Axel Heinrich, Uwe J. Messer Staudenmischpflanzungen
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- Dorothea Salzmann
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2 Axel Heinrich, Uwe J. Messer Staudenmischpflanzungen
3 Axel Heinrich, geb. 1964, Dipl.-Ing. (FH), doziert Pflanzenverwendung an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften im Institut Umwelt und natürliche Ressourcen in Wädenswil. Ein Forschungsschwerpunkt ist unter anderem die Staudenverwendung im urbanen Grün. Uwe Jörg Messer, geb. 1971, Dr., Chefredakteur des Schweizer Gartenmagazins Freude am Garten, arbeitete unter anderem als Mitarbeiter an der Hochschule Anhalt in Bernburg an einem DFG-Forschungsprojekt über Staudenmischpflanzungen und schrieb über dieses Thema seine Dissertation an der Sheffield University, Department of Landscape, Großbritannien.
4 Axel Heinrich, Uwe J. Messer Staudenmischpflanzungen Praxis Beispiele Tendenzen 96 Abbildungen 7 Tabellen
5 4 Inhaltsverzeichnis Vorwort 6 1 Ökologische Grundlagen Die Strategietypen der Stauden Wissenschaftliche Ansätze des Mischpflanzungsprinzips 14 2 Entwicklung und Stand der Forschung Allgemeine Prinzipien Allgemeine Probleme mit Staudenpflanzungen Projekte im mitteleuropäischen Raum Die Planungsstrategien für Flächenpflanzungen Neue Wege und Tendenzen 33 3 Mischungen nach Standorten und Lebensbereichen Mischungen für sonnige Freiflächenstandorte Mischungen für sonnige, trockene bis mäßig trockene und heiße Standorte Mischungen für sonnige, frische bis mäßig trockene Standorte Mischungen für frische bis feuchte Standorte Mischungen für den sonnigen bis absonnigen Gehölzrand Mischungen für den sonnigen Gehölzrand, auch in südexponierten trockenen Lagen Mischungen für eingewachsene Baumstandorte in relativ trockenen Lagen 44 4 Praxis Standortwahl und Vorüberlegungen Lebensbereiche und Substrate Freiraumplanung und Verkehrslenkung Einsatzmöglichkeiten Substrataustausch: Ja oder Nein Die mittlere Höhe der Vegetationsschicht Die Höhenstaffelung und Raumbildung Probleme Erfahrungen Pflanzsubstrate Im Lebensbereich Freifläche Im Lebensbereich Schatten Die Pflanzen, Qualität und Lieferung Richtige Bodenvorbereitung Die schrittweise Pflanzung Mulchen und Materialien Die Ereignistabelle Die Wirtschaftlichkeit Pflegearbeiten Kosten für Herstellung und Pflege Die Alterung der Mischpflanzung Oft gestellte Fragen 85 5 Beispiele und Erfahrungen mit existierenden Pflanzungen In Deutschland Kiel (Schleswig-Holstein) Geesthacht (Schleswig-Holstein) Leipzig (Sachsen) Dresden (Sachsen) Coburg (Bayern) Kiederich (Hessen) Mannheim (Baden-Württemberg) 113
6 Inhaltsverzeichnis Schifferstadt (Rheinland-Pfalz) Bad Rappenau (Baden-Württemberg) München-Riem (Bayern) Ottobrunn (Bayern) In der Schweiz Thalwil (Kanton Zürich) Zürich Wädenswil (Campus-Park) Ländliches Straßenbegleitgrün Untersiggenthal Chur (Kanton Graubünden) Friedhof Nordheim in Zürich Heimische Rabatte Eschenbach (Kanton Luzern) Checkliste für die Umsetzung von Staudenmischpflanzungen Planungshilfen Stauden Langlebige Stauden für schwere Böden Standfeste Stauden Schneckenresistente Stauden, eine Empfehlungsliste Früh und spät austreibende Stauden Praxisvariante Pink Paradise Vorschlag einer gepflanzten Feuchtwiese Bezugsquellen für Mischpflanzungen und Unterstützung bei Staudenlieferungen Glossar 185 Service 215 Literatur 215 Bildquellen 217 Dank 218 Register 219
