VIRUSEPIDEMIOLOGISCHE INFORMATION NR. 14/15

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1 VIRUSEPIDEMIOLOGISCHE INFORMATION NR. 14/15 Für den Inhalt verantwortlich: Prof. Dr. Franz X. Heinz Prof. Dr. J. Aberle, Prof. Dr. St. Aberle Prof. Dr. H. Holzmann, Prof. Dr. Th. Popow-Kraupp Prof. Dr. E. Puchhammer Redaktion: Dr. Eva Geringer Department f. Virologie d. Med. Universität Wien 1090 Wien, Kinderspitalgasse 15 Tel Fax: virologie@meduniwien.ac.at homepage: In der Zeit vom bis wurden am Department für Virologie der Medizinischen Universität Wien folgende Infektionen diagnostiziert: Adeno KBR: W: 1; 1 mal Leukozytose, Lymphknotenschwellung Virusnukleinsäurenachweis (PCR): W: 3; 3 mal aus Stuhl EBV IFT: W: 2, NÖ: 1; 1 mal Infektion, Thrombopenie, 1 mal Schilddrüsendysfunktion, 1 mal Infekt, Hepatopathie Virusnukleinsäurenachweis (PCR): W: 8, S: 1; 1 mal AML, 1 mal ALL, Knochenmarktransplantation, 1 mal PTLD, 1 mal St. febrilis, 1 mal immunsupprimiert, Colitis, 1 mal Verdacht auf Virusmeningitis, 1 mal Krampfanfall; 4 mal aus EDTA-Plasma, 1 mal aus resp. Sekret, 2 mal aus Serum, 1 mal aus Liquor, 1 mal aus Stuhl Entero KBR (Picorna und Coxsackie B): W: 1; 1 mal Lymphadenitis Virusnukleinsäurenachweis (PCR): W: 2; 1 mal Colitis Ulcerosa; 2 mal aus Stuhl Virusisolierung: W: 1; 1 mal blutige Diarrhoe, virale Meningitis; 1 mal aus Stuhl FSME HHT + Elisa: NÖ: 1, OÖ: 3, Stm: 3, V: 1 Hepatitis B Virusnukleinsäurenachweis (PCR aus Serum): W: 4, NÖ: 1 Hepatitis C ELISA: W: 2 Virusnukleinsäurenachweis (PCR aus Serum): W: 6, S: 1 Genotypisierung: Typ 1A: W: 9, V: 2; Typ 1B: W: 3, NÖ: 2; Typ 2: W: 1; Typ 3A: W: 6; Typ 4: W: 3; Typ 4e: W: 1 Hepatitis D Virusnukleinsäurenachweis (PCR aus Serum): OÖ: 1 HSV1 Virusnukleinsäurenachweis (PCR): W: 5; 1 mal Verdacht auf Infektion; 3 mal aus EDTA-Plasma, 1 mal aus Liquor, 1 mal aus Lavage HSV2 Virusnukleinsäurenachweis (PCR): W: 1; 1 mal aus EDTA-Plasma HHV6 Virusnukleinsäurenachweis (PCR): W: 2; 1 mal AML, 1 mal Fieber+Exanthem; 1 mal aus EDTA-Plasma, 1 mal aus resp. Sekret+Abstrichmaterial HIV ELISA und Western Blot: W: 10, S: 1, K: 1, T: 1 HPV Virusnukleinsäurenachweis (high risk): W: 40, NÖ: 7, B: 6, Stm: 9, K: 9 JC/BK Virusnukleinsäurenachweis (PCR): JC: W: 1; 1 mal aus Harn Masern KBR + ELISA: NÖ: 1; 1 mal Masern Virusnukleinsäurenachweis (PCR): W: 1; 1 mal klinische Masern; 1 mal aus Serum Norovirus Antigennachweis: W: 1; 1 mal Diarrhoe; 1 mal aus Stuhl

