Im Fernsehen ist jegliche Form von Revolution schlecht



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Transkript:

seite 1 Im Fernsehen ist jegliche Form von Revolution schlecht Kaum einer hat das deutsche Fernsehgeschäft so geprägt wie er. Fred Kogel war Unterhaltungschef beim ZDF, Geschäftsführer bei SAT.1 und Vorstandschef von Constantin Film. Seit kurzem frönt der Medienmanager, der unter anderem die Harald Schmidt Show produziert, wieder seinem Hobby als Radiomoderator bei Bayern 3. Screen.tv-Autor Hans Hoff hat Fred Kogel in seinem Büro in Grünwald bei München besucht und mit ihm über den Paradigmenwechsel im Fernsehen gesprochen. Interview: Hans Hoff, Nideggen Fotos: Edward Beierle

Im Fernsehen ist jegliche Form von Revolution schlecht SEITE 2 Ich muss zugeben, es hat auch mit Lebensalter zu tun, dass mich Sendungen nur noch unter beruflichen Aspekten interessieren. Herr Kogel, als Radiomoderator, der sie ja wieder sind, fragen Sie gerne den Lebenssoundtrack ihrer Gäste ab. Welche drei Platten haben Ihr Leben geprägt? Fred Kogel: Da ist sicherlich Led Zeppelin dabei, die vierte, mit Stairway To Heaven und vor allem Rock n Roll. Auch eine der ganz frühen Aerosmith-Platten, zum Beispiel Rocks und Stevie Wonders Talking Book mit einem Titel wie Superstition. Das repräsentiert Ihre persönliche Musikwerdung? Kogel: Als Teenager der Siebziger Jahre ist man sehr stark Rockund Soul-beeinflusst. Das hat sich bis heute gehalten. Sie haben mal öffentlich davon geträumt, dass Aerosmith anruft und den Sänger Steven Tyler durch Sie ersetzt. Kogel: Da wäre ein Traum in Erfüllung gegangen. Aber es ist gut, dass es beim Traum geblieben ist, weil meine Musikkarriere sicherlich nicht von Erfolg gekrönt gewesen wäre. Aber Sie hätten schon Lust gehabt? Kogel: Ich bin halt über die ganzen Jahre ein absolut Musikverrückter geblieben. Ich bin der Rockmusik und auch der Klassischen Musik eng verbunden. Natürlich hat man als Teenager immer mal davon geträumt, in einer Band mitzuspielen. Analog zum Soundtrack Ihres Lebens gibt es sicherlich auch prägende Momente des Fernsehens. Kogel: Ich komme aus einem Theater-Elternhaus, wo der Vater Opernsänger und die Mutter Ballettmeisterin war. Da wurde erst spät der erste Fernseher angeschafft. Wie so oft kam er zu großen Ereignissen. Bei uns war das die Mondlandung 1969. Dann kamen Boxkämpfe von Frasier und Ali, zu denen mein Vater nachts aufgestanden ist. Das war für mich prägend. Das hat für mich die Schlagkraft dieses Mediums verdeutlicht. Und natürlich kann ich mich an die Fernsehabende erinnern mit Kulenkampff und Frankenfeld. Und später natürlich die frühen Ausgaben von Wetten, dass?. Mit Frank Elstner. Kogel: Genau. Ich bin dann lange ein Showkind gewesen, bevor ich mich viele Jahre später eher fiktional orientiert habe. Wann kam erstmals der Gedanke: Da könnte ich auch mitmischen? Kogel: Der Fernsehgedanke kam erst auf, als ich schon Radio gemacht habe. Erst beim Bayerischen Rundfunk, und dann habe ich ja 1985 das erste Privatradio in München mit begründet, Radio Xanadu. In unserem Haus zog dann Herbert Kloiber mit Tele 5 ein. Damals hieß der Sender noch Musicbox. Ich wurde dann gefragt, ob ich nicht mitarbeiten will als Producer. Das war meine erste Berührung mit der Fernsehproduktion. Da habe ich alles von der Pike auf gelernt. Sie sind einer der letzten, die aus den frühen goldenen Jahren des Privatfernsehens übrig geblieben sind. Kogel: Ich war auch mit der erste, der da aufgesprungen ist. Sehr zum Schrecken meines Vaters, der es sicher gerne gesehen hätte, wenn ich mich beim BR hätte fest anstellen lassen. Wo Sie doch schon kein Jurist geworden sind. Kogel: Genau. Nur Halbjurist. Beim Fernsehen öffneten sich damals für einen 25-Jährigen Türen und Tore, in die ich einfach eingetreten bin. Da musste ich dabei sein. Da bin ich mit allem Risiko reingesprungen.