7 6 Vorwort Es gibt eine Pflanzenkategorie, die seit den 1990er-Jahren zunehmend stärker ins Bewusstsein rückt: die Stauden. Jahrzehntelange monotone Einheitspflanzungen in urbanen, auf das Minimum reduzierten Grünanlagen können mit attraktiven Staudenpflanzungen wieder zu Publikumsmagneten und Aushängeschildern für Städte und Kommunen, aber auch für das private Grün werden. Hinzu kommt ein verstärkter Trend zu naturnahen Pflanzungen. Der Erlebniswert als Mehrwert steht dabei im Vordergrund. Eine Pflanzung ist dann attraktiv, wenn sie lebendig wirkt, d. h. Veränderung zeigt, und sie muss, vor allem im öffentlichen Grün, dauerhaft im Sinne der Lebenszykluskosten, also pflegeoptimiert sein. Nur die ausdauernden krautigen Pflanzen, also Stauden, können diesen Anforderungen gerecht werden. Die stressfähigen Stauden ziehen jedes Jahr im Winter ein, um im folgenden Frühjahr erneut kraftvoll und völlig unvoreingenommen auszutreiben. Sie müssen nicht wie Wechselflor zwei- oder dreimal pro Jahr erneuert werden. Stauden können bei richtiger Planung wie ein System auf Zeit funktionieren und drei, fünf, zehn, langlebige Arten sogar 20 bis 30 Jahre, mit hohem Nutzungswert gedeihen. Das Ziel dieses Buches Staudenmischpflanzungen, Praxis Beispiele Tendenzen ist es, kompaktes, erfahrungsbasiertes Wissen über diese Art der Flächenbepflanzung mit Stauden zu geben. Seitdem die ersten Staudenmischpflanzungen Mitte der 1980er-Jahre als Versuchspflanzungen in Deutschland aufgepflanzt und die ersten Veröffentlichungen darüber in Fachzeitschriften und zahlreichen Vorträgen an die Verantwortlichen in den Städten und Kommunen sowie die ausführenden Betriebe herangetragen wurden ist die Akzeptanz der Staudenmischpflanzungen zunächst nach Rezept durchgeführt kontinuierlich gewachsen. Selbst solche Pflanzungen zu versuchen oder sogar weiter zu entwickeln, wäre der nächste Schritt. Aber nur, wer sich von Anfang an genau an die pflanzensoziologischen Empfehlungen hält, geeignete Standorte auswählt, sorgfältig die Pflanzflächen vorbereitet und die Pflanzungen richtig durchführt und diese kreativ-fachmännisch pflegt, wird langfristig Erfolg ernten können. Bei der Vielzahl der heute angebotenen Staudenmischungen fällt es auf den ersten Blick schwer zu erkennen, welche für den zu bepflanzenden Standort geeignet sind. Derzeit sind neben den langjährig durch den Arbeitskreis Pflanzenverwendung beim Bund deutscher Staudengärtner (BdS) getesteten und empfohlenen Mischungen weitere Mischungen am Markt, die überhaupt nicht oder nicht lange
8 Vorwort 7 genug auf unterschiedlichen Standorten getestet wurden. Hier ist Vorsicht geboten. Sicherheit erhält der Erstanwender, wenn er sich aktuell über die offiziellen Medien des oben genannten Arbeitskreises und über weitere angegebene Quellen informiert. Ebenso können Fremdeinflüsse, beispielsweise unkorrekte Bodenvorbereitung, Samenflug aus benachbarten Vegetationsflächen, starke Unwetter und extreme Wettersituationen, auf die Pflanzung einwirken und die Funktionen des komplexen Systems kurzzeitig negativ beeinflussen. Man darf nicht vergessen, dass eine Begrünung mit lebenden Pflanzen nie statisch zu sehen ist, sondern durch eine Dynamik, ja sogar eine gewollte Eigendynamik, mit unterschiedlichen Aspektwechseln innerhalb der Jahreszeiten und in den Folgejahren geprägt ist. Dies bedeutet, die anfänglich an Arten reichere junge Pflanzung wird in der Reife ruhiger und bleibt stabil ohne Attraktivitätsverlust. Erreicht wird dieses durch die jahreszeitlich bedingten phänologischen Veränderungen. Für alle, die gerne Staudenmischpflanzungen verwenden möchten und nicht richtig wissen, wie sie vorgehen sollen, ist dieses Buch ein Leitfaden und Nachschlagewerk zugleich. Die bereits existierenden Flächen im öffentlichen wie privaten Grün sind lebendige Studienund Anschauungsobjekte. Zwanzig dieser Flächen dienen exemplarisch als Referenzflächen für eigene Pflanzungen oder als Argumentationshilfen. Gelungene Beispiele und Erfahrungen hierfür werden in diesem Werk ebenso aufgelistet (vgl. Kap. 5) wie ausführliche Praxistipps, hilfreiche Kniffe sowie wertvolle Pflanzenlisten. Was in diesem Buch vorrangig unter dem Aspekt des öffentlichen Grüns betrachtet wird, kann selbstverständlich auch im privaten Garten verwirklicht werden. Durch Höhenstaffelung, kontinuierliche Blütezeitabfolge und Struktur sehen Staudenmischpflanzungen