Mitteilungen der aargauischen Naturforschenden Gesellschaft

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Der Steinpilz Autor(en): Objekttyp: Walty, Hans Article Zeitschrift: Mitteilungen der aargauischen Naturforschenden Gesellschaft Band (Jahr): 22 (1945) PDF erstellt am: 01.10.2018 Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-172264 Nutzungsbedingungen Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die auf der Plattform e-periodica veröffentlichten Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oder Ausdrucke aus diesem Angebot können zusammen mit diesen Nutzungsbedingungen und den korrekten Herkunftsbezeichnungen weitergegeben werden. Das Veröffentlichen von Bildern in Print- und Online-Publikationen ist nur mit vorheriger Genehmigung der Rechteinhaber erlaubt. Die systematische Speicherung von Teilen des elektronischen Angebots auf anderen Servern bedarf ebenfalls des schriftlichen Einverständnisses der Rechteinhaber. Haftungsausschluss Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr für Vollständigkeit oder Richtigkeit. Es wird keine Haftung übernommen für Schäden durch die Verwendung von Informationen aus diesem Online-Angebot oder durch das Fehlen von Informationen. Dies gilt auch für Inhalte Dritter, die über dieses Angebot zugänglich sind. Ein Dienst der ETH-Bibliothek ETH Zürich, Rämistrasse 101, 8092 Zürich, Schweiz, www.library.ethz.ch http://www.e-periodica.ch

Der Steinpilz Von Hans Walty, Lenzburg Der Steinpilz, Boletus edulis Fries ex Bulliard, gehört zu der Gattung Boletus, die heute in der Systematik eine andere Stellung einnimmt wie noch vor kurzem. Früher war Boletus eine Gattung der Polyporaceen, der Löcherpilze, jetzt ist sie eine Gattung der Familie der Boletaceen, die zu den Agaricaceen gerechnet werden. Boletus ist diejenige Gattung mit leicht ablösbarer Röhrenschicht, die braune bis olivfarbene Sporen hat. Zu diesen gehört Boletus edulis, der Steinpilz. Den Artnamen edulis hat er von Bulliard bekommen, der in Paris 1780 1812 ein Tafelwerk mit handgemalten Kupfertafeln herausgab. Der Pilz hieß bei den Parisern bolet comestible, und edulis (eßbar) ist die direkte Übersetzung dieses Namens ins Lateinische. Boletus edulis Bulliard ist ein Sammelname für sechs verschiedene Formen, Arten, Unterarten und Varietäten. Sie alle heißen auch bei uns auf den Pilzmärkten und bei den Pilzsuchern gemeinhin «Steinpilz». Auch die amtliche Pilzkon trolle schließt sich diesem Brauch an. Eine dieser sechs Formen des Steinpilzes muß nun die Rolle des «Typus» übernehmen. Als Typus gilt meist diejenige Form, die am häufigsten vorkommt oder zuerst beschrieben wurde. Was Typus, was Unterart oder Varietät ist, ist durchaus will kürlich, es könnte ebensogut eine der letzteren als Typus ge wählt werden. Bulliard hat in seiner Beschreibung alle Formen in seinem B. edulis einbezogen. Das Fleisch sämtlicher Stein pilzformen ist weiß, an der Luft nicht farbig anlaufend, unver änderlich, mit Haselnußgeschmack und nicht säuerlich riechend. Der Stiel ist bauchig und genetzt, die Röhren sind olivfarbig, die Poren ebenfalls, entsprechend der Farbe der Sporen, aber in der Jugend durch eine weiße Zystidienschicht bedeckt, sodaß die Unterseite anfänglich weiß aussieht. Nach dem Zerfall und Verschwinden dieser Zystidien erscheint dann die Porenfläche

