Christus Davids Sohn (Jeremia 23, 5-8; 1. Advent III)

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Transkript:

Christus Davids Sohn (Jeremia 23, 5-8; 1. Advent III) Eine Predigt von Bernhard Kaiser 5 Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, daß ich dem David einen gerechten Sproß erwecken will. Der soll ein König sein, der wohl regieren und Recht und Gerechtigkeit im Lande üben wird. 6 Zu seiner Zeit soll Juda geholfen werden und Israel sicher wohnen. Und dies wird sein Name sein, mit dem man ihn nennen wird:»der HERR unsere Gerechtigkeit«. 7 Darum siehe, es wird die Zeit kommen, spricht der HERR, daß man nicht mehr sagen wird:»so wahr der HERR lebt, der die Israeliten aus Ägyptenland geführt hat!«, 8 sondern:»so wahr der HERR lebt, der die Nachkommen des Hauses Israel herausgeführt und hergebracht hat aus dem Lande des Nordens und aus allen Landen, wohin er sie verstoßen hatte.«und sie sollen in ihrem Lande wohnen. Einleitung Unser Predigttext ist eine Weissagung des Propheten Jeremia vom Kommen Jesu Christi. Der Prophet Jeremia wirkte ja in den letzten Jahren der Herrschaft der judäischen Könige, bis der babylonische König Nebukadnezar im Jahre 589 vor Christus mit seinem Heer Judäa eroberte, Jerusalem belagerte und zerstörte und die judäischen Könige gefangennahm beziehungsweise töten ließ. Es war eine hochproblematische Zeit für diesen Boten Gottes inmitten des Volkes Gottes. Nachdem der fromme König Josia gestorben war, kamen dessen Söhne an die Macht: Joahas, Jojakim und Zedekia gottlose Typen, die sich nicht um Gottes Wort scherten, sondern eine ganz säkulare und unzuverlässige Machtpolitik betrieben. Die beiden letztgenannten regierten in Jerusalem, aber waren im Grunde von feindlichen Mächten abhängig. Jojakim wurde vom ägyptischen Pharao zum König gemacht und Zedekia von Nebukadnezar. Ihre Herrschaft war von Gewalttat und Unrecht gekennzeichnet. Jeremia erhielt den Auftrag, dem König Zedekia Gottes Wort vorzuhalten. Wir lesen: So sprach der HERR: Geh hinab in das Haus des Königs von Juda und rede dort dies Wort und sprich: Höre des HERRN Wort, du König von Juda, der du auf dem Thron Davids sitzt, du und deine Großen und dein Volk, die durch diese Tore hineingehen. So spricht der HERR: Schafft Recht und Gerechtigkeit und errettet den Bedrückten von des Frevlers Hand und bedrängt nicht die Fremdlinge, Waisen und Witwen und tut niemand Gewalt an und vergießt nicht unschuldiges Blut an dieser Stätte. Werdet ihr das tun, so sollen durch die Tore dieses Hauses einziehen Könige, die auf Davids Thron sitzen, und fahren mit Wagen und Rossen samt ihren Großen und ihrem Volk. Werdet ihr aber diesen Worten nicht gehorchen, so habe ich bei mir selbst geschworen, spricht der HERR: Dies Haus soll zerstört werden (Jer 22, 1-5). Dieses Wort ist immer noch eine Drohung und eine Aufforderung zur Umkehr. Doch es war klar, daß Zedekia nicht umkehren würde. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis die Weissagung des Propheten vom Gericht über Jerusalem und über das Haus Davids in Erfüllung gehen würde. Nebukadnezar belagerte Jerusalem über längere Zeit hinweg. Zedekia versuchte zu flüchten, aber er wurde von den Babyloniern ergriffen. Sein Schicksal war damit besiegelt: sie erschlugen die Söhne Zedekias vor seinen Augen und blendeten Zedekia die Augen und legten ihn in Ketten und führten ihn nach Babel (2Kön 25, 7). Damit war der letzte Herrscher aus der Dynastie Davids entmachtet und der Thron Davids zer-