zu jeder Jahreszeit attraktiv aus, wenn Artenkombinationen, Pflanzabstände und die Standortbedingungen optimal aufeinander abgestimmt wurden. Die vorgestellten Pflanzungen sollen beispielhaft zur Ideenfindung und Nachahmung anregen. Vorurteile und die Behauptung, Staudenpflanzungen seien mit hohen Unterhaltungskosten verbunden, sind entkräftet, denn die Staudenmischpflanzungen sind erwachsen geworden. Wir hoffen, dass dieses Buch dazu beiträgt, Stauden(misch)pflanzungen zukünftig besser in das öffentliche und private Grün zu integrieren. Hat doch das uns umgebende Grün in den kommenden Jahren neue Aufgaben zu bewältigen. Mit der zu erwartenden abnehmenden gesellschaftlichen Mobilität zum Teil durch steigende Mobilitätskosten, aber auch regional durch Überalterung sowie der zunehmenden Bedeutung von Grünflächen als wohnungsnahe Aufenthaltsorte sind vor allem öffentliche Stadträume gezielt und beispielgebend aufzuwerten.
9 8 Vorwort Da in diesem Buch Beispiele aus Deutschland und der Schweiz dargestellt werden, sind typische Begriffe und Schreibweisen beider Länder aufgeführt. Diese mögen für viele ungewöhnlich klingen, sind aber bewusst verwendet, um die regionalen Eigenheiten zu gewähren und herauszustellen. Schließlich gilt dies auch für die Pflanzenverwendung, die keinesfalls global anzusehen ist, vielmehr soll sie sich auf Regionalität und Lokalität beschränken. So werden beispielsweise für Kies in der Schweiz häufig die Begriffe Betonsand oder Wandkies verwendet, im süddeutschen Raum dagegen eher der Begriff Riesel, und der schweizerische Unterhalt entspricht der deutschen Pflege. Im Umgang mit diesem Buch ist auf das umfassende Glossar in Kapitel 6 hinzuweisen. In diesem werden über 380 Begriffe der aktuellen Pflanzenverwendung erstmals übersichtlich erläutert. Als Grundlage der Schreibweise der botanischen Namen dient die Nomenklatur nach Zander, 18. Auflage Die Verfasser, Gailingen und Wädenswil, 2012
10 9 1 Ökologische Grundlagen Natürliche und vom Menschen beeinflusste Landschaften zeigen, dass es auch als natürlich empfundene, also naturnahe Vegetationstypen mit nur einer Pflanzenart gibt, z. B. Bestände mit Gewöhnlichem Schilf (Phragmites australis) entlang von Seen oder Calluna-Heiden nach Überweidung. In der Regel treten Pflanzen jedoch in gemischten Gemeinschaften auf, die gerade dann gesunde, robuste d. h. stressfähige und belastbare Pflanzengesellschaften bilden und ähnliche Standortansprüche aufweisen. Sie leben in gleichen ökologischen Verhältnissen, in denen jede einzelne Pflanze um die natürlichen Ressourcen wetteifert (Hansen und Stahl 1990). Staudenmischpflanzungen sind nach heutigem Verständnis Pflanzensysteme mit mindestens 15 bis 20 Pflanzenarten, bestehend aus Stauden, teilweise kombiniert mit Halb- oder Kleinsträuchern sowie Blumenzwiebeln. Sie erfüllen dabei ganzjährig ästhetische, raumbildende und ökologische Aufgaben. 1.1 Die Strategietypen der Stauden Ob privater Garten oder öffentliche Grünfläche, jeder Standort ist gewissen limitierenden Standortfaktoren sowie Störungen ausgesetzt. Die Pflanzen haben sich im Verlauf der Evolution an die zur Verfügung stehenden Ressourcen wie Zeit, Raum und Wachstumsfaktoren (z. B. Licht, Wasser, Nährstoffe) angepasst. Man teilt sie in drei unterschiedliche Gruppen bzw. sogenannte Strategietypen ein: R-, C- und S-Strategen (vgl. auch nachfolgende Zeichnungen). Zu den kurzlebigen Pflanzen zählen die R-Strategen (R = ruderal; Pflanzen mit hoher Reproduktionskraft/Versamung), welche sich schnell auf Offen- bzw. Ruderalflächen ausbreiten können. Bei langlebigen Pflanzen unterscheidet man zwischen C-Strategen (auch K-Strategen oder Wettbewerbsstrategen genannt, von engl. competitive, konkurrenzstarke Pflanzen), welche sich dauerhaft an einem ausgeglichenen Standort behaupten können, und S-Strategen, die Stress lieben bzw. Stressfaktoren gegenüber sehr tolerant