Vergiftungsrisiken. Klinische Epidemiologie von Vergiftungen DGPT-Kurs Klinische Toxikologie, Göttingen,
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- Stephanie Förstner
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1 Klinische Epidemiologie von Vergiftungen DGPT-Kurs Klinische Toxikologie, Göttingen, Herbert Desel Bundesinstitut für Risikobewertung Fachgruppe Vergiftungs- und Produktdokumentation 1 Vergiftungsrisiken Über die Häufigkeit von Vergiftungen beim Menschen war wenig bekannt Daher seit 1990 in Deutschl.: 16e (2) ChemG 2 Epidemiologie von Vergiftungen Ärztliche Meldungen nach aktuellem 16e(2) ChemG: Ärzte müssen fast jede Vergiftung dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) melden: Wer als Arzt zur Behandlung oder zur Beurteilung der Folgen einer Erkrankung hinzugezogen wird, bei der zumindest der Verdacht besteht, dass sie auf Einwirkungen gefährlicher Stoffe, gefährlicher Gemische, von Erzeugnissen, die gefährliche Stoffe oder Gemische freisetzen oder enthalten, oder von Biozid- Produkten zurückgeht, hat dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) den Stoff oder das Gemisch, Alter und Geschlecht des Patienten, den Expositionsweg, die aufgenommene Menge und die festgestellten Symptome mitzuteilen. Die Mitteilung hat hinsichtlich der Person des Patienten in anonymisierter Form zu erfolgen... Ausnahme ( 2): Arzneimittel, Kosmetika, Abfälle kein Expositionsfälle ohne Symptome 3
2 4 Epidemiologie von Vergiftungen 16e-Meldungen sind z.zt. nicht repräsentativ: 694 ärztliche 3245 weitergeleitete Meldungen von Berufsgenossenschaften 2010 Daten der Kliniken und der Giftinformationszentren können Hinweise geben 5 Offizielle Krankenhausstatistik 2005 / 2008 / 2011 (ICD-10, alle stationär behandelten Patienten, keine Schweregrad-Einteilung! T36-T50 Vergiftungen durch Arzneimittel, Drogen und biologisch aktive Substanzen: T51-T65 Toxische Wirkungen von vorwiegend nicht medizinisch verwendeten Substanzen: F10.0-F19.0 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen/Akutvergiftungen: (98.731) dabei F10.0 durch Alkohol: (88.938) ca als Vergleich alle Diagnosen: 17,0 Mio 17,9 Mio 19,1 Mio 6 2
3 Offizielle Krankenhausstatistik 2011 (ICD-10, alle stationär behandelten Patienten, keine Schweregrad-Einteilung! 1 % aller stationär behandelter Erkrankungsfälle sind Vergiftungen ( / 19 Mio) 22 % Arzneimittel oder Drogen 15 % chemische Produkte 58 % ALKOHOL (nur F10.1) 7 2 Vergiftungsursache Nr. 1 8 Vergiftungen Krankenhausdiagnosen Anzahl Patienten F10.0 Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol: Akute Intoxikation F Psychische und Verhaltensstörungen durch Substanzgebrauch, außer Alkohol: Akute Intoxikation T36-T50 Vergiftungen durch Arzneimittel, Drogen und biologisch aktive Substanzen T51-T65 Toxische Wirkungen von vorwiegend nicht medizinisch verwendeten Substanzen
