DWA- Regelwerk. Merkblatt DWA-M 907. Erzeugung von Biomasse für die Biogasgewinnung unter Berücksichtigung des Boden- und Gewässerschutzes

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1 DWA- Regelwerk Merkblatt DWA-M 907 Erzeugung von Biomasse für die Biogasgewinnung unter Berücksichtigung des Boden- und Gewässerschutzes April 2010

2 Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) setzt sich intensiv für die Entwicklung einer sicheren und nachhaltigen Wasserwirtschaft ein. Als politisch und wirtschaftlich unabhängige Organisation arbeitet sie fachlich auf den Gebieten Wasserwirtschaft, Abwasser, Abfall und Bodenschutz. In Europa ist die DWA die mitgliederstärkste Vereinigung auf diesem Gebiet und nimmt durch ihre fachliche Kompetenz bezüglich Regelsetzung, Bildung und Information der Öffentlichkeit eine besondere Stellung ein. Die rund Mitglieder repräsentieren die Fachleute und Führungskräfte aus Kommunen, Hochschulen, Ingenieurbüros, Behörden und Unternehmen. Impressum Herausgeber und Vertrieb: DWA Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. Theodor-Heuss-Allee Hennef, Deutschland Tel.: Fax: Internet: Satz: DWA Druck: Druckhaus Köthen ISBN: Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier DWA Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V., Hennef 2010 Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Merkblattes darf ohne schriftliche Genehmigung des Herausgebers in irgendeiner Form durch Fotokopie, Digitalisierung oder irgendein anderes Verfahren reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen werden. 2 April 2010

3 Vorwort Die DWA-Arbeitsgruppe GB-6.6 Wirkungen und Folgen des Anbaus und der Nutzung nachwachsender Rohstoffe (NawaRo) auf Böden und Grundwasser hat das vorliegende Merkblatt in fachlicher Abstimmung mit dem Projektkreis Landbewirtschaftung und Gewässerschutz im gemeinsamen Ausschuss DVGW/DWA TK 1.2/GB-8 Grundwasser und Ressourcenmanagement vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um die Förderung nachwachsender Rohstoffe zur Wärme- und Energienutzung erarbeitet. Die rasche Bestandsentwicklung von Biogas- und Ko-Fermentationsanlagen, die in den letzten 10 Jahren zu verzeichnen ist, unterstützt die Klimaziele der Europäischen Union und leistet ihren Beitrag zur Diversifizierung des Energieangebotes, insbesondere in den regionalen Märkten. Ferner leitet sich aus den politischen Rahmenbedingungen, die unter diesem Blickwinkel geschaffen wurden, speziell für die Landwirtschaft eine ergänzende Möglichkeit zur Existenzsicherung ab. Inwieweit sich diese Entwicklung angesichts der stürmisch steigenden Nachfrage nach Lebensmitteln und der sich in Folge des Klimawandels verknappenden Agrarflächen fortsetzen wird, bleibt abzuwarten. Gleichzeitig entstehen bei der energetischen Nutzung nachwachsender Rohstoffe Gärreste als Endprodukte der Biogasgewinnung. Aufgrund der aktuellen rasanten Mengenentwicklung sowie der schlecht steuerbaren Zusammensetzung der Inhaltsstoffe treten diese zunehmend als möglicher Risikofaktor für den Gewässerschutz hervor. Außerdem bietet die Biomassenutzung starke Anreize für die Landwirtschaft, stillgelegte Flächen zu reaktivieren und extensive Nutzungen durch den Anbau von Energiepflanzen zu intensivieren, was weitere Risiken für den Gewässerschutz birgt. Das vorliegende Merkblatt richtet sich mit seinen Denkanstößen an die Politik, Verwaltung, landwirtschaftliche Beratung und Landwirte, die nachwachsende Rohstoffe (NawaRo) anbauen, und bietet der landwirtschaftlichen Beratung eine Grundlage zur konstruktiven Unterstützung der Landwirtschaft bei der Wahl der Fruchtfolgen, bei der Anbaugestaltung sowie der Verwertung von Gärresten unter den Aspekten des Boden- und Gewässerschutzes. Das vorliegende Merkblatt wurde mit dem Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. Technisch-wissenschaftlicher Verein (DVGW) inhaltlich abgestimmt und erscheint dort als Wasser-Information Nr. 73. Müncheberg, im März 2010 Dr. Frank Eulenstein April