159 olivgrün, sie verfärbt beim Betasten nicht wie bei verschiede nen anderen Gruppen der Gattung Boletus. Höchstens zeigen sich bei ganz alten Individuen rostbraune Flecken. Die älteste Abbildung einer Steinpilzform findet sich in dem Tafelwerk von Schaeffer, Regensburg (1762 70), handgemalte Kupfertafeln, die den heute allgemein als Typus geltenden braunhütigen Steinpilz als Boletus bulbosus abbildet und beschreibt. Nach den Brüsseler Bestimmungen über die Nomenklatur der Großpilze sollte eigentlich diese Form der Art den Namen geben und nicht Boletus edulis Bulliard. Als Typus beschreiben wir ihn zuerst: Nr. 1. Boletus bulbosus Schaeffer. Der Hut, bis 15 cm breit werdend, ist hell bis dunkelbraun, gegen die Mitte dunkler, der Rand meist heller, die Oberfläche kahl und gewöhnlich rublig uneben. Die Röhrenschicht ist anfänglich zart hellgelblich, wird dann mit zunehmender Sporenerzeugung oliv bis dunkeloliv. Die Poren, anfänglich durch eine Zystidienschicht gedeckt und weiß erscheinend, werden später ebenfalls olivfarbig, flecken nicht; im Alter kommen rostrote Flecken vor. Der Stiel ist in der Jugend bauchig, dann keulig; im Alter streckt er sich und wird säulenförmig zylindrisch, 4 bis 6 cm dick und bis 15 cm hoch werdend. Er ist blaßfarbig, meist unten bräunlich getönt und trägt im oberen Teil ein ziemlich grobes weißes Netz. Das Fleisch ist ziemlich fest, weiß, unveränderlich und hat unter der Huthaut eine weinrötliche Zone. Der Geschmack ist hasel nußartig, der Geruch schwach, nicht säuerlich. Das Sporenpul ver ist oliv, ziemlich dunkel. Mikroskopische Befunde: Die Endzellen der Huthaut sind biasig, im Alter zerfallen sie und ergießen ihren Inhalt über die ganze Huthaut, sodaß diese dann schleimig-klebrig wird. Die Sporen sind spindelförmig, olivfarbig, 18X7 ß messend, getropft. Die Basidien messen 35X16,5 ß, Zystidien sind sehr häufig und stehen in Massen zwischen den Basidien und Basidiolen, dieselben weit überragend. Auch am Stielnetz finden sie sich massenhaft und selbst auf der Hutoberfläche. Sie sind meist spindelig, auch blasig-keulig, von sehr verschiedener Länge. B. bulbosus wächst im Laub- und Nadelwald, auch im Freien auf Waldwiesen oder unter Baumgruppen, namentlich Eichen.

160 Meist erscheint er erst im August und wird dann bis Ende Sep tember gefunden, meist gesellig, oft in großen Mengen. Er ist als Speisepilz sehr beliebt, und neben dem Pfifferling und Cham pignon der bekannteste Eßpilz; kommt auch in großen Mengen auf die Pilzmärkte. Er läßt sich in Scheiben zerschnitten, sehr gut trocknen und nimmt dann einen sehr starken gewürzhaften Geruch und Geschmack an. Wir machen auch hier die Beob achtung, daß der Pilz das Aroma erst durch das Trocknen be kommt, wie der Tee und der Tabak. Wie bei diesen wird das Aroma viel kräftiger, wenn das Trocknen langsam und im Schatten erfolgt, erst zum Schluß an der Sonne; künstlich über Heizanlagen getrocknet oder zu rasch und sofort an praller Sonne, entwickelt sich das charakteristische Aroma viel schwä cher oder gar nicht. Nr. 2. Boletus edulis Fries ex Bulliard, Var. fuscoruber Forquignon. Weinrothütiger Steinpilz. Er unterscheidet sich vom Typus lediglich durch die Hut farbe. Alles andere ist gleich, es fehlt auch nicht die weinröt liche Zone unter der Huthaut wie bei B. bulbosus Schaeffer. Er ist meist kräftiger und fester im Fleisch und daher als Speise pilz geschätzter. Bei uns seltener, ist er in Norddeutschland die häufigere Form, und seinem harten Fleisch verdankt der Pilz den Namen Steinpilz, «Steenpilz». Er erscheint etwas später als der Typus. Sowohl bulbosus wie auch fuscoruber haben meist unebene Hutoberfläche, die Hutendzellen sind blasig, die Hut haut ist kahl, nicht feinfilzig. B. fuscoruber hat in der Jugend auch auf der Hutoberfläche oft sehr viele Zystidien, ihr weiß licher Reif läßt dann den Pilz violett erscheinen. Als dritte Steinpilzform beschreiben wir nun: Nr. 3. Boletus edulis Fries ex Bulliard, subspecies reticülatus Schaeffer, der Sommerröhrling. Er erscheint viel früher als der Typus, schon im Juni, heißt deshalb bei den Franzosen auch cèpe d'été. Schaeffer hat den Pilz als Boletus reticülatus in sei nem Tafelwerk abgebildet, ganz so wie ich ihn auf der Nenzlinger Weide unter einer Eichengruppe gefunden. Der Stiel ist so kurz, daß der sehr breite Hut (bis 25 cm) wie ein Kissen auf dem Boden aufzusitzen scheint. Er ist hellockergrau, nicht glatt und kahl, sondern feinfilzig. Die Substanz des Hutes ist derart locker,

