemeinschaft besteht aus mehreren Trägern, federführend sind dobeq und Grünbau. "Vor allem die individuelle und engmaschige Betreuung der Teilnehmer macht das Förderzentrum so erfolgreich. Das ist durchaus verallgemeinerbar und findet inzwischen bundesweit Nachahmer", berichtet Ulrike Fischer. In Dortmund gibt es, maßgeblich von dobeq und Grünbau getragen, ein weiteres Förderzentrum mit dem Schwerpunkt Reha für Teilnehmer mit gesundheitlichen Einschränkungen, im April 2013 startet ein drittes Förderzentrum für über 25-Jährige. Die dobeq hat in beiden Förderzentren die federführende Leitung. Die Metallwerkstatt führt KFZ-Mechanikermeister Dirk Schulte. Tim, Wolfgang und die anderen jungen Männer sägen, hämmern und feilen an einer großen Skyline von Dortmund. Es ist laut, die metallenen Geräusche quietschen in den Ohren. Schritt für Schritt entsteht, wofür die Stadt bekannt ist - der Florianturm, das Stadion, das Harenberg-Center, und natürlich das U. Tim stanzt eng nebeneinander viele kleine Löcher in die Metallplatte, dann schlägt er das Quadrat mit dem Hammer heraus und feilt feinsäuberlich die Kanten glatt. Eines der vielen kleinen Fenster des Harenberg-Centers ist fertig. Auf dem Tisch steht eine große uralte Spielzeuglok mit völlig durchgerostetem Kessel. Ist die Skyline fertig, wird die Lok restauriert. "Ich will den Jugendlichen die gesamten Abläufe von der Planung bis zur 6

SCHWERPUNKT BILDUNG & ARBEIT Umsetzung eines Auftrags vermitteln", erklärt Dirk Schulte. Es geht in der Metallwerkstatt und in den anderen Berufsfeldern einerseits um Fachwissen, das die Teilnehmer hier erwerben, aber mindestens genauso wichtig sind die Kulturtechniken, die dazu gehören, wenn jemand dauerhaft auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen will. Klare Tagesstruktur lernen Eine klare Tagesstruktur und einen achtstündigen Arbeitstag durchzuhalten, fällt vielen Jugendlichen anfangs schwer. Pünktlich um acht Uhr morgens da sein - wer das regelmäßig schafft, kann auch vieles andere schaffen. Etwa die Hälfte der Teilnehmer kommt regelmäßig und pünktlich, um in den Werk- und Projektbereichen zu arbeiten und die Workshops und Trainings zu besuchen. Bedenkt man die schwierigen Lebenssituationen, aus denen die meisten kommen, ist das ein guter Schnitt. "Wir fangen hier alle gemeinsam auch viele Erziehungsdefizite der Elternhäuser auf", beschreibt Birgit Stamm, eine der vier Jobcoaches die Aufgaben innerhalb des Förderzentrums. Sozialtrainings gehören genauso dazu wie beispielsweise ein Rollenspiel vor einem Vorstellungstermin. Viele Teilnehmer sind vor solchen Terminen sehr aufgeregt, ein Rollenspiel kann sie ruhiger und sicherer machen. Nach ihrer Zeit im Förderzentrum folgt häufig eine berufsvorbereitende Maßnahme, dann eine überbetriebliche Ausbildung. "Wer den ersten Monat übersteht, bleibt in der Regel dabei", weiß Birgit Stamm. Die Teilnehmer werden noch ein halbes Jahr weiter betreut, um einem Abbruch der Folgemaßnahme, des Praktikums oder der Ausbildung möglichst vorzubeugen. Wolfgang findet das Förderzentrum klasse: "Dass es für Spätzünder wie uns überhaupt sowas gibt." Er weiß noch nicht genau, in welche Richtung es für ihn beruflich gehen soll. Erst mal will er seinen Schulabschluss nachholen. Tim, der bereits das Fachabitur in der Tasche hat, würde gern als Touristenführer oder im IT-Bereich arbeiten. In den Monaten, seit die beiden im Förderzentrum sind, haben sie viel gelernt, nicht zuletzt über sich selbst. "Für viele der Teilnehmer ist es sehr ungewohnt, dass sie von unterschiedlichen Seiten so intensiv betreut werden. Sich darauf einzulassen, erfordert viel Mut", weiß Projektleiter Frank Plass. Wer diesen Mut aufbringt und dabei bleibt, der kann seinen Weg auch finden. 7

Selbsthilfegruppe von Eltern behinderter Kinder Gemeinsam unabhängiger werden che wurden verhöhnt, anderen wurde Schuld an der Behinderung unterstellt. Als ihre Kinder klein waren, war von Inklusion noch keine Rede. Alle Eltern fühlen sich nach wie vor verantwortlich für ihre längst erwachsenen Kinder. Ortwin Tomes: "Wir sind seit 48 Jahren verheiratet. In dieser Zeit waren wir ein einziges Mal eine Woche zu zweit im Urlaub, sonst war immer der Frank dabei." Ein wenig Sehnsucht nach etwas mehr Unabhängigkeit schwingt dabei mit. Den Sohn mal für ein paar Tage gut aufgehoben einer Gruppenreise überlassen können. So etwas ist recht teuer, oft fehlt es auch an Betreuern. Die Eltern müssen Vieles bedenken und viele Schwierigkeiten meistern. Dabei helfen sie sich gegenseitig so gut sie können. "Schön ist aber auch hier mitzubekommen, dass manche Kinder ähnliche Macken haben", verrät ein Vater. Der eine hebt akribisch jeden Bon auf, der andere sieht sofort, wenn seine Modellautos einen Zentimeter verrückt wurden, ein Dritter dokumentiert haarklein alle Spielergebnisse des BVB. Auch das gemeinsame Lachen gehört dazu. Außerdem gibt es einen Förderverein für alle Eltern, deren Kindern in den AWO-Werkstätten arbeiten. Der Verein unterstützt Eltern, die "Ich wünsche mir, dass