waren, die Türen aus Furcht vor den Juden verschlossen -, da kam Jesus und trat in ihre Mitte, und er sagt zu ihnen: Friede sei mit euch!
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- Liane Fiedler
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1 Schriftlesung Joh 20, Es war am Abend jenes ersten Wochentages die Jünger hatten dort, wo sie waren, die Türen aus Furcht vor den Juden verschlossen -, da kam Jesus und trat in ihre Mitte, und er sagt zu ihnen: Friede sei mit euch! 20 Und nachdem er dies gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und die Seite; da freuten sich die Jünger, weil sie den Herrn sahen. 21 Da sagte Jesus noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. 22 Und nachdem er dies gesagt hatte, hauchte er sie an, und er sagte zu ihnen: Heiligen Geist sollt ihr empfangen! 23 Wem immer ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr sie festhaltet, dem sind sie festgehalten. 24 Thomas aber, einer der Zwölf, der auch Didymus genannt wird, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. 25 Da sagten die anderen Jünger zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er aber sagte zu ihnen: Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen sehe und nicht meinen Finger in das Mal der Nägel und meine Hand in seine Seite legen kann, werde ich nicht glauben. 26 Nach acht Tagen waren seine Jünger wieder drinnen, und Thomas war mit ihnen. Jesus kam, obwohl die Türen verschlossen waren, und er trat in ihre Mitte und sprach: Friede sei mit euch! 27 Dann sagte er zu Thomas: Leg deinen Finger hierher und schau meine Hände an, und streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! 28 Thomas antwortete und sagte zu ihm: Mein Herr und mein Gott! 29 Jesus sagt zu ihm: Du glaubst, weil du mich gesehen hast. Selig, die nicht mehr sehen und glauben! Lied RG 650 3x Mein Herr und mein Gott 1
2 Predigt «Mein Herr und mein Gott, nimm alles von mir, was mich hindert zu dir.» Es ist nicht immer einfach zu glauben. Gott zu glauben. Vor einer Woche haben wir Ostern gefeiert. Die Auferstehung Christi. Ostern ist das wichtigste christliche Fest. Wie geht es Ihnen dabei? Können Sie so einfach einstimmen in den Jubelruf? «Christus ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!» Können Sie in dieses «wahrhaftig» ohne auch nur den leisesten Zweifel mit einstimmen? Wenn dem so ist, dann freue ich mich mit Ihnen! Ich wage aber anzunehmen, dass wir hier einige sind, die diese Auferstehung nicht so selbstverständlich hinnehmen können nicht immer. Nicht einfach verstehen. Dass uns zumindest manchmal Fragen kommen, wenn wir darüber nachdenken. Was antworten wir Kindern, die die Auferstehung erklärt haben wollen? Was den Glaubenden einer anderen Religion? Was jenen, die nicht an einen Gott glauben können? Und was jenen, die es unbedingt wollen und denen es trotzdem nicht gelingt? Ehrlich gesagt: Auferstehung braucht doch auch für uns Christinnen und Christen immer wieder Erklärung. Und manchmal kommen wir dabei selbst ins Stottern. Sind wir sicher, dass wir nicht einfach eingeübte Sätze nachplappern? 2
3 Ich glaube, Auferstehung braucht vor allem auch Erfahrung. Ich meine nicht diejenige, von der Bekehrte berichten, und die sich letztlich in einer Einsilbigkeit ereignet, dass ich zu hinterfragen wage, wodurch sie wohl ausgelöst wird. Ich meine ganz einfach: Lebenserfahrung. Austausch mit anderen Glaubenden und mit nicht Glaubenden, mit anderen Zweifelnden, mit Menschen, die in Frage stellen und von ihren Erfahrungen berichten. Mit Menschen, die nachdenken, nachspüren. Was könnte sie sein? Wo ereignet sich Auferstehung? Und ich glaube, der Glaube an die Auferstehung setzt voraus dass sich, was man glaubt, zu erkennen, im eigenen Leben erschliesst. Immer wieder. Und immer wieder neu. Nicht in grossen Gotteserscheinungen, wie wir in der Bibel oder in gewissen Kreisen davon hören oder lesen, sondern in kleinen alltäglichen, unscheinbaren. In der Erfahrung, dass dort, wo alles totgeglaubt war, von irgendwoher neues Leben kommt. Dass dort, wo alles totgesagt wird, sich das Leben neu und wirkungsvoll einstellt. «Mein Herr und mein Gott, nimm alles von mir, was mich hindert zu dir.» Sind Zweifel hinderlich? Thomas, der Zweifler, so ist er in die Tradition eingegangen. 3
