Ergebnisse der Modernisierung von sieben Mehrfamilienhäusern auf Passivhaus-Standard

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Transkript:

Zukunftsfähige Sanierungen ARBEITSGRUPPE V Ergebnisse der Modernisierung von sieben Mehrfamilienhäusern auf Passivhaus-Standard Marc Großklos, Margrit Schaede, Ulrike Hacke, Institut Wohnen und Umwelt GmbH Rheinstraße 65, D-64295 Darmstadt, m.grossklos@iwu.de 1 Einleitung Die ABG Frankfurt Holding modernisierte von 2008-2011 zusammen mit den Büros faktor10, bauart Konstruktions und Baumgartner sieben Mehrfamilienhäuser aus dem Jahr 1956 mit insgesamt 61 Wohneinheiten (Abb. 1). Die Energiebezugsfläche liegt nach Modernisierung bei 3850 m². Nach Abschluss der Arbeiten erreichen die Gebäude im Mittel über alle drei Bauabschnitte (je Block ein Bauabschnitt) den Passivhaus-Standard, wobei ein Block aufgrund seiner Ost-West-Orientierung mit 17,5 kwh/(m²a) die Neubauanforderungen leicht überschreitet. Neben marktgängigen, zertifizierten Passivhaus- Komponenten kamen auch neu entwickelte Dämmfassaden aus nachwachsenden Rohstoffen zum Einsatz. Die Wärmeversorgung sollte überwiegend mit einem Rapsöl- BHKW und drei thermischen Solaranlagen erfolgen. Außerdem wurden umfangreiche Maßnahmen zur Reduktion der Verteilverluste und des Energiebedarfs für die Warmwasserbereitung umgesetzt. Nach Bezug wurden die Gebäude im Zeitraum von Frühjahr 2010 - April 2013 messtechnisch untersucht. Im März 2012 fand eine Mieterbefragung statt, bei der Aussagen zur Zufriedenheit mit Gebäude und Anlagentechnik, der Nutzung der Anlagentechnik sowie auch zum umgesetzten Warmmietenmodell erhoben wurden. Abbildung 1: Außenansichten der Gebäude nach Abschluss der Arbeiten Frankfurt am Main 2013 207

ARBEITSGRUPPE V Zukunftsfähige Sanierungen 2 Ergebnisse der messtechnischen Erfolgskontrolle Die Komfortansprüche / Raumtemperaturen der Mieter liegen durchgängig über den Standard-Randbedingungen von 20 C, die bei der Planung angesetzt werden. Im Mittel lag die Raumtemperatur in den Kern- Heizmonaten (Jan, Feb, Mrz, Nov, Dez) des Jahres 2011 bei 22,2 C. Deutlich erhöhte Raumtemperaturen wurden auch in anderen hochwertig energetisch modernisierten Mehrfamilienhäusern gemessen (Abbildung 2, Messdaten Rotlintstraße als Kreise dargestellt). Die Punkte zeigen jedoch, dass die Wohnungen der Rotlintstraße im oberen Bereich der dargestellten Verteilung liegen. Auch zwischen den Bauabschnitten sind Unterschiede in der Raumtemperatur vorhanden. Der gemessene Heizwärmeverbrauch der Wohnungen (Abbildung 3) liegt bei 26,7 kwh/(m²a) (je nach Bauabschnitt leicht verschieden) und überschreitet somit den in der Planungsphase ermittelten Bedarfswert von 15,2 kwh/(m²a). Berücksichtigt man die gemessenen Raumtemperaturen sowie die geringeren inneren Wärmequellen (Personenbelegung 40,5 m²/pers., im Rahmen der Befragung erhoben), so ergibt sich z. B. für den zweiten (ungünstigsten) Mittlere gemessene Raumlufttemperatur [ C] FFM_Teves Bauabschnitt ein Heizwärmebedarf von 24,6 kwh/(m²a) der gemessene Verbrauch lag 2012 bei 27,8 kwh/(m²a). Der Mehrverbrauch der Gebäude ist somit im Wesentlichen auf die höheren Komfortansprüche der Mieter und die geringere Personenbelegung zurück zu führen. Es wurden jedoch weitere Einflussfaktoren identifiziert: 1. Erhöhte Raumtemperaturen in den Wohnungen (direkt vom Nutzer beeinflusst) 23,0 22,5 22,0 21,5 21,0 20,5 2. Verspätete Umschaltung der Lüftungsanlagen von Sommerbetrieb (Bypass) auf Winterbetrieb (Wärmerückgewinnung) im Rahmen der Wartung (teilweise erst im Januar!) (keine Beeinflussung durch den Nutzer) LU_PiB Rotlint 2.BA Rotlint 3.BA LU_NEH Rotlint 1.BA MA_Gartenstadt KA_Gördeler Wittenberg 20,0 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 Heizwärmeverbrauch [kwh/(m²a)] Abbildung 2: Gemessene Raumtemperaturen der Rotlintstraße 116-128 und weiteren energetisch modernisierten Mehrfamilienhäuser Heizwärmeverbrauch 2012 [kwh/(m²a)] 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Mittelwert 1.BA PHPP Wert mit angepassten Raumtemperaturen und IWQ Mittelwert 2.BA PHPP Wert mit angepassten Raumtemperaturen und IWQ Mittelwert 3.BA PHPP Wert mit angepassten Raumtemperaturen und IWQ 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10111213141516171819202122232425262728293031323334353637383940414243444546474849505152535455565758596061 Abbildung 3: Gemessene Heizwärmeverbräuche im Jahr 2012 208 Frankfurt am Main 2013