sie selbstständiger wird", erklärt Christa Maciolek, die Mutter von Isabelle. Die 41-Jährige arbeitet im Kunstatelier der AWO-Werkstätten, ist gehörlos und geistig behindert. Sie lebt nach wie vor bei ihren Eltern, die sich in einer Selbsthilfegruppe Rat und Unterstützung holen. Seit nunmehr zehn Jahren treffen sich jeden Monat etwa ein Dutzend Eltern von Kindern, die in den Werkstätten arbeiten. Die Kinder sind heute um die vierzig, fünfzig Jahre alt, ihre Eltern meist über siebzig. In der Regel haben die Eltern die rechtliche Betreuung für ihr Kind übernommen. Mit zunehmendem Alter machen sie sich Gedanken, wie es für die Tochter oder den Sohn weitergeht, wenn sie selbst mal nicht mehr können. Über solche und viele andere Fragen tauschen sich die Eltern in der Gruppe aus. "Es geht um Kindergeld, Pflegegeld, Erbrecht. Da helfen wir uns gegenseitig mit vielen Tipps", berichten sie. Und man kann sich hier auch mal alles von der Seele reden. "Menschen, die kein behindertes Kind haben, können sich das gar nicht vorstellen", erzählt eine Mutter. Alle mussten Diskriminierungserfahrungen machen, mansich zusammentun wollen, um weitere Gruppen für einen gegenseitigen Austausch ins Leben zu rufen. Mitgliedsbeiträge werden nicht erhoben. Die Gruppe trifft sich jeden 2. Mittwoch im Monat um 10 Uhr im Eugen-Krautscheid-Haus. Interessierte Eltern sind willkommen. Kontakt Franz Stenzel, Vorsitzender des Fördervereins Tel. 0231.84 75 50 f.stenzel@awo-werkstaetten.de INFO Selbstständig leben und wohnen Lassen Sie sich in all diesen Fragen beraten: Die WohnberaterInnen der AWO: Selbstständigkeit - Welche Hilfen brauche ich? im Haushalt im Umgang mit Geld bei der Körperpflege Sicherheit - Wie fühle ich mich wohl? Soll immer jemand im Haus sein? M ö c h te ic h a u c h n a c h t s j e m a n de n u m Hilfe bitten können? Soll jemand rund um die Uhr für mich da sein? Kontakt - Was brauche ich, damit ich mich nicht einsam fühle? M ö c h te ic h m i t a n de re n z u s a m m e n wohnen? Wünsche ich mir Freizeitangebote? Geld und Anspruch L ie g t e in e k ö rpe r l ic he, ge ist ige o de r seelische Behinderung vor? Ist der Hilfebedarf klar was brauche ich? Ambulant betreutes Wohnen, Marie Naujok, 0231.18 999 890 Wohnhaus Derne, Wolfgang Wertz, 0231.989 19 10 Wohnhaus Schultenhof, Claudia Möhring, 0231.79 220 130 Wohnhaus Mengede, Hans Gerd Fuchs, 0231.350 904 Werkstätten der AWO, Stefanie Lorenz, 0231.847 540 8

EINGLIEDERUNG Prüfung wird er ein paar Einzelunterrichtsstunden absolvieren. Eine Sonderbehandlung gibt es für ihn nicht: Hans-Gerd Balke muss die gleichen Fragebögen alleine lesen und bearbeiten wie alle anderen auch. Die Fahrschule Szymanski hat Erfahrung mit Menschen mit Behinderung. "Wir haben schon Rollstuhlfahrern, Menschen ohne Beine oder mit einem Arm das Fahren beigebracht. Das geht alles", erklärt der Fahrschulchef. Hans-Gerd Balke wünscht sich, dass weitere Fahrbereite aus den Werkstätten durch die Spendenaktion Flügel bekommen: "Ich will das meistern und anderen traue ich das auch zu." Flügel bekommen Hat nun Flügel: Hans-Gerd Balke Und lernt gerade fliegen. Bei seiner siebten Flug-, ok: Fahrstunde war AWO Profil dabei. Hans-Gerd Balke gibt vorsichtig Gas, fährt umsichtig und konzentriert. Er ist der erste, dem die Spendenaktion der AWO den Führerschein ermöglicht. Das große gelbe Hinweisschild kommt näher, Hans-Gerd Balke liest sofort: "Nach Kirchhörde und Hagen geht's rechts rum". Also wechselt er die Spur, fährt geradeaus. Dafür, dass er eigentlich fast nicht lesen kann, kommt er überraschend gut zurecht. Später erklärt er es so: Er prägt sich die Anfangsbuchstaben ein und dann erkennt er den Rest auch recht schnell. Bei Pizza Avanti soll er links abbiegen. Der Wagen ruckt ein wenig, biegt um die Linkskurve und schnurrt dann leise geradeaus. Andreas Szymanski, sein Fahrlehrer, freut sich, weil rechts und links für seinen Schüler nicht so einfach auseinanderzuhalten sind. "Das geht vielen Fahranfängern so", erklärt er. "Ich bringe demnächst Aufkleber für links und rechts am Lenkrad an, dann ist es einfacher." Hilfen für Beweglichkeit Menschen mit Behinderungen sind dabei. Aber wie können sie dahin kommen, wohin sie wollen? Wie sollen sie einen normalen Arbeitsplatz bekommen, wenn sie nicht mobil sind? Ein Führerschein ist für viele Menschen mit Behinderung möglich. Vielleicht dauert es ein bisschen länger, aber es geht. Nur fehlt oft das Geld dafür. Hier möchten wir helfen: Menschen aus der Werkstatt sollen die Chance bekommen, beweglicher zu werden. Leider bezahlt dies keine öffentliche Stelle, und nicht alle Eltern haben die Möglichkeit einzuspringen. Helfen Sie mit, hier zu helfen! Helfen Sie Menschen mit Behinderungen, mehr Freiheit zu gewinnen. Lassen Sie Flügel wachsen! Werkstätten der Arbeiterwohlfahrt Dortmund GmbH Konto 001 049 100 BLZ 440 501 99 Sparkasse Dortmund Stichwort: Flügel bekommen Der 29-Jährige hat Spaß am Autofahren, ist aber durchaus selbstkritisch: "An meinem leichten Rechtsdrall muss ich noch arbeiten und in Stresssituationen ruhiger reagieren." Bisher fährt er mit einem Automatikwagen, will demnächst aber auch mal einen Schaltwagen testen. Seine Hände zittern immer, das ist der Tremor, der manchmal zu etwas abrupteren Bewegungen beim Fahren führt, aber er macht sich gut, findet der Fahrlehrer. Etwas schwerer fällt dem Fahranfänger die Theorie, weil er da viel lesen muss. Er nimmt am normalen Unterricht teil, vor der Bitte geben Sie bei Spenden Ihre Anschrift an, damit wir eine Spendenbescheinigung zusenden können. Bei Fragen hierzu wenden Sie sich an Birgit Diever, Tel. 0231.847 520. 9

