Predigt über Markus 10,35-45 Wie wir dienen können.
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- Ewald Beutel
- vor 7 Jahren
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1 Predigt über Markus 10,35-45 Wie wir dienen können. Liebe Gemeinde Wir alle möchten gern Spitze sein. Aber im Reich Gottes gelten andere Massstäbe. Was wahre Grösse ist, zeigt uns Jesus. Sein Dienst ist das Vorbild für uns. Das berichtet Markus im heutigen Predigttext. Er erzählt in der spannenden Gegenwartsform. Die beiden Brüder Jakobus und Johannes, zwei Jünger Jesu, treten zu ihm mit einem Begehren. Nicht von ungefähr tragen sie den Beinamen Donnersöhne. Sie haben wirklich eine energische Art, mit der sie sich durchsetzen wollen! Sie erheben Anspruch auf einen besonderen Platz im Reich Gottes, und zwar mit strategischer Vorausplanung. Sie wollen Jesus festnageln mit dem Begehren: Meister, wir möchten, dass du uns eine Bitte erfüllst. (Vers 35) Stellen Sie sich das einmal vor. Sie nennen den Inhalt ihrer Bitte nicht. Jesus soll zum Vornherein grünes Licht geben zu ihrem Vorhaben. Wenn wir so beten würden, und Gott darauf mit Ja antwortete, wären wir unkorrigierbar. Gott müsste so handeln, selbst wenn es zu unserem Schaden wäre. Wenn wir Gott festnageln würden, könnte er nicht mehr Nein sagen, um zu tun, was das Beste für uns ist. Das wäre fatal. Aber Jesus lässt sich nicht festlegen, bevor er den Inhalt der Bitte kennt. Er ist weise genug, zuerst zurückzufragen, was denn der Wunsch der Brüder ist. So äussern die beiden ihren Anspruch: Wir möchten, dass du uns in deiner Herrlichkeit neben dir sitzen lässt, den einen an deiner rechten Seite und den anderen an deiner linken Seite. (Vers 37) Aus dieser Bitte spricht einerseits ungeheures Vertrauen zu Jesus. Die Brüder werfen einen Blick in die Zukunft. Sie haben die Herrlichkeit Jesu vor Augen, d. h. das messianische Reich, die Zeit, wenn Gott seine Herrschaft aufrichtet. An dieser Perspektive halten sie fest, allen Leidensankündigungen, Enttäuschungen und Widerständen zum Trotz. Jesus ist für sie der König. Wir wissen, dass es bei den Königen des Orients seit Urzeiten Zweite und Dritte gab, die bei besonderen Gelegenheiten neben dem König sitzen durften. Der Platz an seiner rechten Seite meint die zweite Rangstelle, der Platz an seiner linken Seite die dritte. Die Brüder lassen offen, wer die zweite und wer die dritte Rangstelle bekommen soll. Auf der anderen Seite befremdet die Bitte der beiden Brüder. Sie steht im krassen Gegensatz zur Passion, die Jesus bevorsteht. Während Jesus in Spott, Schläge, Hohn und Tod hineingeht, spielen sie menschliche Machtspiele: Wer ist der Grösste? Wer übertrumpft die 1
2 anderen? Während Jesus sich erniedrigt, um zu dienen, wollen sie die Grössten sein, um sich dienen zu lassen. Was sagt Jesus zu ihrem Begehren? Er lehnt ihre Bitte ab. Ihr wisst nicht, um was ihr da bittet, erwidert er. (Vers 38) Sie können die Konsequenzen nicht abschätzen. Um zu herrschen, muss man zuerst mit Jesus leiden. Paulus formuliert es so: Sterben wir mit (Christus), so werden wir mit (ihm) leben; dulden wir, so werden wir mit herrschen. (2 Timotheus 2,11-12) So fragt Jesus zurück: Könnt ihr den bitteren Kelch trinken, den ich trinken werde, und die Taufe empfangen, mit der ich getauft werden muss? (Vers 38) Jesus kündigt damit sein Leiden an. Er muss ganz hinabsteigen, das meint der Ausdruck Taufe, und den Zornesbecher Gottes trinken, das drückt das Bild des Kelches aus. Können das seine Jünger wirklich? Erst dann können sie mit Jesus herrschen. Der Weg führt durch Leiden in die Herrlichkeit. Die beiden Brüder sind überzeugt: Das können wir! (Vers 39) Und Jesus nimmt sie beim Wort. Den Kelch, den ich trinke, werdet ihr zwar auch trinken, und die