Zukunftsfähige Sanierungen ARBEITSGRUPPE V 3. Teilweise Sommerbetrieb im Heizkreis aufgrund von Handbetrieb der Heizungsregelung (keine direkte Beeinflussung durch den Nutzer) 4. Teilweise Nutzung der Schiebeläden tagsüber im Winter (Reduktion der solaren Gewinne) (direkt vom Nutzer beeinflusst) 5. Verstärkte Fensterlüftung im Badezimmer einiger Wohnungen im Winter (direkt vom Nutzer beeinflusst) 6. Geringere interne Wärmequellen (nur teilweise vom Nutzer beeinflussbar) Es ergibt sich somit eine Kombination von technischen Gründen und Nutzereinfluss für den gemessenen Verbrauch. Die Diskrepanz zwischen Auslegungstemperatur von 20 C und tatsächlich eher 21,5 C bis 22 C in energetisch modernisierten Mietwohngebäuden sollte insbesondere bei der Planung und Bilanzierung von Null- und Plusenergiehäusern zukünftig stärker berücksichtigt werden, damit die ehrgeizigen Ziele der Erzielung eines End- und Primärenergieüberschusses auch erreicht werden können. Im Jahr 2012 ergab sich ein spezifischer Haushaltsstromverbrauch von 25,2 kwh/(m²a). Der Planwert nach PHPP lag bei 28,2 kwh/(m²a), so dass der Planwert sogar um 11 % unterschritten wurde, während in anderen messtechnischen Untersuchungen 30 33 kwh/(m²a) gemessen wurden [z.b. Peper 2009]. Dies zeigt, dass durch konsequente Effizienzmaßnahmen auch beim sensiblen Bereich Haushaltsstrom nennenswert Energie gespart werden kann. Betrieb der Anlagentechnik Die Anlagentechnik der Gebäude ist mit einem BHKW, einer Gasbrennwerttherme, drei thermischen Solaranlagen und einem Nahwärmenetz mit drei Semizentralen komplex und es mussten einige Schwierigkeit behoben werden. Bei zwei der drei Bauabschnitte ist kurz nach Inbetriebnahme die Solarpumpe ausgefallen, so dass der solare Deckungsgrad auf Null abgesunken ist, bis das Problem behoben war. Ohne die kontinuierliche Betriebsüberwachung im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung wären diese Probleme wohl lange unentdeckt geblieben. Beim zweiten Bauabschnitt, der kontinuierlich funktionierte, konnte 2011 ein solarer Deckungsgrad von 55% erreicht werden. Durch das Monitoring konnten auch nicht eingebaute oder nicht funktionierende Rückschlagklappen identifiziert werden, die den korrekten Anlagenbetrieb, z. B. beim Zusammenspiel von BHKW und Brennwerttherme, verhinderten. Auch bei der Optimierung der Betriebsweise konnte z. B, durch das Abschalten von Umwälzpumpen die Effizienz gesteigert werden. Das Rapsöl-BHKW lief nach seiner Inbetriebnahme einige Monate relativ zuverlässig, bis es im Mai 2011 wegen hoher Rußemissionen und Schallproblemen in einer Frankfurt am Main 2013 209

