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Transkript:

PRESSEMATERIAL FORTSCHRITT NACH LOUIS-FERDINAND CÉLINE EIN PROJEKT VON FAX AN MAX KONTAKT FAX AN MAX Myriam Zdini Postfach 571 8024 Zürich Telefon +41 (0)44 251 46 06 Mobil +41 (0)76 358 12 45 myriam_zdini@hotmail.com Homepage: www.faxanmax.ch

FORTSCHRITT NACH LOUIS-FERDINAND CÉLINE EIN PROJEKT VON FAX AN MAX Ja, ich glaub, das ist, weil zuviel auf Kredit verkauft wird, ja, das ist es, das macht sie traurig, die Leute, sie haben zuviel Schulden. Zu meiner Zeit waren s nur die Künstler die Schulden hatten aber weil die ihre Schulden sowieso nie bezahlten, wurden sie auch nicht traurig davon. (Madame Punais aus Louis-Ferdinand Célines Fortschritt, 1927) TEXT 1 FAX AN MAX reist mit FORTSCHRITT, einer skurrilen Komödie des französischen Schriftstellers, Arztes und Berufsprovokateurs Louis-Ferdinand Céline, zurück in die frühen Jahre des 20. Jahrhunderts. Sechs Figuren sezieren in einer Art Werkstatt Célines Stück und versuchen sich mit den Regeln einer sprunghaft beschleunigten und technologisierten Welt vertraut zu machen. Mit Hilfe von Geisterbeschwörungen und einer deftigen Intrige nähern sie sich dem Phänomen Céline, dem grossen Erneuerer der französischen Literatur, der sich aber in den 40er Jahren mit hässlichen antisemitischen Pamphleten endgültig ins Abseits geschrieben hatte. FAX AN MAX zeichnen mit FORTSCHRITT das Psychogramm einer Epoche: der Zeit zwischen der Weltausstellung 1900 und der Weltwirtschaftskrise 1929 - einer Zeit, oszillierend zwischen verheissungsvoller Zukunft und ausbrechendem Wahnsinn. TEXT 2 Louis-Ferdinand Céline. Autor, Arzt und Berufsprovokateur. Eine beängstigend ambivalente Figur: wie geschaffen, um die Widersprüche, Verirrungen und Hoffnungen des 20. Jahrhunderts zu reflektieren. FORTSCHRITT, die neue Produktion von FAX AN MAX, spielt in der Zeit zwischen der Pariser Weltausstellung von 1900 und der ausbrechenden Weltwirtschaftskrise von 1929. Sechs Figuren sezieren in einer Art Werkstatt Célines Stück FORTSCHRITT und versuchen sich dabei mit den Regeln einer sprunghaft beschleunigten und technologisierten Welt vertraut zu machen. - Willkommen zur emotionalen Metrofahrt : von der Erfindung der Glühbirne, über den 1. Weltkrieg und einem Zwischenstopp im kleinbürgerlichen Salon, hin zum finalen und verhängnisvollen Bordellbesuch! FAX AN MAX wurde 2008 von Schauspieler und Regisseur Manuel Bürgin zusammen mit der Bühnenbildnerin Kathrine von Hellermann und dem Musiker Sandro Corbat gegründet. 2009 waren sie erstmals mit ihrem Projekt KIM JONG IL DER EWIGE SOHN in der Kaserne Basel zu sehen. Es folgten Gastspiele in Bern, Zürich und am Festival PREMIÈRES in Strasbourg (F). 2010 entstand PETER DER ZWEITE, von Gaël Roth (Theater Winkelwiese Zürich, Schlachthaus Theater Bern, Roxy Theater Birsfelden), im März 2011 feierte FORTSCHRITT in der Kaserne Basel Premiere und geht im Herbst auf Tournee (Luzern, Berlin, Zürich). Im Mai 2011 inszenierten Manuel Bürgin und das Kernteam von FAX AN MAX am Theater Kanton Zürich DON JUAN oder DIE LIEBE ZUR GEOMETRIE von Max Frisch. Im Herbst 2012 zeigt FAX AN MAX in Koproduktion mit dem Theater Winkelwiese Zürich und dem Schlachthaus Theater Bern die Uraufführung von Gaël Roths neuem Stück CHININ.