Kaiser: Christus Davids Sohn, Seite 2 stört. Das jüdische Volk das Volk Gottes verlor seine Souveränität, ja es wurde zum Spielball der Großmächte, die in den folgenden Jahrhunderten ihre Reiche errichteten: Babylonier, Perser, Griechen und Römer. Es hatte keine Chance, gegen diese Supermächte einen eigenen, souveränen Staat zu errichten. Sollte das das Ende des Volkes Gottes sein? Sollte die große Geschichte von den Siegen Davids und der Herrlichkeit Salomos so zu Ende gehen? Mehr noch: Sollten die Verheißungen, die Gott dem Hause Davids gegeben hatte, hinfällig werden? Hatte nicht Gott zu David gesagt: Wenn nun deine Zeit um ist und du dich zu deinen Vätern schlafen legst, will ich dir einen Nachkommen erwecken, der von deinem Leibe kommen wird; dem will ich sein Königtum bestätigen. Der soll meinem Namen ein Haus bauen, und ich will seinen Königsthron bestätigen ewiglich (2Sam 7, 12-14). Wo war dieser Nachkomme? Wo war sein Thron? Wie verhält es sich mit der Treue Gottes zu seinem Wort? Diese Fragen mußten sich die Juden über mehrere Jahrhunderte stellen, unabhängig davon, ob sie dem Wort Gottes glaubten oder nicht. Unser Predigttext gibt darauf eine Antwort. Er spricht von dem Sproß, den Gott dem Hause Davids geben würde. Das soll uns im ersten Teil unserer Predigt beschäftigen. Im zweiten Teil schauen wir auf das, was Jeremia von diesem Sproß weissagt. Was heißt das, daß er Der HERR unsere Gerechtigkeit heißen wird? Und dann ist noch von der Sammlung des Volkes Gottes die Rede. Über diese spreche ich im dritten Teil unserer Predigt. 1. Der Sproß aus dem Hause Davids Das Alte Testament und darin besonders die Samuel-, Königs- und Chronikbücher sprechen von der Geschichte Israels in der Königszeit. Sie führen uns wie bei einer Parade die verschiedenen Könige vor. Von etlichen heißt es: Und er tat, was dem Herrn wohlgefiel, von anderen aber: Und er tat, was dem Herrn mißfiel. Gelegentlich kommentieren die Autoren, die offenbar Propheten waren, bestimmte Ereignisse aus der Regierungszeit der Könige aus der Sicht Gottes. Ihre Geschichtsschreibung beurteilt das Handeln des jeweiligen Königs im Licht des Gesetzes des Mose und insbesondere im Licht der Gebote Gottes. Von daher wird oft erwähnt, ob und inwieweit ein König für den rechten Gottesdienst eintrat oder ob er auch heidnische Kulte duldete oder das Volk dazu verführte, heidnischen Göttern zu dienen. Die Propheten haben darüber hinaus auch die Moral der Könige unter die Lupe genommen und kommentiert. In der späten Königszeit gab es diesbezüglich viele Klagen darüber, daß die Könige ihre Macht mißbrauchten, um ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Jeremia kritisiert sie in dem Abschnitt vor unserem Predigttext mit den Worten: Weh euch Hirten, die ihr die Herde meiner Weide umkommen laßt und zerstreut!, spricht der HERR. Darum spricht der HERR, der Gott Israels, von den Hirten, die mein Volk weiden: Ihr habt meine Herde zerstreut und verstoßen und nicht nach ihr gesehen. Siehe, ich will euch heimsuchen um eures bösen Tuns willen, spricht der HERR (Jer 23, 1-2). Wie wir schon gehört haben, hielt er Zedekia vor, die Hinrichtung unschuldiger Menschen, Unrecht und Ausbeutung der Schwachen in der Gesellschaft gutzuheißen. Wir sehen daran, daß die Verheißung, die Gott Jahrhunderte zuvor David gegeben hatte, noch nicht in Erfüllung gegangen war. Die Könige Israels und Judas waren allemal unvollkommen und manche richtig böse. Nachdem das Reich unter dem Nachfolger des Königs Salomo geteilt wurde, breitete sich im Nordreich mit der Hauptstadt Samaria ein staatlich verordneter Götzendienst aus. Gott ließ über zwei Jahrhunderte später, im Jahre 722 vor Christus, die Assyrer zum Gericht über das Nordreich Israel kommen, das

