Wort zum Sonntag vom 29. März 2020 Monika Götte
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- Irmgard Kästner
- vor 3 Jahren
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1 Wort zum Sonntag vom 29. März 2020 Monika Götte Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen. Ich weiss, dass mein Erlöser lebt. (Hi 19,25) Liebe Gemeinde, mit diesen hoffnungsvollen Worten Hiobs grüsse ich Sie zum Wort zum Sonntag vom 29. März Zwei Wochen vor Ostern. Erst vor zwei Wochen sind die Schulen zugegangen, erst seit einer Woche ist fast alles geschlossen. Erst zwei Wochen bemühen wir uns wirklich darum, zu Hause zu bleiben, machen Home office, sagen Termine ab. Zwei Wochen. Ja erst, nicht? Es ist eine lange Zeit. Manchen Familien fällt jetzt schon die Decke auf den Kopf, Spannungen nehmen zu. Existenzielle Frage verstärken sich. Und wer allein lebt, wird sich dessen vielleicht umso stärker bewusst, denn auch Treffen mit Freunden oder Gruppen sind nicht mehr möglich. Vor zwei Wochen haben wir den letzten Gottesdienst in der Kirche gefeiert. Das scheint mir unendlich lange her zu sein. Und ich frage mich, wie Sie vielleicht auch: Wie lange noch? Ein paar Wochen? Ein Monat? 1
2 Zwei Monate? Oder mehr? Wie lange noch? Wie lang noch? Lesung aus Psalm 13 13,1 Für den Chormeister. Ein Psalm Davids. 2 Wie lange, HERR! Willst du mich ganz vergessen? Wie lange verbirgst du dein Angesicht vor mir? 3 Wie lange soll ich Sorgen tragen in meiner Seele, Kummer in meinem Herzen, Tag für Tag? Wie lange noch soll mein Feind sich über mich erheben? 4 Sieh mich an, erhöre mich, HERR, mein Gott. Mache meine Augen hell, damit ich nicht zum Tod entschlafe, 5 damit mein Feind nicht sage: Ich habe ihn überwältigt, meine Gegner nicht jauchzen, dass ich wanke. 6 Ich aber vertraue auf deine Güte, über deine Hilfe jauchze mein Herz. Singen will ich dem HERRN, denn er hat mir Gutes getan. Ja, vielleicht fühlt der oder die eine oder andere sich jetzt auch so. Und fragt mit dem Psalm: wie lange noch? Ich weiss es nicht. Aber ich weiss, dass die Thematik von Krankheit und Leiden die gesamte biblische Tradition wie ein roter Faden durchzieht. Und ich weiss, dass die Bibel die Geschichte von Menschen erzählt, die immer wieder warten und fragen: Herr, wie lange noch? Die Bibel erzählt die Geschichte von Menschen nur äusserst selten als Erfolgsstory von Gesunden und Prosperierenden. Sie erzählt vielmehr die Geschichte von leidenden, mit Gott ringenden, Gott anklagenden, scheiternden und suchenden Menschen und sie erzählt vom unentwegten Fragen nach Gott, vom Hoffen und Warten auf Gott, vom Schimpfen mit Gott und vom Vertrauen auf Gottes Zuwendung. 2
3 Und ich weiss, dass Menschen zu allen Zeiten Psalmen gebetet haben, und mit uns fragen: Herr, wie lange noch? Herr, wie lange noch dauert dieses Leid? Herr, wie lange noch dauert dieser Schmerz? Herr, wie lange noch dauert diese Angst? Herr, wie lange noch dauert dieser Streit? Herr, wie lange noch dauert diese Sorge? Herr, wie lange noch? Und doch bleiben die Psalmen nicht bei dieser Frage stehen. Nein, sie enden nach allem Ringen und Fragen, Seufzen, Weinen, Klagen und Anklagen, mit Zuversicht und Hoffnung. Ich aber vertraue auf deine Güte, über deine Hilfe jauchze mein Herz. Singen will ich dem HERRN, denn er hat mir Gutes getan. Und es ist gerade dieses Zusammenspiel von Klage, Bitte und Lob, das die Psalmen zu grossartigen Gebeten für schwierige Zeiten macht. Wer Psalmen betet, bringt sein Leid vor Gott. Wer Psalmen betet, bringt seine Bitte vor Gott. Wer Psalmen betet, lobt Gott und drückt Vertrauen aus. Auch dann, wenn es einem so gar nicht darum ist. Die Psalmen komprimieren sozusagen alles in einen Moment: Die Klage, die Bitte und das Lob. Was für uns persönlich ein langer Weg sein mag, ist in einem Psalm aufs Kürzeste verdichtet. Aber genau deswegen werden auch über die Klage hinausgeführt. Vom «Wie lange noch!» zum Lob, zum Dank, zur Hoffnung: er hat mir Gutes getan. Im 42. Psalm wird das so ausgedrückt: Ps 42,6 Was bist du so gebeugt, meine Seele, und so unruhig in mir? Harre auf Gott, denn ich werde ihn wieder preisen, ihn, meine Hilfe und meinen Gott. 3
4 Ich werde ihn wieder preisen. Wir mögen fragen: Herr, wie lange noch, Aber: Wir werden jubeln. Wir werden Gott wieder preisen. Ja, und wir werden zurückschauen auf diese Zeit. Sie wird ein Ende haben, auch wenn wir jetzt fragen: Herr, wie lange noch? Wir werden zurückschauen. Was bis dann alles geschehen wird? Welchen Schaden an Leib und Seele ich bis dahin genommen haben werde? Ob ich dann noch lebe? Ob all die Menschen, die ich liebe, dann noch leben? Wie die Welt nachher aussehen wird? Das weiss ich nicht. Ich nehme es mit ins Gebet, vor Christus. Ich möchte trotzig und hoffend auf Christus schauen. Der mit uns klagt und leidet, der sich anrühren lässt vom Leid dieser Welt, der mit uns weint, der mit uns nach Gott fragt, der mit uns ruft: Herr, wie lange noch?, der mit uns stirbt. Der auferweckt wurde und uns zuspricht: In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden (Joh 16,33). «Auch ohne Gottesdienste feiern wir am kommenden Osterfest eine neue Welt Gottes ohne Schmerzensschreie, ohne Leid und ohne Tod. Verwegen und trotzig hofft die Kirche auf eine neue Welt Gottes, in der die Nächte der Krankheit nicht mehr sein werden. Aber wir werden nicht nur als einzelne Christen, sondern auch als Kirche stets zurückgeworfen auf den Text der Jahreslosung für Angesichts der Not von Krankheit, Leid und Tod rufen wir Menschen: Herr ich glaube. Hilf meinem Unglauben. (Mk 9,24) 4
5 Als Kirche leben wir in diesen herausfordernden Wochen letzten Endes von dem Versprechen Gottes, dass er auch in Zeiten der Not dieser Welt zugewandt bleibt und in seinem Geist mitten unter uns ist.» 1 Und der Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt, bewahre unsere Herzen und Sinnen in Christus Jesus, unserem Herrn. Amen. 1 Für diese bekenntnishaften Zeilen danke ich Prof Dr. Dr. Günter Thomas, Professor für Ethik und Fundamentaltheologie an der Ruhr-Universität Bochum. 5
A: Gut ist der Herr zu dem, der auf ihn hofft, * zur Seele, die ihn sucht.
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