Bogy in der Obdachlosenunterkunft Eine Woche im Riedle
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- Melanie Beutel
- vor 8 Jahren
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Transkript
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2 2 Inhaltsverzeichnis: 1. Persönliche Eignungen und Neigungen S Die Suche nach einem Berufserkundungsplatz S.2 3. Meine Erkundungsstelle S.2 4. Ablauf und Formen der Erkundung S.3 5. Zielberuf und Berufsfeld S.4 6. Arbeitsmarktsituation S.4 7. Persönliches Fazit S.5 8. Bemerkungen zum Anhang Anhang S.6-13
3 3 1. Persönliche Eignung und Neigung: Da ich mich noch nicht für einen bestimmten Beruf entschieden habe, wollte ich mir im Rahmen des Bogy einen eher ungewöhnlichen Beruf anschauen. 2. Die Suche nach einem Berufserkundungsplatz: Per schickte ich eine Anfrage an die Wilhelma Stuttgart. Diese teilte mir jedoch mit, dass sie in dem genannten Zeitraum keinen Platz frei hätten. Interesse hatte ich auch an einem Praktikum im SI- Zentrum in Stuttgart bei einem der laufenden Musicals. Dort muss man sich aber mindestens ein dreiviertel Jahr vorher anmelden. So fragte ich meine Mutter, ob sie etwas wisse und sie fragte bei ihrem Chef an. Damit hatte ich ohne eine weitere schriftliche Bewerbung einen Bogyplatz. Während meinem Ferienjob in der Wohnungsbau Ludwigsburg führte ich ein Gespräch mit Herrn Gebler, der mich während der Bogyzeit direkt betreute. Er meinte, ich müsse mir jedoch über die mögliche seelische Belastung bei einem Praktikum in einem Obdachlosenwohnheim im Klaren sein. 3. Meine Erkundungsstelle: Ihr soziales Engagement zeigt die Stadt Ludwigsburg unter anderem, indem sie das Obdachlosenwohnheim im Riedle betreibt. Es besteht aus sechs Wohngebäuden und einem Verwaltungstrakt. Es gibt zwei festangestellte Mitarbeiter: Herr Gebler ist Diplomsozialarbeiter und Herr Gerhardt Hausmeister. Gemeinsam sind sie für die Organisation und Verwaltung der Institution zuständig. Unterstützt werden sie durch mehrere Ein-Euro-Jobber. Diese begleiten die Bewohner bei Bedarf zu Arzt- und Behördengängen, oder führen auf dem Gelände Hilfsarbeiten aus. 4. Ablauf und Formen der Erkundung: Zu Beginn der Bogywoche hatte ich ein mulmiges Gefühl. Dieses legte sich jedoch schnell, nachdem Herr Gebler und Herr Gerhardt sich vorgestellt und mit mir einen Rundgang über das Gelände macht hatten. Hierbei zeigten sie mir einige Besonderheiten der Einrichtung, wie die grünen Knöpfe in den Küchen. Diese müssen alle zwei Minuten gedrückt werden um die
4 4 Stromversorgung der Herdplatten aufrecht zu erhalten. Diese Maßnahme dient dem Brandschutz. Viele Bewohner sind vergesslich oder unaufmerksam. Mir wurden typische Zimmer gezeigt mit einfacher Ausstattung ( Zweibettzimmer mit zwei Betten, zwei Schränken, zwei Stühlen und einem Tisch). Für die Sauberkeit der gemeinsamen Küche und der gemeinsamen Bäder ist jedes Haus selbst verantwortlich. Die Häuser werden nach den persönlichen Neigungen der Bewohner belegt. So ist ein Haus zum Bespiel nur von Frauen bewohnt. Danach wurden mir die Aufgaben des Riedles erklärt. Vor allem ist es dafür da, um sicherzustellen, dass keiner der seine Wohnung aus welchen Gründen auch immer verliert auf der Straße landet. Auch Asylbewerber werden hier untergebracht. Die Personen, die im Riedle leben werden sozial und praktisch betreut. Dies geschieht indem ihnen bei der Wahrnehmung ihrer Rechte z.b. dem Beantragen des Arbeitslosengeld II geholfen wird. Einige Bewohner haben einen persönlichen Betreuer, der ihre Interessen bei Rechtsgeschäften wahrnimmt. Dadurch wird sichergestellt, dass sich der Betreute nicht verschulden kann. Der Betreuer hat die alleinige Vollmacht