Im Fernsehen ist jegliche Form von Revolution schlecht SEITE 3 Meine Musikkarriere wäre sicherlich nicht von Erfolg gekrönt gewesen.

Im Fernsehen ist jegliche Form von Revolution schlecht SEITE 4 Sie sind dann aber ziemlich schnell ins öffentlich-rechtliche Fernsehen gegangen. Kogel: Wir haben bei Tele 5 den Eurovision Song Contest, der damals noch Grand Prix hieß, ziemlich böse kritisiert. Da kam der Unterhaltungschef des BR und sagte: Wenn Sie den Grand Prix so zerlegen, dann machen Sie s doch selbst. Das war mein erster Versuch in der großen Show. Dann habe ich gemeinsam mit Hape Kerkeling den Grand Prix produziert und bin danach erst als freier Produzent zu Wetten, dass? gegangen und dann kurz danach beim ZDF Unterhaltungschef geworden. War das alles nur Mut, oder hatten Sie auch den Eindruck: Ich kann das? Kogel: Es ist eine Mischung aus mehreren Faktoren. Einmal der Mut, den man wahrscheinlich nur in diesem Lebensalter hat. Der zweite war Glück. Und dann habe ich einfach sehr hart gearbeitet. Das ZDF hätte mich nie als Unterhaltungschef geholt, wenn ich nicht schon gute Arbeit als Produzent geleistet hätte. Als Sie dann SAT.1-Chef wurden und Ende 1995 Harald Schmidt installierten, wussten Sie da, was Sie taten? Oder war das Übermut? Kogel: Auch das war eine Mischung. Ich war ja kaum beim ZDF, da rief mich Bernd Eichinger an und sagte. Der Alte, der ja damals Leo Kirch war, will dich kennenlernen. Ich bin dann mit einer Armada an Moderatoren zu SAT.1 gegangen, mit Thomas Gottschalk, Fritz Egner, Harald Schmidt und Kai Pflaume. Eigentlich sollte da der Günther Jauch auch noch dabei sein, der mir kurz vorher ausgebüxt ist. Ich wollte ja, dass Günther mein Nachrichten-Anchor wird. Das war mein Plan. Wenn Günther heute die Tagesthemen moderieren würde, wäre die ARD in dem Bereich gut aufgestellt. Das klingt, wenn man das Fernsehen von heute betrachtet, wie ein Bericht aus dem großen Goldrausch. Kogel: Ja, das war ja damals in meiner SAT.1-Zeit auch sehr geprägt von dem Kampf der großen Senderpersönlichkeiten bei den Privatsendern, von Helmut Thoma bei RTL, von Georg Kofler bei ProSieben und mir bei SAT.1. Damals haben sich ja Pro Sieben und SAT.1 bekriegt in der Frage, wer die Nummer zwei nach RTL ist. Das war fernab von Freundlichkeit. Heute haben wir viel mehr Fernsehen und viel weniger Persönlichkeit an den Spitzen. Kogel: Damals war es notwendig, dass ein Sender durch eine Persönlichkeit repräsentiert wird. Das ist heute nicht mehr so. Das ist abgelöst worden durch eine rein wirtschaftliche Betrachtungsweise. Da herrscht ja schon fast Anonymisierung. Ist nicht auch die Bedeutung der Moderatoren abgelöst worden durch die gestiegene Bedeutung der Formate. Kogel: Um es ganz deutlich zu sagen: Joko und Klaas können niemals mehr in diese Höhen aufsteigen. Das ist heute alles viel schmaler und zielgruppenorientierter. Da hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden. Heute werden mit großem Marketingaufwand Formate als Leuchttürme etabliert. Braucht es irgendwann keine Moderatoren mehr? Kogel: Das weiß ich nicht. Heute sind Gottschalk oder Harald Schmidt auch wichtige Marketing- und Image-Faktoren für einen Sender. Ich glaube, dass ein Moderator immer wichtig ist, aber seine Bedeutung wird sich immer weiter runter dampfen oder auf Zielgruppen verstreuen und nicht mehr so wahrnehmbar sein. Früher hat man wegen Kulenkampff, Gottschalk oder Schmidt eingeschaltet. Günther Jauch ist einer der letzten, die heute noch so wahrgenommen werden. Damals war es notwendig, dass ein Sender durch eine Persönlichkeit repräsentiert wird. Das ist heute nicht mehr so.

