«SONNE & WÄRME» 56 greenhome Juli August

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1 «SONNE & WÄRME» Foto: Uschi Dreiucker/pixelio KRAFT AUS DAMPF Bei der sogenannten Kaltverdampfung wird Wärmeenergie in einem physikalischen Prozess so umgewandelt, dass Kälte für die Raumkühlung entsteht. 56 greenhome Juli August

2 SOLARE KLIMAANLAGE mit Dampf Angenehm kühl wird es im Haus auch ohne Strom fressende Klimaanlage. Eine neue Technik nutzt nämlich Solarwärme für die sogenannte Kaltverdampfung. Das sorgt für wohltemperierte Räume und wenig Verbrauch. 57

3 «SONNE & WÄRME» berschüssige ÜWärme von S o l a r t h e r - mieanlagen kann zur umweltfreundlichen und energieeffizienten solaren Klimatisierung des Wohnbereichs genutzt werden. In einem Einfamilienhaus in Wiesloch funktioniert diese intelligente Technik seit fünf Jahren problemlos. Und eine neue Generation sogenannter Adsorptionskä lteaggregate arbeitet sogar noch ein wenig effizienter und kostengünstiger. mehr VERBRaucH Die Verbreitung von Klimaanlagen nimmt auch im Wohnbereich immer mehr zu. Die Ansprüche an Komfort in den eigenen vier Wänden sind gestiegen, Klimaanlagen werden zu einer Selbstverständlichkeit. Die Klimatisierung von Gebäuden führt aber auch zu einem steigenden Energiebedarf, denn Klimaanlagen laufen an heißen Tagen oft rund um die Uhr und haben einen sehr hohen Stromverbrauch. Das widerspricht natürlich den Zielen der Energiewende und dem Umweltbewusstsein vieler Menschen. Einer Studie des Umweltbundesamts zufolge liegt der Kühlenergiebedarf» ENERGIEINTENSIV Wenn die Temperaturen klettern, wird die Klimatisierung immer beliebter und der Stromverbrauch steigt. DA VIELE HAUSHALTE AUF SOLAR- THERMIE SETZEN, MACHT SOLARE KÜHLUNG, ALSO DIE VERWENDUNG UNGENUTZTER WÄRME EINER SOLARTHERMISCHEN ANLAGE, SINN. für Wohngebäude heute schon bei etwa Millionen kwh. Gegenüber dem Energiebedarf von gewerblichen Gebäuden ist das zwar nur ein Hundertstel, doch insgesamt werden schon etwa 14 Prozent des deutschen Strombedarfs für Kühlung verwendet oder besser verschwendet. Das entspricht der Jahresleistung von etwa drei Kernkraftwerken. Wenn weiterhin vor allem mit konventionellen Klimaanlagen gekühlt wird, ist im Wohngebäudebereich in den nächsten 20 Jahren etwa mit einer Verdoppelung des Energiebedarfs zu rechnen. Dies führt zwangsläufig auch zu deutlich mehr Kohlendioxidemissionen. Konventionelle Klimaanlagen mit synthetischen Kältemitteln begünstigen zudem den Treibhauseffekt und schädigen die Ozonschicht. Die EU zwingt Hauseigentümer deshalb durch die Richtlinie für Erneuerbare Kälte im Erneuerbare- Energien-Wä rmegesetz, kurz EEWä rmeg, in jedem klimatisierten Gebäude, das nach dem 1. Januar 2009 fertiggestellt wurde, erneuerbare Energien für die Kühlung einzusetzen. Die grüne Klimatisierung ist damit quasi verpflichtend. Foto: Sylvia Voigt/pixelio BESSER für natur und GElDBEuTEl Mit erneuerbaren Energien zu heizen ist inzwischen relativ weit verbreitet. Doch die Wärme aus Solarthermieanlagen oder einem Blockheizkraftwerk kann nicht nur zur Erwärmung von Brauchwasser und zu Heizzwecken genutzt werden. Vor allem in den Sommermonaten kann man die Wärme auch zur Kühlung verwenden. Denn gerade in Zeiten mit hohem Klimatisierungsbedarf gibt es durch die Sonne meist Wärme im Überfluss. Da viele Hausbesitzer auf Solarthermie setzen, ist solare Kühlung, also die Verwendung ungenutzter Wärme einer Solarthermieanlage, eine intelligente Alternative. Denn im sommerlichen Betrieb hilft diese Art der Kälteerzeugung, den Energiebedarf für die Raumklimatisierung zu reduzieren. Ein weiterer Vorteil der solaren Kühlung: Die Komponenten der Solaranlage, wie Speicher und Kollektoren, werden so auch im Sommer besser ausgelastet, eine Überhitzung oder Überlastung kann nicht auftreten. Das verlängert die Lebensdauer der gesamten Anlage und erhöht die Wirtschaftlichkeit erheblich. Aus Abwärme Kälte zu erzeugen, klingt erst mal paradox, ist aus technischer Sicht aber längst möglich. Thermische Adsorptionskä lteanlagen wandeln Wärme in Kälte um und verbrauchen dabei kaum Strom. Im Gegensatz zu konventionellen Klimaanlagen, die meist mit umwelt- und gesundheitsschädlichen synthetischen Kältemitteln arbeiten, nutzen sie reines Wasser als natürliches und umweltverträgliches Kältemittel. Technologieführer bei dieser Art des Kühlens ist die SorTech AG aus Halle an der Saale. Im Jahre 2002 wurde das Unternehmen von Mitarbeitern des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme gegründet. SorTech entwickelte erstmals Kä lteaggregate auf Basis des Adsorptionsverfahrens, die zur Kä lteerzeugung nicht Strom, sondern Wärme im niedrigen Temperaturbereich von 55 C bis 95 C nutzen und das mit sehr guten Leistungsdaten. Die Betriebskosten und der 58 greenhome Juli August

