Das Basis-Dokument. 1 Demokratie und Rechtsstaat
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- Daniel Kohl
- vor 7 Jahren
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1 Das Basis-Dokument Wien ist eine internationale Großstadt, die von unterschiedlichen Lebensstilen, Weltanschauungen und Auffassungen geprägt ist. Junge und Alte, Frauen und Männer, Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung, hier Geborene und Zugewanderte, Menschen mit und ohne Behinderungen leben in Wien zusammen. Sie wohnen in demselben Wohnhaus oder arbeiten in derselben Firma, besuchen dieselbe Schulklasse oder engagieren sich in denselben Vereinen. Grundlage des Zusammenlebens in Vielfalt ist die österreichische Rechtsordnung. Zentrale und unverzichtbare Grundelemente aus internationalen Rechtsnormen und der österreichischen Bundesverfassung sind im Basis-Dokument zusammengefasst: Demokratie und Rechtsstaat, Menschenund Grundrechte, besonders Frauen- und Kinderrechte. Der Prozess der Erarbeitung der Wiener Charta baut auf diesen Kernelementen auf, sie bilden Ausgangspunkt und Grundlage. Sie können und dürfen von niemandem in Frage gestellt werden. 1 Demokratie und Rechtsstaat Österreich ist eine demokratische Republik, in der das Recht vom Volk ausgeht. Demokratie bedeutet, dass das Volk bzw. die gewählten Vertreterinnen und Vertreter des Volkes bestimmen, welche Politik gemacht wird und welche Gesetze gelten. An diese Gesetze müssen sich alle halten, denn alle Bürgerinnen und Bürger sind vor dem Gesetz gleich. Menschen in Polizei, Gerichten und allen Behörden dürfen nicht eigenmächtig ihre Vorstellungen durchsetzen, sondern nur auf der Grundlage von Gesetzen handeln. In einem demokratischen Rechtsstaat haben die Bürgerinnen und Bürger darauf verzichtet, selbst Gewalt auszuüben, und die Durchsetzung ihrer Rechte den Behörden bzw. den Gerichten übertragen. Dieses Gewaltmonopol des Staates schützt die Freiheit und die Rechte aller: Einzelpersonen oder Gruppen dürfen ihre persönlichen Interessen nicht gegenüber anderen mit Gewalt durchsetzen. In einer Demokratie herrscht das Gesetz, und nicht das Recht des Stärkeren. 1
2 In einer Demokratie entscheidet grundsätzlich die Mehrheit davon ausgenommen sind allerdings die Grund- und Minderheitenrechte, die auch von einer Mehrheit nicht in Frage gestellt werden dürfen. Ein demokratischer Staat schützt die Rechte aller Bürgerinnen und Bürger. Das Zusammenleben selbstbestimmter, freier Menschen bildet das Fundament eines demokratischen Systems. Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren, heißt es in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen. Ohne diese Grundüberzeugung von Würde und Wert jeder menschlichen Person, unabhängig von Alter, Geschlecht, Hautfarbe, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, Herkunft oder Vermögen, ist Demokratie nicht denkbar. Menschen- und Grundrechte schützen die einzelne Person. Aus ihnen ergeben sich aber auch Rechte, Pflichten und Verantwortung für jede und jeden Einzelnen. Die Anerkennung und Achtung dieser Werte kann und muss ein demokratischer Staat von allen erwarten, unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft, Religion, Behinderung, sexueller Orientierung oder politischer Überzeugung. Menschenrechte sind in verschiedenen internationalen Rechtsdokumenten und der österreichischen Bundesverfassung als Grundrechte formuliert und grundlegender Bestandteil der österreichischen Rechtsordnung. 