Angesichts der bevorstehenden läuferischen Belastungen müssen wir am Sonntag besonders gut frühstücken. Müssen? Ach was, wir dürfen!

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1 Angesichts der bevorstehenden läuferischen Belastungen müssen wir am Sonntag besonders gut frühstücken. Müssen? Ach was, wir dürfen! Quasi direkt vor unserer Zimmertür haben wir uns sofort unseren Stammplatz ausgeguckt. In diesen Tagen mit den vielen sportlichen Gästen hat die Hotelleitung den eigentlichen Konferenzraum im der oberen Etage zum zweiten Frühstücksraum umfunktioniert. Zwar müssen wir uns alles, was wir verdrücken wollen, zuvor von unten holen, aber Treppen zu laufen hält fit und oben frühstückt es sich wesentlich ungestörter.

2 Ob Saft, Wasser, Kaffee, Kakao oder Tee, ob Brote, Brötchen, Müsli oder Obst, das Frühstücksbüffet hält alles bereit, was das Herz oder der Magen begehrt. Zwischen Vogelvoliere, Bar, Wendeltreppe und Aquarium frühstücken die meisten anderen Gäste rund um eine deckenhohe Miniatur des Uhrturms in gediegener Atmosphäre. Obwohl das Hotel gar nicht so klein ist, bietet es doch eher den Charme einer gemütlichen Pension als die Unpersönlichkeit einer Luxusbettenburg. Hier fühlst du dich einfach wohl!

3 Vor den ersten Wettkämpfen müssen wir natürlich unsere Speicher gut auffüllen. Mit einem leckeren Frühstück macht das sogar richtig Spaß. Nebenbei lernen wir unsere Unterkunft immer besser kennen. Hier sind einige Eindrücke vom Oglakcioglu Park Hotel : Exakt über diesen Sesseln ist unser Zimmer mit direktem Durchgang zur Voliere. Die Rezeption steht in der Mitte der langen Hotellounge, die die beiden Eingänge miteinander verbindet. Zuerst ist das ziemlich verwirrend, aber als mir auffällt, dass es am Aquarium vorbei zum Wasser und an der anderen Seite zum Bahnhof geht, wird s leichter, sich zurechtzufinden. Unsere Räuberhöhle im Hotel: Das Zimmer ist natürlich recht klein, weil es zunächst als Einzelzimmer gebucht wurde und Olli nachträglich dazukam, aber ausreichend ist es allemal. So aufgeräumt und hübsch dekoriert sehen unsere Betten zugegebenermaßen immer nur einmal am Tag und auch nur für einen kurzen Moment aus. Ansonsten müssen sie außer zum Schlafen auch noch oftmals als Büro oder selten auch als Fernsehsesselersatz herhalten, so dass der zerwühlte Zustand zur gewohnten Normalität wird. Na und? So ist das in einer Männerwirtschaft eben!

4 Cool: Für die Pantoffelhelden unter uns beinharten Sportlern hält das Hotel sogar die passenden Schlappen bereit! Die Kleiderfrage stellt sich heute erst gar nicht, Wettkampfoutfit ist angesagt. Los gehts, wir essen zeitig! Ach nein, es geht ja heute gar nicht ums Essen, sondern ums Laufen. Wir beide zusammen haben heute drei Rennen und müssen immer eine knappe halbe Stunde vor jedem Start im Callroom unsere Teilnahme bestätigen, damit wir nicht gleich für die ganze weitere Europameisterschaft disqualifiziert werden. Also auf zur Metrostation, die sich unterirdisch gleich hinter dem nahen Bahnhof Basmane befindet.

5 Wieder einmal sind wir schwer beindruckt von dem nur scheinbar chaotischen Verkehrsverhalten der Türken. Rote Ampeln verleiten bestenfalls einige Autofahrer zum Anhalten, Fußgänger nutzen so oder so jede sich bietende Lücke und ansonsten hat immer derjenige Vorfahrt, der am meisten und lautesten hupt. Hier sind sogar die Bahnen von Metro und Izban mit Hupen ausgerüstet und die Führer nutzen sie bei jeder Einfahrt in eine unterirdische Station intensiv. Offenbar kommen aber alle gut mit diesem Verhalten klar und bewegen sich so vorsichtig, dass wir keinen einzigen Unfall miterleben. Ein beeindruckend faszinierendes Chaos! Vorbei am Hauptbahnhof zur Metrostation, dann drei Stationen weiter wieder aussteigen und kurz darauf sind wir nach kurzem Fußweg schon im Atatürk Stadion. Hier finden wir uns schnell zurecht, denn niemand, der nicht unbedingt muss, hält sich freiwillig unter der unbarmherzig brennenden Sonne auf. Viele Athleten und Betreuer treffen wir im T.I.C., die anderen auf den Zuschauerrängen unter dem Stadiondach.