4 Oft genug gescholten und verhöhnt. Und ich gebe es zu: der Bibeltext verleitet leicht dazu, die Worte Jesu am Ende als Tadel zu lesen. In Jesu Verhalten sehe ich hingegen keinen Tadel. Und ja, es ist wahr: Thomas sagt: Wenn ich nicht sehe, glaube ich nicht. Nur, auch die anderen glaubten erst, als sie sahen. Hinter verschlossenen Türen sassen sie. Ängstlich, traurig, alle Hoffnung verloren am Kreuz, im leeren Grab. Es ist verständlich. Hatten sie doch gerade ihren grossen Lehrer und Meister, der sie so sicher durchs Leben geführt hatte, am Kreuz scheitern sehen. Es hat ihrer Hoffnung das Genick gebrochen. Doch dann erfahren sie in ihrer Ängstlichkeit eine Begegnung. Er tritt ein in ihre Gemeinschaft. Wird erkennbar, hörbar, spürbar. «Friede sei mit euch» Sie fühlen seinen sanften Hauch, der sie umweht, ihnen ins Gesicht bläst. Er verleiht ihnen neue Kraft. Eine Kraft, die sie glauben macht, gewiss macht, dass sie wieder aufstehen mögen, weil Gott noch immer an ihrer Seite ist in ihrer Gemeinschaft. Nur - Thomas war nicht dabei. Ob physisch oder im übertragenen Sinne, wir wissen es nicht. Er war allein. 4
5 Gehörte für diesen Augenblick nicht zur Gemeinschaft. Konnte die Erfahrung nicht teilen. Den Hauch konnte er nicht spüren. Und wenn schon: Nicht allen genügt ein Hauch. Thomas will etwas Handfestes. Da ist so viel geschehen in den letzten Tagen. Da ist noch so viel Schmerz. Da sind noch offene Wunden. Die kann man nicht einfach wegblasen. Und er zweifelt: Wenn ich nicht selbst erfahre, kann ich s nicht glauben. Können Sie ihn verstehen? Ist das nicht gerade die Haltung eines Menschen, der es ernst meint mit dem Glauben? Es genügt ihm nicht, einfach Geschichten zu hören und sie nach zu erzählen. Er will mehr. Er will erfahren, spüren, gewahr werden. So wie jedes Kind erfahren will und muss, um zu lernen, im Leben zu bestehen. Dieser Thomas, er wagt es, nicht in den Auferstehungsjubel einzustimmen, nicht sogleich. «Wie kann es sein?», fragt er. Da liegt noch so vieles offen! Diese Welt ist voller Schmerz und Wunden, voller Verrat und Machtstreben. Die gehen über Leichen. 5
6 Die Ungerechtigkeit schreit zum Himmel. Doch der Himmel scheint es nicht bis auf die Erde zu schaffen. Hatte Jesus nicht davon erzählt? Während er sich immer tiefer in dieses Fragen, Suchen und Zweifeln begibt, kommt ihm Jesus entgegen. «Friede sei mit dir Thomas, sieh meine Wunden, du darfst sie berühren.» Sie sind da. Sie sind nicht ungeschehen. Und sie bleiben offen. Und ich bin auch da. In dem Moment scheint etwas zu geschehen. Thomas erkennt. Er bekennt: «Mein Herr und mein Gott». Die Erfahrung, von der die anderen erzählt haben, erschliesst sich ihm in seinem Leben, nicht in einem Hauch, sondern in der Tiefe seines Fragens. In der Art, dass er verstehen, ja glauben kann. «Mein Herr und mein Gott, gib alles mir, was mich führet zu dir.» Gott ist da - trotz all der offenen Wunden. Er bläst sie nicht einfach weg. Gott ist da - und kommt mir entgegen, so dass ich ihn erahnen, erkennen, glauben kann. Nicht in der Geschichte, die mir andere erzählen, vielleicht in ganz anderen Bildern. Selig sind die, die ihn nicht mehr sehen werden, 6
7 - weil es nicht mehr möglich sein wird Jesus hat nicht versprochen, jeder Generation wieder neu zu erscheinen. Selig sind die, die glauben. Gott wird sich in meiner Geschichte, in meinem Leben so offenbaren, dass ich es verstehen kann, wenn ich den Mut habe zu fragen, zu zweifeln, zu warten. Amen. 7
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