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1 ISSN Ausgabe 07 Juni 2010 August 2010 Deutschland 11 Österreich 12,30 Luxemburg 13,00 Schweiz sfr 22,50

2 Standlautsprecher PSB Imagine T Schlanke Schönheiten aus Kanada 74

3 Als die Anfrage der Redaktion kam, PSB- Lautsprecher für diese Ausgabe zu testen, mußte ich zugeben, die Marke nicht zu kennen. Dieser Umstand sollte sich aber in den nächsten Tagen und Wochen ändern. PSB kommt, wie einige andere sehr gut beleumundete Hersteller auch, aus dem Land mit dem Ahornblatt in der Flagge: Kanada. Da das schon mal als positives Vorzeichen zu werten ist, habe ich natürlich zugesagt... Paul Barton, Mitbegründer und Chefkonstrukteur von PSB, kann auf eine jahrzehntelange Erfahrung zurückgreifen und spielt, was ihn mir gleich sympathisch macht, auch noch hervorragend Geige. Solche Menschen sind mir persönlich lieber als reine Technokraten. Bei PSB hält man nicht viel von Voodoo und erfindet auch nicht alle zwei Monate eine neue Lautsprechertechnologie. Die Kanadier betreiben lieber bodenständige Forschung und forcieren ein möglichst gutes Preis/Leistungs- Verhältnis ihrer Produkte. Daß eine solche Vorgehensweise langfristig für Erfolg sorgt, beweist die über 35jährige Firmengeschichte von Paul Barton. Schaut man sich die Lautsprecher der Imagine-Baureihe etwas genauer an, fallen einige Besonderheiten auf: Die Gehäuse dieser Serie bestehen aus einer siebenschichtigen Laminat-Konstruktion, was sie unempfindlicher gegenüber Resonanzen macht. Sehr schön wirkt die elegant gewölbte Front und gerundete Formgebung dieser Lautsprecher, selbige würde wahrscheinlich jeden Schreinermeister, der sie von Hand fertigen wollte, in den Wahnsinn treiben. Solche geschwungenen Kabinette lassen sich eben nur mit hohem technischen Aufwand und in großen Stückzahlen realisieren. Die Oberflächenqualität der echtholzfurnierten und seidenmatt lackierten Gehäuse ist sehr gut, da gibt es nichts zu meckern, hier sind Profis am Werk. Man kann übrigens zwischen Kirsche dunkel und Esche schwarz wählen - oder die Lautsprecher schwarz hochglanzlackiert ordern, auch das ist möglich. Mit den Abmessungen 210 x 945 x 346 mm (B x H x T) sind diese Schallwandler nicht gerade klein, wirken dank ihrer Form aber schlank und wohlproportioniert. Mir gefallen sie jedenfalls ausgesprochen gut, und live sind sie noch viel schöner als im Prospekt. Für die Verbindung zum Verstärker sorgen vergoldete Schraubklemmen an der Rückseite, die Bi-Wiring und Bi-Amping ermöglichen und Bananenstecker, Kabelschuhe oder selbst lose Kabelenden aufnehmen können. Auch die Baßreflexöffnungen der beiden Tieftönerkammern sind hier zu finden. Ist das passende Plätzchen für die Aufstellung der Imagine T (das T steht für Tower) eruiert, kommen die verstellbaren Gummispikes in den Lautsprecherfüßen zum Einsatz. Diese Lösung ist bodenschonend und sorgt auch auf unebenen Stellflächen für ausreichend stabilen Stand. An solchen Details erkennt man, daß sich hier jemand Gedanken über die Praxistauglichkeit seines Produkts bei der Entwicklung gemacht hat; so besteht z.b. die Frontabdeckung aus einem mit Stoff überzogenen Lochblech, welches selbst den gemeinsten Attacken auf die Chassis (neugierige Kinderhände!) standhält und vor allem die diesbezüglich empfindliche Hochtonkalotte zuverlässig schützt. Chassis und Technik Wird die Abdeckung abgenommen, kommen zwei Tieftöner und die Titankalotte des Hochtöners zum Vorschein. Sofort sticht die ungewöhnliche Farbe der beiden Tieftonmembranen ins Auge - gelblich-beige mit einem Phaseplug aus Metall im Zentrum der Treiber. Der oft angeführte Vorteil solcher Phaseplug-Chassis, daß sie das Abstrahlverhalten verbessern, mag stimmen, viel entscheidender dürfte aber die daraus resultierende Verminderung von Kompressionseffekten und besse- 75