Im Fernsehen ist jegliche Form von Revolution schlecht SEITE 5 Früher hat man wegen Kulenkampff, Gottschalk oder Schmidt eingeschaltet. Günther Jauch ist einer der letzten, die heute noch so wahrgenommen werden. Ist Jauch der letzte Hüter des Lagerfeuers? Kogel: Eines nicht mehr so hell lodernden Lagerfeuers. Das hängt natürlich mit seiner regelmäßigen Präsenz bei Wer wird Millionär? zusammen. Wenn er nur sonntags den ARD-Talk moderieren würde, würde es schnell verblassen. Manche sagen, das neue Lagerfeuer sei der Fußball. Über 20 Millionen beim Champions-League-Finale. Kogel: Der Fußball war immer ein enormes Lagerfeuer. Er hat sich als Event erhalten, und es gibt eben neue Produkte wie die Champions League, die man über die letzten Jahre perfekt als Mega-Event positioniert hat. Ist Fernsehen für Sie noch ein Medium, das Sie privat interessiert? Kogel: Ich muss zugeben, es hat auch mit Lebensalter zu tun, dass mich Sendungen nur noch unter beruflichen Aspekten interessieren. Was schauen Sie denn noch? Kogel: Ich bin ein großer News- und Dokumentationsfanatiker. Im Bereich der Show schaue ich mir alles an, was neu ist, entscheide aber dann sehr schnell, ob es sich lohnt, das ein zweites Mal anzugucken. Circus HalliGalli zum Beispiel gefällt mir. Das ist kreativ, sehr gut umgesetzt. Da machen sich zwei, drei Leute ein paar Gedanken. Das, was Joko und Klaas machen, ist nichts Neues, aber sie sind gute Typen, und es passt in diese Zeit. Es stellt sich die Frage, was nach Klaas und Joko kommt. Kogel: Es gibt ja viele Leute, die sagen: Schaut euch die ganzen Internet-Stars an. Ich habe mich mal mit Y-Titti beschäftigt, die ja 250.000 Klicks haben. Wir haben die auch mal in die Schmidt- Show eingeladen. Ich sage, Chapeau, nette und harmlose Gags, die die Drei da hochladen und super, wenn sie damit bei YouTube 10.000 Euro verdienen. Das hat seine Berechtigung. Das würde aber auf Dauer in einem Fernsehformat nicht halten. Man muss ja fragen, wie sich die Humorstruktur des Internets im Fernsehen auswirkt. Das sind nach wie vor getrennte Bereiche. Im Fernsehen ist eh jegliche Form von Revolution schlecht. Es ist dort immer eine Evolution, die sich Schritt für Schritt ergibt. Die ARD will nun nach dem Aus für Beckmann Comedy am Donnerstag anbieten. Kogel: Der Witz ist ja, dass die ARD mit unserer Harald Schmidt Show schon Comedy am Donnerstag hatte über sechs Jahre. Beckmann hatte dann die gleichen Quoten wie die Harald Schmidt Show. Das liegt einfach am Sendeplatz. Da kann senden, wer will. Am Donnerstag wird die Comedy genauso wieder ins Gerede kommen, weil sie dann auch nur acht Prozent Marktanteil hat. Gegen diese Doppelverquickung von Illner und Lanz im ZDF ist kaum ein Kraut gewachsen. In der Fernsehentwicklung ist es eben ganz entscheidend, sich von alten Denkschemata zu verabschieden. Es braucht gerade beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen Macher mit Haltung, einer klaren Vorstellung und gesellschaftspolitischem Verantwortungsgefühl. Es gelten nicht mehr die klassischen Regeln nach dem Motto, ich kaufe das und den ein, und das wird an diesem oder jenem Sendeplatz funktionieren. Man muss versuchen, hier und da aus dem Regelwerk auszubrechen. Ich habe da vor fünf Jahren auch noch ganz anders gedacht. Das ZDF hat mit der Heute Show etwas Neues geschaffen. Kogel: Das ist richtig. Sie haben es halt ZDFig gemacht. Die Heute Show ist ja eine Comedyshow, die nichts voraussetzt, die jeden Gag erklärt. Das ist ein Level unter Schmidt, der voraussetzt, wer Merkel ist. Die Heute Show erklärt Merkel erst.