über das Konto des Betreuten und weist ihm ein Tagesgeld im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten zu. Ferner bekam ich von Herrn Gebler eine Unterweisung über die Schweigepflicht. In Folge dessen machte ich auch keine eigenen Bilder. Es sollte nicht gezeigt werden, wer in einem Obdachlosenwohnheim lebt. Des Weiteren besprachen wir den Wochenplan für das Praktikum. Der zweite Tag der Berufserkundung begann um acht Uhr mit der Bearbeitung der Papiere, der neu eingezogenen Bewohner. Diese zu den verschiedenen Ämtern, wie dem Arbeits-, dem Gesundheits- und Einwohnermeldeamt, mit den richtigen Formularen, Anweisungen und Informationen oft mit Begleitung zu schicken, ist eine sehr wichtige Aufgabe der Mitarbeiter im Büro des Riedles. Auch werden die Bewohner in Fragen, die den zuständigen Betreuer oder das Arbeitslosengeld betreffen, beraten.. Es gibt auch noch zusätzliche Verordnungen und Gesetze die beachtet werden müssen. So zum Beispiel ein Gesetz, das besagt, dass die Bewohner von Massenunterkünften alle eine Rötgenuntersuchung zu Vermeidung der epidemischen Ausbreitung von Tuberkulose durchführen lassen müssen. Jedoch sind die Verwaltungsangestellten auch Ansprechpartner für alle sonstigen, noch anfallende Probleme. Viele schütten ihnen ihr Herz aus, erzählen ihre Lebensgeschichte und klagen ihr Leid. Der Umgang ist stets sehr freundlich und verständnisvoll. Der Lieblingsspruch von Herr Gebler und Herr Gerhardt ist: Bei uns wird es nie langweilig, denn irgendwas passiert immer. Eine Tagesplanung ist somit kaum möglich. An diesem Tag sollte sich dieser Spruch mit einer bestechenden Klarheit bewahrheiten. Denn als wir den zweiten Neuankömmling gerade in Begleitung zu den Ämtern geschickt hatten, platzte ein Mitbewohner herein und meldete, dass sein Zimmergenosse verstorben sei. Sofort wurde ein Krankenwagen und die Polizei gerufen. Herr Gebler bedeutete mir, ich könne im Büro bleiben und ging mit Herr Gerhardt auf das Zimmer des Verstorbenen. Dort wickelten sie alle Formalitäten mit der Notärztin und der Polizei ab. Bei dem Tod eines jüngeren Menschen in einem Risikogebiet muss immer die Polizei hinzugezogen werden, um den natürlichen und gewaltfreien Tod zu bestätigen. Herrn Geber viel die Aufgabe zu, die Eltern über den Tod ihres Sohnes zu benachrichtigen. Des Weitern leitete er die Benachrichtigung des Bestattungsunternehmens über die Verwandten in die Gänge. Da derjenige der den Bestatter ruft diesen auch bezahlen muss.
5 5 Der dritte Tag begann mit Verwaltungsarbeiten. Die Neuzugänge und Wohnungsräumungsfälle mussten aufgenommen, angemeldet und unterwiesen werden. Hierbei wurde ich in die Funktion des Kopierers eingewiesen. Daraufhin zeigte Herr Gerhardt mir außergewöhnliche Zimmer, wie das zugemüllte Zimmer zweier Messies (Fotos im Anhang). Mit Herrn Gebler führte ich ein Gespräch über die Zunahme von psychisch Kranken in den letzten Jahren. Früher seien nur selten solche Menschen im Riedle gewesen. Heute würden immer mehr der Bewohner außer an Alkoholismus oder Drogenabhängigkeit auch noch darunter leiden. Hierzu bemerkte er auch, dass eine gewisse Distanz in seinem Beruf sehr wichtig sei. Er erzählte mir, dass es schon vorgekommen sei, dass einzelne Personen in Absprache mit den Verwandten zu therapeutischen Zwecken (z. B. um zum Antritt einer Entziehungskur bewegt zu werden) in einem Zimmer mit einem der schwereren Fälle untergebracht worden sei. Mit Erfolg! Bei Zuwiderhandlung der Hausordnung (siehe Anhang) können von den Mitarbeitern Verwarnungen ausgesprochen und Platzverweise in Kombination mit Anzeigen bei der Polizei wegen Hausfriedensbruch auch für Besucher erteilt werden. So geschah es an