Kaiser: Christus Davids Sohn, Seite 3 Reich zerstören und die Juden zum Teil wegführen und fremdes Volk sich im Lande ansiedeln. Im Südreich gab es zwar immer wieder Könige, die Gottes Wort ernstnahmen und dem Götzendienst widerstanden, aber das änderte nichts an der Verfallsgeschichte, die in der Eroberung Jerusalems durch Nebukadnezar und in der babylonischen Gefangenschaft ihren Schlußpunkt fand. Damit stand das Volk Gottes ohne den von Gott autorisierten Führer da. Auch wenn die Juden Jahrzehnte später aus der Babylonischen Gefangenschaft zurückkehren durften und in Jerusalem sogar einen Tempel bauen durften einen König aus dem Hause Davids bekamen sich nicht. Neben den heidnischen Großmächten begannen verschiede Clans gegeneinander zu kämpfen um die Macht über das jüdische Volk. Kurz, es gab keine heile Welt für das Volk Gottes. Gott aber hatte durch Jeremia seinem Volk die Verheißung gegeben: Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, daß ich dem David einen gerechten Sproß erwecken will. Der soll ein König sein, der wohl regieren und Recht und Gerechtigkeit im Lande üben wird. Zu seiner Zeit soll Juda geholfen werden und Israel sicher wohnen. Diese Verheißung war nicht eigentlich neu, denn schon Jesaja hatte geweissagt: Siehe, es wird ein König regieren, Gerechtigkeit aufzurichten, und Fürsten werden herrschen, das Recht zu handhaben (Jes 32, 1-3). Angesichts der zwielichtigen und finsteren Gestalten unter den alttestamentlichen Königen und auch angesichts der Auslöschung der davidischen Dynastie in Jerusalem leuchteten diese Verheißungen wie ein Licht aus einer anderen Welt und gaben allen denen Grund zur Hoffnung, die dem Wort Gottes glaubten und auf die Erfüllung der Zusagen Gottes und die Ankunft des Davidssohnes warteten. Und er kam über fünfhundert Jahre nachdem Jeremia es geweissagt hatte. Er wurde nicht zufällig in Bethlehem geboren, denn das war auch die Geburtsstadt Davids, und seine Eltern waren leibliche Nachkommen Davids: seine leibliche Mutter Maria und sein Adoptivvater Joseph. So war er ein rechtmäßiger Anwärter auf den Thron Davids, was denn auch der Engel Gabriel seiner Mutter Maria bei der Anküdigung seiner Geburt ausdrücklich vermerkte: Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, und du sollst ihm den Namen Jesus geben. Der wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird König sein über das Haus Jakob in Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende haben (Luk 1, 31-33). Damit ist klar: Jesus ist der verheißene Davidssproß. 2. Was der Davidssproß tut Das Alte Testament spricht in erstaunlicher Klarheit von den Kennzeichen der Herrschaft des Davidssohnes. Jesaja zum Beispiel sagt: Und es wird ein Reis hervorgehen aus dem Stamm Isais und ein Zweig aus seiner Wurzel Frucht bringen. Auf ihm wird ruhen der Geist des HERRN, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des HERRN. Und Wohlgefallen wird er haben an der Furcht des HERRN. Er wird nicht richten nach dem, was seine Augen sehen, noch Urteil sprechen nach dem, was seine Ohren hören, sondern wird mit Gerechtigkeit richten die Armen und rechtes Urteil sprechen den Elenden im Lande, und er wird mit dem Stabe seines Mundes den Gewalttätigen schlagen und mit dem Odem seiner Lippen den Gottlosen töten (Jes 11, 1-4). Jeremia sagt: Der soll ein König sein, der wohl regieren und Recht und Gerechtigkeit im Lande üben wird. Zu seiner Zeit soll Juda geholfen werden und Israel sicher wohnen. In diesen und mehreren weiteren Weissagungen wird von der Gerechtigkeit gesprochen, die die Herrschaft des Davidssohnes kennzeichnet. Das aber bedeutet, daß dieser König in der irdischen, geschöpflichen Wirklichkeit Recht schaffen wird. Er wird das Gesetz des Mose zur Durchsetzung bringen und es selbst auch erfüllen. Gerechtigkeit ist so sehr sein Kenn-