2 Menschen- und Grundrechte Recht auf Leben, körperliche und geistige Unversehrtheit und Sicherheit Jeder Mensch hat das Recht, in Sicherheit leben zu können und weder körperlich noch seelisch misshandelt zu werden. Niemand hat das Recht, einen anderen Menschen zu schlagen, zu verletzen, ihm oder ihr seelische Qualen zuzufügen, zu demütigen oder gar zu töten. Das Strafgesetzbuch schützt in vielen Paragraphen dieses unbedingte Recht jedes Menschen. Weiters hat jeder Mensch auch Anspruch darauf, dass sein Eigentum und sein Besitz vor dem Zugriff anderer (Diebstahl, Beschädigung) geschützt wird. Dies gilt auch für gemeinsames, öffentliches Eigentum (z.b. Park, U- Bahn ). Charta der Grundrechte der EU Art. 2, 3, 17 Recht auf Privatheit und persönliche Freiheitsrechte Jede Person hat auch das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens und ihrer Kommunikation. Jeder Mensch hat das Recht, seine persönliche Lebensführung selbst zu bestimmen und das eigene Leben selbst und eigenverantwortlich zu leben: das Recht, einen Beruf zu ergreifen und auszuwählen, über die Lebensform (Ehe, Lebensgemeinschaft, Single) und die Partnerin bzw. den Partner selbst zu entscheiden sowie über Wohnort oder Kleidung selbst zu bestimmen und über alles, was zur 2
3 persönlichen Lebensgestaltung gehört, ohne Zwang, selbst und in eigener Verantwortung zu entscheiden. Niemand hat daher das Recht, auf andere psychischen oder physischen Zwang auszuüben. Die Gesetze des Staates schützen diese Freiheitsrechte und stellen Zwang, Nötigung, Erpressung oder Mobbing unter Strafe. Charta der Grundrechte der EU Art. 7, 9, 15 Recht der freien Meinungsäußerung, Gedanken- Gewissens- und Religionsfreiheit Jeder Mensch hat das Recht, seine Meinung frei zu äußern und Ideen und Informationen zu empfangen und weiterzugeben. Bestimmte Beschränkungen dieser Meinungsfreiheit sind ausschließlich zum Schutz Einzelner festgeschrieben, etwa zum Schutz vor Beleidigung oder Verhetzung. Die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit schließt sowohl die Freiheit ein, sich zu einer Religion zu bekennen wie auch die Freiheit, Religion(en) grundsätzlich abzulehnen. Sie bedeutet auch die Freiheit, die Religion oder Weltanschauung zu wechseln und die Freiheit, Religion oder Weltanschauung einzeln oder gemeinsam mit anderen öffentlich oder privat durch Gottesdienst, Unterricht, Bräuche und Sitten zu bekennen. Jede Person hat das Recht, sich frei und friedlich mit anderen Personen zu versammeln und zusammenzuschließen (Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit), etwa zu politischen Parteien, Gewerkschaften, Vereinen. Demokratisches Zusammenleben setzt selbstbestimmte Menschen voraus, die verschiedene Auffassungen, Meinungen, Erfahrungen haben und unterschiedliche Interessen verfolgen. Diskussionen und Auseinandersetzungen sind daher in demokratischen Gesellschaften nicht nur normal, sondern notwendig und wichtig. Unterschiedliche, zum Teil auch umstrittene Ideen und Interessen sind ein grundlegendes Element einer lebendigen Demokratie. Das Zusammenleben in einer Demokratie bedeutet daher, unterschiedliche Standpunkte und Lebensentwürfe zu zulassen und zu diskutieren, sich auszutauschen, miteinander zu kooperieren und gewaltlos Konflikte auszutragen. Charta der Grundrechte der EU Art. 10, 11, 12 Gleichbehandlung, Schutz vor Diskriminierung und Chancengleichheit Jede Person hat das Recht auf Gleichbehandlung und das Recht auf Schutz vor Diskriminierung ungeachtet des Geschlechts, Religion, Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters, der sexuellen Orientierung, der ethnischen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer Minderheit, der Hautfarbe oder der sozialen Schicht. Das Gebot der Gleichbehandlung und das Verbot von Diskriminierung verpflichtet einerseits den Staat (also Behörden oder Gerichte), aber andererseits auch Private: So ist verboten, jemandem einen Arbeitsplatz, eine Wohnung oder den Zugang zu einem Lokal etwa aufgrund der Hautfarbe oder einer Behinderung zu verweigern. Gleiche Behandlung und das Verbot von Diskriminierung ist aber oft noch zu wenig. Ein demokratischer Staat strebt darüber hinaus nach Chancengleichheit. Chancengleichheit bedeutet, dass alle Menschen die Möglichkeit 3
