Bauphysikalische Aspekte geklebter Fensterkonstruktionen Bewertung der schall- und wärmetechnischen Eigenschaften geklebter Fensterkonstruktionen

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1 Dipl.-Phys. ift Rosenheim Bauphysikalische Aspekte geklebter Fensterkonstruktionen Bewertung der schall- und wärmetechnischen Eigenschaften geklebter Fensterkonstruktionen Einleitung Im Automobilbereich und im Flugzeugbau sind Klebungen als konstruktive Verbindungen für höchste Ansprüche an Dauerhaftigkeit und Sicherheit Standard. Nun erobert die Klebung auch das Fenster. Das Isolierglas wird mit dem Fensterflügel verklebt und trägt so zu seiner Aussteifung bei. Unter dem Gesichtspunkt einer ganzheitlichen Betrachtung der Eigenschaften des Fensters werden der Wärmeschutz, der Schallschutz sowie weitere bauphysikalische Aspekte des Fensters betrachtet. 1 Wärmeschutz geklebter Holz- und Kunststofffensterkonstruktionen In geklebten Kunststofffenstern wirkt das Glas aussteifend. Daher kann auf die im Flügelrahmen eingesetzten Stahlaussteifungen weitgehend verzichtet werden. Beim Einsatz farbiger Profile (Profiloberfläche) trifft dies allerdings nicht generell zu. So zeigen Untersuchungen des ift Rosenheim, dass unter Solareinstrahlung Temperaturen von bis zu 75 C bei dunklen Farben auftreten können. Hohe Temperaturen können zur Verformung des Profils führen, so dass auf die Aussteifung mit Stahlprofilen auch bei geklebten Konstruktionen nicht immer verzichtet werden kann. Es stellt sich nun die Frage, welchen Einfluss das Stahlprofil im Flügelrahmen des Kunststofffensters hat. Betrachtet man z. B. den Fall eines 5-Kammer-Profils mit und ohne Stahlaussteifung (λ = 50 W/(mK)), so ergibt sich für das Profil ohne Stahlaussteifung bei sonst gleichen Konstruktionsmerkmalen eine Verbesserung des U f -Wertes in der Größenordnung von 0,1 0,2 W/(m²K) von beispielsweise 1,4 W/(m²K) auf 1,3 W(m²K) bis 1,2 W(m²K). Wie wirkt sich dies auf den U w -Wert des Fensters beispielsweise im Format 1,23 m x 1,48 m aus? Die U w -Wert-Berechnung für ein Fenster mit einer Isolierverglasung mit einem U g - Wert von 1,1 W/(m²K) und einem Edelstahlabstandhalter (ψ = 0,05 W/(mK)) ergibt eine Verbesserung um ca. 0,1 W/(m²K). Eine Übersicht der Ergebnisse enthält Tabelle 1. Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass Flügelrahmen ohne Stahlaussteifung, wie sie z. B. bei geklebten Fensterkonstruktionen eingesetzt werden, einen positiven Einfluss auf den Wärmeschutz haben. Als weiterer Aspekt ist jedoch zu beachten, dass der Sekundärdichtstoff des Isolierglasrandverbundes bei Mehrscheiben- Isolierglas in geklebten Fensterkonstruktionen den Kriterien von EN entsprechen muss. Aufgrund der geforderten UV-Beständigkeit kommt in vielen Fällen Silikon zum Einsatz. Üblicherweise ergibt sich durch die beim Einsatz von Silikon nicht in jedem Fall mögliche Argon- ift Rosenheim Seite 73 von 156