' bulbosus Schäffer 99 /^ fuscoruber Forquigno'i ' t 3»* ** * ß. reticularus Schäffer impolitus :nes p.p V<0-' oinicola Venturi fftt <^P ustulatus Paulet H Wally

161 daß die Huthaut sehr bald in eckige Schollen zerreißt, die Unter schicht als ein weißes Netz zeigend. Die Poren sind viel heller als beim Typus, zart gelboliv, entsprechend den viel heller ge färbten Sporen. Am Hutrand zeigen sich oft zartfleischrosa Töne. Der Stiel, nur in frühester Jugend bauchig, ist blaß und trägt ein bräunliches, kleinmaschiges Netz von der Spitze des Stieles bis herunter zur Basis. Das sehr lockere, schneeweiße, nicht ver färbende Fleisch hat keine Spur einer rötlichen Zone unter der Huthaut. Das Sporenpulver ist viel heller wie beim Typus, zart gelboliv. Die Sporen sind schlanker, 14 16,5 X 5 ß. Die Basi dien sind kurz und klumpig, 26 X 11^. Die Zystidien wie beim Typus. Als Eßpilz ist diese Steinpilzform von geringerem Wert, weil die lockere Substanz bei der Zubereitung fast schleimig zerfließt. Wohl aber eignet er sich sehr gut zum Trocknen und gibt dann die gleiche kräftige Würze wie der Typus. Es ist die Ansicht geäußert worden, der Schaeffersche Pilz sei keine Steinpilzart, sondern ein Boletus appendiculatus, des sen Fleisch an der Luft dreifarbig anläuft, blau, zitrongelb und fleischrosa. Es gibt nämlich Exemplare des Schaefferschen Ta felwerkes, bei denen das Schnittbild bläuliche und rosa Tönung zeigt, so das Exemplar der Berner Universitätsbibliothek. Das jenige des botanischen Gartens in Zürich zeigt nicht die Spur einer Verfärbung, das in meinem Besitz befindliche eine leichte, kaum wahrnehmbare bläuliche. Es läßt sich nicht feststellen, ob die Tönung des Schnittes nicht nachträglich von irgend jeman dem hineingemalt wurde und auch nicht, ob bei den nicht getön ten Exemplaren die Farbe ausgeblaßt ist. Ein appendiculatus kann der Schaeffersche Pilz nicht sein, da bei diesem der Stiel lebhaft gelb mit gelbem Netz ist. Im übrigen stimmt bei der Schaefferschen Abbildung alles aufs genaueste mit meiner Na turaufnahme überein. Nr. 4. Boletus impolitus Fries pro parte desgleichen als Sommerröhrling bekannt. Schon Ende Mai und dann im Juni erscheinend, steht er B. reticülatus zweifellos sehr nahe und könnten wir ihn auch als Varietät des letzteren auffassen. Hut farbe und die feinfilzige, nicht kahle Beschaffenheit der Hutober fläche sind gleich, desgleichen die Röhren und Poren, ebenfalls die Farbe des Stieles mit dem bis zur Basis herabreichenden 11

162 feinmaschigen bräunlichen Netz. Auch das Fleisch ist gleich, ohne Spur einer roten Zone, fester und weniger locker als bei reticülatus. Die Haltung ist eine andere, mehr dem Typus gleich, oft mit sehr großen Hüten, 30 35 cm erreichend. Die Huthaut zerreißt nicht in eckige Schollen, sondern bekommt am Hutrand radiale Risse oder bleibt intakt. Die Basidien sind gleich wie bei bulbosus, nicht kurz und klumpig. Die französischen Mykologen bezeichnen diese Form durchwegs als Boletus reticülatus, mit Ausnahme von Jaccottet (Genf), der ihn zuerst als impolitus Fries p. p. feststellte. Fries weist nämlich bei seiner impolitus-diagnose in Hym. Europ. 1874 auf die Tafel 36 bei Rostkowius hin, die einwandfrei unsere Art zeigt, auch in der Beschreibung. Da neben beschreibt Fries in der gleichen Diagnose noch eine Boletusart, die leicht als Boletus aquosus Krombholz nachzuweisen ist. Jaccottet entschied sich nun dahin, wobei ich seinem Bei spiel folgte, die zweite Art als Boletus aquosus Kromb. abzu trennen und die bei Rostkowius abgebildete als Boletus impoli tus Fries p. p. stehen zu lassen. Die französischen Mykologen halten daran fest, daß B. aquosus Kromb. der wahre B. impoli tus sei. B. impolitus Fries p. p. kommt nur im Laubwald vor, oft in ganzen Herden, unter Buchen und Eichen. Nr. 5. Boletus pinicola Venturi. Ich fasse diese Form nicht als Subspecies des Typus auf, sondern als gute Art. Denn die Merkmale rechtfertigen dies. Die Huthaut ist weinrotbraun, ähn lich fuscoruber, bekommt bald bronzegrüne Töne und am Rand erscheinen grüngelbe Flecken, ein besonderes Kennzeichen die ser Art. Das Kochwasser färbt sich gelbgrün; wohl aus diesem Grund heißt er in Oberitalien, wo er nicht selten ist, «verdeng». Keinesfalls ist diese Art identisch mit fuscoruber, für den ihn Konrad et Maublanc halten, bloß wegen der ähnlichen Hutfarbe. Die Haltung ist satanas-ähnlich, d.h. der Stiel ist bauchig auf getrieben, an der Spitze stark verengt und wird im Alter nicht zylindrisch. Er zeigt auf blassem Grunde feine rötliche und gelb liche Töne und ein zartes rötliches Netz. Die Sporen sind helloliv und schlanker als bei bulbosus. Das Fleisch ist weich und zart und hat unter der Huthaut eine rötliche Zone. Diese Art ist bei uns ziemlich selten, erscheint schon im Juni und dann ein