4 Krankenhausbehandlungen Ethanol-Vergiftung j Fälle Alkoholkonsum Jugendlicher (12-25 J., Mixgetränke Spirituosen Wein Bier Häufigste Hauptdiagnosen Krankenhausbehandelter 2005 Z38 Geburten I20 Angina pectoris I50 Herzinsuffizienz F10 Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol J18 Lungenentzündung, Erreger nicht näher bezeichnet K80 Gallenstein I21 Akuter Herzinfarkt I25 Chronische ischämische Herzkrankheit S06 Intrakranielle Hirn-Verletzung I63 Hirninfarkt M17 Arthrose des Kniegelenkes C34Bösartige Neubildung der Bronchien und der Lunge I48 Vorhofflattern und Vorhofflimmern K40 Leistenhernie E11 Typ-II-Diabetes S82 Fraktur des Unterschenkels J44 Sonstige chronische obstruktive Lungenkrankheit S72 Fraktur des Femurs G47 Schlafstörungen C50 Bösartige Neubildung der Brustdrüse (Mamma) F10.x: alle Ethanolbedingten Störungen (nicht nur F10.0 =Akutvergiftungen)
5 Offizielle Krankenhausstatistik 2011 (ICD-10, alle stationär behandelten Patienten, keine Schweregrad-Einteilung! 1 % aller stationär behandelter Fälle sind Vergiftungen 22 % Arzneimittel oder Drogen 15 % chemische Produkte 59 % ALKOHOL (F10.1) 13 2 Toxikovigilanz durch GIZ Erkennung und Bewertung von Vergiftungsrisiken von allgemeiner Bedeutung ( 16e(3) ChemG) Rolle der Giftinformationszentren: vollständige Dokumentation aller Expositions- und Vergiftungsfälle Zusammenarbeit mit Überwachungsbehörden 8 Giftinformationszentren 15
6 Regelmäßig Jahresberichte publizierende 8 Giftinformationszentren 16 Jahresbericht GIZ-Nord: Giftexponierte in 2006 Verteilung auf Noxen Kosmetika 5% Pestizide 2% sonstige 11% Arzneimittel 37% Nahrungs/ Genussmittel 6% Pflanzen 12% % chemische Produkte (2001: 22 %) Expositionen Vergiftungen 18
7 1843 Vergiftete in 2006 (8 %) GIZ-Nord (mittel,schwer, letal) Pestizide 1% Nahrungs/ Genussmittel 3% Kosmetika 0% sonstige 13% Pflanzen 2% Chemische Produkte 10% Arzneimittel 71% 19 Akute Vergiftung vs. chronische Erkrankungen Bei durch chronische Exposition verursachten Erkrankungen ist der Urs-./Wirk.-Zusammenhang oft unklar bedeutsam epidemiologisch, nicht klinisch Definition Chronische Vergiftung? 20 Jährliche Todesfälle durch Vergiftungen (Deutschland) Akute Vergiftungen ca (Todesursachenstatistik) Todesfälle nach chronischen Expositionen Todesfälle durch Rauchen ca Todesfälle durch Ethanol-Konsum ca *) Todesfälle durch Feinstaub ca im Vergleich: Verkehrstote 2005: Gesamtzahl Todesfälle ca
8 Langfristige Trendentwicklung bei Vergiftungen Vergiftungshäufigkeiten und Vergiftungsursachen unterliegen einem zeitlichen Wandel klassisches Beispiel: Ersatz von Barbiturat- Schlafmitteln durch Benzodiazepine heute sehr viel weniger schwere akute Schlafmittel-Vergiftungen in medizinischer Behandlung als vor 20 Jahren 22 Berühmte Opfer von Schafmittelvergiftungen Heute: Sterbehilfeorganisation verteilt Barbiturat (Pentobarbital) zwecks aktiver Sterbehilfe 23 4-Hydroxybuttersäure (GHB) und Derivat ( Liquid Ecstasy ) 24 Müller & Desel (2013) Dt. Ärztebl. Int. 110(41):
9 Zusammenfassung In Kliniken werden vorwiegend Patienten mit Alkohol- und Arzneimittelvergiftungen behandelt Giftinformationszentren unterstützen Behandelnde und Patienten bei der Risikobewertung und der Therapieauswahl Chronische Vergiftungen, verursacht durch Suchterkrankungen, führen häufiger zum Tode als akute Vergiftungen Trendentwicklung: v. a. bei Arzneimitteln und Drogen 25
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