MEDIENBERICHT 30. September InteriorDay Die Fachveranstaltung rund um aktuelle Entwicklungen der Möbel- und Innenraumbranche

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1 MEDIENBERICHT 30. September 2014 Berner Fachhochschule Architektur, Holz und Bau Kommunikation Solothurnstrasse Biel Telefon ahb.bfh.ch Die Fachveranstaltung rund um aktuelle Entwicklungen der Möbel- und Innenraumbranche InteriorDay 2014 Zum dritten Mal lud das Departement Architektur, Holz und Bau der Berner Fachhochschule (BFH-AHB) in Biel am 24. September 2014 mit dem InteriorDay interessierte Fachleute aus der Innenarchitektur, dem Innenausbau, der Möbelindustrie und der Gestaltung zum fachlichen Austausch ein. 10 Referentinnen und Referenten präsentierten in ihren Referaten neuste Erkenntnisse zu zwei aktuellen Themen: das digitale Entwerfen und 3D-Drucken sowie die Küche als Raumtyp. René Graf, Direktor der BFH-AHB, begrüsste die rund 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Er stellte die Tagung unter das Motto der schnellen technologischen und gesellschaftlichen Veränderungen, welche die Industrie, aber auch die Hochschulen in den Gebieten der Gestaltung vor neue Herausforderungen stellen. So stellen heute etwa Roboter ein Bindeglied zwischen den drei Zünften Architektur, Holz und Bau dar. Vom Kinderspielzeug zum Fertighaus: Do-it-yourself Die Referenten des Vormittags-Block «3D-Druck und digitales Entwerfen» näherten sich von verschiedenen Seiten dem Phänomen der neuen technologischen Methoden der Produktentwicklung in der Architektur, Raumgestaltung oder im Möbelbau. Dr. Stephan Sigrist vom Think Tank der Bank Julius Bär und des Collegium Helveticum der ETH & der Universität Zürich (W.I.R.E.) machte in einem dynamisch illustrierten Vortrag den Auftakt: Er skizzierte den rasanten Wandel der neuen entwerfenden und darstellenden Technologien. Die Chancen von Rapid Prototyping und 3D-Drucken sieht der interdisziplinär die Trends in Ökonomie und Gesellschaft analysierende Wissenschaftler zum Beispiel in der Fragmentierung der Wirtschaft und der Wertschöpfungsketten: Der Aufstieg von Nischenindustrien und individualisierter Produktion könnte damit gefördert werden. Auch seine Botschaft für die Hochschule wurde gehört: die Entwicklung einer Experimentalkultur, das Arbeiten in bereichsübergreifenden Netzwerken und der Versuch, Schnittstellen zu anderen Berufszweigen herzustellen Spezialisierung oder Massenmarkt? Werden die neuen Technologien in absehbarer Zeit die Möglichkeit bieten, bedarfsgerecht, lokal und damit nachhaltig zu produzieren? Ist es ein Fortschritt, wenn wir uns in technischen und gestalterischen Berufen von der Spezialisierung weg und zur Individualisierung hin bewegen? Oder wird weiterhin die Massenproduktion vorherrschen? Christoph Schindler, Leiter der Studienrichtung Objektdesign an der Hochschule Luzern, stellte die Erfahrungen aus drei Designprozessen vor: die Flankenschnittserie, ZipShape und Asthocker. Das Ausgangsmaterial der drei Möbel, die teilweise in Zusammenarbeit mit der Berner Fachhochschule entwickelt worden sind, war jeweils Holz; der Formfindungsprozess drehte sich in allen drei Fällen um die Frage, wie die natürlichen