diesem Tag. Eine Frau hatte in einem Zimmer unerlaubter Weise übernachtet und war am Morgen beim Verlassen des Geländes erwischt worden. Sie musste in das Büro kommen und bekam dort eine Verwarnung ausgesprochen. Am vierten Tag erfolgte die Endabrechnung für den Verstorbenen durch seine Betreuerin. Hierbei wurde auch der Verbleib des persönlichen Nachlasses besprochen. Danach meldeten wir zwei neue Bewohner an. Herr Gebler besprach mit mir die Bogyzeit und händigte mir Fotos und Dokumente aus, da er am nächsten Tag nicht im Riedle sein würde. Ich bedankte mich bei ihm für seine Erläuterungen und Hilfen. Meinen letzten Tag verbrachte ich gemeinsam mit Herrn Gerhardt. Dieser Tag war sehr ruhig. Wir beschäftigten uns mit der Post, die die Bewohner alle im Büro abholen müssen und mit der Bearbeitung, Erstellung und Sortierung der Akten. 5. Zielberuf und Berufsfeld: Wichtige Voraussetzungen für den Beruf des Sozialarbeiters sind: Einfühlungsvermögen, Menschenkenntnis, Interesse an Psychologie, Soziologie und Pädagogik sowie eine gewisse Distanz aufrecht erhalten zu können. Benötigt wird zum Studium die Fachhochschulreife. Die Studienzeit beträgt vier Jahre, danach folgen zwei praktische Semester(z.B. Krankenhaus, Altenheim, Psychiatrie). Die Beratung und Betreuung von sozial schwachen Menschen ist eine enorme Verantwortung. Die hohe Eigenständigkeit und eine gefestigte, selbstbewusste Persönlichkeit verlangt. Arbeitgeber könne sowohl staatliche als auch diakonische Institutionen sein. Es gibt diverse Formen der Weiterbildung, diese können in Kursen erlernt werden.
6 6 6. Arbeitsmarktsituation: Auf diese Frage antwortete mir Herr Gebler, dass es immer mehr sozial und psychisch schwache Menschen in unserem System geben wird. Da immer mehr Einrichtungen für diese Leute geschlossen werden und die Allgemeinheit sie gerne verdrängt und vergisst wird es für sie immer schwieriger. Diese Menschen gibt es immer und überall und sie brauchen Hilfe. Dieser Job ist leider krisensicher. Trotzdem wird er relativ schlecht bezahlt. Im Moment wird die Öffentlichkeit auf immer mehr Probleme aufmerksam, so werden z.b. an immer mehr Schulen Sozialarbeiter angestellt und immer mehr präventive Maßnahmen werden ins Leben gerufen. 7. Persönliches Fazit: Ich fand die Woche sehr interessant. Schon vorher wusste ich, dass ich kein Sozialarbeiter werden will. Ich wollte mir einen Einblick in ein Gebiet verschaffen, das für mich nicht alltäglich zugänglich ist. Als meine Klassenkameraden hörten, wo ich mein Bogy machen will meinten sie, dass das doch voll langweilig sei. Eines kann ich eindeutig sagen, es war wirklich spannend und ich werde zukünftig nicht so schnell über Jemanden urteilen, dessen Geschichte ich nicht kenne. Nicht immer sind wir selber Schuld an unserer Lebenssituation. Manchmal sind wir einfach nur Produkte unserer Umwelt. Die Menschen im Riedle überraschten mich alle sehr. Sie begegneten mir allesamt höflich und freundlich doch immer war mir bewusst dass ich diesem Frieden nur bedingt trauen konnte. Die Distanz zu wahren war immer wichtig und ich wurde sehr dafür und für meine Höflichkeit gelobt. Ich hätte das richtige Maß gefunden und eine sehr gute Art mit den Menschen umzugehen meinte Herr Gebler. Inzischen habe ich ein Engagement an der Oper in Stuttgart und jobbe in den Ferien in der Wohnungsbau Ludwigsburg. Ein Studium der Psychologie würde mich interessiere ich plane jedoch nach dem Abitur zu reisen und erst danach zu studieren. 8. Bemerkungen zum Anhang: Messies sind Menschen die zwanghaft Dinge sammeln. Erklärungen befinden sich handschriftlich auf den angehängten Dokumenten.
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