ARBEITSGRUPPE V Zukunftsfähige Sanierungen Dachgeschosswohnung vorübergehend abgeschaltet werden musste. Der Fachplaner sowie der Hersteller des BHKWs entwickelten darauf hin zusammen mit Gutachtern Verbesserungen bei der Schallentkopplung der Abgasführung des BHKW, außerdem wurde ein Rußfilter aus dem Bereich der Flurförderung eingebaut, so dass die Anlage im Dezember 2012 wieder in Betrieb gehen konnte. Die Erfahrungen aus dem Anlagenbetrieb und dem Monitoring zeigen, dass Anlagen zur regenerativen Energieversorgung von Gebäuden oft noch nicht ausgereift sind besonders wenn sie im innerstädtischen Bereich und in Mehrfamilienhäusern eingesetzt werden oder es an kostengünstigen Überwachungsfunktionen fehlt, um Probleme zeitnah erkennen und beheben zu können. Insbesondere dann, wenn der anlagentechnische Aufwand steigt, sollte mit einem Betriebsmonitoring der korrekte Anlagenbetrieb zumindest in den ersten zwei Jahren überwacht werden. Hierzu fehlen aber kostengünstige Lösungen und die Kommunikation von Komponenten unterschiedlicher Hersteller funktioniert häufig nicht. Dass in der Rotlintstraße die Heizenergieverbräuche immer noch niedrig ausfielen, zeigt die Bedeutung der Effizienzsteigerung in der Gebäudehülle, die vor dem Einsatz von erneuerbaren Energien bzw. der Anrechnung von Gutschriften umgesetzt werden müssen. 3 Auswertungen zum Warmmietenmodell Die Heizkosten der Wohnungen werden gemäß der Ausnahmeregelung in 11 Abs. 1 Nr. 1a der Heizkostenverordnung (HeizkV) für Passivhäuser nicht individuell abgerechnet, sondern es wurde eine pauschale Warmmiete vereinbart. Neben den Heizkosten wird auch die Wärme für die Warmwasserbereitung pauschaliert abgerechnet (nicht jedoch das Warmwasservolumen), da die Warmwasserbereitung überwiegend mit Solarenergie bzw. Kraft-Wärmekopplung erfolgt ( 11, Abs.2 HeizkV). Ursprünglich wurde die HeizkV eingeführt, um neben einer Steigerung der Abrechnungsgerechtigkeit auch Anreize für eine Reduktion des individuellen Verbrauchs zu schaffen. Nun stellt sich die Frage, ob durch die fehlende Abrechnung der Anreiz der Mieter zu sparsamen Verhalten nachlässt. Indikatoren waren hierbei der gemessene Heizwärmeverbrauch der Wohnungen, die individuellen Raumtemperaturen sowie der Warmwasserverbrauch, jeweils bezogen auf die Wohnfläche oder pro Person. Die Messergebnisse zeigen zwar deutlich erhöhte Heizwärmeverbräuche, die jedoch überwiegend auf die gemessenen Raumtemperaturen und verspätete Umschaltung der Lüftungsanlage von Sommer- auf Winterbetrieb zurück geführt werden können. Die Raumtemperaturen selbst zeigen nur eine geringe Erhöhung im Vergleich mit anderen Passivhausprojekten mit Heizkostenabrechnung (Abb. 2), so dass hier kein großer Einfluss des Warmmietenmodells nachzuweisen ist. Möglicherweise wäre die Raumtemperatur mit Heizkostenabrechnung aber etwas niedriger ausgefallen. In einer zusätzlichen Information wurden die Mieter nachträglich über die korrekte Bedienung der Technik in der Wohnung und optimales Lüften und Verschatten informiert. Die personenbezogenen Warmwasser- 210 Frankfurt am Main 2013

