Beratungsunterlage für die 15. Sitzung am 17. Dezember 2015
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- Falko Franke
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1 Geschäftsstelle Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe gemäß 3 Standortauswahlgesetz Arbeitsgruppe 3 Entscheidungskriterien sowie Kriterien für Fehlerkorrekturen Beratungsunterlage für die 15. Sitzung am 17. Dezember 2015 Kriterien für Kristallin als Wirtsgestein Datum: 13. Dezember 2015 Verfasser: Dr. Ulrich Kleemann unter Verwendung vorbereitender Papiere von Prof. Dr.-Ing. Wolfram Kudla, Dr. Detlef Appel und Dr. Markus Trautmannsheimer 14. Dezember 2015
2 Kriterien für Kristallin als Wirtsgestein Dr. Ulrich Kleemann unter Verwendung vorbereitender Papiere von Prof. Dr. W. Kudla, D. Appel und Dr. M. Trautmannsheimer Ausgangslage Nach 4 Abs. 2 StandAG soll die Kommission u.a. Vorschläge für geowissenschaftliche Ausschlusskriterien und Mindestanforderungen im Hinblick auf die Eignung geologischer Formationen für die Endlagerung sowie wirtsgesteinsspezifische Ausschluss- und Abwägungskriterien für die möglichen Wirtsgesteine Salz, Ton und Kristallin entwickeln. Die Empfehlungen des Arbeitskreises Endlager (AK End) von 2002 beinhalteten Kriterien für den langzeitsicheren Einschluss in dichten Wirtsgesteinen, die gleichzeitig den einschlusswirksamen Gebirgsbereich bildeten (Fall A nach AK End 2002). Eine wesentliche Grundlage für den Kriterienvorschlag sollen zudem die "Sicherheitsanforderungen an die Endlagerung wärmeentwickelnder radioaktiver Abfälle - Stand 30. September 2010" (BMU 2010) bilden; diese müssen durch den letztlich ausgewählten Standort erfüllt werden. Beiden liegt das ewg-konzept zugrunde, wonach die geologischen Barrieren den Hauptbeitrag zur Langzeitsicherheit des Endlagers leisten sollen, und zwar insbesondere durch den Einschluss der radioaktiven Abfälle im einschlusswirksamen Gebirgsbereich (ewg). Das ist derjenige Gebirgsbereich eines Endlagersystems, der "im Zusammenwirken mit den technischen Verschlüssen (Schachtverschlüsse, Kammerabschlussbauwerke, Dammbauwerke, Versatz,... ) den Einschluss der Abfälle sicherstellt" (BMU 2010). Die Arbeitsgruppe 3 hat sich vor diesem Hintergrund in mehreren Sitzungen mit der Frage beschäftigt, ob die Kriterien des AK End auch für das Wirtsgestein Kristallin anwendbar sind, bzw. welche wirtsgesteinsspezifischen Kriterien hierfür zusätzlich zu entwickeln sind. Die Frage der wirtsgesteinsspezifischen Kriterien wurde zudem bei der Informationsfahrt der Kommission nach Schweden und Finnland erörtert. Einen interessanten neuen Ansatz brachte die Konzeptstudie für ein alternatives Endlagermodell von Schreiber, Ewert & Jentzsch (2015), das eine Endlagerung in Kristallin unter Salzüberdeckung vorschlägt (Fall Bb nach AK End 2002). Internationale Kriterien Endlagerkonzepte in Kristallin werden in einer Reihe von Ländern verfolgt bzw. diskutiert (Schweden, Finnland, Kanada, Russland, Tschechien, USA). Allen Konzepten ist gemein,
3 dass die geotechnische Barriere, bestehend aus Kupferbehälter und Bentonit-Puffer, einen wesentlichen Teil der Barrierefunktion übernimmt. Hauptgrund hierfür ist, dass Kristallingesteine zwar über homogene Bereiche mit sehr geringen Gesteinsdurchlässigkeiten (kf < ) verfügen können, die Gebirgsdurchlässigkeit über Trennflächen (Klüfte, Verwerfungen) jedoch deutlich erhöht sein kann. Abb. 1: Schwankungsbreite der Gebirgsdurchlässigkeiten verschiedener Wirtsgesteine (Appel & Habler 2002) Bei der Standortauswahl sind daher bereits großräumige tektonische Störungen zu meiden. Nach dem finnischen Host Rock Classification Project (HRC) führt mindestens eines der folgenden Kriterien zum Ausschluss (Hagros 2006): - Die Länge der Störungszone ist 8 km oder länger - Die Störungszone zeigt Bewegungen im aktuellen Stressfeld - Seismische Aktivität auf Grund von glazialen Ausgleichsbewegungen - Großräumige (mehrere 100 m) hydraulische Wirksamkeit (Transmissivität > 10-5 m 2 /s) - Vorliegen von Informationen, die gegen eine Eignung sprechen. Im vom BMWA geförderten Projekt Anforderungen an die Standorterkundung für HAW- Endlager in Hartgesteinen (ASTER) sind unter Mitwirkung von BGR, GRS und DBEtec für russische Standorte in Kristallingesteinen Anforderungen entwickelt worden, die in eine ähnliche Richtung gehen (Ziegenhagen et al. 2005). Demnach sind solche Massivbereiche auszugliedern, in denen mächtige, hydrodynamisch aktive Störungszonen fehlen. Zwischen eventuell auftretenden, hydrogeologisch relevanten Störungszonen müssen unter Beachtung von Sicherheitsabständen möglichst homogene und minimal deformierte Gesteinsblöcke