4 Verfasser Das Merkblatt wurde von der DWA-Arbeitsgruppe GB-6.6 Wirkungen und Folgen des Anbaus und der Nutzung nachwachsender Rohstoffe auf Böden und Grundwasser (NawaRo) im DWA-Fachausschuss GB-6 Bodennutzung und Wirkungen auf das Grundwasser in fachlicher Abstimmung mit dem PK Landbewirtschaftung und Gewässerschutz im gemeinsamen Ausschuss DVGW/DWA TK 1.2/GB-8 Grundwasser und Ressourcenmanagement erarbeitet. In der DWA-Arbeitsgruppe GB-6.6 Wirkungen und Folgen des Anbaus und der Nutzung nachwachsender Rohstoffe auf Böden und Grundwasser (NawaRo) haben folgende Personen mitgearbeitet: BEISECKER, Richard BUTTLAR VON, Christine DRECHSLER, Hartwig EULENSTEIN, Frank FELDWISCH Norbert LUYTEN-NAUJOKS, Karin RICHTER, Simone Dr. agr., Ingenieurbüro für Ökologie und Landwirtschaft, Malsfeld-Sipperheim Dr. agr., Ingenieurgemeinschaft für Landwirtschaft und Umwelt, Göttingen Dr. sc. agr., Drechsler Ingenieurdienst, Göttingen Dr. sc. agr., Zentrum für Agrarlandschaftsforschung, Müncheberg (Sprecher) Dr. agr., Ingenieurbüro Dr. Feldwisch, Bergisch-Gladbach Dipl.-Ing. agr., Bundesgütegemeinschaft Kompost, Köln Dipl.-Ing., Umweltbundesamt, Dessau Der DWA-Arbeitsgruppe GB-6.6 gehörten weiterhin an: AHL, Christian ATTENBERGER, Erwin BECKER, Klaus-Wenzel BURG, Dörte FOHRMANN, Reinhard HUFNAGEL, Johannes LAMBERTZ, Burkhard SCHEFFER, Konrad SCHLEGEL, Michael STOLTE, Henryk WEINZIERL, Werner WILLMS, Matthias Dr. sc. agr., Institut für Bodenwissenschaften, Göttingen Dipl.-Ing. agr., Bayerisches Landesamt für Umweltschutz, Hof Dr. sc. agr., ehem. Institut für Bodenwissenschaften, Göttingen Dipl.-Ing., Wasserverbandstag e. V., Hannover Dr., Rhein.-Westfälisches Institut für Wasser, Mülheim an der Ruhr Dipl.-Ing. agr., Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF), Müncheberg Dipl.-Ing. agr., Niederrheinwasser GmbH, Viersen Prof. Dr., FB Landwirtschaft Witzenhausen, GH Kassel Dipl.-Ing., HEAG Südhessische Energie AG (HSE), Darmstadt Dipl.-Ing. agr., Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe (FNR), Gülzow Dr. sc. agr., Geologisches Landesamt Baden-Württemberg, Freiburg Dr. sc. agr., Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF), Müncheberg Als Gäste haben mitgewirkt: SCHEFFER Bernhard LITZ, Norbert MEIßNER, Ralph SCHINDLER, Roland Prof. Dr., ehem. Niedersächs. Landesamt für Bodenforschung, Oyten Dr., Umweltbundesamt, Berlin Prof. Dr., UFZ, Institut für Gewässerforschung, Falkenberg Dipl.-Geol., Niederrheinwasser GmbH, Viersen Projektbetreuer in der DWA-Bundesgeschäftsstelle: BARION, Dirk Dipl.-Geogr., Hennef Abteilung Wasserwirtschaft, Abfall und Boden 4 April 2010