2 Tabelle 1 U W -Werte von Fensterkonstruktionen im Standardformat 1,23 m x 1,48 m Fenster geklebtes Kunststofffenster Kunststofffenster (Standard) Konstruktionsmerkmale ohne Stahlaussteifung, 3 Kammern mit Stahlaussteifung, 3 Kammern U f in W/(m²K) [1] U g in W/(m²K) [2] ψ in (W/mK) [3] 1,75 1,1 0,089 (Alu*) 0,069 (Edel*) 1,88 1,1 0,081 (Alu*) 0,069 (Edel*) geklebtes Holzfenster 1,29 1,1 0,072 (Alu*) 0,054 (Edel*) Holzfenster IV 68 1,37 1,1 0,082 (Alu*) 0,062 (Edel*) U w in (W/(m²K) 1,49 1,44 1,54 1,51 1,33 1,29 1,39 1,34 * Alu = Aluminiumabstandhalter, Edel = Edelstahlabstandhalter [1] U f = Wärmedurchgangskoeffizient des Rahmens [2] U g = Wärmedurchgangskoeffizient der Verglasung [3] ψ = längenbezogener Wärmedurchgangskoeffizient Gasfüllung eine Erhöhung des U g -Wertes für das Isolierglas in der Größenordnung von 0,3 W/(m²K). Nur bei speziell nachgewiesenen Systemen ist auch eine Gasfüllung möglich, da diese Systeme die in EN geforderte Gasverlustrate von unter 1 % pro Jahr aufweisen. Weiterer Gegenstand eines Projektes im ift war die Klärung der Fragestellung, ob die längenbezogenen Wärmedurchgangskoeffizienten ψ in Tabelle E1 und E2 in EN : 2005 auch auf geklebte Holz- und Kunststofffensterkonstruktionen anwendbar sind. Als zusammenfassendes Ergebnis zeigt sich, dass die berechneten ψ- Werte größer als die tabellierten Werte sind. Ein Nachweis im Einzelfall für die jeweilige Fensterkonstruktion und das Randverbundsystem ist daher erforderlich. Neben dem U w -Wert des Fensters sind zur Vermeidung von Tauwasser auch die sich einstellenden raumseitigen Oberflächentemperaturen zu berücksichtigen. Bei geklebten Fensterkonstruktionen zeigen Beispielrechnungen, dass die Oberflächentemperatur im Übergangsbereich zwischen Glas und Rahmen je nach Konstruktion und Material (Holz oder Kunststoff) um bis zu 2 C niedriger liegen kann. Thermisch optimierte Randverbundsysteme sollten daher bei geklebten Fensterkonstruktionen standardmäßig zum Einsatz kommen. Die Tauwassergefahr auf den Profilen des Fensterflügels ist hingegen durch die um bis zu 1 C höhere raumseitige Oberflächentemperatur bei Kunststoffprofilen aufgrund des fehlenden Stahlprofils im Fensterflügel geringer. 2 Luftschalldämmung geklebter Fensterkonstruktionen Die Luftschalldämmung eines Fensters wird von mehreren Faktoren bestimmt. Für die Anwendung und die Entwicklung geeigneter Konstruktionen ist es jedoch wichtig, die im Folgenden genannten Einflussfaktoren zu kennen: 1. Glasaufbau: Glasdicken, Glasart Scheibenzwischenraum Gasfüllung 2. Falzdichtung Seite 74 von 156 ift Rosenheim

3 Tabelle 2 Vergleich der Luftschalldämmung geklebter Holz- und Kunststofffensterkonstruktion mit vergleichbaren herkömmlichen Konstruktionen Fensterkonstruktion Schalldämmung Messkurvenvergleich Bauart: Einflügeliges Einfachfenster Rahmenmaterial: Aluminium-Holz Verglasung: 6/18/4 Geklebte Konstruktion: R w = 38 db Vergleichbare Konstruktionen mit herkömmlicher Verglasung R w = db Schalldämm-Maß R in db Skizze Frequenz f in Hz. geklebt herkömmlich verglast Bauart: Einflügeliges Einfachfenster Rahmenmaterial: Kunststoff Verglasung: 6/14/4 Geklebte Konstruktion: R w = 37 db Vergleichbare Konstruktionen mit herkömmlicher Verglasung R w = db Schalldämm-Maß R in db Skizze Frequenz f in Hz. geklebt herkömmlich verglast 3. Fensterprofil: Material Geometrie Ansichtsbreite, Bautiefe Für geklebte Fensterkonstruktionen existieren nur wenige repräsentative Untersuchungen. Ein Vergleich der Luftschalldämmung zwischen einer konventionellen und einer geklebten Fensterkonstruktion zeigt Tabelle 2. Dargestellt ist die frequenzabhängige Luftschalldämmung eines einflügligen Einfachfensters. Es zeigt sich, dass eine nennenswerte Verbesserung der Luftschalldämmung durch geklebte Fensterkonstruktionen nicht nachweisbar ist. Dies ist aufgrund der o. g. Faktoren auch nicht zu erwarten. Die Formatabhängigkeit der Luftschalldämmung bei geklebten Fensterkonstruktionen dürfte aufgrund der Erfahrungen des ift vergleichbar mit konven- ift Rosenheim Seite 75 von 156