2 Parvo ELISA: W: 7; 3 mal viraler Infekt, 1 mal Verdacht auf Ringelröteln, 1 mal Arthritis Virusnukleinsäurenachweis (PCR): W: 4, T: 1; 1 mal Exanthem, 1 mal Gravidität, Anämie, 1 mal Panzytopenie, 1 mal fieberhafter Infekt mit Exanthem; 5 mal aus Serum Rhino Virusnukleinsäurenachweis (PCR): W: 3; 2 mal Husten, Fieber; 3 mal aus resp. Sekret Rota Virusnukleinsäurenachweis (PCR): W: 1; 1 mal aus Stuhl Varizellen-Zoster KBR + ELISA: W: 3; 1 mal Verdacht auf Varizelleninfektion, 1 mal St.p. Herpes Zoster, 1 mal Infektion Virusnukleinsäurenachweis (PCR): W: 4; 1 mal Lymphadenopathie, 1 mal Verdacht auf VZV; 2 mal aus Abstrichmaterial, 2 mal aus Serum Zytomegalie KBR + ELISA: W: 3; 1 mal AML, St.p. Knochenmarktransplantation, 2 mal entzündliches Geschehen; 1 mal aus Serum Virusnukleinsäurenachweis (PCR): W: 29; 9 mal Lungentransplantation, 1 mal Verdacht vir. atyp. Pneumonie, 1 mal Herztransplantation, 2 mal Nierentransplantation, 1 mal Verdacht auf Infektion, 1 mal TPLL; 1 mal aus resp. Sekret, 2 mal aus Harn, 6 mal aus Lavage, 18 mal aus Plasma, 2 mal aus Serum Epidemiologische Trends: Weiterhin durch Parvovirus B19 hervorgerufene Erkrankungsfälle. Einzelne Infektionen mit Enteroviren. 14/15-2

3 Eine neue Impfung gegen Herpes Zoster Claudia Honsig und Theresia Popow-Kraupp Varizella-Zoster-Virus (VZV) etabliert während der Erstinfektion (mit der klinischen Manifestation der Windpocken) wie alle humanpathogenen Herpesviren eine Latenz, und zwar in den sensorischen Ganglien. Auch die Impfung gegen die Erstinfektion mit dem attenuierten Impfstamm des VZV (VZV Stamm Oka/Merck), die meist im Kindesalter verabreicht wird, resultiert so wie die Infektion mit dem Wildvirus - in einer latenten Infektion. Die Reaktivierung des Wildvirus und sehr selten auch die des Impfvirus - kann zur Manifestation eines Herpes Zoster führen. Verlauf und mögliche Komplikationen des Herpes Zoster sind unter anderem in der VEI Nr. 16/13 ausführlich beschrieben. In Österreich erkranken Schätzungen zufolge jährlich etwa Personen an einem Herpes Zoster, mehr als die Hälfte dieser Patienten ist über 60 Jahre alt. Mit zunehmendem Alter nimmt nicht nur die Inzidenz des Herpes Zoster zu, sondern auch die Schwere und Inzidenz der Komplikationen (vor allem die postherpetische Neuralgie). Seit Herbst 2007 steht mit Zostavax (Sanofi Pasteur MSD) ein Lebendimpfstoff zur Prophylaxe des Herpes Zoster und der postherpetischen Neuralgie zur Verfügung. Die Impfung wird seit 2008 im Österreichischen Impfplan für alle gesunden Personen älter als 50 Jahre mit vorangegangener Varizelleninfektion empfohlen. Auch Personen, die bereits einmal einen Herpes Zoster durchgemacht haben, können mit der Vakzine geimpft werden. Dieser Impfstoff hat einen 14x höheren Virusgehalt als der Impfstoff gegen die Erstinfektion und wird einmalig subkutan appliziert, für eine weitere Dosis bzw. eine Auffrischungsimpfung besteht derzeit keine Empfehlung (1). Durch die Impfung kann die Inzidenz des Herpes Zoster um etwa 50% und die der postherpetischen Neuralgie um zwei Drittel verringert werden. Allerdings nimmt die Wirksamkeit gegen Herpes Zoster mit zunehmendem Lebensalter ab (von 69.8% bei Personen von 50 bis 59 Jahren auf nur 37.6% bei Personen 70 Jahre). (2) Ein weiterer Nachteil ist der Umstand, dass Zostavax für Immunsupprimierte, für die eine Lebendimpfung ein Erkrankungsrisiko mit sich bringt, nicht zugelassen ist. Gerade diese Patienten haben allerdings ein sehr hohes Risiko für eine VZV Reaktivierung. 14/15-3