5 Inhalt Vorwort... 3 Verfasser... 4 Bilderverzeichnis... 6 Tabellenverzeichnis... 6 Benutzerhinweis... 7 Einleitung Anwendungsbereich Abkürzungen und Symbole Rechtliche Vorgaben Allgemeines Wasserrechtliche Vorgaben Vorgaben zur landwirtschaftlichen Erzeugung und Verwertung Energiepflanzenanbau Grundlagen des Anbaus von Energiepflanzen Fruchtfolge und Flächennutzung Umweltwirkungen und Bewertung Empfehlungen zur Fruchtfolge und Flächennutzung Düngung und Nährstoffbilanzen Umweltwirkungen und Bewertung Empfehlungen zur Düngung Humushaushalt und Humusbilanz Umweltwirkungen und Bewertung Empfehlungen zum Humushaushalt und zur Humusbilanz Pflanzenschutzmaßnahmen Umweltwirkungen und Bewertung Empfehlungen zum Pflanzenschutz Erosion Umweltwirkungen und Bewertung Empfehlungen zum Erosionsschutz Bodenwasserhaushalt und klimatische Wasserbilanz Umweltwirkungen und Bewertung Verwertung der Gärreste Grundlagen zur Bewertung von Gärresten Allgemeines Nährstoffgehalte Organische Substanz ph-wert Schadstoffe und Hygieneaspekte Empfehlungen für eine gewässerschonende Gärresteverwertung Allgemeines Genehmigung von Biogasanlagen Begrenzung der Stickstofffrachten bei der Ausbringung April

6 5.2.4 Lagerung und Lagerkapazität Ermittlung und Kennzeichnung der Nährstoffgehalte Durchführung einer gebietsbezogenen Beratung Gärreste-Ausbringung in Wasserschutzgebieten und in wasserwirtschaftlich empfindlichen Gebieten Güte-/Qualitätssicherung zur Zertifizierung von Gärresten Gemeinsame Empfehlungen und Positionen von DWA und DVGW Anhang A Düngeplanung zur bedarfsgerechten Ausbringung von Gärresten Anhang B Zuordnungsliste möglicher Substrate zu den Gruppen entsprechend Tabelle Richtlinien, Gesetze und Verordnungen Technische Regeln Literatur Bilderverzeichnis Bild 1: Entwicklung der Anbaufläche nachwachsender Rohstoffe von Bild 2: Schematische Darstellung von Verfahren der Energieerzeugung aus nachwachsenden Rohstoffen... 8 Bild 3: Entwicklung des Anlagenbestandes und Energieerzeugung aus Biogasanlagen von 1999 bis 2009 nach Fachverband Biogas... 9 Bild 4: Substrateinsatz in Biogasanlagen in Deutschland... 9 Bild 5: Regelungen zu verschiedenen Bereichen der Biogaserzeugung Bild 6: Ausgangsstoffe der Vergärung in ihren rechtlichen Regelungsbereichen Bild 7: Methanerträge [m 3 /ha] und Substratbereitstellungskosten [Euro/m 3 ] unterschiedlicher Kulturen Bild 8: Schemadarstellung zum Vergleich der Anbausysteme Hauptfrucht-Nutzung mit Zwischenfrüchten und Zweikultur-Nutzung für Energiepflanzen Bild 9: Schema zur Berücksichtigung organischer Dünger bei der N-Düngebedarfsermittlung Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Regelungen zu verschiedenen Bereichen der Biogaserzeugung Tabelle 2: Bewertung unterschiedlicher Energiepflanzen im Hinblick auf ihre Gefährdungspotenziale für den Gewässerschutz Tabelle 3: Fruchtfolgebeispiele mit Phasen unterschiedlicher Bodenbedeckung und kritischer Beeinträchtigungen der Bodenoberflächen Tabelle 4: Trockensubstanz- und Nährstoffgehalte sowie ph-werte von Gärresten aus 70 Betrieben Tabelle 5: Ausbringungstermine für organische Dünger bei einer gewässerschonenden Landwirtschaft Tabelle 6: Erforderliche Lagerkapazität für flüssige Wirtschaftsdünger Tabelle 7: Untersuchungsanforderungen an Gärreste aus Wirtschaftsdüngern und/oder NawaRo (Übersicht).. 34 Tabelle 8: Untersuchungsanforderungen an Gärreste, die Abfälle enthalten (Übersicht) Tabelle 9: Schema zur Einteilung der Gärreste auf Basis der Ausgangsmaterialien und daraus abgeleitete Anforderungen im Hinblick auf die landwirtschaftliche Verwertung Tabelle A.1: Trockenmasse- und Nährstoffgehalte von Gärresten aus niedersächsischen Modellbetrieben Tabelle A.2: Nährstofffrachten unterschiedlicher Gärreste bei 30 m 3 Ausbringmenge pro Hektar Tabelle A.3: Düngeplanung zu Mais bei Nährstoffzufuhr von 30 m 3 Gärrest Tabelle A.4: Nährstoffströme einer Biogasanlage bei unterschiedlicher Ausbringungsfläche Tabelle A.5: Erforderliche Flächenanteile bei unterschiedlichem Sollwert-Ansatz April 2010