Ausbau der Kinderbetreuung in vollem Gang Auf die Plätze, fertig, los Der August rückt näher. Dann haben Eltern einen Rechtsanspruch auf die Betreuung von Kindern unter drei Jahren. Zurzeit wird kräftig ausgebaut, um die Betreuungsquote von 35 Prozent NRW-weit zu erreichen. Allerdings liegt der Betreuungsbedarf in Dortmund laut einer repräsentativen Elternbefragung des Deutschen Jugendinstituts und der TU Dortmund von 2012 bei 41 Prozent. Das heißt, 900 Plätze werden zusätzlich gebraucht, um die Nachfrage tatsächlich zu decken. In diesem und im nächsten Jahr entstehen in Dortmund 25 neue Kitas, für vier davon übernimmt die AWO die Trägerschaft. Neue AWO-Kindertagesstätten entstehen Auf dem Hohwart, in der Burgholzstraße, in der Aplerbecker Straße und am Phoenix See. Insgesamt 355 Kinder werden dort betreut, davon achtzig unter drei Jahren. Das bedeutet natürlich auch, dass die AWO weitere Erzieherinnen und Erzieher sucht. 65 Personalstellen sind allein in den vier Kitas in diesem und im nächsten Jahr zu besetzen. Hinzu kommen der Ausbau der bestehenden Kindertageseinrichtungen und neue Tagespflegestellen. Auch hier werden engagierte ErzieherInnen sowie Tagesmütter und -väter gebraucht. Alle Fachleute gehen davon aus, dass ein wachsendes Betreuungsangebot für Kinder unter drei Jahren zu einer wachsenden Nachfrage führen wird. Der Ausbau muss also weitergehen. AWO Profil hat vier ErzieherInnen portraitiert: Arbeit in der Kita - anspruchsvoll, abwechslungsreich, zukunftsweisend. Jutta Drewicke Kurze Wege, flache Hierarchien Zuvor war die Erzieherin 18 Jahre Gruppenleiterin und stellvertretende Einrichtungsleiterin bei einem kirchlichen Träger in Hagen. Jutta Drewicke findet es spannend, eine Kita von Beginn an aufzubauen. Aber da ist noch mehr: "Vom ersten Gespräch an war die AWO wie eine Familie. Meine Arbeit wird anerkannt, die Wege sind kurz." Die Kita-Leiterin hat viele Pläne. So gibt es zum Beispiel einen guten Draht zum AWO-Ortsverein Berghofen, durch den demnächst Lese-Omis und -Opis in die Kita kommen. Außerdem hat Jutta Drewicke eine Übungsleiterlizenz und möchte die Kita zum anerkannten Bewegungskindergarten im Rahmen des Landesprogramms "NRW bewegt seine Kinder" entwickeln. Für die Zertifizierung ist unter anderem die Kooperation mit einem Sportverein erforderlich. Erste Kontakte sind bereits geknüpft. Damit nicht genug. Auch die Frühbildungsinitiative "Haus der kleinen Forscher" steht auf der To-Do-Liste von Jutta Drewicke. Ruth Hedges Der Käfer unterm Teppich Aus London hat es sie nach Berghofen verschlagen. Aus vielen kleinen guten Gründen. Die meisten sind um die vier Jahre alt und schreien alle gleichzeitig "Here!" als sie fragt: "Who's the bug under the rug?" - Was so viel heißt wie: "Wer ist der Käfer unter dem Teppich?" Die Engländerin kam vor zwei Jahrzehnten aus privaten Gründen nach Deutschland und arbeitet seit einigen Monaten in der bilingualen Gruppe der Kita Heliosweg in Dortmund-Berghofen. Dabei ist sie offiziell noch keine Erzieherin, die Prüfung macht die 48-Jährige erst im nächsten Jahr. Sie hat ein gutes Gespür für die Kinder, das ist wichtig. Ruth Hedges ist vielseitig, sie ist ausgebildete Anwaltsgehilfin und Gärtnerin. Das hat sich durch ihren Lebensweg und ihre beiden Kinder so ergeben. In den letzten Jahren sammelte sie bereits Erfahrungen mit Englischkursen in der Kita einer Elterninitiative. Das machte ihr so viel Spaß, dass sie nun vier Stunden täglich in der AWO-Kita auf Englisch spielt und singt. "Dabei ist das Hörverständnis der Kinder enorm und viel weiter als ihre Sprachkompetenz", erklärt sie. Die Kinder haben viel Spaß daran Neues zu lernen. "One, two, three, four, five. Hello, what's your name?" Reihum kommen alle Kinder dran und rufen dann jeweils stolz ihren Namen. Wer genau hinhört, spürt schon den englischen Klang in den Kinderkehlen. Christian Schäfer Selbstverständlich: Männer in Kitas Vom Ruhrgebiet nach Ostfriesland und wieder zurück. Der Diplom-Sozialarbeiter leitete neun Jahre lang auf Borkum die Familienferienstätte eines kirchlichen Trägers. Durch die Familienaktivwochen hatte er schon dort viel mit Kinderbetreuung zu tun. Nicht zu vergessen die ureigenen Erfahrungen inklusive zweijähriger Erziehungszeit. Das dritte Kind 10