sind, da sie aufgrund ihrer hohen Akzeptanz an den Standort mit extrem begrenzenden oder sogar lebensfeindlichen Standortfaktoren wie Trockenheit, Winternässe, Nässe allgemein (Wasserstandsschwankungen) oder Hitze, Kälte und Bodenversalzung auskommen können. Zu den R-Strategen zählen Pionierpflanzen, die ein- oder wenigjährig sind. Sie wachsen rasch, besitzen eine hohe generative Reproduktionsrate (bilden sehr viele Samen innerhalb kurzer Zeit, erhalten sich durch Selbstaussaat) und haben eine geringe Konkurrenzkraft. Beispiele bei den heimischen Stauden sind der Rote Fingerhut (Digi-
11 10 Ökologische Grundlagen schiedenen Strategietypen in Bezug auf Stress, Störung und Konkurrenz (Grime 1977 in Grime 2001 aus Kühn 2011). Abb. 2: Einordnung von Lebensformen in das CSR-Schema von Grime (Grime 1977 in Grime 2001 aus Kühn 2011). Annuelle Bienne Perenne Gehölze Abb. 3: Zuteilung der Lebensbereiche nach Störungshäufigkeit, Stressintensität und Produktivität in das CSR-Modell von Grime (aus Kühn 2011; D in Abbildung entspricht R).
12 Die Strategietypen der Stauden 11 talis purpurea), die Pfirsichblättrige Glockenblume (Campanula persicifolia) und die Akelei (Aquilegia vulgaris). Fremdländische kurzlebige Stauden sind die Prachtkerze (Gaura lindheimeri), die Verbene (Verbena bonariensis) oder das Purpur-Leinkraut (Linaria purpurea). C-Strategen, oft auch als K-Strategen bezeichnet, lieben nährstoffreiche und kontinuierlich mit Feuchtigkeit versorgte Standorte. Sie sind dauerhafte Pflanzen, welche unter anderem ortsfest gedeihen können. Dann sind sie horstig wachsend und durch ihre Größe dominierend. Ebenfalls zu den C-Strategen zählen Ausläufer treibende Arten, welche durch eine aggressive und flächige Ausbreitung dominieren. Zur ersten Gruppe der horstig wachsenden Wettbewerbsstrategen zählen Taglilien (Hemerocallis), Sibirische Schwertlilie (Iris sibirica), Eisenhut (Aconitum carmichaelii var. carmichaelii) und Funkien (Hosta). Zur zweiten Gruppe der wuchernden C-Strategen gehören beispielsweise die Lampionblume (Physalis alkekengi) und Felberich- Arten (Lysimachia punctata und Lysimachia clethroides). Die S-Strategen lieben salopp gesagt stressige Standorte. Dies sind Standorte, die durch begrenzende Standortfaktoren wie extreme Trockenheit oder Nässe (Wasserstand), Hitze oder Kälte, Schattendruck oder extremer Lichteinfluss beeinflusst werden. Nur unter diesen Gegebenheiten sind Stresstoleranz-Strategen konkurrenzstark und langlebig. Verwendet man sie jedoch im Garten unter gärtnerisch guten Bedingungen, werden sie von anderen Pflanzen verdrängt Heimisch versus exotisch Vielgestaltige Pflanzengemeinschaften aus heimischen, exotischen (fremdländischen) oder gar gezüchteten Stauden, die unter angemessenen Pflegeregimen ein ökologisches und wettbewerbsfähiges Gleichgewicht bilden, sind gerade für das öffentliche und repräsentative Grün ein idealer Bepflanzungsansatz. Das Perennemix -Forschungsprojekt startete 1999 genau aus diesem Grund unvoreingenommen mit je zwölf heimischen und exotischen Mischungsansätzen. Die optimierten Mischungen sind am Markt (vgl. Kap. 3). Pflanzen, die entsprechend den Konkurrenzbedingungen den zusagenden Standort haben, wachsen optimal, sind in ihrer Gesamtheit weniger anfällig für Krankheiten sowie Stress und können somit die Flächen entsprechend schließen. Der Vorteil liegt auf der Hand: der Unkrautwuchs ist reduzierter, Dünger- und Pflanzenschutzmaßnahmen sind überflüssig und die Kosten im Unterhalt werden stark reduziert. Für das ganzjährige, positive Erscheinungsbild kann in der Regel auf exotische Arten oder Sorten in Mischpflanzungen, unter anderem als Eyecatcher, nicht grundsätzlich verzichtet werden. Das ist abzuwägen. Dies zeigen die Artenbeispiele (mitteleuropäische Vegetation) in Tabelle 1. Pflanzen in kräftigen, warmen Farbtönen fehlen gänzlich und müssen durch Exoten eingebracht werden.
