Vortrag über Akupunktur von Dr. med. Detlef Scheitz, Arzt für Allgemeinmedizin, Chirotherapie, Akupunktur

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1 Vortrag über Akupunktur von Dr. med. Detlef Scheitz, Arzt für Allgemeinmedizin, Chirotherapie, Akupunktur - 1. Was heißt Akupunktur? - 2. Was ist TCM (Traditionelle Chinesische Medizin)? - 3. Welche Arten von Akupunktur gibt es? - 4. Bei welchen Krankheiten wirkt Akupunktur? - 5. Wie wirkt Akupunktur? - 6. Wie wird Akupunktur praktiziert? - 7. Welche Nebenwirkungen können auftreten? - 8. Was zahlt die Krankenkasse? - 1. Akupunktur heißt übersetzt aus dem Lateinischen das Stechen von Nadeln (acus= Nadel, punctio=stechen). Akupunktur ist ein seit über 2000 Jahren angewendetes Teilgebiet der traditionellen Chinesischen Medizin (abgekürzt TCM). 2. Neben der Akupunktur gehört zur TCM auch die chinesische Arzneitherapie, die größtenteils mit pflanzlichen Wirkstoffen arbeitet, die Bewegungstherapie insbesondere Qigong, die Ernährungstherapie, die je nach Krankheitsbild bestimmte Nahrungsmittel empfiehlt und andere Nahrungsmittel verbietet und die Massage, die sogenannte Tuina-Massage, die sowohl weiche als auch kräftige Grifftechniken anwendet. Das Modell der TCM beruht auf verschiedenen Vorstellungen, von denen die wichtigsten im Folgenden kurz dargestellt werden sollen: Yin und Yang, die in einem ausgewogenen Verhältnis stehen sollen, wobei Yin für Ruhe, dunkel, Kälte, Nacht, innen, Schatten, Winter, schlafen, weiblich steht und Yang für Aktivität, hell, Wärme, Tag, außen, Licht, Sommer, wachen, männlich steht. Yin und Yang sollen wie Ruhe und Tätigkeit abwechseln und ineinander übergehen. Am besten wird dies durch das Yin und Yang-Symbol bildlich veranschaulicht.

2 Qi bezeichnet die Lebensenergie, die den Körper durchströmt. Diese Lebenskraft zirkuliert in bestimmten Leitbahnen, den sogenannten Meridianen durch den Körper. Diese Leitbahnen gehen ineinander über und sind verschiedenen Organen und auch Yin und Yang zugeordnet. Diese sind im Einzelnen: Lunge, Dickdarm, Magen, Milz, Herz, Dünndarm, Blase, Niere, Kreislauf (Perikard), Drei-Erwärmer, Galle, Leber. Diese sind auf der rechten und auf der linken Körperseite vorhanden. Zusätzlich liegen in der Körpermitte vorn das Konzeptionsgefäß und hinten das Lenkergefäß. Auf diesen Leitbahnen bzw. Meridianen liegen die einzelnen Akupunktur-Punkte. Der kürzeste ist der Herzmeridian mit 9 Punkten, der längste ist der Blasenmeridian mit 67 Punkten. Die TCM- Diagnose wird gestellt durch die Untersuchung der Zunge und des Pulses sowie durch die Erhebung der Krankengeschichte. Gefragt wird dabei nach äußeren krankmachenden Einflüssen wie Wind, Kälte, Hitze, Feuchtigkeit oder Trockenheit aber auch nach inneren emotionalen Einflüssen wie Wut, Trauer, Angst oder Sorgen. Auch nach anderen Krankheitsursachen wie Ernährungsfehlern, Überanstrengungen, Verletzungen oder Infektionen wird ebenso gefragt wie nach Beschwerden der inneren Organe also ob das Herz, die Atmung, die Nahrungsaufnahme, die Verdauung oder die Blasenentleerung funktioniert. Aus all diesen Informationen schließt der TCM-Behandler, welcher Meridian bzw. welches Organsystem betroffen ist und wählt danach die zu behandelnden Akupunkturpunkte aus.