Zukunftsfähige Sanierungen ARBEITSGRUPPE V verbräuche liegen im Jahr 2012 mit 48,4 l/(pers*d) deutlich über den projektierten Werten (25 l/(pers*d)), was seine Ursache wahrscheinlich im Warmmietmodell hat. Es besteht kein Anreiz für die Mieter kaltes Wasser zu nutzen (z. B. zum Hände waschen oder beim Putzen von Gemüse). Somit fällt die Bewertung des Warmmietmodells unterschiedlich aus: bei den Heizkosten ist der Mehrverbrauch zwar vorhanden aber als gering einzustufen und erscheint noch vertretbar. Wird jedoch nicht zwischen den Kosten von warmem- und kaltem Wasser unterschieden, so ist auf Basis der Messergebnisse in der Rotlintstraße von einer deutlichen Verschiebung zur Warmwassernutzung und somit zu erhöhtem Energieverbrauch auszugehen. Selbst bei regenerativer Energieversorgung sind die Auswirkungen kritisch zu bilanzieren. 4 Das Warmmietenmodell aus Mietersicht Neben der messtechnischen Überprüfung wurden die Mieter in einer umfangreichen Erhebung u.a. nach ihrer Einschätzung des Warmmietenmodells befragt. Es zeigte sich, dass 55 % der Befragten das Warmmietenmodell gut finden, 35 % präferieren jedoch eine gebäudebezogene oder individuelle Abrechnung. Die Zustimmung zur Warmmiete war bei niedrigen und hohen Haushaltseinkommen höher als bei mittleren Einkommen. Unabhängig von der individuellen Präferenz beurteilen die meisten Mieter das Warmmietenmodell gut bis sehr gut (87 %), sinnvoll (77 %) und zeitgemäß (80%), allerdings wird es als weniger gerecht bewertet und es ist ihnen noch eher fremd. Berücksichtigt man die Wohndauer (die Mieter wohnten zum Zeitpunkt der Befragung zwischen 1 und 3 Heizperioden in ihrer Wohnung), so steigt die Vertrautheit mit dem Abrechnungsmodell, je länger die Wohndauer ausfällt, die Zustimmung zum Abrechnungsmodell sinkt aber leicht. Als Vorteile der Warmmiete wurde in einer offenen Frage vor allem die Planungssicherheit für den Mieter und die Kostensenkung bei Technik und Personal genannt. Als Nachteile wurden angeführt, dass man für andere mit zahlt bzw. das Vertrauen unter den Mietern bezüglich achtsamen Verhaltens vorhanden sein muss. Interessant sind auch die Antworten zur Frage, inwieweit das Warmmietenmodell die Mietentscheidung beeinflusst hat. So geben 54 % derjenigen, die das Abrechnungsmodell befürworten an, dass es auf jeden Fall oder zumindest vielleicht ein Mietentscheidungsgrund war. Aber auch 44 % derjenigen, die die Warmmiete nicht präferieren, ließen sich bei Abschluss des Mietvertrages dadurch positiv beeinflussen. Die Warmmiete war bei allen Einkommensgruppen bei ca. 35 % der Befragten ein wichtiger Grund für die Mietentscheidung. Rechnet man die Angaben ja, vielleicht mit hinzu, so lag die höchste Zustimmung (80%) bei den niedrigen Einkommen, bei mittleren und hohen Einkommen immer noch 47 % - 64 %. Bei den Einzugsgründen wurde die Höhe der Gesamtmiete als drittwichtigstes Kriterium nach Lage (Nähe zur Innenstadt) und Vorhandensein von Balkon/Terrasse genannt. Frankfurt am Main 2013 211