2 Seite 2 krummen Formen des gewachsenen Holzes mit digitalen Fertigungsmethoden am besten ausgenutzt und statisch und ergonomisch funktionsfähig umgesetzt werden können. Die Markttauglichkeit der neuen Produkte war nicht zwingend im Zentrum des Entwicklungsprozesses umso erfreulicher, dass mittlerweile die Stühle und Hocker aus der Flankenschnittserie zu einem erfolgreichen Möbel geworden sind. Vom Entwurf zum fertigen Objekt und wieder zurück Jacques Wüthrich, Leiter des Moduls Gestaltung am Departement Architektur, Holz und Bau der Berner Fachhochschule, präsentierte dem Publikum seine Erfahrungen mit der Vermittlung von Entwurfsmethoden in der Architekturausbildung. Die Quintessenz aus seiner langjährigen Lehr- und Coachingtätigkeit: Auf dem Weg von ersten Assoziationen und Bildern zu Konzepten, Systemen und Modellen brauchen Gestalterinnen und Architekten analoge und digitale Schritte und Vorgehensweisen wie etwa «Building Information Modelling» (BIM) oder «Virtual Design and Construction» (VDC) gleichermassen. Seine persönliche Wertung und Botschaft lautet aber klar: «Was nicht gezeichnet werden kann, kann nicht gebaut werden.» Christiane Rehm, Professorin für Produktion und Logistik am gleichen Departement der Berner Fachhochschule, stellte die Technik des «Reverse Engineering» vor: die Umwandlung oder Rückführung des fertigen Gegenstands in ein digitales 3D-Modell. Diese Scan-Methode hilft in vielen Lebensbereichen, zum Beispiel, wenn es darum geht, beschädigte Kulturgüter für eine Restauration vorzubereiten oder wenn ein Gerät aus früheren Zeiten nachgebaut werden soll. In verschiedenen interdisziplinären Forschungsprojekten hat Rehm mit Kolleginnen und Kollegen eine Klassifizierungsmatrix entwickelt, die es den Auftraggebern ermöglicht, die Auswahl zugeschnitten auf ihr Objekt aus vielen verschiedenen Scan-Systemen zu präzisieren: Geht es um eine zerstörungsfreie Aufnahme einer bestimmten Oberfläche? Ist auf Grund komplexer Formverhältnisse eine thermische Digitalisierungsmethode das richtige Verfahren? Die digitale Datenerfassung nimmt zu; die Anwendungsmöglichkeiten sind äusserst breit gefächert. Vielfältige, komplex geformte Artefakte aus dem 3D-Drucker Laser Melting ist eine Spezialdisziplin des 3D-Drucks. Mit dem Verfahren können Gegenstände in Kleinserien gedruckt werden, die nicht mehr im Handel erhältlich sind. Daniel Kündig, Geschäftsführer der 2006 gegründeten Firma Ecoparts AG in Rüti (ZH), arbeitet für die verschiedensten Industriezweige, so beispielsweise die Maschinen-, Medizin- oder Schmuckindustrie. Das Objekt, das er anlässlich des Bieler InteriorDay präsentierte, ist im Grunde unspektakulär, bei näherer Betrachtung aber faszinierend: Im Rahmen der Sanierung des Parlamentsgebäudes des Berner Bundeshauses wollte die Bauherrschaft die historischen Fenstergriffe erhalten und als Vorlage für die neuen Fenster wiederverwenden. Dies gelang dem gelernten Werkzeugmacher und Kunststofftechniker Kündig durch die digitale Rekonstruktion des «Innenlebens» der alten Griffe und der anschliessenden Rekonstruktion und Neuherstellung mittels Metalldruck. Aus einem Pulver ist ein Bauteil entstanden, das in allen Punkten den Anforderungen eines konventionell gefertigten entspricht. Diego Rohner vom Beratungs- und Verkaufszentrum 3D-Model AG, Zürich widmete sich der Frage, wie sich auf dem Weg von der Idee zum haptisch erfahrbaren Möbel das Design verändert. Unter den drei vorgestellten Objekten erregte etwa der Kaffeetisch «Fractal.MGX» des Designerduos WertelOberfell besonderes Interesse: ein aus Kunstharz in einem Stück stereolithografiertes Möbel, dessen Inspiration aus fraktalen Naturformen im Namen des Tischs wieder erscheint. Selber hat Rohner eine Garderobe in Form einer abstrahierten Baumstruktur gebaut. Im Rückblick auf die Formfindung spricht er von