3 Die TCM ist also eine Methode, die den Menschen ganzheitlich sieht. Die Behandlung ist darauf aus, den ganzen Menschen wieder in ein Gleichgewicht zu bringen. 1. Neben der Körperakupunktur, die auf dem Prinzip der Leitbahnen bzw. Meridianen und der TCM beruht, gibt es eine Reihe von anderen Akupunkturmethoden, die mit der Vorstellung von sogenannten Mikrosystemen arbeitet. Am bekanntesten ist die Ohrakupunktur, bei der man sich vorstellt, dass der menschliche Körper in der Ohrmuschel eine Abbildung erfährt, über die man die erkrankten Körperteile oder Organe positiv beeinflussen kann. Sehr populär ist auch zurzeit die Schädelakupunktur nach Yamamoto (YNSA). Andere Ansätze sind noch die koreanische Handakupunktur sowie die Mundakupunktur nach Gleditsch. Es kommen auch andere Methoden zum Einsatz wie die Moxa-Therapie, bei der an Akupunkturpunkten versucht wird, Energie in Form von Wärme in den Körper zu bringen, zum Beispiel durch angezündetes Beifußkraut auf einer untergelegten Scheibe Ingwer. Beliebt ist auch die Laser- Akupunktur bei Patienten, die Angst vor Nadeln haben, bei Kindern oder auch im Bereich von entzündeten Hautstellen. Von Physiotherapeuten wird auch gerne die Akupressur, auch Akupunktmassage genannt, angewendet. Diese eignet sich auch zur Selbstbehandlung. 2. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat eine Indikationsliste herausgegeben, auf der 43 Krankheiten aufgezählt sind, bei denen eine Akupunkturbehandlung sinnvoll sein kann. Diese Liste ist in der Patientenbroschüre der DÄGfA (Deutsche Ärztegesellschaft für Akupunktur) enthalten. Das heißt nicht, dass bei all diesen Gesundheitsstörungen ein wissenschaftlicher Nachweis erbracht wurde, dass die Akupunktur hier in jedem Fall wirksam sein wird. Es bedeutet nur, dass hier ein Versuch mit Akupunktur zusätzlich zu anderen Behandlungsmethoden gemacht werden könnte. Sehr gut untersucht ist die Wirksamkeit der Akupunktur beim chronischen LWS-Syndrom, also bei mehr als sechs Monate anhaltenden Schmerzen im unteren Rücken und bei chronischen Schmerzen durch

4 Gonarthrose also Kniegelenksverschleiß. Hier haben Untersuchungen an über Patienten in der sogenannten GERAC-Studie eindeutig gezeigt, dass die Akupunktur hier einen Zusatznutzen zur herkömmlichen Schulmedizin hat. Daher sind seitdem die Krankenkassen in Deutschland auch verpflichtet, hierfür die Kosten zu tragen. Inzwischen gibt es für viele andere Erkrankungen wissenschaftliche Wirksamkeitsnachweise für die Akupunktur. 3. Es wurde eindeutig gezeigt, dass die Akupunkturwirkung über einen sogenannten Placebo-Effekt hinausgeht, dass es also nicht nur die intensive Zuwendung des Arztes ist, die einen positiven Einfluss hat. Sonst ließe sich ja auch nicht erklären, warum auch von Tierärzten bei Pferden, Katzen oder Meerschweinchen eindrucksvolle Erfolge verbucht werden können. Wahrscheinlich kommt die Wirkung auch dadurch zustande, dass der Reiz des Nadelstiches die länger bestehenden Schmerzen erst einmal in den Hintergrund drängt. Die frische Körperverletzung durch die Nadel verlangt vom Körper eine rasche Reaktion, die unwichtigere Schmerzreize weitgehend ausblendet. Der Schmerzreiz durch den Nadelstich gewinnt in der Konkurrenz gegen den schon bekannten Schmerz im Rücken oder im Knie. Es entsteht eine neue Situation, die den Körper in die Lage versetzt, sich neu zu einzustellen und zu regulieren. Diesen Effekt nutzen manche Menschen auch beim Zahnarzt aus, wenn sie sich in die Hand kneifen und so den Schmerz durch den Bohrer erträglicher machen. Eine Verringerung bestehender Schmerzen wird auch dadurch hervorgerufen, dass der Körper nach dem Nadelstich sogenannte Endorphine freisetzt. Diese auch als Glückshormone bekannten Stoffe wirken ähnlich wie Morphium. Sie sorgen für eine Abschwächung der Schmerzen und können den Körper so für eine Fluchtreaktion oder Kampfreaktion vorbereiten. Viele Akupunkturpunkte, wohl etwa 60%, sind identisch mit sogenannten Triggerpunkten in der Muskulatur. Wenn sich Muskeln verspannen, tun sie das meist immer an den gleichen Stellen. Wird an eine solche Stelle, die auf Druck mit dem Finger schmerzhaft ist, mit der Nadel gestochen, normalisiert sich die Spannung in diesem