ARBEITSGRUPPE V Zukunftsfähige Sanierungen 5 Fazit Mit der energetischen Modernisierung überwiegend mit nachwachsenden Dämmstoffen ausgeführt - konnte der Energieverbrauch für Heizung und Warmwasser um 70 % reduziert werden (Reduktion vorher/nachher messtechnisch belegt). Besonders erfreulich war auch die Tatsache, dass der Haushaltsstromverbrauch noch ca. 11 % unter den Planungswert lag. Bei der Anlagentechnik zeigte sich im Projekt, dass noch ein erheblicher Bedarf an zuverlässigen regenerativen Energieversorgungen für Mehrfamilienhäuser besteht. Zusätzlich ist die Frage der Betriebsoptimierung zu lösen, damit die vorhandenen Einsparpotenziale auch genutzt werden können. Das Warmmietmodell wurde von den Bewohnern überwiegend sehr gut aufgenommen und stellte für viele einen Mietentscheidungsgrund dar. Für den Bereich Heizwärme wird nur eine geringe Erhöhung der Verbräuche vermutet, so dass das Warmmietmodell auch als Vermarktungschance für die Wohnungswirtschaft verstanden werden kann. Die Anwendung auf die Warmwasserbereitung ist aus gegenwärtiger Sicht fragwürdig. Danksagung Die wissenschaftliche Begleitung der Modernisierung durch das Institut Wohnen und Umwelt wurde vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie der Europäischen Union, Investition in die Zukunft des europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert. Literatur [IWU 2012a] Hacke, U.; Großklos, M., Lohmann, G.: Wissenschaftliche Begleitung der Sanierung Rotlintstraße 116-128 in Frankfurt - Mieterbefragung zum Wohnverhalten im Passivhaus und zur Akzeptanz des Warmmietmodells, IWU, Darmstadt, 2012 (Veröffentlichung zusammen mit Endbericht im Jahr 2013) [Peper et al. 2009] Peper, S.; Grove-Smith, J.; Feist, W.: Sanierung mit Passivhauskomponenten; Messtechnische Untersuchung und Auswertung Tevesstraße Frankfurt a. M., PHI, Darmstadt, 2009 212 Frankfurt am Main 2013

Zukunftsfähige Sanierungen ARBEITSGRUPPE V figure 1: External views of the buildings after retrofit 23,0 LU_PiB 22,5 Rotlint 1.BA Mean room temperature [ C] 22,0 21,5 21,0 FFM_Teves Rotlint 2.BA Rotlint 3.BA MA_Gartenstadt Wittenberg 20,5 LU_NEH KA_Gördeler 20,0 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 Heat energy consumption [kwh/(m²a)] figure 2: Mean room temperature at Rotlintstraße 116-128 and other retrofitted apartment dwellings Frankfurt am Main 2013 213

ARBEITSGRUPPE V Zukunftsfähige Sanierungen Heat energy consumption [kwh/(m²a)] 80 70 60 50 40 30 20 Mean value 1st construction stage PHPP value with adjusted room temperatures and internal gains Mean value 2nd construction stage PHPP value with adjusted room temperatures and internal gains Mean value 3rd construction stage PHPP value with adjusted room temperatures and internal gains 10 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10111213141516171819202122232425262728293031323334353637383940414243444546474849505152535455565758596061 figure 3: Meassured heat energy consumption in 2012 214 Frankfurt am Main 2013