KINDER, JUGEND & FAMILIE Simone Peck Den Aufbau mitgestalten Die Erzieherin arbeitet seit fast zwanzig Jahren bei der AWO, 18 Jahre davon im Familienzentrum Holzen und seit Kurzem in der Kita Heliosweg. Sie leitet dort die bilinguale Gruppe, da sie fließend Englisch spricht, und übernimmt die Abwesenheitsvertretung. Simone Peck nimmt den Wechsel als neue Herausforderung und als Chance den Aufbau aktiv mitzugestalten. "Am Anfang war echte Improvisation gefragt, wir haben zum Beispiel die Wäsche Zuhause gewaschen, als es hier noch keine Waschmaschine gab." Sie hat den kompletten Aufbau der neuen Kita in Berghofen mit organisiert. In ihrer Gruppe ist noch ein männlicher Erzieher, das gefällt ihr gut. An ihrem Job schätzt sie besonders die Abwechslung: "Jeder Tag ist anders. Es gibt einen Werkraum und eine Turnhalle, hier ist viel Platz. Und wenn die Sonne scheint, können wir mit den Kindern rausgehen." Die Freude an ihrer Arbeit scheint sie auch mit nach Hause zu nehmen. Inzwischen ist ihr Sohn nämlich ebenfalls Erzieher in einer AWO-Kita. von Christian Schäfer kam als echter Ostfriese auf die Welt. Vor der Borkumer Zeit arbeitete er lange in einem Wohnheim für Menschen mit geistiger Behinderung in Gelsenkirchen. Seit August 2012 leitet Christian Schäfer die AWO-DSW21-Kita. "Obwohl ich natürlich viel Verwaltungsarbeit erledigen muss, bin ich dicht an den Menschen. Die Kinder platzen gerne mitten ins Büro." Christian Schäfer ist kein Freund traditioneller Hierarchien und mag es gern lebendig. Bei der AWO gefallen ihm daher die direkte Kommunikation und die kurzen Entscheidungswege. Früher gab es in Kitas keine männlichen Rollenbilder und die Kinder kannten nur die traditionellen Familienstrukturen. "Oft ist es für die Kinder immer noch was Besonderes, wenn ein Mann ihnen vorliest", beschreibt er. Er will vermitteln, dass es völlig normal ist, dass auch "ganze Kerle" Erziehungsaufgaben wahrnehmen. Bei der AWO gibt es zurzeit sieben Männer, die als Kita-Erzieher arbeiten und sich regelmäßig zum Erfahrungsaustausch treffen. Kita Heliosweg eröffnet Im Januar war es endlich soweit. Die lange erwartete Kita im Neubaugebiet Apolloweg in Dortmund-Berghofen nahm offiziell ihren Betrieb auf. Träger der Einrichtung ist die Arbeiterwohlfahrt Unterbezirk Dortmund, Bauherrin die gws-wohnen Dortmund-Süd eg. Leiterin Jutta Drewicke und 13 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreuen in der modernen, geräumigen Einrichtung 63 Kinder im Alter von null bis sechs Jahren. Ene, mene, miste, es rappelt in der Kiste. Ene, mene, muh und hier kommst du: Frau oder Mann fang doch bei uns an, du kommst von hier oder von dort, aus Dortmund oder einem andern Ort. Die AWO sucht Erzieherinnen und Erzieher für den weiteren Kita-Ausbau. Informationen unter Tel. 0231.99 34 307 und unter www.awo-dortmund.de/enemene Klosterstraße 8-10 44135 Dortmund 11

Jugendliche Flüchtlinge Auf der Flucht in eine ungewisse Zukunft Fotos: Iris Wolf Sie sind gerade einmal 17 Jahre alt und 5000 Kilometer von ihrer Heimat entfernt. Drame und Mohammed stammen aus dem westafrikanischen Guinea, minderjährige Flüchtlinge auf der Suche nach Sicherheit. Ganz allein sind sie hergekommen, ohne Familie, ohne Freunde, nur begleitet von einem, den man Fluchthelfer oder Schleuser nennen kann. Seit ein paar Wochen sind sie im Clearinghaus der AWO. In Guinea wurde Drame bedroht, langsam erst lässt die Anspannung nach. Sein Blick geht nach unten, nein, Kontakt zu seiner Familie hat er nicht. Mohammed lebte nach dem Tod seiner Eltern bei einem Patenonkel in Kuwait. Nach dessen Tod wurde sein Visum nicht verlängert und er hätte nach Guinea zurückkehren müssen. Das wollte er nicht, weil er dort keine Familie mehr hat und ihm das Land fremd geworden war. "Zwischen fünf- und zehntausend Euro kostet eine solche Flucht", erklärt Jörg Loose, Leiter des Clearinghauses. Drame und Mohammed* wussten noch nicht einmal, dass sie nach Europa gebracht werden. In Deutschland gelandet, kommen die Jugendlichen zunächst in die Erstaufnahmeeinrichtung in Dortmund-Hacheney. Da sie in der Regel keine Ausweispapiere dabei haben, wird dort ihr Alter bestimmt. Wie stellt man denn fest, ob jemand noch 16, 17 oder vielleicht schon 18 oder 19 ist? "Das ist im Grunde willkürlich. Den meisten glaubt man nicht, dass sie noch minderjährig sind", so Loose. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind für die staatlichen Stellen teurer als erwachsene Asylbewerber, da für sie das Jugendhilfegesetz gilt, das 12