4 geringer Durchlässigkeit ausgewiesen werden. Deshalb ist für den Nachweis der Standorteignung eine detaillierte Erfassung und hydrogeologische Bewertung des strukturellen Inventars erforderlich. Günstig für eine Radionuklidfreisetzung ist das Vorkommen alterierter Gesteinsvarietäten mit guten Sorptionseigenschaften in diesen Gebieten. Die Gesteine sollten demnach im Nah- und Fernfeld des Endlagers über gut ausgebildete Isolations- bzw. Radionuklidfixierungseigenschaften verfügen: - Ein gutes Sorptionsvermögen durch sekundär, im Ergebnis von Alterationsprozessen gebildete Tonminerale - Geringe effektive Porositäten, niedrige Matrixdurchlässigkeiten und geringe Diffusionskoeffizienten - Ein weitgehendes Fehlen von hydraulisch aktiven Störungszonen, d.h. ein Verheilen von ursprünglich offenen Klüften durch hydrothermal-metasomatische Alterationsprodukte - Gering mineralisiertes, neutrales bis schwach alkalisches, reduzierendes Gleichgewichtsgrundwasser mit niedrigen Gehalten von Komplexbildnern und Kolloiden Für die Einlagerungsbereiche im Endlager wurden in Schweden und Finnland u.a. weitere Anforderungen entwickelt (Anderson et al. 2000, McEwen et al. 2012): - Grundwasser mit ph im Bereich 6 bis 10, geringe Konzentration organischer Bestandteile (DOC < 20 mg/l) und Kolloide (< 0,5 mg/l), geringe Chloridgehalte - Hydraulischer Gradient kleiner 1 % - Bruchzonen, die durchfahren werden, müssen eine geringe Durchlässigkeit haben (Transmissivität > 10-5 m 2 /s) - Gesamtsalinität kleiner als 100 g/l Diese standortspezifischen Anforderungen zeigen an, dass für das Endlagerkonzept in Schweden und Finnland mit geringen Grundwasserzutritten gerechnet wird. Die Kriterien sollen sicherstellen, dass die Korrosion vermieden und die Stabilität der Behälter langfristig gesichert wird. Für die Standortauswahl eignen sich diese Kriterien jedoch nicht. Kriterienvorschlag Es wird vorgeschlagen, den Kriteriensatz zur Gewährleistung der bestmöglichen Endlagersicherheit auch auf Kristallingesteine anzuwenden und kein zusätzliches Kristallin- Kriterium aufzunehmen. Dies bedeutet, dass das Kriterium Gebirgsdurchlässigkeit das Auffinden von homogenen und ungestörten Bereichen voraussetzt. Hierbei sind die Anforderungen nach dem ASTER-Projekt hilfreich. Der Kenntnisstand wird jedoch zu Beginn
5 des Auswahlverfahrens noch nicht vollständig zur genauen Abgrenzung dieser Bereiche ausreichen. Nur bei Vorliegen von Kenntnissen großer und aktiver Störungszonen oder weitergehender Informationen zur geologischen Gesamtsituation kann ein Ausschluss schon in der Phase 1 erfolgen. Durch einen Zusatz zum Kriterium Gebirgsdurchlässigkeit sollte sichergestellt werden, dass der Nachweis sehr geringer Durchlässigkeit auch durch weitere Barrieren erfolgen kann, selbst wenn im Wirtsgestein der Nachweis der Einhaltung dieses Kriteriums nicht möglich ist. Mit dieser Formulierung soll eine Endlagerung in Kristallin unter dichten Deckschichten (Ton/Salz) ermöglicht werden: Die Erfüllung des Kriteriums kann auch durch überlagernde Schichten nachgewiesen werden. Der einschlusswirksame Gebirgsbereich befindet sich damit außerhalb des Wirtsgesteins (Fall Bb nach AK End). Quellen: Anderson, J., Ström, A, Svemar, C., Almen, K-E. & Ericson, L.O. (2000): What requirements does the KBS-3 repository make on the host rock? - Geoscientific suitability indicators and criteria for siting and site evaluation.- SKB Technical report TR Appel, D. & Habler, W. (2002): Quantifizierung der Wasserdurchlässigkeit von Gesteinen als Voraussetzung für die Entwicklung von Kriterien zur Grundwasserbewegung.- Phase 2: Auswertung der Datensätze für die Kriterienentwicklung.- Bericht für AK End. McEwen, T., Aro, S., Kosunen, P., Mattila, J., Pere, T., Käpyaho, A. & Hellä, P. (2012): Rock suitability classification RSC Posiva Hagros, A. (2006): Host Rock Classification (HRC) system for nuclear waste disposal in crystalline bedrock.- Doctoral dissertation, University of Helsinki. Schreiber, U., Ewert, T. & Jentzsch, G. (2015): Geologische Potenziale zur Einlagerung von radioaktiven Abfallstoffen unterhalb von stratiformen Salzformationen.- Universität Duisburg- Essen; K-Mat 42. Ziegenhagen, J., Hammer, J., Fahrenholz, C. et al. (2005): Anforderungen an die Standorterkundung für HAW-Endlager in Hartgesteinen (ASTER).- Abschlussbericht, BMWA, FKZ 02E9612 und 02E 9622.
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