Dr.-Ing. habil. Hans Roman. VDE Leipzig/Halle
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1 Dr.-Ing. habil. Hans Roman VDE Leipzig/Halle 1
2 Agenda o Elektrizitätsversorgungssystem o Systemregelung gestern o Systemregelung heute o Systemregelung morgen 2
3 Das Elektrizitätsversorgungssystem o Erzeugung (Kraftwerke, EE-Anlagen) Erzeugen Wechsel-/Drehstrom mit Frequenz 50Hz Rotierende Generatoren (Kraftwerke, Wind-/Wasserkraft) Gleichspannungserzeuger mit Wechselrichter (Photovoltaik) o Verbrauch Strom in Anwendungszweck umsetzen (Wärme, Licht, Bewegung, IT, ) Geräte an 230/400V (Haushalt, Gewerbe) Stromanwendungsanlagen bis V (Industrie, Verkehr) o Stromnetz Transportiert Energie (Strom) zwischen Erzeugung und Verbrauch Leitungen, Transformatoren, Schaltanlagen, Schutz- und Steuertechnik 3
4 Struktur des deutschen Elektrizitätsversorgungsystems (EVS) Übertragungsnetz Quelle: BMWi, Verteilernetzstudie,
5 Wann funktioniert Elektrizitätsversorgung? Erzeugungsanlagen funktionieren wenn o Spannung und Frequenz in definiertem Bereich (differenzierte Spannungsvorgaben; 47,5-51,5 Hz) Verbrauchsanlagen funktionieren wenn o Spannung und Frequenz in definiertem Bereich (Normen, z.b. 230V ±10%; 50 Hz ± 0,1%) Wenn Netzbetreiber das Zusammenwirken sicherstellen o Netz so gestalten und steuern, dass Energie entsprechend Bedarf übertragen wird Spannungsbänder beim Verbraucher eingehalten werden fließende Ströme die Netzkomponenten nicht überlasten Netzführung (lokale Aufgabe, punktuelle Größen) o Erzeugung und Verbrauch so steuern, dass Frequenz im zulässigen Bereich bleibt Systemführung (globale Aufgabe, Systemgröße) 5
6 Wie wird Frequenz stabil gehalten? o EVS ist schwingungsfähiges (labiles) System o Frequenz dann stabil, wenn Erzeugung und Verbrauch zu jedem Zeitpunkt im Gleichgewicht gehalten werden Wie geht das? o Leistungsschwankungen klein halten Verbrauch prognostizieren (Fehler<3%) Erzeugung entsprechend prognostiziertem Bedarf bereitstellen o Prognosefehler mit Regelenergie ausgleichen System-/Frequenzregelung 6
7 Das Regelkonzept Primärregelung (Sekundenreserve) Automatisch, sofort kleine Abweichungen innerhalb 30 s Maximum 2015 ca. 570 MW* (*ausgeschrieben) Sekundärregelung Fernsteuerung ÜNB Entlastung Primärregelung! mittlere Abweichungen innerhalb 5 min Maximum ca MW* MW* Tertiärregelung (Minutenreserve) Manuell durch ÜNB größere Abweichungen innerhalb 15 min Maximum ca MW* MW* 7
8 Was passiert bei sehr großen Störungen? o Ausfälle von Großkraftwerken, Netztrennungen o Sehr große Balanceabweichung mit sehr schnellem Abfall der Frequenz, weil Primär- und Sekundärregelung nicht schnell genug wirksam werden Schneller, frequenzabhängiger Lastabwurf Stufe Frequenz Maßnahmen zur Kompensation, bzw. zum Schutz 1 49,8 Einsatz von Regelleistung, Pumpleistung reduzieren 2 49 sofortiger Abwurf von % der Netzlast 3 48,7 sofortiger Abwurf von weiteren % der Netzlast 4 48,4 sofortiger Abwurf von weiteren % der Netzlast 5 47,5 Netztrennung der Kraftwerke o Letztes Ereignis mit erfolgreichem Frequenzabwurf: Ems-Störung
9 Systemregelung Gestern - Prinzip o In den höheren Netzebenen gleichen sich Abweichungen von Verbrauch und Erzeugung der unterlagerten Netze aus, maximal im Übertragungsnetz (Minimum Ausgleichsenergie) o Die Systemverantwortung trägt (deshalb) und lt. EnWG der/die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) im Netzverbund o Alle systemrelevanten Aufgaben aktiv in der Hand des ÜNB Verbrauch täglich prognostizieren Kraftwerksleistung/energie auf Basis des regionalen Bedarfes bestellen Regelkraftwerke organisieren und abrufen Systembetrieb in D und im europäischen Verbund sicherstellen 9