4 SOLARE KLIMAANLAGE 1 Foto: SorTech» VORBILDLICH Die Solaranlage mit gekoppelter solarer Kühlung von Familie Brinkmöller war eine der ersten ihrer Art im privaten Bereich. 3 2 Foto: SorTech KÜHLEN MIT DER SONNE PRAXISBEISPIEL Foto: SorTech 1 Kollektoren Die Kollektoren für die nutzung von Solarthermie sind am Haus von familie Brinkmöller in Indachbauweise angebracht. 2 Kälte kompakt Das adsorptionskälteaggregat, mit dem umweltfreundlich gekühlt wird, befindet sich platzsparend im Keller des Hauses. 3 Nachschub Im Garten der Brinkmöllers fand eine Rückkühleinheit Platz. Sie sorgt dafür, dass der Kältekreislauf nicht unterbrochen wird. 59

5 «SONNE & WÄRME» CO₂-Ausstoß lassen sich so im Vergleich zu strombetriebenen Kälteanlagen um bis zu 90 Prozent reduzieren. Zudem ist das ein großer Beitrag zum Umweltschutz und ein wichtiger Schritt zum Erreichen der Klimaschutzziele. Denn auf zusätzlichen Strom und synthetische Kältemittel zur Kälteerzeugung kann verzichtet werden. KlIma nach mass Das rund 40 Jahre alte Haus von Familie Brinkmöller in Wiesloch bei Heidelberg zeigt, wie gut das Prinzip auch in der Praxis funktioniert. Bereits seit dem Jahre 2008 nutzt die fünöpfige Familie die solare Kühlung. Auf rund 260 m2 Wohnfläche sind die Brinkmöllers Pioniere bei der nutzung der jungen Technik. Auf dem Satteldach ihres freistehenden Einfamilienhauses mit idealer Süd- NOCH IST DIE SOLARE KÜHLUNG EINE INVESTITION, DIE SICH ERST LANG- FRISTIG RECHNET. ABER VOR ALLEM UNTER ÖKOLOGISCHEN GESICHTS- PUNKTEN IST SIE ATTRAKTIV. SONNE, DAMPF UND KRAFT MIT DER KRAFT DER SOnnE ZU KÜHLEn, MAG ZUnäCHST UnGEWöHnLICH KLInGEn. TATSäCHLICH FUnKTIOnIERT DIE TECHnIK ABER REIBUnGSLOS. DAMPF WIRD KÄLTE Die Kaltverdampfung sorgt für angenehme Temperaturen. Das sogenannte Adsorptionsverfahren, das bei der solaren Kühlung genutzt wird, spielt sich im Kälteaggregat ab. Die Technik basiert auf einem Kaltverdampfungsprozess, bei dem Wärmeenergie zur Erzeugung von Kälte eingesetzt wird. Anders als bei einem Absorptionsverfahren wird die im Kältemitteldampf gebundene Wärme beim Adsorptionsprozess nicht etwa absorbiert. Sie wird vielmehr im Kälteaggregat an einem festen Stoff, dem sogenannte Adsorbens, angelagert. Südost-Ausrichtung wurde eine thermische Solaranlage mit einem Indachkollektorfeld von 40 m2 installiert. Im Keller befindet sich neben einem Heißwassertank mit Litern als Pufferspeicher und der Gebäudeheizung zur Wärmeverteilung auch das Adsorptionskälteaggregat von SorTech. Es arbeitet mit reinem Wasser und Silikagel. Sowohl Heizung als auch Kühlaggregat bedienen sich aus dem Pufferspeicher. Die Solaranlage der Brinkmöllers liefert eine Energiemenge von etwa 17 kw in der Spitze und reicht aus, um die Kühlung anzutreiben und gleichzeitig Wärmereserven im Pufferspeicher aufzubauen. Für ein Kilowatt Kälte benötigt man ungefähr zwei bis fünf Quadratmeter Solarfläche, je nach Kollektortyp. Das SorTech-Aggregat hat eine Kühlleistung von 7,5 kw. Die Kälteverteilung in Wiesloch erfolgt durch eine Lüftungsanlage mit Deckenlüftern, die die Luft auch entfeuchten. Alternativ könnte man auch Klimadecken oder Foto: Rainer Sturm/pixelio SorTech setzt für die Adsorption die Stoffpaare Wasser und Silikagel oder Wasser und Zeolith ein. Wasser ist das Kältemittel, das verdampft und vom Silikagel oder Zeolith adsorbiert wird. Mittels Wärme wird es wieder ausgetrieben und kondensiert. die vorhandenen Heizkörper einsetzen. Das gesamte Kältesystem in Wiesloch kostete damals rund Euro. Viel Geld, aber für Familie Brinkmöller, die erneuerbare Energien aus Überzeugung nutzt, eine lohnende Investition. GuTES KlIma, GuTES GElD Aufgrund der positiven Effekte wird solare Kü hlung, damals wie heute, vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, kurz Bafa, staatlich gefördert. So werden Solarthermieanlagen, die zur Raumheizung, Warmwasserbereitung oder zur solaren Kälteerzeugung eingesetzt werden, bezuschusst mit bis zu 50 Prozent der Kosten der Solarthermieanlage. Interessenten können sich informieren unter der Webadresse noch ist die solare Kühlung eines Einfamilienhauses eine Investition, die sich erst langfristig rechnet. Aber unter ökologischen Gesichtspunkten und dank der Fördersätze der Bafa ist sie durchaus attraktiv. Und der Gewinn an Lebensqualität durch Klimatisierung ist schwer zu beziffern. Die Kombination einer solarthermischen Anlage mit einer Kühllösung erlaubt auf alle Fälle die nutzung von vergleichsweise mehr Energie zu deutlich geringeren Kosten, der Effekt für den Klimaschutz ist somit höher. Die Anlage in Wiesloch läuft inzwischen im fünften Jahr und das problemlos. Familie Brinkmöller kann durch das Gesamtkonzept seit Jahren zwei Drittel ihrer Heizkosten einsparen und genießt zudem den Luxus einer klimatisierten Wohnumgebung. 60 greenhome Juli August

