Umsatzsteuerbefreiung für Haushaltshilfen als Leistung der Kranken- und Pflegeversicherung

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Transkript:

Umsatzsteuerbefreiung für Haushaltshilfen als Leistung der Kranken- und Pflegeversicherung 2018 Deutscher Bundestag

Seite 2 Umsatzsteuerbefreiung für Haushaltshilfen als Leistung der Kranken- und Pflegeversicherung Aktenzeichen: Abschluss der Arbeit: 6. März2018 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen.

Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Die Umsatzsteuerbefreiung in 4 Nr. 16 UStG 4 3. Unionsrechtliche Aspekte der Umsatzsteuerbefreiung 5

Seite 4 1. Fragestellung Der Auftraggeber erkundigt sich nach den Regelungen zur Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht für Haushaltshilfe-Leistungen, die von den Krankenkassen genehmigt worden sind. Sind diese unabhängig von der Hilfsbedürftigkeit der Klienten grundsätzlich umsatzsteuerfrei? Ferner sollen etwaige Konflikte der nationalen Befreiungsregelung mit unionsrechtlichen Vorgaben dargestellt werden. 2. Die Umsatzsteuerbefreiung in 4 Nr. 16 UStG 4 Nr. 16 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) regelt die Steuerbefreiungen für den Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen. 4 Nr. 16 ist auch in Gestalt der Neuregelung mehrstufig aufgebaut. Voraussetzung für die Befreiung ist einmal das Vorhandensein von Einrichtungen, mit einer bestimmten Zweckbindung. Und zwar muss es sich um Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen handeln. Der Begriff der Hilfsbedürftigkeit ist neu. 1 Hilfsbedürftig sind alle Personen, die aufgrund ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes der Betreuung oder Pflege bedürfen. Der Betreuung oder Pflege bedürfen Personen, die krank, behindert oder von einer Behinderung bedroht sind. Dies schließt auch Personen mit ein, bei denen ein Grundpflegebedarf oder eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz besteht ( 45a des Elften Buches Sozialgesetzbuch - SGB XI - Soziale Pflegeversicherung). Hilfsbedürftig sind darüber hinaus auch Personen, denen Haushaltshilfe nach dem Zweiten Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG 1989), dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) oder dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII - Gesetzliche Unfallversicherung) gewährt wird, etwa im Fall der Arbeitsunfähigkeit nach 16 S. 2 KVLG 1989. Die Befreiung ist unabhängig davon, ob die Leistungen ambulant oder stationär erbracht werden. 2 Unter den Begriff der Betreuung oder Pflege fallen zum Beispiel die Leistungen für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens, bei teilstationärer oder stationärer Aufnahme auch die Unterbringung und Verpflegung. Weiter ist erforderlich, dass - die Einrichtung von einem bestimmten Träger betrieben wird, - dass es sich um mit dem Betrieb eng verbundene Leistungen handelt und - es sich bei Leistungen, die nicht von juristischen Personen des öffentlichen Rechts erbracht werden, um Leistungen handelt, auf die sich die Anerkennung, der Vertrag oder die Vereinbarung nach Sozialrecht oder die Vergütung bezieht. 3 1 Bunjes/Heidner UStG 4 Nr. 16 Rn. 6 f., beck-online 2 Bunjes/Heidner aao., Rn. 6 3 Bunjes/Heidner aao., Rn. 9

Seite 5 Gemäß 4 Nr. 16 Buchstabe a) UStG sind Einrichtungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die die übrigen Voraussetzungen erfüllen, generell umsatzsteuerbefreit. Angebote von Trägern, die keine juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind, müssen eine Vereinbarung mit den Krankenkassen über ihre Leistungserbringung abgeschlossen haben. Es gibt mehrere Varianten wie eine Vertragsbeziehung zwischen dem Anbieter der Haushaltshilfe und der Krankenkasse begründet werden kann: 4 Nr. 16 Buchstabe b) UStG befreit die Leistungen von Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach 132 SGB V (Haushaltshilfe als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung) besteht und 4 Nr. 16 Buchstabe c) die Leistungen von Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach 132a SGB V (häusliche Krankenpflege als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung), 72 (Pflegeleistungen durch Pflegeeinrichtungen) oder 77 SGB XI (Pflege durch Einzelpersonen) besteht, von der Umsatzsteuerpflicht. 4 Nr. 16 Buchstabe g) UStG befreit die Leistungen von Einrichtungen, die landesrechtlich als Angebote zur Unterstützung im Alltag nach 45a SGB XI (Entlastungsbetrag der Pflegeversicherung) anerkannt sind von der Umsatzsteuerpflicht. Mit dem Entlastungsbetrag von 125 Euro monatlich können auch Angebote für Haushaltshilfen beauftragt werden. Für Einrichtungen, die nicht nach dem Sozialrecht anerkannt sind, kann die Umsatzsteuerbefreiung nur über den Auffangtatbestand des 4 Nr. 16 Buchstabe l) UStG erlangt werden. Dieser setzt voraus, dass im vorangegangenen Kalenderjahr die Betreuungs- oder Pflegekosten in mindestens 25% der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder der Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet worden sind. Für die Auslegung des Begriffs Fälle ist von der Anzahl der hilfsbedürftigen Fälle im Laufe eines Kalendermonats auszugehen. 4 Kostenzuschüsse oder Kostenerstattungen anderer Einrichtungen (z.b. private Krankenkassen, Beihilfestellen für Beamte, Wohlfahrtsverbände) sind den eigenen Aufwendungen der hilfsbedürftigen Person zuzurechnen. 5 Die Hilfsbedürftigkeit der Person, die die Leistung empfängt, ist für alle Varianten des 4 Nr. 16 UStG Voraussetzung für die Steuerfreiheit. Allerdings wird die Finanzverwaltung die Leistungsgewährung durch die Krankenkasse in aller Regel als Indiz für die Hilfsbedürftigkeit des Leistungsempfängers genügen lassen. Eine Nachprüfung der Hilfsbedürftigkeit ist rückwirkend in einer Vielzahl von Fällen zudem kaum leistbar. 3. Unionsrechtliche Aspekte der Umsatzsteuerbefreiung Die unionsrechtliche Grundlage für die Umsatzsteuerbefreiung in 4 Nr. 16 UStG ergibt sich aus Art. 132 Abs. 1 Buchstabe g Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL). 4 Bunjes/Heidner UStG: aao., Rn. 25 5 Ebenda, Rn. 27