10 Systemregelung Heute o Liberalisierung des Strommarktes 1998 lässt Stromanbieter (ohne Netz-oder Systemverantwortung) zu jeder Verbraucher darf Lieferant wählen o Unbundling 2005 trennt das Netz als neutrale Infrastruktur aus dem Markt (Energieunternehmen) heraus und reguliert den Betrieb. o Aktive Rolle des ÜNB somit aus Marktgründen ausgehebelt. o ÜNB heute nur noch reaktiv tätig ÜNB schreiben gemeinsam Regelenergie aus (Regelreserve ) regelleistung.net Regelzonenausgleich wird vermieden - D eine Regelzone (Kosten ) o Anteil EE-Erzeugung steigt (30% Energie, 110% Leistung) o EE überwiegend stochastisch (Wind, Sonne) - Prognosefehler Regelvolumen wächst, aber Kosten bisher kompensiert durch Optimierung Regeldynamik steigt o Netzausbau kann Erzeugungszubau nicht folgen Eingriffe in Erzeugung (Redispatch/Erzeugungsmanagement nehmen zu 10
11 Regeldynamik steigt (Stabilitätsrisiko ) 11
12 Redispatch/Einspeisemanagement nimmt zu (Netzentgelte ) o Redispatch - Anpassung der Kraftwerksfahrpläne um Engpässe zu beseitigen o Einspeisemanagement - Abregelung von EEG-Anlagen um Netzüberlastung zu vermeiden (mit Entschädigung!) 12
13 Systemregelung Morgen Situation o Bisher Regelung zentral mit KW/Lasten vorwiegend in Hoch-/Höchstspannung mit überschaubarer Anzahl an Akteuren (< 100) o Fossile KW sollen tendenziell abgelöst von Speichern ( Dunkelflaute ) o Erzeugung wird immer dezentraler (Verteilnetze) ca. 1,6 Mio. Anlagen Idee (einiger) Quelle: VDE Studie Der Zellulare Ansatz, 2015 o Regelung zukünftig dezentral(er) durchführen ( Zellularer Ansatz,.) o Ausbalancieren Bedarf-Erzeugung möglichst auf unterster Ebene unter Nutzung aller verfügbaren Ressourcen (Strom, Gas, Wärme, Speicher) o Theoretisch fast kein Regelbedarf im Übertragungsnetz (nur noch Aushilfe, internationaler Stromtransport) o Einsparung Netz/Vermeidung Netzausbau 13
14 Systemregelung Morgen Probleme aus meiner Sicht o Ausbalancieren auf unterster Ebene führt zu dramatischer Erhöhung des Regelvolumens-/kosten, da die Zellen gegeneinander regeln und der natürliche Ausgleich in höheren Netzebenen verhindert wird (Prinzip gestern) o Zellen mit optimaler (ausgewogener ) Erzeugungs-/Laststruktur in der Realität selten vorhanden und im EEG/EnWG nicht im Fokus umsetzbar??? o Konzept nur vorstellbar, wenn wieder eine Art Gebietsversorger entsteht, der alle wichtigen Einflussfaktoren steuern kann und darf - mit gegenwärtigen (EU-)Marktmodell nicht realisierbar 14
15 Mein Fazit o Lokale Ressourcen für Systemregelung zu nutzen ist sinnvoll und möglich o Erheblich kostengünstiger ist regionale Bündelungen von Regelenergie (virtuelle Kraftwerke) und Abruf durch ÜNB (zentrale Regelsignale) o Stabil und sicher bleiben Netze vor allem durch robuste Lösungen o Übertriebenes Setzen auf IKT (smart grid ) eher bedenklich, da IKT nicht sehr zuverlässig (aktive Technik, abhängig von Stromversorgung, sehr riesiges Mengengerüst Sensorik/Aktorik) nicht sicher (Datensicherheit, Cyberangriffe) nicht fehlerfrei (intelligente Software, KI) Idee technisch prinzipiell machbar, aber weit weg von Umsetzbarkeit 15
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