13 12 Ökologische Grundlagen Tab. 1: Heimische krautige Arten bringen von Januar bis Juni Farbe ins urbane Grün, lassen jedoch die Farbe Rot bis Mai außen vor oder sind nur kurzlebig. Typische und geeignete Standorte für S-Strategen sind trockene Bereiche an Gebäuden, in Dachbegrünungen und Fugenbepflanzungen, aber auch auf Verkehrsteilern und -kreiseln. Als Beispiele sind mediterrane Halbsträucher wie Thymian, Lavendel, Rosmarin oder Salbei zu nennen. Ebenso zählen Fetthennen (Sedum- Arten) oder Stauden für den trockenen Schatten wie Gedenkemein (Omphalodes verna) oder Golderdbeere (Waldsteinia geoides) dazu. Tabelle 1 verdeutlicht stellvertretend, dass warme, gelb-orange oder rote Farbtöne in der mitteleuropäischen Frühjahrs- und auch Frühsommervegetation selten im Angebot sind. Schon bei den Geophyten erübrigt sich die Frage, ob heimisch oder exotisch, denn gerade im urbanen kühlen Grau der überdimensionierten Asphalt- Blütenfarbe Weiß Gelb Blau Violett bis Rosa Januar Helleborus niger Helleborus foetidus Februar Galanthus nivalis Tussilago farfara Hepatica nobilis März April Mai Juni Leucojum vernum, Iberis saxatilis Anemone nemorosa, Crocus albiflorus, Convallaria majalis Narcissus radiflorus, Allium ursinum, Galium odoratum Leucanthemum vulgare, Aruncus dioicus, Anemone sylvestris, Orlaya grandiflora Ranunculus ficaria, Chrysosplenium oppositifolium, Primula vulgaris Gagea-Arten, Taraxacum officinale, Euphorbia-Arten, Tulipa sylvestris, Anemone ranunculoides, Adonis vernalis, Tulipa sylvestris Narcissus pseudonarcissus, Caltha palustris Ranunculus acris, Trollius, Helianthemum nummularium, Bupleurum rotundifolium Viola-Arten, Scilla bifolia Muscari, Clematis alpina, Pulsatilla vulgaris Hyazinthoides non-scripta, Aquilegia vulgaris Geranium pratense, Salvia pratensis, Campanula-Arten Corydalis cava, Bulbocodium vernum Dictamnus albus, Lathyrus vernus, Fritillaria meleagris Aquilegia atrata, Lathyrus vernus Geranium sanguineum, Lilium martagon, Lunaria rediviva Rot* Papaver rhoeas, Tulipa grengiolensis Lilium bulbiferum, Adonis aestivalis, Papaver rhoeas * Rot blühende Pflanzen sind selten dabei. Hier muss man auf Exoten wie Tulpen, Hyazinthen oder Einjährige, z. B. Klatsch- Mohn (Papaver rhoeas), zurückgreifen.
