Die Begründung der Menschenwürde im Kontext des Sozialbereichs

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1 Die Begründung der Menschenwürde im Kontext des Sozialbereichs Menschenwürde ein Luxus? Die soziale Arbeit ist gefordert, Bern, 12. Juni 2012 Prof. Eva Maria Belser

2 Grundrechte Grundrechte sind von der Verfassung oder von internationalen Menschenrechtskonventionen gewährleistete Garantien, die elementare Aspekte des Menschenseins und grundlegende Regeln des Zusammenlebens in der Gemeinschaft schützen, die den Staat zur Achtung und Schutz verpflichten und dem Einzelnen einklagbare Rechte einräumen.

3 Begriffliches Menschenrechte Grundrechte Grundrechte Menschenrechte Bürgerrechte Grundrechte Staatsziele Grundrechte Sozialziele

4 Sozialziele (Art. 41) 1 Bund und Kantone setzen sich in Ergänzung zu persönlicher Verantwortung und privater Initiative dafür ein, dass: a. jede Person an der sozialen Sicherheit teilhat; d. Erwerbsfähige ihren Lebensunterhalt durch Arbeit zu angemessenen Bedingungen bestreiten können; e. Wohnungssuchende für sich und ihre Familie eine angemessene Wohnung zu tragbaren Bedingungen finden können; 4 Aus den Sozialzielen können keine unmittelbaren Ansprüche auf staatliche Leistungen abgeleitet werden.

5 Merkmale der Grundrechte Träger eines Grundrechts ist der Einzelne. Adressat der Grundrechte ist der Staat. Der hat Grundrechte zu achten, zu schützen und zu gewährleisten. Grundrechte schützen fundamentale Werte. Grundrechte können vor Gerichten durchgesetzt werden (Justiziabilität). Grundrechte binden alle Staatsgewalt, auch den Gesetzgeber (Programm).

6 Magna Charta Unterzeichung der Magna Charta libertatum durch König Johann von England (1215). Das Gesetz ist unveräusserlich und niemandem wird sein Recht auf gerechte Behandlung vorenthalten.

7 Virginia Bill of Rights (1776), Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten (1776)

8 Arten der Grundrechte (1) Freiheitsrechte (Achtung spezifischer Freiheitssphären jedes Einzelnen, primär: Abwehr staatlicher Eingriffe)

9 Freiheitsbegriff im Wandel Art. 1 Französische Menschenrechtsklärung Die Menschen werden frei und gleich an Rechten geboren und bleiben es. Millenniumserklärung (Freiheit) Männer und Frauen haben das Recht, in Würde und Freiheit von Hunger und der Furcht vor Gewalt, Unterdrückung oder Ungerechtigkeit ihr Leben zu leben und ihre Kinder zu erziehen.

10 Arten der Grundrechte (2) Freiheitsrechte (Achtung spezifischer Freiheitssphären jedes Einzelnen, primär: Abwehr staatlicher Eingriffe) Gleichheitsrechte (Garantie eines Mindestmasses an fairer und gleicher Behandlung in sämtlichen Bereichen staatlicher Tätigkeit)

11 Arten der Grundrechte (3) Sozialrechte (Anspruch auf positive Leistung des Staates) Politische Rechte (Anspruch auf aktive Mitwirkung an der staatlichen Willensbildung) Verfahrensrechte (Anspruch auf ein faires Verfahren und auf Mitwirkung im Verfahren)

12 Geltung in der gesamten Rechtsordnung Der Grundrechtsbindung unterstehen ^ alle Rechtsgebiete ^ alle Rechtsakte Direkte Bindung der Gerichte und aller rechtsanwendenden Behörden ( wer staatliche Aufgaben wahrnimmt ).

13 Geltung in der gesamten Rechtsordnung Pflicht zur grundrechtskonformen Auslegung/Ausübung des Ermessens. Pflicht zur Abweichung von untergeordnetem Recht, falls dieses Verfassung verletzt. Wirkung unter Privaten? ( soweit sich die Grundrechte dafür eignen ) Programmatische Bindung des Gesetzgebers.

14 Einschränkung der Grundrechte Schutzbereich eines Grundrechts betroffen? Eingriff in Schutzbereich? Verfassungsmässigkeit des Eingriffs?

15 Einschränkung der Grundrechte Unantastbarkeit des Kerngehalts Gesetzliche Grundlage Öffentliches Interesse Verhältnismässigkeit ^ Eignung ^ Erforderlichkeit ^ Zumutbarkeit (Verhältnismässigkeit i.e.s.)

16 Menschenwürde Die Würde des Menschen ist zu achten und zu schützen. (Art. 7 BV) Oberstes Konstitutionsprinzip des Staates Ausgangspunkt und Leitlinie für die Konkretisierung der übrigen Grundrechte, insbesondere für deren Kerngehalte Justiziables Grundrecht ( Auffanggrundrecht ) Kerngehaltsgarantie Problem: Unbestimmtheit der Menschenwürde

17 Recht auf Hilfe in Notlagen Justiziables und subsidiäres Grundrecht auf Sicherung der Existenz im Falle einer Notlage, auch wenn diese selbstverschuldet ist ( Netz unter dem Netz ) Schutz aller Menschen Anspruch auf das, was für ein menschenwürdiges Dasein unabdingbar ist und vor einer unwürdigen Bettelexistenz zu wahren vermag Kerngehaltsgarantie

18 Im Einzelnen Unterkunft Kleidung Nahrung Hygiene Medizinische Versorgung Kommunikation? Soziale Integration?

19 Rechtsgleichheit Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (Art. 8 Abs. 1 BV) Gleichheits- und Differenzierungsverbot Gleiches ist nach Massgabe seiner Gleichheit gleich zu behandeln, Ungleiches nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich. Entscheidend: Gibt es einen vernünftigen/sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung?

20 Diskriminierungsverbote Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform. (Art. 8 Abs. 2 BV) Die Ungleichbehandlung knüpft an einem verpönten Merkmal an oder es liegt eine indirekte Diskriminierung vor. Es fehlen ernsthafte und triftige Gründe für die Ungleichbehandlung. Diskriminierung

21 Zusammenfassung und Ausblick Aus so krummem Holz, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts Gerades gezimmert werden. Nur die Annäherung zu dieser Idee ist uns von der Natur aufgegeben. (I. Kant)

22 Zusammenfassung und Ausblick Individualismus Anthropozentrismus Anspruchsdenken Staatsgerichtetheit