4 tionellen Fensterkonstruktionen sein. Gesicherte systematische Untersuchungen liegen hierzu jedoch nicht vor. Bei der Überarbeitung der in DIN 4109 Beiblatt 1/A1 enthaltenen Tabelle 40 wurden geklebten Fensterkonstruktionen nicht berücksichtigt. Insofern ist eine entsprechende Vorsicht bei der Anwendung geboten. 3 Beleuchtung des Innenraums mit natürlichem Tageslicht Bei den bauphysikalischen Anforderungen darf die Innenraumbeleuchtung mit natürlichem Tageslicht nicht vergessen werden: eine oft zu wenig beachtete, da als selbstverständlich betrachtete Hauptaufgabe des Fensters bzw. des Mehrscheiben-Isolierglases. Die Beleuchtung von Innenräumen wird nach DIN 5034 bewertet. Die Beleuchtung des Innenraums mit natürlichem Tageslicht wird aus Sicht des Fensters von zwei Faktoren beeinflusst: von der freien Glasfläche und der Lichttransmission der Isolierglaseinheit. Im Vergleich zu herkömmlichen Fensterkonstruktionen besitzen geklebte Konstruktionen aus den Materialien Holz und Kunststoff bei gleicher Fenstergröße eine schlankere Profilgeometrie bzw. Ansichtsbreite. Durch die schlankere Profilausbildung wird das Tageslichtangebot erhöht, da die freie Glasfläche zunimmt. Eine einfache Berechnung des Tageslichtquotienten zeigt jedoch, dass der Zugewinn an Tageslicht für die Praxis unwesentlich ist. Es bleibt jedoch die ansprechende ästhetische architektonische Gestaltung durch die filigrane Rahmenkonstruktion. Wissenswertes in Kürze Worauf ist zu achten? 1 Neben der Gebrauchstauglichkeit geklebter Fensterkonstruktionen sollten unbedingt auch die bauphysikalischen Leistungseigenschaften betrachtet werden. 2 Die U w -Werte der Fenster sind durch Messung oder Berechnung zu ermitteln. Tabellenwerte können nur zum Teil angewendet werden. Thermisch optimierte Randverbundsysteme wirken sich positiv auf den U w -Wert und die raumseitigen O- berflächentemperaturen der Rahmenprofile aus. 3 Die Luftschalldämmung ist neben dem Wärmeschutz eine wesentliche Eigenschaft des Fensters. Bei der Anwendung der Tabelle 40 aus DIN 4109 ist Vorsicht geboten, da geklebte Fensterkonstruktionen bei der Erstellung der Tabelle nicht betrachtet wurden. 4 Eine Hauptaufgabe des Fensters ist die Beleuchtung des Innenraums mit Tageslicht. Bei der Auswahl der Lichtdurchlässigkeit des Mehrscheiben-Isolierglases und bei der Festlegung der Fenstergrößen sollte auf eine ausreichende Beleuchtung mit Tageslicht geachtet werden. Seite 76 von 156 ift Rosenheim

5 Dipl.-Phys. Geboren am 4. September 1959 in Mettmann 1977 Abitur am Bayreuther Gymnasium in Wuppertal Studium der Physik mit Schwerpunkt experimentelle Festkörperphysik an der Ruhr-Universität in Bochum Diplom-Physiker in der Anwendungstechnik und im technischen Marketing der Pilkington Deutschland AG mit den Schwerpunkten: technische Objektberatung bei nationalen und internationalen Bauvorhaben, technische Beratung des Marketings- und des F&E-Bereichs Leiter Geschäftsfeld Baustoffe am ift Rosenheim seit 2005 Geschäftsfeldleiter ift Zentrum Glas, Baustoffe und Bauphysik ift Rosenheim Seite 77 von 156

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