Kaiser: Christus Davids Sohn, Seite 4 zeichen, daß man ihn danach benennen kann. Jeremia sagt: Und dies wird sein Name sein, mit dem man ihn nennen wird:»der HERR unsere Gerechtigkeit«. Immer wieder hatten die Propheten das Unrecht der alttestamentlichen Könige angeprangert, das Unrecht, das sie selbst begingen, und das Unrecht, das sie tolerierten. Sie haben die nicht vorhandene Gottesfurcht und den daraus folgenden Götzendienst ebenso kritisiert wie die Gewalttaten und das Unrecht im zwischenmenschlichen und gesellschaftlichen Rahmen. Es bleibt eben nicht aus, daß dort, wo Gott nicht mehr als Gott erkannt und angebetet wird, auch die Sitten verrohen und sich Unrecht in der Gesellschaft breitmacht. Das sollte unter dem verheißenen Davidssproß anders werden. Das Neue Testament zeigt uns, wie Jesus Gerechtigkeit geschaffen hat. Indem er stellvertretend für die Sünden seines Volkes in den Tod gegangen ist, indem er mit diesem Tod die Strafe für die Sünden seines Volkes erlitten hat, aber auch indem er leibhaftig auferstanden ist und nun lebt und regiert, ist er der Gerechte, der alle Rechtsforderungen Gottes erfüllt. Er regiert seine Kirche durch den Heiligen Geist, indem er Glauben schafft und diesen Glauben zur Gerechtigkeit rechnet. Er wirkt bei seinen Untertanen zugleich die Frucht des Glaubens, die Werke der Liebe. Er regiert über die übrige Welt, indem er sein Gesetz verkünden läßt und indem die Menschen die jeweilige Obrigkeit dieses Gesetz in der weltlichen Gesetzgebung und Rechtsprechung umsetzen. Er wird aber seine Herrschaft auch darin ausüben, indem er über dieser Welt mit ihrer Gottlosigkeit und Sünde ein gerechtes Gericht üben wird und die neue und gerechte Welt schaffen wird. Auch davon hat Gott durch Jesaja geredet: Ich habe bei mir selbst geschworen, und Gerechtigkeit ist ausgegangen aus meinem Munde, ein Wort, bei dem es bleiben soll: Mir sollen sich alle Knie beugen und alle Zungen schwören und sagen: Im HERRN habe ich Gerechtigkeit und Stärke. Aber alle, die ihm widerstehen, werden zu ihm kommen und beschämt werden. Im HERRN wird gerecht werden Israels ganzes Geschlecht und wird sich seiner rühmen (Jes 45, 23-25), und der Apostel Paulus stellt im Blick auf Jesus Christus klar: Darum hat ihn auch Gott erhöht und hat ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist, daß in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind, und alle Zungen bekennen sollen, daß Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters (Phil 2, 9-11). 3. Der Davidssproß und sein Volk Wer aber hat an der Herrschaft Jesu Christi teil? Aus alttestamentlicher Perspektive ist hier von der Sammlung des Volkes Gottes die Rede. Jeremia sagt in dem Abschnitt vor unserem Predigttext: Ich will die Übriggebliebenen meiner Herde sammeln aus allen Ländern, wohin ich sie verstoßen habe, und will sie wiederbringen zu ihren Weideplätzen, daß sie sollen wachsen und viel werden. Und ich will Hirten über sie setzen, die sie weiden sollen, daß sie sich nicht mehr fürchten noch erschrecken noch heimgesucht werden, spricht der HERR (Jer 23, 1-4). Die Übriggebliebenen der Herde Gottes sind nicht die Juden als irdisches Volk, sondern die Gläubigen aus Juden und Heiden, wie wir aus neutestamentlicher Perspektive sagen müssen. Als Jesus sich als der gute Hirte zu erkennen gab, da ließ er seine Hörer wissen: Ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall; auch sie muß ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte werden (Joh 10, 16). Damit war klar: Nicht nur Juden, sondern auch Menschen aus allen anderen Völkern sollen zur Herde Gottes hinzukommen und an der Herrschaft Christi teilhaben. Das geht auch sehr klar aus einer Weissagung Jesajas hervor: Und es wird geschehen zu der Zeit, daß das Reis aus der Wurzel Isais dasteht als Zeichen für die Völker. Nach ihm werden die Heiden fragen, und die Stätte, da er wohnt, wird herrlich sein (Jes 11, 10).