3 Seite 3 «digitalem Handwerk», weil der Arbeitsprozess ständig zwischen digitalem Entwerfen und physisch-handwerklichem Experimentieren wechselt. Die globalen Prozessketten und Stoffflüsse in der Küche Als Auftakt zum zweiten Themenblock «Die Küche» stellten Joachim Krausse und Karl W. Grosse ihr grosses Forschungsprojekt vor: Die Anthropozän-Küche. Anthropozän nennen Geologen das gegenwärtige Erdzeitalter, in welchem die Menschen die Verantwortung für eine tiefgreifende Veränderung des Globus übernehmen müssen. Krausse war bis 2008 Professor für Designtheorie an der Hochschule Anhalt in Dessau und heute Fellow an der Stiftung Bauhaus und ständiger Mitarbeiter der Architekturzeitschrift Archplus. Grosse lehrt und forscht heute an der Humboldt-Universität in Berlin. Die beiden untersuchen mit ihrem bis 2017 ausgelegten Forschungsprojekt die Prozessketten und Stoffflüsse von Nahrungsmitteln auf ihrem Weg bis in die Küche und deren Auswirkungen auf das Design der Küche in globalen Zusammenhängen. Wie kommt eine Küche ins Flugzeug? Einen speziellen Typ Küche beleuchtete der Maschineningenieur Hansjörg Dennig, Managing Director von phi Engineering Services AG und heute auch Dozent für Produktentwicklung an der ZHAW Winterthur. Eine so genannte «Galley», Bordküche, ist ein maschinenbautechnisches Produkt aus bestimmten Systemen und Strukturen wie Kaffeemaschinen, Öfen, Abgüssen, Trolleys usw. Als Bauweisen haben sich Leichtbauweisen aus Waben- oder Gitterstrukturen etabliert. Eine Flugzeugküche wird für jede Airline neu entwickelt, wie Dennig Schritt für Schritt erklärte. Die Küchenmodule an sich müssen standardisierbar sein; den Kontext jedoch, das heisst die Platzierung und Befestigung im Flugzeug sowie die Anforderungen an die Materialien bezüglich Sicherheit, Feuerresistenz, Feuchtebeständigkeit entwickeln und testen die Fachleute von Fall zu Fall neu, bevor die Elemente definitiv eingebaut werden. Die Küche als Seele des Hauses Zum Abschluss gab der bekannte, für zahlreich internationale Unternehmen tätige und vielfach preisgekrönte Designer Alfredo Häberli einen spannenden Einblick in seine Arbeitsweise. Am Beispiel der für den in La Spezia angesiedelten Küchenbauer Schiffini entwickelten Konzeptküche «Kitchent» schilderte der gebürtige Argentinier Häberli seine umfassende Sicht auf diesen Urtyp des menschlichen Zusammenlebens. Eine Küche ist für ihn ein Ort des Feuers, dann auch Wasserstelle und Lagerplatz. Inspiriert durch viele Bilder hält er die ersten Ideen in Skizzen fest. Diese noch nicht materialisierten Zeichnungen sind Grundlage für alle weiteren Entwicklungsschritte bis zur definitiven Auswahl der Formen, Materialien und Technologien. Häberli zieht als Materialien Holz und Kupfer vor; wie Krausse und Grosse plädiert er für eine Rückkehr zu einer elementaren Vorstellung von der Küche als Werkplatz, wo die Menschen die Elemente zum Beispiel das Wasser und die frischen Produkte direkt erleben und verarbeiten. Plattform rege genutzt Die Veranstalter blicken zufrieden auf die dritte Ausgabe des InteriorDay zurück, die einmal mehr den Bedarf nach einer Veranstaltung bestätigt, alle Marktteilnehmerinnen und -teilnehmer der Innenraumgestaltung zusammenzubringen. Die fachlich fundierten Referate stiessen auf reges Interesse bei den Teilnehmenden, und die diversen Austauschmöglichkeiten wurden geschätzt und intensiv genutzt. Im Rahmen der Begleitausstellung präsentierten 12 Austeller ihre Produkte und Entwürfe, darunter auch

4 Seite 4 der Hauptsponsor der Fachtagung, die Firma SFS Unimarket AG. Der nächste InteriorDay findet voraussichtlich im Herbst 2016 wiederum in Biel statt. Katrin Künzi Zeichen inkl. Leerschläge Bilder Dr. Stephan Sigrist, W.I.R.E Think Tank der Bank Julius Bär und des Collegium Helveticum der ETH & Universiät Zürich. Dr. Christoph Schindler, schindlersalmerón Möbelarchitektur, Hochschule Luzern Jacques Wüthrich, Berner Fachhochschule Architektur, Holz und Bau Christiane Rehm, Berner Fachhochschule Architektur, Holz und Bau

5 Seite 5 Daniel Kündig, Ecoparts AG Prof. Dr. Joachim Krausse (im Vordergrund), Hochschule Anhalt, Dessau und Karl W. Grosse, Humboldt-Universität zu Berlin Diego Rohner, 3D-Model AG Alfredo Häberli, Alfredo Häberli Design Development

6 Seite 6 Das Auditorium während des Referats von Dr. Hans-Jörg Dennig, phi Engineering Services AG. Weitere Auskünfte erteilt: Berner Fachhochschule Architektur, Holz und Bau Frank Budweg, Projektleiter Telefon frank.budweg@bfh.ch ahb.bfh.ch