Taufe, mit der ich getauft werde, werdet auch ihr empfangen. Aber darüber zu verfügen, wer an meiner rechten und an meiner linken Seite sitzen wird, das steht nicht mir zu. Wer dort sitzen wird, das ist von Gott bestimmt. (Verse 39-40) Jesus prophezeit ihnen zwar nicht die Kreuzigung, aber sie werden ihr Kreuz tragen müssen (9,34), d. h. wie Jesus durch Passion und Martyrium gehen. So starb Jakobus schon früh den Märtyrertod, wie Lukas in der Apostelgeschichte berichtet. (Apostelgeschichte 12,2) Auch Johannes musste leiden: Er kannte Gefängnis (Apostelgeschichte 4,3ff; 5,17ff), Verlust der Heimat und im hohen Alter noch die Verbannung auf die entlegene Insel Patmos (Offenbarung 1,9). Was Jesus über ihr Leben prophezeit, hat aber auch eine positive Seite. Er sagt indirekt, dass Jakobus und Johannes bis zum Ende ihres Lebens Jünger bleiben werden. Kein Kelch und keine Taufe, also kein Leiden kann sie von ihrem Weg mit Jesus abbringen. Das ist eine erfreuliche Perspektive. Aber und nun kommt das göttliche Aber, das sie in die Schranken weisen muss: Jesus steht es nicht zu, die Plätze an seiner rechten und linken Seite zu vergeben. Es gibt Dinge, die nicht seine Aufgabe sind. Dazu gehört das Wissen um das Datum seiner Wiederkunft und des Gerichts (Matthäus 24,36; Apostelgeschichte 1,7). Dazu gehört auch die Vergabe der Plätze im messianischen Reich. Dies bleibt dem Vater vorbehalten. Der Sohn ordnet sich ihm unter. Und der Vater hat die Plätze im messianischen Reich schon vergeben. Wer dort sitzen wird, das ist von Gott bestimmt. (Vers 40) Die beiden Brüder drängten Jesus 2
3 dazu, seine Kompetenzen zu überschreiten und in die Kompetenzen des Vaters einzugreifen. Seien wir dankbar, dass Jesus sich an seine Grenzen und Kompetenzen gehalten hat. Das Gespräch mit den beiden Brüdern ist damit beendet. Ihr Vertrauen zu Jesus wird dadurch gewürdigt, dass sie als Märtyrer Jesus treu bleiben können. Ihr Ehrgeiz wird aber zurückgewiesen. Die Vergabe der Plätze im messianischen Reich müssen sie dem Vater im Himmel überlassen. Natürlich erfahren die anderen zehn Jünger, was die beiden Brüder von Jesus begehrten. Sie reagieren mit Unwillen, das zeigt, dass sie selbst gerne die Grössten gewesen wären. Jesus ruft alle Jünger zusammen und stellt die Gemeinde der Welt gegenüber. In der Welt gilt das Recht des Stärkeren. Die Mächtigen spielen ihre Macht aus gegen die Schwachen. Das erlebten die Juden an den Römern. Jesus spricht nicht ohne feine Ironie, wenn er die Mächtigen so charakterisiert: Ihr wisst, dass die, die als Herrscher über die Völker betrachtet werden, sich als ihre Herren aufführen (Vers 42) Die Herrscher beanspruchen es zu sein, und man verehrt sie auch so. Aber in Wirklichkeit ist es Gott, der ihnen die Herrschaft gegeben hat. (Daniel 7,1ff; Römer 13,1ff) Im krassen Gegensatz zur Welt steht die christliche Gemeinde. Sie muss sich klar von der Welt unterscheiden. In der Gemeinde gilt nicht das Recht des Stärkeren, sondern der Heilige Geist setzt sich durch. Der Rangstreit der Jünger passt also überhaupt nicht in die Gemeinde, er ist Sünde. In der Gemeinde wird es zwar auch Grosse geben. Aber Grösse wird anders definiert als in der Welt. Wer unter euch gross werden will, soll den anderen dienen; wer unter euch der Erste sein will, soll zum Dienst an allen bereit sein. (Verse 43-44) In der Welt gilt der als gross, der Macht ausübt über die anderen. In der Gemeinde ist gross, wer dient. Je tiefer die Demut, desto grösser ist jemand vor Gott. Natürlich kann man geistliche Grösse nicht berechnend anstreben. Solche Grösse kann nicht von Menschen gemessen und beurteilt werden. Nur Gott kann sie feststellen. (vgl. 1 Korinther 4,3ff) Geistliche Grösse hängt nicht mit einer Rangstellung oder einer Funktion in der Gemeinde zusammen. Sie ist eine innere Grösse, die erst im Endgericht sichtbar wird. Tatsache ist, dass es in der Gemeinde Erste gibt. Denken wir nur an den Gemeindeaufbau. Es gibt Leiter, einen Präsidenten, Kirchgemeinderäte, Leiter von Gruppen usw. Jesus hat die Leiter nicht abgeschafft. Aber ein Erster bzw. Leiter zu sein, bedeutet eben, ein Diener aller zu sein. 3