6 Olli hat s zunächst gut, denn er darf es sich ein Weilchen auf der Tribüne im deutschen Block in der Nähe der VIP- Tribüne bequem machen und dabei zusehen, wie andere sich in der Mittagshitze abmühen, um sich im Callroom zu melden und ihre Muskulatur anständig aufzuwärmen. Zum Wettkampf ist aber ein sonniger Fotojob angesetzt! Wow, gemäß veröffentlichter Zeitentabellen darf ich gleich an meinem ersten Wettkampftag in beiden Stadien laufen! Okay, mit 1500 m geht es los! Mein Glück bleibt mir treu: In allen Klassen treten bis zu einem Drittel der gemeldeten Läufer gar nicht an, nur die M50er kommen natürlich alle. Folge: Die Vorläufe der M45er und M55er werden kurzfristig gestrichen, alle Teilnehmer sind automatisch fürs Finale qualifiziert. Nur uns bietet sich die Chance, schon im Vorlauf auszuscheiden und die nutze ich trotz eigentlich für meine Verhältnisse sehr guter Leistung. Aber der Reihe nach: Für mich ist das ganz einfach, denn eine Chance aufs Finale habe ich im Normalfall sowieso nicht, doch dieses Rennen ist für mich die einzige Gelegenheit, auch einmal vor etwas mehr Publikum im Hauptstadion zu rennen. Schauen wir also mal, wie ich im Atatürk Stadion zurechtkommen werde. 23 Starter, nur ein anderer Wettkampf dieser Europameisterschaft weist ein größeres Teilnehmerfeld auf: Beim Lauf über 5000 m starten 26 selbstverständlich, du ahnst es schon, in der M50. Mit dabei ist auch wieder mein englischer Kumpel Alan, mit dem ich mich voraussichtlich um den vorletzten Platz duellieren werde. Einerseits möchte ich nicht so gerne ganz hinten landen, doch andererseits sage ich mir: Hey, das hier ist schließlich eine Europameisterschaft, bei der jeder Sportler bestens vorbereitet antritt und weiß, was er tut.

7 Zwei Vorläufe, eigentlich Halbfinalläufe, sind nötig, um die 16 Finalisten zu ermitteln. Aus jedem Lauf kommen die drei Ersten weiter, dazu die insgesamt zehn Zeitschnellsten vom Rest. Darüber muss ich mir keine Gedanken machen, aber meine Bekannten und vielfachen Konkurrenten, der Holländer Lucas Buikema und der Österreicher Wolfgang Prieschl, haben durchaus ihre Chance, in den Finallauf einzuziehen.

8 Unten im Stadion auf der Tartanbahn herrschen in der Sonne inzwischen über 50 C. Dennoch will ich versuchen, das kurze Rennen so gut wie möglich zu genießen und trotzdem eine akzeptable Leistung zu bringen. Immerhin wird es mein nächster Start für das Team Deutschlands, was für jedermann schon an der Wahl meiner Schuhe ersichtlich ist.

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10 Na klar, alle Zuschauer suchen sich den Schatten unter dem Tribünendach, aber mit etwas mehr Publikum habe ich schon gerechnet. Was soll s, dann starte ich eben meine Mission Impossible vor dieser Geisterkulisse! Nach ersten Fotos im Stadion muss ich in den Callroom. Mit Alan gemeinsam geht es bei gut und gerne 40 C im Schatten an den Start, wir sind beide im ersten von zwei Halbfinals dran Meter in heißer, trockener und windstill stehender Luft für mich eine zu kurze Distanz, um eine wirkliche Chance zu haben. Trotzdem halte ich mich nicht taktierend zurück und gebe von Beginn an Vollgas.

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12 Mit ganz offensichtlich vollem Einsatz laufe ich bis auf 11 Sekunden an meine persönliche Bestzeit heran, obwohl schon auf der Zielgeraden klar ist, dass mir das in der Endabrechnung nichts bringt. Trotz der nicht gerade leistungsfördernden äußeren Bedingungen rennen nur zwei Läufer schneller als ihre Meldezeit, einer davon bin ich: 10. in meinem Rennen in 5.18,47 Minuten. Positive Sichtweise dieses Ergebnisses gefällig? Einige andere Athleten, unter anderem Alan Roberts und der Österreicher Wolfgang Prieschl, brauchen ein wenig mehr Zeit, ich werde insgesamt 19. und scheide wie erwartet aus. Na ja, mittelprächtig eben! Um ins Finale vorzustoßen, hätte ich knapp 7 Sekunden schneller rennen müssen bei diesen Bedingungen ein total unrealistisches Ziel. Heute schnappt sich Lucas Buikema im zweiten Lauf mit einer 5.11er Zeit Rang 16 und damit den letzten Finalplatz. In diesem Glutofen brennen dir schon nach hundert Metern die Lungen. Du sehnst dich nach erfrischendem Wasser, aber es gibt keins, nicht einmal im Ziel. Hier gibt der Veranstalter ein trauriges Bild ab. Auch ohne Getränke ist die Erholungsphase schnell abgeschlossen und wir versammeln uns noch im Ziel zum Gruppenbild.

13 Spät, aber nicht zu spät bemerken wir, dass Alan zu diesem Zeitpunkt noch auf der Strecke ist. Nach seinem Finish gibt es wenigstens noch ein Foto mit seinen beiden Landsleuten und welche mit Habib Abdellaoui. Der Franzose gewinnt später das Finale souverän in Minuten. Chapeau, Habib!

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15 Den Schwung aus diesem unerwartet guten Auftaktrennen wollen wir möglichst über alle Wettkämpfe hinweg bis zum abschließenden Marathon mitnehmen. Die nächsten Läufe gehen wir noch ambitionierter an! 1500 m M und 25. August 2014 Plätze 1 bis 16: Finale am 25. August / Plätze 17 bis 23: Halbfinals am 24. August Platz Name Nation Laufzeit in Minuten.1..Habib Abdellaoui..Frankreich..4.24, Rene Pedersen..Dänemark..4.25, Jukka Kaukola..Finnland..4.26, Lucas Buikema..Niederlande Robert Rohregger..Deutschland..5.18, Wolfgang Prieschl..Österreich..5.20, Alan Roberts..Großbritannien..5.42, Läufer im Ziel

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