KINDER, JUGEND & FAMILIE umfassende Unterstützung gewährt. Diejenigen, denen man glaubt, dass sie noch keine 18 Jahre alt sind, kommen also aus der Erstaufnahmeeinrichtung ins Clearinghaus. Dort wird geklärt, wer die Vormundschaft übernimmt, wo sie wohnen werden, welchen Aufenthaltsstatus sie bekommen und ob ein Asylantrag gestellt wird. Lernbegierig und ehrgeizig Bis zu drei Monaten leben die Jugendlichen, die aus Ländern wie zum Beispiel Iran oder Irak, Afghanistan, Somalia oder dem Libanon stammen, in der Regel im Clearinghaus. Während dieser Zeit lernen sie auch Deutsch. Drame und Mohammed sind erst wenige Wochen hier, verstehen die Sprache aber schon erstaunlich gut. Die meisten jugendlichen Flüchtlinge sind sehr lernbegierig und ehrgeizig. Das Interview läuft mit Hilfe einer Dolmetscherin trotzdem Französisch- Deutsch. Mohammed hat ein offenes Gesicht mit großen, freundlichen Augen. Als er nach Deutschland kam, erzählt er, überfiel ihn zunächst ein Angstgefühl: "Vorher hatte ich tausend Pläne, wollte mehrere Sprachen lernen und dann als internationaler Berater arbeiten. Doch im Moment ist alles ungewiss, ich weiß nicht, was auf mich zukommt." Auch Drame würde gern langfristige Pläne machen, aber das geht in seiner Lage nicht. Beiden droht die Abschiebung, sobald sie volljährig sind. Im Clearinghaus fühlen sich beide sicher, sie sind gut versorgt. Drame stört allerdings, dass er sich ständig beobachtet fühlt: "Ich bin es nicht gewohnt kontrolliert zu werden." Monika Kwitt, die Gruppenleiterin des pädagogischen Teams im Haus, erklärt das so: "Hier gibt es natürlich interne Regelungen und Vorgaben. Das ist für die Jugendlichen oft ungewohnt, weil es in ihren Heimatländern solche Regeln nicht gibt." Auch an die festen Essenszeiten mussten sich Mohammed und Drame, die sich erst in Dortmund kennengelernt und angefreundet haben, gewöhnen. Manchmal ist das Unbekannte noch gewaltiger. "Es gibt Jugendliche, die können am Anfang nicht mit Besteck essen oder wissen nicht, wie eine Toilette benutzt wird", erzählt Monika Kwitt. Das Leben im Clearinghaus gleicht äußerlich ein wenig dem in einer Jugendherberge. Jungen und Mädchen getrennt, es gibt hell eingerichtete Doppelzimmer, viele Gemeinschaftsräume, einen Internet- und einen Fitnessraum, Malaktionen, Hip-Hop- und Karateangebote. "Wir wollen ihnen den Alltag und das Schulsystem vermitteln", beschreibt Monika Kwitt das Ziel. Vielleicht dürfen sie ja doch hierbleiben. So recht glauben Drame und Mohammed nicht daran, aber sie wünschen es sich. Jörg Loose kritisiert das deutsche Asylrecht: "Es ist vor allem ein Flüchtlingsvermeidungsrecht. Was fehlt, ist eine Willkommenskultur und eine aktive Politik, die klare Rahmenbedingungen schafft." In den nächsten Wochen werden die jungen Männer das Clearinghaus verlassen, wohl zunächst in eigene kleine Wohnungen ziehen. Was dann passiert? Völlig offen. * Namen geändert Info Clearingverfahren Das Clearingverfahren beschreibt die verwaltungsrechtlichen und organisatorischen Abläufe, die unmittelbar nach der Einreise eines unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings (amtliches Kürzel: UMF) durchgeführt werden. Ziel des Verfahrens ist die Klärung der Situation der Minderjährigen, das heißt Identitätsfeststellung, mögliche Familienzusammenführung, nötige Hilfen, Unterbringung und Perspektiven. Seit 2010 betreibt die AWO Dortmund im Auftrag des Landes die Clearingstelle für Nordrhein-Westfalen. Im Clearinghaus in Dortmund-Eving leben dreißig 16- und 17-jährige Flüchtlinge bis geklärt ist, wie es für sie weitergeht (Vormundschaft, Aufenthaltserlaubnis usw.). 13

SENIOREN Menschen mit Demenz aktivieren Teppichklopfer und Schiefertafel erinnern an früher Ebenso Scheren, eine Dose mit Knöpfen, eine alte Schultasche - Alles Gegenstände, die Erinnerungen wachrufen. Diese und viele andere Dinge kann sich im Eugen-Krautscheid-Haus ausleihen, wer Menschen mit Demenz anregen und aktivieren möchte. Die Pflege Demenzkranker erfordert weit mehr als körperliche Versorgung. Besonders hilfreich sind aktivierende Beschäftigungen, die die Zeit sinnvoll füllen, geistig anregen und Spaß machen. Sich als Angehöriger oder Betreuer immer etwas Neues einfallen zu lassen, ist oft gar nicht so einfach. Daher hatte die sechsköpfige ehrenamtliche Gruppe, die seit Jahren regelmäßig Menschen mit Demenz betreut und begleitet, Ende letzten Jahres eine Idee, deren Ergebnis nun "Medienausleihe Demenz" heißt. Die Gruppe hat Gegenstände gesammelt und katalogisiert, die demente Menschen aus ihrer eigenen Vergangenheit kennen. Auch ein Nähkorb ist dabei, Bilder, einfache Spiele, Bücher, CDs, Filme und vieles mehr. Es gibt einen dicken Katalog, in dem all diese Dinge mit Foto und Beschreibung geordnet sind und aus dem ausgewählt werden kann. So eignet sich zum Beispiel der Teppichklopfer sowohl für Einzelpersonen als auch für Gruppen und kann die Biografiearbeit unterstützen. Andere Gegenstände helfen bei Gedächtnistraining oder Konzentration, bei Bewegung oder Sinnesübungen. Auf Wunsch berät die Gruppe auch andere Betreuende, was sich jeweils am besten eignet. Über Verstärkung durch weitere Ehrenamtliche würde sich die Gruppe natürlich freuen. Sämtliche Materialien sind im Eugen-Krautscheid-Haus vorhanden und können gegen eine kleine Kaution und eine Gebühr von einem Euro für bis zu vier Wochen ausgeliehen werden. Medienausleihe Demenz Eugen-Krautscheid-Haus Lange Straße 42, 44137 Dortmund Tel. 0231.395 720 jeden 1. und 3. Dienstag 10 bis 12 Uhr jeden 1. und 3. Donnerstag 14 bis 16 Uhr und auf Anfrage Menschen in der AWO Martina Holtmann begann 1978 ihre Tätigkeit als Erzieherin im Anerkennungsjahr im Kindergarten Dortmund-Hombruch. 