6 SOLARE KLIMAANLAGE Auch sonst können sich die Erfolge sehen lassen. Der Wärmeverbrauch für Heizung und Warmwasser sank durch Maßnahmen wie Dämmung, neuen Heizkessel sowie die solarthermische Anlage mit solarer Kühlung von auf Liter Heizöl. So spart Familie Brinkmöller jährlich 8,4 Tonnen CO₂ ein. VARIABEL Dank Adsorptionstechnik sorgt Solarthermie für Wärme oder Abkühlung. EffIzIEnT GEKüHlT Solare Klimatisierung hat sich in den letzten Jahren vom Exoten zur bewährten Technologie entwickelt und ist heute nicht nur für neubauten attraktiv. Auch bestehende Anlagen lassen sich gut nachrüsten. Mit ihrer ecoo-serie ecoo steht für efficient cooling stellte die SorTech AG im März diesen Jahres eine komplett neue Generation von Adsorptionskälteaggregaten vor, die auch für kleine und mittlere Kältebedarfe von 4 kw bis 240 kw geeignet sind. Sie erlauben eine noch einfachere und passgenauere Integration in ein Gesamtkonzept und arbeiten noch effizienter. Dank seines modularen Auaus wächst das Kühlkonzept mit den Anforderungen der nutzer. Die Steuerungstechnik und die Schnittstellen-Konfiguration wurden überarbeitet und erlauben einen noch einfacheren Datenaustausch und eine reibungslose Systemintegration. Die Aggregate arbeiten dabei leistungs- oder wirkungsgradoptimiert und sind individuell der Solarthermieanlage angepasst. So steigt auch die Energieeffizienz des Gesamtsystems. Außerdem sind die Preise dieser Technologie inzwischen gesunken, sodass sich eine individuelle Lösung für das Eigenheim schneller amortisiert. Foto: Klaus Uwe Gerhardt/pixelio COOLE TECHNIK Die Adsorption erfordert einen nur moderaten Energieaufwand. Foto: Andreas Morlok/pixelio PHYSIK STATT CHEMIKALIEN Die Adsorption, die bei der solaren Kühlung eine Schlüsselrolle spielt, ist ein physikalischer Prozess. Stoffe bleiben auf der Oberfläche eines anderen Stoffes haften und reichern sich dort an. Dieses Anhaften erfolgt durch physikalische Kräfte, nicht durch chemische Bindungen. Wärme ist die maßgebliche Größe, die den physikalischen Prozess im Fall der Raumkühlung mit Solarwärme beeinflusst. So lässt sich auch vormals ungenutzte solarthermische Wärme sinnvoll einsetzen. 61