Seite 6 Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden. In Bezug auf Pflegeleistungen durch andere Unternehmer als Einrichtungen des öffentlichen Rechts knüpft diese Bestimmung an leistungs- wie auch an personenbezogene Voraussetzungen an. Es muss sich um eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen handeln, der leistende Unternehmer muss als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt sein. 6 Bis zum Jahr 2013 lag die prozentuale Grenze für die Umsatzsteuerbefreiung von nicht anerkannten Anbietern bei 40%. Mit dem Amtshilfe-Richtlinien-Umsetzungsgesetz vom 26.6.2013 ist im Hinblick auf die weitere Verbreitung des Persönlichen Budgets ( 17 SGB IX) die Sozialgrenze von zuvor 40% auf 25% herabgesetzt worden. 7 Der EuGH hat im Urteil C-174/11 (UR 2013, 35 - Ines Zimmermann) die 40%-Grenze akzeptiert, weil die Tatsache, dass die Kosten der zu beurteilenden Leistungen zum großen Teil von Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen werden, einen Gesichtspunkt darstellt, der bei der Feststellung des sozialer Charakter im Sinne von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der MwStSysRL zu berücksichtigen sein kann. Der EuGH hat aber auch entschieden, dass das nationale Recht keine sachlich unterschiedlichen Bedingungen für Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht einerseits und die unter 4 Nr. 18 fallenden juristischen Personen ohne Gewinnerzielungsabsicht andererseits vorsehen darf. Das heißt, solange für die Wohlfahrtsverbände keine 2/3-, 40%- oder 25%-Grenze gilt, darf diese auch nicht zur Bedingung für die Befreiung der Leistungen anderer privater Leistungserbringer gemacht werden. 8 Die Literatur geht davon aus, dass die Regelung in 4 Nr. 16 Buchstabe l) sich auch mit einer 25%-Regelung nicht halten lasse, solange in 4 Nr. 18 UStG für vergleichbare Leistungen der Wohlfahrtsverbände und ihrer Mitglieder die Voraussetzung nicht gilt. 9 Der Bundesfinanzhof 10 schränkt in seiner bisherigen Rechtsprechung zu diesem unionsrechtlichen Problem jedoch den Anwendungsbereich des 4 Nr. 18 UStG für Wohlfahrtsverbände ein, indem er im Wege einer teleologischen Reduktion die Befreiung nur dann gewährt, wenn auch die Voraussetzungen des 4 Nr. 16 UStG vorliegen. Zusammenfassung: Das EuGH-Urteil C-174/11 (Zimmermann) führte bislang in der Rechtsprechung nicht dazu, dass die 25% Grenze für Leistungsanbieter ohne vertragliche Vereinbarung mit den Krankenkassen in Frage gestellt wurde. Vielmehr wird der Befreiungstatbestand des 6 Bunjes/Heidner UStG 4 Nr. 16 Rn. 5a, beck-online 7 Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses auf BT-Drs. 17/13722, Seite 24 8 Bunjes/Heidner UStG 4 Nr. 16 Rn. 24-30, beck-online 9 Bunjes: ebenda, Rn. 24 10 BFH, Urteil vom 8.8.2013, Az: V R 13/12

Seite 7 4 Nr. 16 UStG teleologisch reduziert, sodass auch Wohlfahrtsverbände die 25%-Grenze erfüllen müssen, wenn die erbrachte Leistung die Voraussetzungen beider Befreiungstatbestände erfüllt. ***