7 DWA-M 907 Benutzerhinweis Dieses Merkblatt ist das Ergebnis ehrenamtlicher, technisch-wissenschaftlicher/wirtschaftlicher Gemeinschaftsarbeit, das nach den hierfür geltenden Grundsätzen (Satzung, Geschäftsordnung der DWA und dem Arbeitsblatt DWA-A 400) zustande gekommen ist. Für dieses besteht nach der Rechtsprechung eine tatsächliche Vermutung, dass es inhaltlich und fachlich richtig ist. Jedermann steht die Anwendung des Merkblattes frei. Eine Pflicht zur Anwendung kann sich aber aus Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Vertrag oder sonstigem Rechtsgrund ergeben. Dieses Merkblatt ist eine wichtige, jedoch nicht die einzige Erkenntnisquelle für fachgerechte Lösungen. Durch seine Anwendung entzieht sich niemand der Verantwortung für eigenes Handeln oder für die richtige Anwendung im konkreten Fall; dies gilt insbesondere für den sachgerechten Umgang mit den im Merkblatt aufgezeigten Spielräumen. Einleitung Durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und das Inkrafttreten des Gesetzes zur Förderung Erneuerbarer Energien im Wärmebereich (Erneuerbare-EnergienWärmegesetz EEWärmeG) zum entwickelt sich der Anbau von Nachwachsenden Rohstoffen (NawaRo) zur energetischen Nutzung derzeit zu einem bedeutenden Standbein der landwirtschaftlichen Produktion. Beide Gesetze fördern zielgerichtet die Biomassenutzung zur Strom- und Wärmeproduktion. Betrug die durchschnittliche Anlagenleistung in Deutschland 1999 noch etwa 60 kwel, so stieg diese über 125 kwel (2004) auf nun über 300 kwel. Unter den Gesichtspunkten der Nutzung regenerativer und damit klimaschonender Energiequellen wird dies durch die Europäische Union, aber auch durch Bund und Länder unterstützt. In Bild 1 ist die rasante Zunahme des Anbaues von nachwachsenden Rohstoffen in den vergangenen zehn Jahren dargestellt. Anbau nachwachsender Rohstoffe in Deutschland Anbaufläche in Deutschland von 1997 bis Anbaufläche in Hektar Im Jahr 2009* (in Hektar) Industriepflanzen Faserpflanzen Heil- und Färberpflanzen Pflanzen zur Zuckergewinnung Pflanzen zur Stärkegewinnung 130 Ölpflanzen Energiepflanzen Zucker und Stärke für Bioethanol 226 Pflanzen für Biogas 530 Raps für Biodiesel/Pflanzenöl * vorläufige Schätzung Bild 1: Entwicklung der Anbaufläche nachwachsender Rohstoffe von (FNR 2008) April