163 zweites Mal im Spätherbst. Ein Fundort ist das Spitalholz, hoher lichter Buchenwald, bei Münchenstein. Er kam auch aus dem Schwarzwald (Weißtannen) auf den Basler Pilzmarkt. Er ist ein köstlicher Speisepilz, sollte aber wegen seiner Seltenheit ge schont werden. Nr. 6. Boletus ustulatus Poulet, der schwarzhütige Stein pilz. Ich halte ihn ebenfalls für eine «gute» Art. Paulets Pilzwerk erschien etwa zur gleichen Zeit wie die Bulliardschen Tafeln. Ustulatus heißt verbrannt, also der Pilz, der einen Hut hat, der wie verbrannt aussieht. Paulet nennt den Pilz tête nègre oder cèpe noir, welchen Namen er wohl bei den Parisern gehabt haben mag. In Italien heißt er fungo nero oder porcino nero. Der Hut ist schwarzbraun oder dunkelumbrabraun, feinfilzig, auch im Alter nie schmierig. Die Hutendzellen sind pfriemlich, nicht blasig. Ein besonderes Kennzeichen sind blutrote Flecken, die namentlich am Hutrand auftreten. Die Röhren und Poren sind nicht so dunkel wie beim gewöhnlichen Steinpilz. Der Stiel ist bauchig und sehr kräftig, seine Farbe safranbraun mit feinerem, dunklerem Netz. Das Fleisch ist schneeweiß und sehr fest; aus diesem Grunde ist diese Art als Speisepilz sehr geschätzt. Unter der Huthaut zeigt sich keine Spur einer rötlichen Zone; das Schnittbild bei Konrad et Maublanc zeigt sie, eine Fälschung, die die Deutung als Boletus aereus Bulliard stützen soll. Als B. aereus Bull, wird der schwarzhütige Steinpilz bei allen fran zösischen Mykologen angeführt, ohne Rücksicht auf die sehr deutliche Abbildung und Beschreibung des B. aereus bei Bul liard. Dort zeigt Bulliard einen Boletus vom Format des B. subtomentosus, in welche Sektion sein B. aereus zweifellos gehört. Das einzige, was mit dem B. ustulatus übereinstimmt, ist die Hutfarbe; alles andere ist grundverschieden. Die Röhren und Poren von Anfang an («dès sa naissance») schwefelgoldgelb, der Stiel nie keulig oder bauchig, sondern zylindrisch und schlank, das Fleisch weiß mit rötlicher Zone unter der Huthaut. B. aereus ist ausgerottet worden; schon Vittadini konstatiert 1835, daß er nach Bulliard nicht mehr gefunden wurde. Der erste, der den Fehler beging, den schwarzhütigen Steinpilz als B. aereus zu deuten, war Quélet, und ihm folgten dann bis heute alle französischen Mykologen, sogar Bresadola, der offenbar

164 das Originalbild und die Beschreibung im Bulliard nicht zu Ge sicht bekommen hatte. Die Deutschen nennen den schwarzhütigen Steinpilz «weißfleischiger Bronzepilz». Als ich vor Jah ren die Zürcher Pilzausstellung besuchte, war er als solcher an geschrieben. Ein biederer Schwabe las kopfschüttelnd die An schrift und meinte: «Jetz hab i gmeint, ich hätt mein Lebelang den schwarzhütigen Stoipilz gfressa, und jetzt ist dees ufeinmal der weißfleischige Bronzepilz.» Womit ich schließe.