5 Muskel meist von einem leichten Zucken des Muskels begleitet. Hierüber erklärt sich die Wirkung der Akupunktur auf Schmerzen im Bewegungssystem. Die erreichbare Linderung der Schmerzen bei Kniegelenksverschleiß kommt auch dadurch zustande, weil dabei immer die Muskulatur um das Gelenk herum verspannt ist. Diese Verspannungen lösen sich. Das Röntgenbild des Kniegelenkes zeigt hinterher denselben Verschleiß. Wenn das Gelenk aber sehr stark abgenutzt ist, hält die Wirkung der Akupunktur nicht lange an. 4. Die Akupunktur wird nach bestimmten Regeln durchgeführt. Normalerweise besteht eine Behandlungsserie aus 10 bis 15 Sitzungen. Bei akuten Erkrankungen wird zweimal bis dreimal pro Woche behandelt, bei chronischen Erkrankungen nur einmal pro Woche oder einmal in zwei Wochen. Eine Behandlung dauert 20 bis 30 Minuten. Der Patient liegt entspannt auf einer Liege, manchmal kann die Behandlung auch im Sitzen durchgeführt werden. Ein Behandlungserfolg tritt meistens innerhalb der ersten drei bis vier Sitzungen ein. Pro Sitzung werden 10 bis 15 Nadeln gesetzt. Eine zusätzliche Wirkung durch mehr Nadeln ist nicht zu erwarten. Wenn sehr heftige Schmerzen bestehen, werden mehr sogenannte Fernpunkte genadelt. Das sind Punkte, die auf dem entsprechenden Meridian bzw. Leitbahn weit entfernt vom eigentlichen Schmerzort liegen, meistens an den Händen oder an den Füssen. Bei chronischen Schmerzen werden eher Nahpunkte genadelt, meist druckschmerzhafte Triggerpunkte um den Schmerzort herum. Sehr schmerzempfindliche oder körperlich geschwächte Patienten bekommen eher dünne Nadeln, die oberflächlich gestochen werden. Ansonsten werden etwas längere Nadeln verwendet, die auch schon einmal bis an die Knochenhaut vorgeschoben werden. Der Einstich der Nadeln kann schmerzhaft sein, mitunter sehr schmerzhaft mit Ausstrahlung, was ein Zeichen ist, dass ein sehr wirksamer Punkt getroffen wurde. Kurz nach dem Einstich verschwindet dieser Schmerz. Die liegende Nadel soll während der gesamten Behandlungszeit nicht mehr schmerzen, ansonsten wird sie entfernt, da der Patient sonst nicht wie gewünscht entspannen kann.