Kaiser: Christus Davids Sohn, Seite 5 Jeremia weist in unserem Predigttext darauf hin, daß auch der Bezugspunkt, unter dem sich das Volk Gottes als solches erkennt, ein anderer sein wird als im Alten Testament. Wir lesen: Darum siehe, es wird die Zeit kommen, spricht der HERR, daß man nicht mehr sagen wird:»so wahr der HERR lebt, der die Israeliten aus Ägyptenland geführt hat!«, sondern:»so wahr der HERR lebt, der die Nachkommen des Hauses Israel herausgeführt und hergebracht hat aus dem Lande des Nordens und aus allen Landen, wohin er sie verstoßen hatte.«und sie sollen in ihrem Lande wohnen. Die Nachkommen des Hauses Israel, Juden, sind nach der Bestimmung des Apostels Paulus nicht diejenigen, die leiblicherweise von Abraham abstammen. Er sagt in seinem Brief an die Römer: Nicht alle sind Israeliten, die von Israel stammen; auch nicht alle, die Abrahams Nachkommen sind, sind darum seine Kinder. Sondern nur»was von Isaak stammt, soll dein Geschlecht genannt werden«(1.mose 21,12), das heißt: nicht das sind Gottes Kinder, die nach dem Fleisch Kinder sind; sondern nur die Kinder der Verheißung werden als seine Nachkommenschaft anerkannt (Röm 9, 6-8). Das heißt: Abrahams Kinder sind diejenigen, die den Zusagen Gottes glauben. Jeder, der dem Evangelium von Christus glaubt, hat teil an dem Segen, mit dem Gott Abraham und seine Nachkommenschaft bedacht hat. Er gehört zum Volk Gottes, unabhängig davon, ober er Jude ist oder Nichtjude. So bringt Gott seit der Offenbarung in Jesus Christus sein Volk aus allen Himmelsrichtungen zusammen. So wie das irdische Israel im Alten Testament unter der gnädigen Ansehung Gottes in seinem Lande wohnte, so wird es den Gläubigen aller Zeiten von Abel an bis zur Wiederkunft Christi gegeben werden, in der neuen Schöpfung, die Gott schaffen wird, zu wohnen in Frieden und Sicherheit, ohne Diskriminierung, ohne Bedrohung, ohne Leid und Tod, und das in einer Schöpfung, die nicht mehr unter dem Fluch der Vergänglichkeit steht. Sie werden die Nutznießer der Gerechtigkeit sein, die Gott unter der Herrschaft des Davidssohnes gibt jetzt für den Glauben, dort aber in Wirklichkeit. Schluß So wie das alttestamentliche Gottesvolk die Gläubigen des Alten Bundes darauf warteten, das der Davidssproß käme, und er dann gekommen ist, so warten auch wir auf die Gerechtigkeit, die mit der Wiederkunft Jesu Christi sichtbare Wirklichkeit werden wird. So wie Gott jene Zusagen eingelöst hat, so wird er auch diejenigen einlösen, die jetzt noch ausstehen. Es gehört zum Wesen des christlichen Glaubens, auf diese Zukunft ausgerichtet zu sein. Damit ist zugleich gesagt: Das Heil der Welt kommt von Davidssohn, und Gott ruft die Menschen auf, ihn zu ehren und an ihn zu glauben. Was immer an Herren in dieser Welt kommt und geht, was immer an Terror, Angst, Diskriminierung und Gewalttat von ihnen ausgehen mag, was immer an Sünde und Unrecht geschehen mag Christus, der Davidssproß wird sein Reich aufrichten und ein gerechtes Urteil sprechen über aller Gottlosigkeit, allem Unglauben und aller Sünde. Wer aber jetzt an ihn glaubt, der hat seine Gerechtigkeit schon jetzt; er ist gerechtfertigt und hat schon jetzt sein Bürgerrecht im Himmel und sein Anteil an der neuen Schöpfung. Amen. Sie brauchen das IRT das IRT braucht Ihre Unterstützung! Deutschland: Volksbank Mittelhessen, IBAN: DE84 5139 0000 0045 6326 01; BIC: VBMHDE5F. - Schweiz: Raiffeisenbank Schaffhausen, BC 81344; IBAN: CH29 8134 4000 0092 1077 1 (EUR) oder CH34 8134 4000 0092 1077 8 (CHF).