14 Die Strategietypen der Stauden 13 und Betonflächen müssen die Vegetationsflächen auffallen und fröhlich überzeugend leuchten. Dies gilt für privates wie auch öffentliches Grün. Warm gelb blühende Geophyten sind Crocus ancyrensis, C. chrysanthus Zwanenburg Bronze, C. flavus, Narcissus Jetfire oder Tulipa Beauty of Apeldoorn. Sie werden im späteren Vegetationsverlauf vom Hemerocallis-Sortiment, den Helenium, Helianthus, Rudbeckien und Rosen abgelöst. Auf nährstoffreichen Grünstreifen, Grünland oder gar in Weinbergen trifft man im Frühjahr und Frühsommer die weithin leuchtenden gelben Blüten des Löwenzahns (Taraxacum). Selbst auf einseitig beanspruchten Kulturflächen überzeugt uns dieser Farbton. Warum orientieren wir uns nicht daran? Abb. 4: Die heutige Kulturlandschaft als vermeintliches Naturvorbild: Löwenzahn (Taraxacum officinale) bringt einen intensiven Farbaspekt in Grünstreifen, Wiesen oder Weinberge. Abb. 5: Warm gelb blühende Tulpen (Tulipa Darwin-Hybride Beauty of Apeldoorn ) bringen Farbaspekte in halbschattige Lagen wie hier im Beispiel Thalwil (Kanton Zürich).
15 14 Ökologische Grundlagen 1.2 Wissenschaftliche Ansätze des Mischpflanzungsprinzips Das Mischpflanzungsprinzip wurde bereits in den 30er-Jahren des vorigen Jahrhunderts bei den ersten Prärierestaurationen, in der Curtis- Prärie im Arboretum der US-amerikanischen Universität von Wisconsin (Madison, USA) auch bei reinen Staudenpflanzungen angewandt. Dabei wurden ab 1934, zwischen 1936 und 1940 sowie von 1950 bis 1957 unter Federführung von Aldo Leopold und später durch John Curtis aus vorhandenen Prärieresten und durch Nachsaaten, Nachpflanzungen und Sodenverpflanzung Präriewiesen rekonstruiert (Dieckelmann und Schuster 2002, Wasowski 2002). Etwas später, ab 1961, wurden durch Ray Schulenberg im Morton Arboretum in Lisle, Illinois, nach dem Prinzip der Mischpflanzung Präriepflanzen ausgebracht. Dabei wurde mit prozentualen Anteilen bestimmter, ökologisch und ästhetisch kompatibler Arten gearbeitet und per Zufall gepflanzt. Schulenberg war einer der ersten, der heimische Pflanzen in künstliche Gemeinschaften nach ökologischen und standörtlichen Kriterien zusammenstellte und andererseits auch ästhetische Belange durch die Verstärkung auffälliger Arten berücksichtigte. Peter Thompson wandte die Mischpflanzungsmethode bei Stauden das erste Mal in Großbritannien an (Thompson 1997). In seinem Buch The Self-Sustaining Garden beschrieb er alternative Wege der kontrollierten Entwicklung. Hierbei handelt es sich um sogenannte Modelle der Selbsterhaltungsmodellformen. Unter natürlichen Bedingungen etablieren sich die Pflanzengemeinschaften dauerhaft, und die Kontrolle durch den Gärtner wird zu einer eher moderierenden Rolle reduziert. Um dies sicherzustellen, ist eine sorgfältige Zusammenstellung der Arten und Sorten notwendig, die sich Flächen gemeinsam teilen müssen. Das Mischpflanzungskonzept wurde von Gärtnern ursprünglich in natürlichen Gehölzpflanzungen verwendet. In seinem Buch The Planting Design Handbook erläuterte Nick Robinson (1998a), wie in Gehölzpflanzungen Mischungen von unterschiedlichen Arten, die gleiche Wachstumsgewohnheiten und -voraussetzungen haben, in zufällig zugeteilten Gruppen gepflanzt werden können. Diese Art der Gruppeneinteilung wurde im Arbeitskreis Gehölzpflanzungen, u. a. von Brahe (Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung, Landschaftsbau 1999) in kurzlebige ( dienende ), begleitende langlebige Gehölze (Sträucher) und in führende Gehölze (Bäume) untergliedert. In einer derartigen Fläche werden kurzlebige Gehölze in hoher Dichte verwendet, um eine schnelle, funktionsfähige Pflanzung zu erhalten. Nach einigen Jahren müssen die dienenden Gehölze den sich langsamer entwickelnden, aber langlebigeren Strauch- und Baumschichtgehölzen infolge von Lichtmangel weichen. Bei derartiger Umsetzung dieses Konzeptes ist ein Pflanzplan nicht notwendig. Diese theoretische Sortimentseintei-
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