4 re Belüftung der Schwingspule im Vergleich zu herkömmlichen Chassis sein. Für die ausgefallene Farbe der Tieftöner ist übrigens das recht ungewöhnliche Membranematerial, eine Mischung aus Polypropylen und Keramik (!), verantwortlich; dieser Mix soll für hohe Stabilität bei gleichzeitig guter innerer Dämpfung der Membrane sorgen, wodurch Paritalschwingungen (unerwünschtes Eigenleben der Membrane) minimiert werden. Um eine optimale akustische Ankopplung an die Umgebung (Hörraum) zu erreichen, sind alle Chassis mit einem weichen, trichterförmigen Gummiring eingefaßt. Diese Maßnahme vermindert auch von der Schallwand verursachte Reflexionen und führt zu einem glatteren Amplitudenverlauf. Wie weiter oben schon erwähnt, dürfen sich die beiden Tieftöner über separate und großzügig dimensionierte Kabinette freuen. Das so zur Verfügung stehende, für zwei 13-cm-Chassis recht stattliche Gesamtvolumen von 29 Litern, ermöglicht eine tiefe und lineare Abstimmung der Baßchassis. Die Imagine T ist eine Zweieinhalbwege-Konstruktion, das heißt: Die Bässe laufen bis 800 Hz parallel, dann wird der untere Tieftöner von der Weiche herausgenommen, der obere hingegen darf bis 1800 Hz spielen, um dort das Musiksignal an die Titankalotte zu übergeben. Damit das alles reibungslos funktioniert und die relativ tiefe Ankopplung des Hochtöners keine Probleme bereitet, braucht es eine ausgeklügelte und steilflankige Frequenzweiche. PSB verwendet für die Imagine-Baureihe sogenannte LR4-Filter, also Linkwitz-Riley-Filter 4ter Ordnung (24 db/oktave); für die Technikfreaks unter den Lesern: Solche Weichen erhält man durch Kaskadieren zweier Butterworth-Filter 2ter Ordnung. Bleibt noch anzumerken, daß diese Lautsprecher, bedingt durch ihre Form und die stabilen Gehäuse, mit wenig Dämmaterial auskommen, was dem Wirkungsgrad entgegenkommt, den der Hersteller mit db angibt - das ist außerordentlich gut für eine Box mit zwei 13er Bässen! Jetzt aber genug der Technik, es wird Zeit die Lautsprecher im Hörraum akustisch unter die Lupe zu nehmen... Aufstellung und Höreindrücke Standardmäßig positionierte ich die Lautsprecher dort, wo sonst meine Aktivmonitore stehen (vor der langen Wand), hier sollten die PSB-Säulen zeigen was sie können. Doch daraus wurde erstmal nichts, es klang, na ja... nicht optimal. Zwar war die Wiedergabe ab dem oberen Baßbereich aufwärts in Ordnung, der Tiefbaß aber aufgedickt und zu weich - eine klassische Bauchlandung. Eine Drehung der Höranordnung um 90 Grad würde erfahrungsgemäß Abhilfe schaffen, ist aber nicht ohne größere Umbauten möglich. Also Zelte abbrechen und kompletter Umzug ins Wohnzimmer, das einen 4 m² großen Durchbruch zum Eßzimmer aufweist und so auf insgesamt ca. 35 m² Fläche kommt - viel besser! Vor der kurzen Wand, mit 80 cm Abstand zu den Seitenwänden und einem guten Meter Luft im Rücken, rastet das Klangbild dann wunschgemäß ein - Position gefunden. Damit ist es klar, die Imagine T sollten, bedingt durch ihre erwachsene Abstimmung, keinesfalls zu nahe vor einer Wand stehen. Dieses Szenario zeigt einmal mehr, daß man Lautsprecher nicht einfach hinstellen und gleich darüber urteilen sollte - es bedarf einer angemessenen Auseinandersetzung mit dem Thema Aufstellung! Nach so viel Streß und Schlepperei ist erstmal ein Weißbier (alkoholfrei) fällig; so gestärkt lege ich die erste CD in den Player - Violetta eine DGG- Produktion mit Anna Netrebko. Sofort bauen die 76