4 Jesus selbst geht mit dem guten Beispiel voran. Er ist das höchste Vorbild und zeigt uns, wie wir dienen können. Jesus sagt von sich selbst: Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben als Lösegeld für viele hinzugeben. (Vers 45) Jesus kam nicht als Herrscher, sondern als Diener. Herrscher ist er erst nach seiner Auferstehung, und für alle Menschen sichtbar wird seine Herrschaft erst bei seiner Wiederkunft. Aber was ist nun sein Dienst? Dass er sein Leben als Lösegeld gibt. Jesus nimmt Bezug auf Jesaja 53. Dort heisst es, dass der Gottesknecht sein Leben als Schuldopfer in den Tod gibt und den vielen Gerechtigkeit schafft, indem er ihre Sünden trägt. (Jesaja 53,10-12) Jesus sieht seinen Auftrag darin, die Sünden der Menschen auf sich zu nehmen und wegzuschaffen, wie sie der Sündenbock am Grossen Versöhnungstag auf sich nimmt und wegträgt. (vgl. 3 Mose 16,20-22) Gleichzeitig ist er das Schuldopfer, das die Schuld der Menschen vor Gott wiedergutmachen soll. (vgl. 3 Mose 5,14ff) Liebe Gemeindeglieder, Sie fragen sich nun sicher: Warum gilt das nur für viele, nicht für alle? Weil dieses Lösegeld nur bei denen wirksam wird, die es annehmen, d. h. zum Glauben an Jesus kommen. Zwar hat er sein Leben für alle Menschen dahingegeben (Römer 8,32; 2 Korinther 5,19), aber es rettet nur diejenigen, die die Rettung annehmen. (Johannes 3,16) Jesus zeigt, wie wir dienen können. Er setzt den Massstab für den Dienst der Jünger. Hingabe für Gott und für die Menschen ist notwendig, nicht Grösse nach menschlichen Massstäben. Wir alle möchten Spitze sein im Beruf, im Sport, in der Musik, überall, ja, sogar im Glauben und im kirchlichen Engagement. Auch Jakobus und Johannes wollten Spitze sein im Reich Gottes. Es ist schon beeindruckend, welches Vertrauen sie zu Jesus haben. Und auch ihre Bereitschaft, sich für ihn einzusetzen, ja auch mit ihm zu leiden, ist beeindruckend. Aber ihr Anspruch auf die Spitzenplätze neben dem Messias, das ist ein unerfüllbares Begehren. Im Reich Gottes gelten andere Massstäbe. Wer hier einen Platz bekommen will, muss zuerst leiden. Ob man da so schnell sagen kann: Das können wir? Jesus nimmt Jakobus und Johannes beim Wort. Er prophezeit beiden das Martyrium, das sie später tatsächlich erleiden. Aber die Spitzenplätze kann er nicht vergeben, das ist von Gott bestimmt. Er vergibt sie gerecht. Sind wir bereit, solche Dinge in Gottes Hand zu legen? Sind wir bereit, auf Grösse in der Welt zu verzichten? 4
5 Doch nicht nur Jakobus und Johannes wollen gross sein, auch die anderen Apostel streben nach Grösse. Der Drang nach Grösse und Macht sitzt im Menschen drin. Wie anders ist da Jesus. Er, der Gottessohn, steigt in die Niedrigkeit hinab. Er lässt sich nicht dienen, sondern dient. Ja, er dient der gesamten Menschheit durch seinen Erlösungstod am Kreuz. Jeder der an ihn glaubt, wird gerettet. Jesus ist das höchste Vorbild des Dienstes. Bei ihm sehen wir: Nicht auf Grösse soll unser Dienst ausgerichtet sein. Jesus hat den wichtigsten Dienst für uns getan. Wenn wir seinen Dienst annehmen, können wir anderen dienen. Wir können heute damit anfangen. Der Heilige Geist leitet uns. Er zeigt uns, welchen Dienst wir in der Gemeinde tun können. Oder in der Nachbarschaft. Oder im Freundeskreis. Wahre Grösse zeigt sich im Dienst. Amen , Madeleine Koch-Stoll, Pfrn., Adelboden 5
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