Ressource Klärschlamm: Hochlastfaulung für Kläranlagen mit saisonalem Einfluss

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Transkript:

Ressource Klärschlamm: Hochlastfaulung für Kläranlagen mit saisonalem Einfluss Dr.-Ing. Werner Sternad 2. Mainauer Nachhaltigkeitsdialog Insel Mainau, 11. Juli 2016

Kläranlagen in Baden-Württemberg nach Größenklasse GK 1, 91.984 GK 2, 703.562 GK 3, 1.113.854 GK 5, 10.282.213 GK 4, 9.597.815

Kläranlagen als Stromverbraucher Kläranlagen sind die größten Stromverbraucher einer Kommune Stromverbrauch rund 33 kwh/(ew a) Kleinere Kläranlagen haben höheren spezifischen Stromverbrauch Der größte Stromverbrauch resultiert aus der Belüftung Der entstehende Schlamm muss stabilisiert werden Aerobe Schlammstabilisierung benötigt Belüftungsenergie Anaerobe Schlammstabilisierung liefert Energie durch Faulgas

Herkömmliche Schlammfaulungen Üblicherweise werden Schlammfaulungen nach der Faulzeit bemessen: Mesophil etwa 20 Tage Thermophil etwa 12 Tage Dabei Raumbelastungen von 1 bis 4 kg/m 3 d empfohlen In der Praxis findet man eher 1 bis 2 kg/m 3 d typische europäische Bauformen: zylindrischer Mittelteil mit Konus unten und oben oder Faulei

Herkömmliche Schlammfaulungen

Hochlastfaulung Bei der Hochlastfaulung (HLF) handelt es sich nicht um einen Reaktor (Faulturm), sondern vielmehr um einen Prozess. Die HLF wird wesentlich höher mit Organik belastet als herkömmliche Schlammfaulungen. Dadurch bekommen die Mikroorganismen mehr Futter und wachsen insgesamt schneller. Dies ermöglicht kürzere hydraulische Verweilzeiten von etwa 5 bis 7 d bei Klärschlämmen. Eine weitere Steigerung der Effizienz des anaeroben Abbaus wird erreicht durch die Verwendung einer Mikrofiltration an der HLF.

Hochlastfaulung Die erste Hochlastfaulung für kommunale Kläranlagen befindet sich auf der Kläranlage Mittleres Glemstal (Leonberg). Inbetriebnahme 1994 Inzwischen wurden weitere Anlagen in Betrieb genommen: Heidelberg (360.000 EW) Tauberbischofsheim (42.000 EW) Wutöschingen (<10.000 EW) Ilsfeld (35.000 EW) Bad Dürrenberg (25.000 EW) Edenkoben (30.000 bis 120.000 EW) Erbach (Donau) (25.000 EW; August 2016) In den letzten Jahren wurde das ursprüngliche Durchmischungsprinzip der HLF weiterentwickelt. Die Durchmischung wurde durch Gaseinpressung im Schlaufenreaktor mit Leitrohr vereinfacht.

Gaseinpressung im Schlaufenreaktor Das Gas wird am Reaktorkopf entnommen, komprimiert und unterhalb des Strömungsleitrohres wieder eingedüst. Dadurch entsteht im Strömungsleitrohr eine Aufwärtsströmung und entsprechend im Außenraum eine Abwärtsströmung. Das Prinzip ist auch als Mammutpumpe bekannt und erzeugt einen großen umlaufenden Volumenstrom, der für eine gleichmäßige Durchmischung sorgt. Der benötigte Energieeintrag zur Durchmischung ist gering.

Kläranlage der VG Edenkoben Die KA der VG Edenkoben wurde Mitte der 1980er mit aerober Schlammstabilisierung in Betrieb genommen. Im Rahmen des Vorhabens Energiekostenneutrale Kläranlage Edenkoben wurden mehrere Maßnahmen umgesetzt. Umstellung der Schlammbehandlung von simultaner aerober auf getrennte anaerobe Schlammstabilisierung. Errichtung und Betrieb einer zweistufigen Hochlastfaulung. Die saisonale Belastung der KA Edenkoben ist durch die Weinbaukampagne geprägt. Sie schwankt zwischen Unterlast an Sonn- und Feiertagen und Spitzenbelastungen während der Weinbaukampagne (7.000 EW bis etwa 120.000 EW).

Kläranlage der VG Edenkoben

Mittlere Zulauffracht des CSB 10.000 9.000 Mittlere CSB-Zulauffracht in kg/d 8.000 7.000 6.000 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Monat 2013 2011 2012 2014

Verfahrensfließbild der zweistufigen HLF in Edenkoben vom Rohschlammstapel M1 Faulgas zur Gasverwertung F5 F4 P1 F3 B3 V6 VG3 W1 E-9 V-5 E-11 V2 V1 zum Filtratspeicher F1 B1 B2 F2 zum Filtratspeicher P3 VG1 VG2 P5 P2 P-23 P-56 P-62 P4 P-22 P-67 W1.2 W2.2 P-17 Rücklauf Heisswasser V-2 V4 V-2 V3 Rücklauf Heisswasser V-2 V5 P-62 Heisswasser T = 65 C Heisswasser T = 65 C P7 W2 P6 P-62 ausgefaulter Schlamm zum Schlammstapel

Faulgasanfall Faulgas (Betriebsbedingungen) in m 3 /h 60 50 40 30 20 10 Parallel Seriell 90 80 70 60 50 40 30 20 10 Rohschlamm zur Faulung in m 3 /d 0 0 05.01.16 15.01.16 25.01.16 04.02.16 14.02.16 24.02.16 05.03.16 15.03.16 25.03.16 04.04.16 14.04.16 24.04.16 04.05.16 14.05.16 Summe Faulgas Faulgas HLF1 Faulgas HLF2 Rohschlamm Datum

Umstellung von parallelem auf seriellen Betrieb Durchsatz in m 3 /d und HRT in d 60 50 40 30 20 10 0 0 2 4 6 8 10 12 14 Umstellungsverlauf in d 4,5 4,0 3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0,0 Organische Raumbelastung in HLF1 in kg/(m 3 d) Durchsatz in m3/d HRT organ. Raumbelastung HLF1

Faulgasqualität Konzentration CH 4 und CO 2 im Rohgas in % 80 70 60 50 40 30 20 10 0 05.01.16 25.01.16 14.02.16 05.03.16 25.03.16 14.04.16 04.05.16 24.05.16 Datum 200 180 160 140 120 100 80 60 40 20 0 Konzentration H 2 S im Rohgas in ppm CH4 HLF1 CH4 HLF2 CO2 HLF1 CO2 HLF2 H2S HLF1 H2S HLF2

Maschinenhalle mit Fundamenten im Vordergrund

Aufbau der Faulbehälter

Maschinenhalle mit Wärmeübertragern und BHKW

Foto der zweistufigen Hochlastfaulung

Spezifische Kosten der Verfahrensumstellung 16 350 spezifische Kosten [Euro/(EW a)] 14 12 10 8 6 4 2 300 250 200 150 100 50 spezifische Gesamtkosten [Euro/EW] 0 0 10000 20000 30000 40000 50000 60000 Einwohnerwerte 0 Kapitalkosten Betriebskosteneinsparung Gesamtkosten Verfahrensumstellung verändert nach Gretzschel et al.