Im Fernsehen ist jegliche Form von Revolution schlecht SEITE 6 Es gelten nicht mehr die klassischen Regeln nach dem Motto, ich kaufe das und den ein, und das wird an diesem oder jenem Sendeplatz funktionieren. Man muss versuchen, hier und da aus dem Regelwerk auszubrechen.

Im Fernsehen ist jegliche Form von Revolution schlecht SEITE 7 Deshalb ist es auch keine Satireshow, sondern eine Comedyshow. Die Heute Show ist die Weiterentwicklung vom Verrückten Paar mit modernen Mitteln. Die kommt im Fahrwasser der Wochenshow oder von Rudis Tagesshow. Hat Satire eine Zukunft im Fernsehen? Kogel: Man muss voraussetzen, dass wirkliche Satire immer schon ein sehr beschränktes Publikum hatte. Das klassische Satirepublikum ist 1,5 bis zwei Millionen stark. Wenn Sie in die Comedy rübergehen, erreichen Sie zwei bis vier Millionen. Was würde der junge Fred Kogel, der sich einst beim BR-Radio erfolgreich für die Gottschalk-Nachfolge beworben hat, heute tun? Kogel: Ich wäre wahrscheinlich genauso begeistert. Ich würde wieder im Radio anfangen, weil ich das nach wie vor für ein tolles Medium halte. Und ich würde mich natürlich im Internet tummeln, weil man dort am schnellsten reinkommt. Es sind nicht mehr diese medialen Karrieren wie früher, wo man mit einem hohen Pay-Off rauskam. Vielleicht ist man da heute in einem normalen Job. Du bist bei einem Internetradio und verdienst dein Geld halt damit. Es wird auch nichts Besonderes mehr sein, als Fernsehmoderator zu arbeiten. Du verdienst nicht so viel, aber du hast Spaß. Interview: Hans Hoff FRED KOGEL Kaum jemand hat das Geschäft mit dem privaten Fernsehen so vorangetrieben wie Fred Kogel. Der 1960 in Wiesbaden geborene Unternehmer produziert unter anderem die Harald Schmidt Show, ist geschäftsführender Gesellschafter der Kogel Beteiligungs- und Verwaltungs GmbH, die wiederum Alleingesellschafter der Fred Kogel GmbH ist. Zudem ist Kogel Vorsitzender des Aufsichtsrats der Constantin Medien AG. Schon in den frühen 80er Jahren setzte der Mann, den sie damals oft Fredy nannten, Maßstäbe in den Kommerzmedien. Er gründete eines der ersten Privatradios, wo sie ihn gerne mal den Mann mit der eisernen Unterlippe nannten. Er moderierte Musiksendungen im Radio und vor der Kamera, war Anfang der 90er Jahre Showchef beim ZDF und ist bis heute der am längsten amtierende Geschäftsführer in der wechselvollen SAT.1-Geschichte. Kogel war jener Mann, der Thomas Gottschalk nach dem Wolfgang- Lippert-Intermezzo wieder zu Wetten, dass? holte, er hatte 1995 den Mut, Harald Schmidt eine tägliche Spätshow zu geben und hielt auch zu ihm, als kein freier Sender mehr die Türen für Deutschlands besten Satiriker offenhielt. Zwischendrin begleitete Kogel eine von Leo Kirchs Firmen in die Insolvenz und lenkte später von verschiedenen Positionen aus die Geschicke der Constantin Film AG. Gemeinsam mit Harald Schmidt betreibt er eine Stiftung zur Förderung der Musik und erledigt auch Management-Aufgaben für Til Schweiger. www.kogel-group.de In der Fernsehentwicklung ist es ganz entscheidend, sich von alten Denkschemata zu verabschieden.