5 ich mit einem Wort als vollmundig beschreiben. Die Abbildung gerät kompakt und griffig im positiven Sinne, alles hat seinen festen Platz und wird wackelfrei dargestellt; Klangfarben der vorgeschalteten Elektronik werden ohne größere Einmischung durchgereicht, was die Qualitäten der Imagine T weiter unterstreicht. Die Summe dieser Eigenschaften macht sie zu idealen Spielpartnern für sämtliche Musikstile und lädt zum relaxten Hören ein. Egal ob Blues, Jazz, Klassik oder einfach nur gute Popmusik (z.b. von Katie Melua) - die kanadischen Schönheiten machen stets einen guten Job, vermitteln den nötigen Spaß an der Sache und sorgen für Entspannung pur. Imagine T eine glaubwürdige Bühne auf und überzeugen mit entspannter, breitbandiger Wiedergabe. Instrumente und Akteure werden authentisch und im richtigen Größenverhältnis dargestellt. Bei jener Aufnahme wird der akustische Tiefgang dieser Lautsprecher hörbar, das Poltern der hölzernen Bühne, der satte Einsatz des Opernorchesters, alles wird völlig selbstverständlich und realistisch vermittelt. Ein Blick zum Verstärker verrät: Lautstärkeregler auf neun Uhr, dabei ist es schon richtig laut. Der angegebene Wirkungsgrad ist also auch in der Praxis vorhanden, was für ein sehr gelungenes Frequenzweichendesign spricht und den treibenden Verstärker vor keinerlei Probleme stellt. Bei den Arien und Duetten begeistert mich der wunderbare Sopran von Anna Netrebko, der über die Imagine T sehr homogen und mit großer spektraler Reinheit erklingt - das können so nicht viele Schallwandler dieser Preisklasse. Überhaupt bleiben die Lautsprecher stehts angenehm und rund im Klang, nie ertönen sie aggressiv oder hart. Damit wir uns aber nicht falsch verstehen: Auflösung und Lebendigkeit ist auf hohem Niveau vorhanden! Positiv ist auch, daß es für den dargebotenen Wohlklang keine High-End-Endstufen der Klasse unbezahlbar braucht, ein guter Vollverstärker, etwa ab 50 Watt, ist hierfür schon ausreichend. Was natürlich nicht ausschließt, daß es mit einem entsprechend kompetenteren Verstärker noch eine Ecke besser geht. Den Charakter der kanadischen Tonsäulen würde Auf den Punkt gebracht Paul Barton hat mit der Imagine T einen Lautsprecher entwickelt, der sein Geld mehr als nur wert ist und dank seiner eleganten Form auch einen hohen WAF bietet. Kombinieren Sie diese Schallwandler mit einem klangstarken Vollverstärker und einer guten Quelle - fertig ist die Wohlfühlanlage für entspanntes Hören. Bei der Aufstellung sollte man darauf achten, daß genug Luft zwischen Lautsprechern und den umliegenden Wänden bleibt. In Räumen ab 20 m² aufwärts entfalten sie dann ihr volles Potential, und das ist für diese Preisklasse schon erstaunlich. Mein Respekt gilt den Mannen von PSB, die professionelle Qualität zu einem fairen Preis anbieten - unbedingt mal anhören! MARKUS LEIBL Information Lautsprecher PSB Imagine T Paarpreis: 2000 Ausführungen: Esche schwarz, Kirsche dunkel, schwarz hochglanzlackiert Vertrieb: PSB Lautsprecher Deutschland Stahl und Ross GbR Im Klingen Hofheim/Ts. Tel: Fax: zentrale@psb-lautsprecher.de Internet: 77