1995 übernahm sie die Leitung der betriebsnahen Kindertageseinrichtung mit dem heutigen Partner RWE. In der Zwischenzeit leitete sie den Kindergarten in Dortmund-Holzen. Nach wie vor ist sie mit großem Engagement Leiterin unserer Kindertageseinrichtung an der Baurat-Marx-Allee. Wir bedanken uns dafür und gratulieren ihr zum 35-jährigen Dienstjubiläum. Jutta Szepaniak begann 1988 mit der Arbeit für den AWO Bezirk Westliches Westfalen. Ab 1989 war sie dann viele Jahre als Wohngruppenleiterin in der Seniorenwohnstätte in Eving tätig, bevor sie 2005 in die Tagespflege des Eugen- Krautscheid-Hauses wechselte. Dort arbeitet sie mit großem Einsatz und trägt dazu bei, dass die Gäste die Tagespflege gern besuchen. Wir sagen nach 25 Jahren Dank dafür und wünschen ihr weiterhin viel Erfolg. Sabine Walther begann 1988 als Erzieherin im damaligen Kinderheim am Holzheck. Nach vielen Jahren als Gruppenleiterin veränderte sich ihre Tätigkeit mit der Umstrukturierung der Angebote in der sozialpädagogischen Einrichtung für Kinder und Jugendliche. Heute obliegt ihr die Verantwortung für ein neues Projekt, in dem die AWO jungen schwangeren Frauen ein Zuhause und Unterstützung bei Geburt und Erziehungsarbeit bietet. Für das 25-jährige Engagement bedanken wir uns und wünschen ihr auch zukünftig viel Erfolg. 14

AWO DORTMUND Zweiter AWOWIKI-Personalworkshop Personalentwicklung nimmt Fahrt auf In einem Workshop haben Führungskräfte und MitarbeiterInnen über die Personalentwicklung diskutiert und konkrete Maßnahmen auch unter zu Hilfenahme von AWOWIKI vereinbart. Das AWOWIKI-Team im Gespräch Was verbirgt sich hinter dem Begriff Personalentwicklung? Die Menschen, die in der AWO und ihren Betrieben arbeiten, sind der Kern unseres Erfolges. Deshalb ist ihre Gewinnung, Bindung und Weiterbildung sehr wichtig. Hierfür gibt es Instrumente und Methoden. Dazu gehören das MitarbeiterInnengespräch, die Einarbeitung neuer MitarbeiterInnen sowie die Fortund Weiterbildungsplanung. All das ist Teil von Personalentwicklung. sen. So spüren auch wir den demografischen Wandel. Zum Beispiel gibt es in der Altenpflege und im Bereich ErzieherInnen bereits jetzt Fachkräftemangel. Außerdem möchten wir mehr Frauen für Führungspositionen gewinnen. Welche Ziele hatte der Workshop? Mit AWOWIKI gibt es eine Plattform, die uns völlig neue Möglichkeiten bietet, die Personalentwicklung systematischer und partizipativer anzugehen. Aber AWOWIKI macht das nicht von alleine. Es ist wichtig, mit Führungskräften über die Ausgestaltung zu sprechen. Auch die MitarbeiterInnen sind eingeladen, sie aktiv mitzugestalten. Kurz: AWOWIKI soll helfen, unsere Personalentwicklung zu verbessern. können natürlich in AWOWIKI eingesehen, kommentiert und ergänzt werden. Wie geht es weiter? Das Projekt AWOWIKI endet im Sommer. Aber AWOWIKI bleibt ein Instrument unserer unternehmensweiten Kommunikation und Information, das wir weiterhin für die Personalentwicklung nutzen werden. Welchen Anlass gab es für den Workshop? Wir nutzen manche dieser Instrumente noch nicht konsequent und systematisch. Auch gibt es aktuelle und zukünftige Herausforderungen, auf die wir uns besser einstellen müs- Wurde dieses Ziel erreicht? Eindeutig: ja. Wir haben für die Themen Personalauswahl, Qualifizierung von Führungskräften sowie MitarbeiterInnengespräch konkrete Maßnahmen vereinbart. Alle Ergebnisse Das Programm rückenwind - Für die Beschäftigten in der Sozialwirtschaft wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Europäischen Sozialfonds gefördert. Führungswechsel bei der dobeq Mit dem Start des neuen Jahres haben Joachim Thiele und Rainer Goepfert die Geschäftsführung der Dortmunder Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft dobeq übernommen. Sie lösen Heinz Feuerborn ab, der die dobeq vierzehn Jahre lang leitete. Thiele vertritt den Bereich der Arbeitsmarktintegration, Goepfert den Bereich Angebote an Schulen. Erfolgreiche Spendenaktion»Kinder helfen Kindern«240 Schultaschen gesammelt Und nicht nur das. Auch fast 4000 Euro und viele Schulmaterialien sind zusammengekommen, um sozial benachteiligte Kinder zu unterstützen. Die AWO-Vorsitzende Gerda Kieninger rief die Spendenaktion ins Leben als sie erfuhr, dass viele Kinder in Dortmund nicht ungehindert lernen können, weil sie keine Schulutensilien haben. Neta, Liva, Mohammed, Lea Sophie und andere Kinder zögerten nicht lange. Kurzerhand holten sie ihre nicht genutzten Schultaschen aus dem Schrank, versahen sie mit neuen Stiften, Heften und Mappen und gaben sie anschließend bei der AWO ab. Gesammelt wurde vor allem an den Schulen, an denen die AWO Dortmund mit ihrer Tochtergesellschaft dobeq im Rahmen des Offenen Ganztages tätig ist. Zahlreiche Schulleiterinnen und Schulleiter haben die Aktion unterstützt. Die Comenius Grundschule hat sogar eine ganze Projektwoche unter das Thema Armut gestellt und selbst gestaltete Weihnachtsprodukte für die Spendenaktion verkauft. An anderen Schulen wurde im Unterricht das Thema Armut thematisiert. Allen Beteiligten hat diese Aktion so viel Spaß gemacht, dass zurzeit darüber nachgedacht wird, sie im neuen Schuljahr zu wiederholen. 15