DAS STÜCK FORTSCHRITT ist nach Die Kirche das zweite Stück von Louis-Ferdinand Céline und wurde seit seiner Entstehung 1927 nur selten gespielt. Es enthält jedoch einige Facetten der späteren Werke. So trifft man Figuren aus dem Stück später wieder in den Romanen Reise ans Ende der Nacht oder in Tod auf Kredit. In vier Bildern wird gezeigt, wie eine bürgerliche Pariser Kleinfamilie und ihr näheres Umfeld in Einzelteile zerfallen und sich neu formieren. Die Geschehnisse zeugen von einer Zeit im Umbruch, in der die Unsicherheit zum ständigen Begleiter geworden ist und persönliche Beziehungen, sowie das gesamte gesellschaftliche System beeinflusst. Das erste Bild entspricht einem klassischen Boulevardstück (mit Klavierbegleitung) und zeigt die unerfüllten Wünsche und Träume, die die Figuren umtreiben. Das zweite Bild beginnt mit einem eigentümlichen Ballett und läuft wie ein Traum ab. Das dritte Bild zeigt ein Bordell als perversen Endpunkt kapitalistischen Denkens und Handelns und entwickelt sich zur Groteske, die schliesslich vollends aus dem Ruder läuft. HANDLUNG / INHALT 1900. Weltausstellung in Paris. Louis Lumière lädt ein zum Blick in eine strahlende Zukunft. Doch die restlichen Figuren auf der Bühne kramen gemütlich in Kisten voller alter Fotos und Papieren und rekonstruieren das Bild einer Welt, die vom eben propagierten Fortschritt verschont bleiben möchte. Zeitsprung. 1927, kurz vor dem großen Wirtschafts-Crash. Gaston und seine Frau Marie leben ein gutbürgerliches Leben. Sie haben ein Dienstmädchen und Gaston rackert sich in der Firma ab, so dass Marie sich nicht um Arbeit zu kümmern braucht. Lieber spielt sie Klavier und möchte ihren gestressten Mann mit amerikanischen Schlagern aufheitern. Maries Mutter, Madame Punais, kommt jeden Tag zu Besuch und bringt Marie nach und nach gegen den Schwiegersohn auf, den sie für einen Versager hält. Unter dem Deckmantel eines kleinen Hauskonzerts plant sie eine Intrige. Dazu lädt sie die ehemalige Klavierlehrerin von Marie, die uralte Madame Doumergue und den Nachbarn Berlureau, ein begabter Pianist, zum Tee im Salon ein. Madame Punais hat vom Verhältnis zwischen Gaston und einer Angestellten in der Firma erfahren: Nun bietet sich endlich die Gelegenheit, den ungeliebten Schwiegersohn loszuwerden. Berlureau und Marie werden verkuppelt und Madame Doumergue, als alte Wahrsagerin und Vertreterin einer reinen Religion, spricht ihren Segen für die beiden. Gaston kriegt einen Anfall nach dem andern und weiß endlich, was er braucht: Ich brauche keine Liebe. Ich brauche alles! Madame Punais rät ihm, sich doch lieber im Bordell abzureagieren, anstatt mit der Bürodame zu verkehren. Im letzen Akt des Abends treffen sich alle Figuren wieder in dem besagten, etwas seltsamen Bordell, das von der ehemaligen Madame Punais geführt wird und dringen in den Raum ihrer unterdrückten Ängste und Träume ein, bevor sich der Autor nochmals zu Wort meldet und die Figuren in einem sprachgewaltigen Finale aus ihrem Spiel entlässt. Und Louis Lumière träumt einsam weiter von der strahlenden Zukunft.

BETEILIGTE Mit: Anne Rosset, Cathrin Störmer, Anna-Katharina Müller, Christoph Rath, Samuel Streiff, Tim Fletcher und Sandro Corbat Regie: Manuel Bürgin Bühne und Kostüme: Kathrine von Hellermann Dramaturgie: Dominique Müller Musik: Sandro Corbat Lichtdesign: Michael Omlin Regieassistenz: Petra Jenny Produktion: Myriam Zdini / FAX AN MAX Kaserne Basel, Rossstall 1 Premiere: 4. März 2011, 20 Uhr 5. März 2011, 20 Uhr 6. März 2011, 19 Uhr 7. März 2011, 20 Uhr 8. März 2011, 20 Uhr Gastspiele Südpol Luzern 20. und 21. Oktober 2011 Theaterdiscounter Berlin 4. bis 6. Oktober 2011 Fabriktheater Rote Fabrik Zürich 8. bis 10. November 2011 Eine Produktion von FAX AN MAX Koproduktion mit der Kaserne Basel Mit freundlicher Unterstützung von: kulturelles. bl., Stadt Zürich Kultur, Pro Helvetia, Migros Kulturprozent, GGG, Jürg George Bürki-Stiftung, SIS