4 Eine neue Impfung könnte diese Lücken nun schließen: Im New England Journal of Medicine wurden kürzlich Ergebnisse einer Phase III Studie zur Wirksamkeit einer Herpes Zoster Subunit Impfung publiziert (HZ/su Vakzine, GlaxoSmithKline Biologicals) (3). Bei diesem neuen Totimpfstoff handelt es sich um eine rekombinante Subunit Vakzine, die das VZV Glykoprotein E sowie das Adjuvans AS01B enthält. Diese Vakzine wurde in einer randomisierten und Placebo-kontrollierten Studie mit Studienzentren in 18 verschiedenen Ländern (in Europa, Asien, Nord- und Lateinamerika sowie in Australien) bei nicht immunsupprimierten Studienteilnehmern über 50 Jahren getestet. Zwischen August 2010 und Juli 2011 wurden mehr als Studienteilnehmer eingeschlossen, die im Abstand von zwei Monaten entweder jeweils eine Dosis des Impfstoffes (7.344 Personen) oder eines Placebos erhielten (7.415 Personen). Während einer mittleren Follow-up Zeit von 3,2 Jahren wurde bei 216 Teilnehmern ein Herpes Zoster diagnostiziert: 210 davon waren in der Placebo- und nur sechs in der Verumgruppe. Die Impfung hat somit im Vergleich mit dem Placebo eine Wirksamkeit von 97.2%, einen Herpes Zoster zu verhindern. Die Wirksamkeit nimmt darüber hinaus im Unterschied zum attenuierten Lebendimpfstoff mit zunehmendem Lebensalter nicht ab: Die Wirksamkeit war 96.6% bei Personen von 50 bis 59 Jahren, 97,4% bei Personen zwischen 60 und 69 Jahren und 97,9% bei 70-jährigen oder älteren Teilnehmern. Die altersunabhängige Wirksamkeit der HZ/su Vakzine ist von großem klinischem Interesse, da gerade ältere Menschen häufiger und schwerer an Herpes Zoster erkranken. Da die HZ/su Vakzine nur ein einzelnes Virusprotein und kein vermehrungsfähiges Virus enthält, ist diese Impfung wohl auch für immunsupprimierte Patienten sicher. Daten zur Sicherheit fehlen allerdings noch und außerdem ist derzeit noch unklar, ob die Vakzine bei diesen Patienten eine ausreichende, protektive Immunantwort hervorrufen kann. Der Einsatz der Vakzine bei Immunsupprimierten (Patienten mit soliden oder hämatologischen Krebserkrankungen, Patienten nach Stammzelltransplantation, Patienten nach Nierentransplantation sowie HIV-Infizierten) wird derzeit vom Hersteller evaluiert. Das genaue immunologische Korrelat für den Schutz vor Herpes Zoster wurde bisher noch nicht identifiziert, man weiß aber, dass die zellvermittelte Immunität, vor allem die Bildung von VZV-spezifischen CD4+ Zellen, vor einer VZV Reaktivierung 14/15-4

5 schützt. Die HZ/su Vakzine enthält ein Liposom-basiertes Adjuvans, AS01B, das unter anderem diese Antigen-spezifischen CD4+ Zellen aktiviert und auf diesem Weg die Immunogenität der Impfung erhöht. Dieses Adjuvans ist bisher zwar noch nicht zugelassen, positive Erfahrungen hinsichtlich seiner Wirksamkeit und auch des Sicherheitsprofils wurden aber schon bei der Verwendung in anderen experimentellen Impfstoffen (gegen Malaria, Hepatitis B, HIV und Tuberkulose) gewonnen. Die Frage wie die Immunantwort, die gegen ein einzelnes VZV Antigen gerichtet ist, einen hocheffektiven und altersunabhängigen Schutz vor Herpes Zoster bewirkt, soll in Folgestudien untersucht werden. Die HZ/su Vakzine ist deutlich reaktogener als das Placebo: Bei 81,5% der Studienteilnehmer, die HZ/su erhalten haben, kam es zu lokalen Reaktionen an der Injektionsstelle (Schmerzen, Schwellung, Rötung), und bei 66,1% zu systemischen Reaktionen wie zum Beispiel Myalgien, Fieber und Kopfschmerzen. Die Nebenwirkungen waren aber durchwegs nur mild bis moderat und kurzdauernd, und haben die Bereitschaft der Studienteilnehmer, sich die zweite Dosis verabreichen zu lassen, kaum beeinflusst (etwa 96% der Teilnehmer erhielten die vorgesehenen zwei Dosen). Daten über die Dauer des Impfschutzes, zur Notwendigkeit einer Auffrischungsimpfung, zu Wirksamkeit und Sicherheit bei Immunkompromittierten und zur Verhinderung von Komplikationen (postherpetische Neuralgie) fehlen noch. Insgesamt scheint HZ/su aus unserer Sicht jedoch ein vielversprechender neuer Impfstoff besonders für Risikogruppen, die von der Impfung mit dem Lebendimpfstoff gegen Herpes Zoster ausgeschlossen sind. Literatur: 1. Österreichischer Impfplan rreichischer_impfplan_ A Vaccine to Prevent Herpes Zoster and Postherpetic Neuralgia in Older Adults (Oxman M.N. et al., N Engl J Med 2005;352: ) 3. Efficacy of an Adjuvanted Herpes Zoster Subunit Vaccine in Older Adults (Lal H. et al., N Engl J Med 2015;372: ) 14/15-5