Projekt»Kosimi - komm sing mit«gestartet Selbst Gesangsmuffel machen mit Immer dienstags treffen sie sich, die Alten und die Jungen, die Großen und die Kleinen. Elf Seniorinnen und Senioren singen seit Jahresbeginn gemeinsam mit den über fünfzig Kindern des Ev. Martin Kindergartens. Foto: Oliver Schaper Zum ersten Treffen begrüßten die Kinder die Erwachsenen mit einem selbst gebastelten Willkommensherz. Die Erwachsenen brachten eigens ein selbst getextetes Lied mit. Nach einigen Wochen gemeinsamer Sangeserfahrung ist die Begeisterung auf beiden Seiten nach wie vor riesig: "Die Senioren kommen mit viel Spaß und Motivation zu uns und sind eine echte Bereicherung in unserem Kindergartenalltag. Selbst Gesangsmuffel sind konzentriert bei der Sache und singen am Ende doch mit", so die Erzieherinnen des Kindergartens. Die Ehrenamtlichen bereiten die Lieder mit viel Engagement vor und beleben sie zusätzlich durch Mitmachaktionen, Bewegung und Materialien, mit denen sie das Gesungene spielerisch darstellen. Bestand haben soll. Die Idee ist so gut angekommen, dass es sogar eine Warteliste von Ehrenamtlichen gibt, die auch gern gemeinsam mit Kindern singen würden. Vielleicht interessieren sich ja Kindertageseinrichtungen der AWO für Gesangsstunden mit ehrenamtlichen Sängerinnen und Sängern? Mit diesem Einsatz der älteren Generation werden die Kinder gefördert, sich spielerisch in ihren verschiedenen kulturellen und sprachlichen Lebenswelten zu begegnen. Beim ev. Martin Kindergarten in der westlichen Innenstadt handelt es sich um eine Schwerpunkteinrichtung für Sprache und Integration. "Es ist toll zu sehen, wie viel Spaß das gemeinsame Singen allen macht", freut sich Christine Gilbert, die Initiatorin des Projekts "Kosimi - Komm sing mit". Sie arbeitet im Seniorenbüro Innenstadt-West und hat die ehrenamtlichen Sängerinnen und Sänger gefunden. Träger des Projekts ist der AWO Unterbezirk Dortmund, gefördert wird es durch Mittel aus dem Quartiersfonds des Programms Stadtumbau West. Förderungswürdig ist ein solches Projekt, weil Singen nicht nur die Stimmung positiv beeinflusst, sondern wissenschaftlich nachgewiesen die Gesundheit fördert, Integrationsprozesse erleichtert und Menschen jeden Alters miteinander verbindet. So ein Kindergarten ist natürlich nicht auf viele Erwachsene eingestellt. Zu Beginn saßen die Senioren daher auf den kleinen Kinderstühlen, aus denen sie manchmal kaum wieder hochkamen. Inzwischen gibt es große stapelbare Stühle, so dass alle gut sitzen und mitmachen können. Die Anschaffung hat sich gelohnt, weil Kosimi nicht zeitlich befristet ist, sondern dauerhaft Kontakt Christine Gilbert Seniorenbüro Innenstadt-West Tel. 0231.395 72 25 cgilbert@stadtdo.de 16

MITGLIEDER & EHRENAMT Zweiter Dortmunder AWO-Lauf AWO bewegt Boule-Turnier im September Kugel um Kugel Am 7. April ist es soweit, dann geht der zweite große AWO-Lauf an den Start. Gemeinsame Bewegung macht Spaß, hält fit und schweißt zusammen. So hat der Lauftreff des AWO-Ortsvereins Dortmund-Asseln/ Husen/Kurl inzwischen mehr als zweihundert Mitglieder und sich in der Dortmunder Sportlerszene einen guten Ruf erlaufen. Veranstaltet von eben diesem Lauftreff beginnt der AWO-Lauf um 10 Uhr am Asselner Schulzentrum im Grüningsweg 42-44. Fünf, zehn oder die Halbmarathonstrecke 21,195 Kilometer können die Mitläufer bewältigen. Die Walkingdistanzen sind fünf und 19 Kilometer lang. Unter dem Motto AWO bewegt soll sich das Event als fester Bestandteil der Dortmunder Laufwettbewerbe etablieren. Die flache Strecke führt durch die Landschaften des Dortmunder Nordostens bis in die Nachbargemeinde Kamen. Ziel ist der Ausgangspunkt in Asseln. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten eine Urkunde und eine Medaille, die drei jeweils bestplatzierten Frauen und Männer in den drei Laufwettbewerben außerdem einen Siegerpokal. Für Verpflegung rund um die gesamte Veranstaltung ist gesorgt. Umkleideräume und Duschen stehen in der Turnhalle bereit. Das Startgeld beträgt je nach Strecke zwischen sechs und acht Euro. Die Frist endet am 31. März, danach wird ein Aufschlag von zwei Euro berechnet. Anmeldungen sind bis eine halbe Stunde vor dem Start möglich. Der Ortsverein Brünninghausen lädt zum Kugeln ein. Am 21. September findet in den AWO-Werkstätten an der Lindenhorster Straße ein Bouleturnier statt, an dem alle Ortsvereine teilnehmen können. Das Startgeld beträgt fünf Euro. Der Erlös aus Startgeldern und Essens- und Getränkeverkauf wird für die Sozialräume der Werkstätten eingesetzt. Anmeldungen sind über die Internetseite möglich www.awo-asseln.de Weitere Informationen Franz Stenzel Tel. 0231.84 75 50 f.stenzel@awo-werkstatten.de Menschen in der AWO Horst Götze gestorben Seit 1962 war er Mitglied der AWO Dortmund. Er hat sich viele Jahre als Vorsitzender des Ortsvereins Eichlinghofen engagiert. Seit April 2011 konnte er das Amt aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben. Horst Götze erhielt im Februar 2012 das Ehrenzeichen der Arbeiterwohlfahrt