4 haben, an allen Bereichen des Lebens gleichberechtigt teilzuhaben. Eine der zentralen Aufgaben des Staates besteht darin, bestehende Ungleichheiten abzufedern und somit für eine gerechte Verteilung von Chancen zu sorgen. Dies geschieht z.b. durch das Steuersystem oder durch Maßnahmen wie die Kranken- und Arbeitslosenversicherung oder die Bemühung um möglichst offene Bildungssysteme. Im Fall von Menschen mit Behinderung bedeutet Chancengleichheit auch, für barrierefreie Zugänge zu Gebäuden oder für barrrierefreie Informationsangebote (z.b. Internet) zu sorgen. Charta der Grundrechte der EU Art. 21 Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte Der Mensch hat das Recht auf Bildung, auf kostenlosen Zugang zu Pflichtschulen und Zugang zu beruflicher Aus- und Weiterbildung. Weiters das Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen (wie bezahlter Urlaub, Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung, Kollektiverträge und Vertretung durch Gewerkschaften). Zu den sozialen Rechten gehören das Recht auf soziale Sicherheit und soziale Unterstützung, das Recht auf Wohnung sowie das Recht auf Zugang zur Gesundheitsvorsorge und auf ärztliche Versorgung, um ein menschenwürdiges Leben sicherzustellen. Zu einem menschenwürdigen Leben gehört auch die Möglichkeit zur Teilnahme am kulturellen Leben und die Achtung vor der Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen. Charta der Grundrechte der EU Art. 14, 27-33, 34, 35, 22 3 Frauen- und Kinderrechte Frauenrechte Auch wenn die Tradition der Menschenrechte die gleiche Würde aller Menschen betont, meinte dieser Grundsatz in der Praxis anfangs vor allem die Gleichberechtigung der Männer untereinander. Viele Schritte zur Gleichberechtigung und Gleichstellung von Frauen wurde erst in den letzten hundert Jahren langsam erkämpft (z.b. das Wahlrecht), und bis heute ist das Ziel der Chancengleichheit nicht völlig erreicht. In Wien hat die völlige Gleichberechtigung und Chancengleichheit von Frauen und Männern einen hohen Stellenwert. 4
5 Frauen haben das Recht, sicher und ohne psychische oder physische Gewalt zu leben. Frauen haben das Recht, über ihr Leben und ihren Körper selbst zu bestimmen auch in der Ehe ist Vergewaltigung strafbar. Frauen haben das Recht auf gute Bildung und Ausbildung, auf Gleichberechtigung und gleiche Chancen im Beruf. Kinderrechte Lange wurden Kinder als Noch-Nicht-Erwachsene gesehen und weniger als Menschen, die auch Rechte haben. Erst im Jahr 1989 wurde von den Vereinten Nationen die Konvention über die Rechte der Kinder beschlossen, die auch in Österreich anwendbar ist. Kinder haben Anspruch auf Schutz vor Gewalt und Ausbeutung. Jede Form der Gewalt gegen Kinder und Jugendliche sei es in der Familie oder in Kindergarten/Schule ist seit 1989 verboten. Ebenso verboten ist Kinderarbeit. Kinder haben Anspruch auf gesunde Nahrung, angemessenen Wohn- und Lebensraum, Bildung und Betreuung, Spiel- und Freizeitangebote. Kinder und Jugendliche haben das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard. Kinder und Jugendliche haben das Recht auf Bildung, wobei das Gesetz auch eine Pflicht zu Bildung vorschreibt: Es besteht die Pflicht zum Besuch des Kindergartens im letzten Jahr vor der Schulpflicht und Schulpflicht für Kinder zwischen dem 6. und dem 15. Lebensjahr. Kinder haben das Recht auf Partizipation in allen sie betreffenden Angelegenheiten Dieses Prinzip fordert die Achtung der Meinung von Kindern und Jugendlichen. Kinder und Jugendliche sind eigenständige Persönlichkeiten, die ihre Interessen auch selbst vertreten können. Sie haben das Recht, sich eine eigene Meinung zu bilden und sie frei zu äußern, und sie haben das Recht, dass ihre Meinung angemessen berücksichtigt werden muss (auch bei Gericht oder vor Behörden). Charta der Grundrechte der EU Art. 24 Links Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen Charta der Grundrechte der Europäischen Union Bundesverfassungsgesetz Bundesministeriums für Wirtschaft, Jugend und Familie: Seite für Kinderrechte 5
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