LOUIS-FERDINAND CÉLINE Louis-Ferdinand Destouches, der sich später nach dem Vornamen seiner Grossmutter, Céline nannte, wurde 1894 in Courbevoie (F) geboren. Seine Kindheit verbringt er inmitten des bunten Treibens der Pariser Einkaufspassage Choiseul, wo sich der Laden der Mutter und die Wohnung der Familie befinden. Mit dreizehn Jahren schicken ihn seine Eltern nach Deutschland und Grossbritannien. Lange hält es der junge unruhige Mann im Ausland nicht aus, er kehrt nach Paris zurück, beginnt eine Tuchhändlerlehre, bricht diese ab, reist nach Nizza und erhält eine Anstellung in einem renommierten Juweliergeschäft. Dort lernt er die Welt des Kabaretts und der Music Halls kennen, besucht Film- und Varietéaufführungen. 1913 meldet er sich, um seine Karriere zu befördern, zum Militärdienst. 1914 wird sein Regiment mobilisiert und nach Flandern verlegt. Eine mittelschwere Verwundung und das Engagement seiner Familie führen nach nur drei Monaten zur Entlassung aus dem Militärdienst. Ab jetzt treibt Destouches in bewundernswertem Tempo die Erfindung desjenigen Mannes voran, der später als L. F. Céline Weltruhm erlangen sollte. 1916 unterschreibt er einen Vertrag mit der Compagnie Forrestière Oubangui und reist nach Kamerun. In der britisch-französischen Kolonie sollen neue Handelsstrukturen aufgebaut werden. Der Alltag ist prosaisch: Malariaängste, Schlammwasser, drückende Hitze, Infektionsherde und Keime. Seine Hoffnung als reicher Mann nach Frankreich zurückzukehren erweist sich als trügerischer Goldgräbertraum. Aus undurchsichtigen Gründen entlässt ihn die Handelskompanie schon bald, er erkrankt und kehrt 1917 von seinem Aussenposten in Bikobimbo zurück ins zivilisierte Paris. Nach seinem Afrikaabenteuer beginnt er ein Medizinstudium; er spezialisiert sich auf Seuchen und Hygiene. Ab 1924 arbeitet er für den Völkerbund und reist viel, unter anderem in die USA. Gegen Ende des Jahrzehnts kehrt er als praktizierender Arzt nach Paris zurück. All die seltsamen Stationen seines bisherigen Lebens verarbeitet Céline in seinem Roman Reise ans Ende der Nacht, in dem sein Anti-Held Bardamu überall nur Tote oder Menschen trifft, die im Begriff sind zu sterben. Er zeichnet eine Gesellschaft, die nichts vermag als zu töten oder irre zu machen. Zwischen Weltkrieg, Kolonialismus, urbaner Vereinsamung und kapitalistischer Ausbeutung verliert sein Protagonist jede Vorstellung von Hoffnung oder Glück. Das Buch macht Céline über Nacht zum gefeierten Autor seiner Generation. Doch der Ruhm hält nicht lange an. Sein zweiter Roman Tod auf Kredit erhält schlechte Kritiken, die Verkaufszahlen sind nur mässig. Zwischen 1937 und 1941 publiziert er hässliche antisemitische Hetzschriften, die derart absurd und übersteigert sind, dass sie von vielen Zeitgenossen oft nur als Karikaturen wahrgenommen werden. Später wird er vom Vichy- Frankreich hofiert, verweigert aber die Zusammenarbeit. Er steht unter dem Verdacht der Kollaboration mit den Deutschen. Als die Niederlage des Naziregimes feststeht, flüchtet er 1944 nach Sigmaringen und weiter nach Dänemark. Ein Jahr später wird Céline in Kopenhagen festgenommen. Erst 1947 kommt er wieder frei. In Frankreich wird er des Landesverrats angeklagt und schuldig gesprochen. Das Urteil wird aber 1951 wieder aufgehoben, Céline kehrt nach Frankreich zurück und zieht sich in ein Haus bei Meudon zurück. In seinem späten Werk Von Schloss zu Schloss verarbeitet er seine Erlebnisse während des Zweiten Weltkriegs und seine Flucht durch das zerstörte Europa. Doch Céline stirbt kurz nach der Veröffentlichung. Heute gilt er neben Marcel Proust als Frankreichs wichtigster Romancier. Céline macht es seinen Lesern nicht leicht, ihn zu verstehen und sein umfangreiches Werk richtig einzuschätzen. Denn er ist nicht nur der Verfasser formal wie sprachlich innovativer Romane, sondern auch geifernder, antisemitischer Hetztraktate. Man versteht Célines Ausbrüche nur, wenn man ihn in die in Frankreich seit François Villon zu beobachtende Tendenz einiger Dichter zur Selbststilisierung als poètes maudits (verfemte

Dichter) einordnet. Diese legen sich in der Tradition der mittelalterlichen Hofnarren nicht nur eine Aussenseiterbiografie zu, sondern leben sie auch. Diese Attitüde erlaubt es ihnen, der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten und sie mit unkonventionellen Meinungen zu schockieren, die obendrein in einer umgangssprachlichen, anspielungsreichen Redeweise vorgetragen werden. So lässt sich erklären, dass aus dem frühen Dandy Céline, der in englischen Zwirn gekleidet, ein echter Gentleman, zugleich den Damen, dem Essen und Reisen hingegeben... der Charme auf zwei Beinen war, ein Clochard wurde, der in abgerissener Kleidung mit einem Strick um den Leib und seinem Kater Bébert in einer Tragetasche über der Schulter auftrat und mit den Widrigkeiten des Alltags einen ständigen Kampf ausfocht. Céline im dänischen Exil. Undatiertes Bild.