6 Eine Kombination von Körperakupunktur mit anderen Akupunkturformen wie Ohr- oder Schädel-Akupunktur ist in der gleichen Sitzung möglich. Bei uns in der Praxis wird die Akupunktur immer mit manueller Therapie kombiniert, das heißt, dass vor der ersten Akupunktur möglichst Blockierungen und Verspannungen mit verschiedenen Techniken mit den Händen gelöst werden. Während einer Behandlungsserie schauen wir regelmäßig, ob wieder Blockaden aufgetreten sind. Diese werden dann wieder manuell beseitigt. Oft ist auch eine begleitende physikalische Therapie mit Krankengymnastik, Massagen, Bädern usw. sinnvoll. Auf alle Fälle ist reichlich Bewegung günstig. 5. Bei der Planung der Akupunkturbehandlung sollte der Arzt über mögliche Nebenwirkungen aufklären. Diese sind selten und meistens harmlos. Neben dem erwähnten Einstichschmerz, der manchmal auch länger anhalten kann, kommen Blutergüsse vor besonders bei Patienten die mit gerinnungshemmenden Medikamenten behandelt werden. Diese können aber auch dünne Nadeln, die nicht zu tief gestochen werden, erhalten. Nach Entfernung der Nadel kommt es manchmal zu einer kleinen Nachblutung. Sehr selten kommt es zu einer Infektion, also zu einer Verschleppung von Bakterien unter die Haut oder in die Muskulatur. Eine routinemäßige Desinfektion der Haut ist daher nicht erforderlich, außer bei der Ohrakupunktur im Bereich des Ohrknorpels, wo eine Infektion sehr unangenehm wäre. In entzündete Hautbereiche wird natürlich nicht gestochen. Extrem selten ist bei einer Nadelung im Brustkorbbereich eine Verletzung der Lunge. Nach der ersten Akupunktur gibt es manchmal eine vorübergehende Verstärkung der Symptome. Manche Patienten verspüren nach der Akupunktur eine deutliche Müdigkeit. Patienten, die Angst vor Nadeln, also eine Nadelphobie haben, wird man nicht zu einer Akupunkturbehandlung überreden, da sie wahrscheinlich nicht dabei entspannen können. 6. Nach den Ergebnissen der großen Akupunkturstudien sind die Gesetzlichen Krankenkassen seit verpflichtet, die

7 Akupunkturbehandlung bei chronischen Kreuzschmerzen und bei chronischen Schmerzen bei Kniegelenksverschleiß in ihren Leistungskatalog aufzunehmen. Es gibt eine Gebührenordnungsziffer 30791, für eine mindestens 20 Minuten dauernde Körperakupunktur, für die der Arzt ca. 22,50 erhält. Die erste Akupunktur, bei der ja eine ausführliche Untersuchung und Befragung nötig ist, wird mit ca. 45,- bewertet. Bis zu 10 Behandlungen können abgerechnet werden, in Einzelfällen mit Begründung auch bis zu 15 Behandlungen. Frühestens nach einem Jahr wird eine erneute Behandlungsserie wegen der gleichen Erkrankung erstattet. Wir allerdings zunächst der Rücken behandelt, kann schon nach einem halben Jahr ein Knie oder nach einem weiteren halben Jahr das andere Knie behandelt werden. Die Kosten für eine Akupunkturtherapie bei allen anderen Erkrankungen dürfen von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen werden. Die Privatkassen erstatten häufig auch die Akupunktur bei anderen Erkrankungen. Der Arzt erhält dafür je nach Aufwand zwischen 25,- und 60,-. Natürlich kann ein Patient die Behandlung auch aus eigener Tasche bezahlen. Die Krankenkassen verlangen, dass die Akupunktur von einem Arzt durchgeführt wird, der die Qualifikation dafür nachgewiesen hat. Er muss eine Akupunkturausbildung von 200 Unterrichtsstunden bei einer anerkannten Akupunkturgesellschaft absolviert haben, dazu 80 Stunden Spezielle Schmerztherapie, 80 Stunden psychosomatische Grundversorgung und eine Prüfung vor der Ärztekammer zur Erlangung der Zusatzbezeichnung Akupunktur, die dann auch auf dem Praxisschild angegeben werden darf. Um die Berechtigung zu behalten, muss der Arzt jedes Jahr viermal an Qualitätszirkeln zum Thema Chronischer Schmerz teilnehmen.

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