für sein langjähriges ehrenamtliches Engagement, im Oktober feierte er sein 50-jähriges AWO-Jubiläum. Im Januar starb Horst Götze im Alter von 70 Jahren. Wir trauern mit seiner Familie und vor allem mit seiner Ehefrau Renate. Helmut Ludwig gestorben Er war seit 1987 Mitglied in unserem Verband. Helmut Ludwig stand seiner Lebensgefährtin Erika Drees bei der Führung des Ortsvereins Derne mit Rat und Tat zur Seite und setzte sich für die Belange älterer Menschen ein. Ganz besonders lag ihm das AWO-Wohnhaus für Menschen mit Behinderungen in Derne am Herzen, wo er lange Jahre Vorsitzender des Fördervereins war. Helmut Ludwig starb im Dezember im Alter von 77 Jahren. Wir trauern gemeinsam mit seiner Familie. AWO gratuliert Gertrud Altrock Sie feierte im Januar ihren 103. Geburtstag. Sie blickt auf ein ereignisreiches und spannendes Leben zurück. 1910 wurde sie als ältestes von zehn Kindern in Annenhof im ostpreußischen Kreis Labiau, heute Russland, geboren. Wie viele in dieser Zeit wurde sie 1945 mit ihren Töchter Ursula und Rosi aus der Heimat vertrieben und zog nach mehreren Jahren in Flensburg 1953 nach Dortmund. 17

Neujahrsempfang der AWO Westliches Westfalen im Depot Franz Müntefering: Der demografische Wandel ist viel mehr als eine Seniorenfrage Der SPD-Landtagsabgeordnete und Bezirksvorsitzende Michael Scheffler, der SPD-Bundestagsabgeordnete und Hauptredner Franz Müntefering, Regierungspräsident Dr. Gerd Bollermann und Bezirksgeschäftsführer Wolfgang Altenbernd stellten sich zu Beginn des Neujahrsempfangs dem Fotografen. Menschen sind nicht allmächtig, aber auch nicht ohnmächtig. Wir können und müssen den Fortschritt organisieren. Klare Worte von Franz Müntefering zu den Herausforderungen des demografischen Wandels auf dem Neujahrsempfang der AWO Westliches Westfalen. Der SPD-Bundestagsabgeordnete war Hauptredner der Traditionsveranstaltung, die dieses Jahr ganz im Zeichen der alternden Gesellschaft stand. Knapp fünfhundert Gäste folgten der Einladung in die ehemalige Straßenbahnhauptwerkstatt im Dortmunder Norden, die heute ein Zentrum für Kunst, Kultur und Nachbarschaft ist. Müntefering forderte vor haupt- und ehrenamtlichen AWO-Mitarbeitern sowie zahlreichen Vertretern aus Politik, Verwaltung, Verbänden und Wirtschaft eine Politik der Nachhaltigkeit, die nicht nur auf die aktuelle Legislaturperiode schielt. Der SPD-Politiker nannte gleich mehrere Themen, die es anzupacken gelte darunter die altersgerechte Quartiersentwicklung in den Kommunen, den systematischen Ausbau von Palliativ- und Hospizdiensten sowie die Professionalisierung der Pflege. Pflegen ist ein Handwerk. Man muss es können. Und: Wir brauchen gut qualifizierte Hauptamtliche, aber auch Beratung und Hilfe für Ehrenamtliche. in die Zukunft schauen lassen und dazu ermuntern, eine Familie zu gründen, verlangte der erfahrene Sozialpolitiker. Zudem gelte es, frühkindlicher Förderung und Bildung höchste Priorität einzuräumen und dabei gerade die Familien zu unterstützen, die aus eigener Kraft den Kindern nicht helfen können. In die Pflicht nimmt Müntefering dabei auch die Senioren von heute und morgen. Denn der verlängerte Ruhestand in Gesundheit dank steigender Lebenserwartung werfe auch die Frage auf, wie man mit den gewonnenen Jahren umgehe. Mit der Zeit, die wir haben, kann man viel machen, so der 73-Jährige und nennt die Übernahme einer Patenschaft für einen jungen Menschen als ein Beispiel für mögliches Engagement. Das Miteinander der Generationen als eine Voraussetzung für die funktionierende Gesellschaft der Zukunft war auch Thema in der Begrüßungsrede von Michael Scheffler, SPD- Landtagsabgeordneter und Vorsitzender des Bezirks Westliches Westfalen. Ich wünsche mir eine Politik, die mutig genug ist, die Lasten gerecht zu verteilen, betonte der Vertreter von rund 40 000 AWO-Mitgliedern, die in über dreihundert Ortsvereinen und 19 Kreisverbänden bzw. Unterbezirken organisiert sind. Birgit Jörder, Bürgermeisterin der Stadt Dortmund, griff diesen Gedanken auf und dankte der AWO, dass sie mit uns gemeinsam an dieser Zukunft arbeitet. Der Neujahrsempfang, der musikalisch von der Münsteraner Band Walking Blues Prophets und dem Saxophon-Quartett Blasfemin begleitet wurde, schloss mit einer Talkrunde zum Thema, die von WDR-Moderator Tom Hegermann geleitet wurde. Gesprächspartner waren neben Franz Müntefering und Birgit Jörder der Geschäftsführer der AWO Westliches Westfalen, Wolfgang Altenbernd, sowie die Trendforscherin Birgit Gebhardt, die mit ihrem Buch 2037 Unser Alltag in der Zukunft so manchen Denkanstoß gegeben hat. Dabei mahnte Wolfgang Altenbernd ebenso wie Franz Müntefering zum Handeln: Der demografische Wandel ist schon da. Wir erleben ihn als AWO Tag für Tag. Doch ist der demografische Wandel, so betonte Franz Müntefering, nicht nur eine Seniorenfrage. Wer die Weichen für Morgen richtig stellen wolle, müsse bei den Jüngsten anfangen: Junge Menschen brauchen Rahmenbedingungen, die sie zuversichtlich Für musikalische Unterhaltung sorgte das Saxophon-Quartett Blasfemin 18