Zwischenbericht. Identifikation. Sachverhalt. Ereignisse und Flugverlauf. Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung. Art des Ereignisses:

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1 Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung Zwischenbericht Identifikation Art des Ereignisses: Unfall Datum: 4. August 2012 Ort: Luftfahrzeug: Quakenbrück Segelflugzeug Hersteller / Muster: Alexander Schleicher Segelflugzeugbau / ASK 13 Personenschaden: Sachschaden: Drittschaden: Informationsquelle: Flugschülerin tödlich verletzt Luftfahrzeug zerstört Gebäudeschaden Untersuchung durch Mitarbeiter der BFU Aktenzeichen: BFU 3X Veröffentlicht: Oktober 2012 Sachverhalt Ereignisse und Flugverlauf Um 19:13 Uhr 1 startete die Flugschülerin zu ihrem ersten Alleinflug an der Winde. 1 Alle angegebenen Zeiten, soweit nicht anders bezeichnet, entsprechen Ortszeit

2 Nach Zeugenaussagen verlief der Windenstart ohne Auffälligkeiten. Das Schleppseil wurde in ca. 300 m ausgeklinkt. Der Querabflug sei ebenfalls unauffällig gewesen. Im Gegenanflug wurde beobachtet, wie das Segelflugzeug eine oszillierende Flugbahn einnahm. Der Fluglehrer gab an, dass er die Flugschülerin über Funk angesprochen und Korrekturen zur Steuerung gegeben habe. Die Flugbahn wurde als Pumpbewegung um die Querachse beschrieben, aus der das Segelflugzeug schließlich nahezu senkrecht aufstieg und dann über die Tragfläche abkippte. Zeugen sahen das Segelflugzeug zwischen den Häusern einer Wohnsiedlung verschwinden. Anschließend haben sie ein Aufprallgeräusch wahrgenommen. Die Flugschülerin wurde tödlich verletzt, das Segelflugzeug zerstört. Laut Aussage des Fluglehrers wurde mit der Flugschülerin vor ihrem ersten Alleinflug ein Flug unternommen. Anschließend wurde sie gefragt, ob sie für ihre ersten Alleinflug bereit sei. Die Schülerin habe dies bejaht. Angaben zu Personen Flugschülerin Die 17-jährige Flugschülerin hatte im Rahmen eines Schnupperkurses am ihre Ausbildung zur Segelflugzeugführerin in einem Luftsportverein des Landesverbandes Niedersachsen im Deutschen Aero Club e.v. begonnen. Das Tauglichkeitszeugnis Klasse 2 nach den Regelungen JAR-FCL 3 deutsch wurde am mit der Auflage eine korrigierende Brille zu tragen (VDL) ausgestellt. Die Flugschülerin absolvierte 67 Starts am Doppelsteuer mit einer Gesamtflugzeit von 8:56 Stunden innerhalb von 14 Tagen. Am Unfalltag wurden vier Flüge am Doppelsteuer einer ASK 13 absolviert. Fluglehrer Der 51-jährige Fluglehrer war seit dem im Besitz eines Luftfahrerscheins für Segelflugzeugführer, ausgestellt nach den Richtlinien der ICAO. Als Berechtigungen waren Schleppstart hinter Luftfahrzeugen, Windenstart, Segelflugzeuge mit Hilfsantrieb, TMG und FI (Lehrberechtigung) eingetragen. Die Lehrberechtigung war bis gültig. Das Tauglichkeitszeugnis Klasse 2 nach den Regelungen JAR-FCL 3 deutsch wurde am - 2 -

3 mit der Auflage eine korrigierende Brille zu tragen (VML) ausgestellt und war gültig bis Angaben zum Luftfahrzeug Die ASK 13 ist ein doppelsitziges Schulflugzeug in Gemischtbauweise mit hintereinander angeordneten Sitzen. Die Mitteldeckerkonstruktion verfügt über ein Kreuzleitwerk. Hersteller: Alexander Schleicher KG Muster: ASK 13 Werknummer: Baujahr: 1970 Gesamtflugzeit: Stunden Die letzte Prüfung der Lufttüchtigkeit fand am statt, seitdem wurden 90:44 Stunden geflogen. Das Segelflugzeug war in Deutschland zum Verkehr zugelassen und befand sich in Vereinsbesitz. Meteorologische Informationen Nach Zeugenaussagen herrschten zum Unfallzeitpunkt Sichtflugwetterbedingungen. Es war gering bewölkt und nahezu windstill, die Temperatur betrug 23 C. Funkverkehr Es bestand Funkverbindung mit dem Fluglehrer bzw. der Startstelle. Der Funkverkehr wurde nicht aufgezeichnet. Angaben zum Flugplatz Der Flugplatz Quakenbrück liegt 25 m über Normalnull (ASML) und verfügt über eine 700 m lange Grasbahn mit der Ausrichtung 100 /280. Die Windenschleppstrecke beträgt m. Zum Unfallzeitpunkt war die Bahn 28 in Betrieb. Flugdatenaufzeichnung Der an Bord mitgeführte IGC-Logger des Kollisionswarngerätes lag der BFU zur Auswertung vor

4 Darstellung des Unfallflugweges aus den Loggerdaten Grafik: SeeYou Unfallstelle und Feststellungen am Luftfahrzeug Die Unfallstelle lag ca. 500 m nördlich des Flugplatzes in einem Gewerbe- und Wohngebiet. Die erste Berührung mit einem Reihenhauskomplex fand in 5,5 m Höhe am ersten Haus statt. An der Hauswand waren Farbabriebspuren der Tragfläche. Zwei Meter von der Hauswand entfernt steckten Trümmerteile der linken Tragfläche im Badezimmerfenster. Die zweite Berührung mit der Hausreihe erfolgte in einer Höhe von 4,36 m mit einem Regenfallrohr. Die nächsten Berührungen mit der linken Tragfläche fanden in einer Höhe von 3,60 m im Bereich der Haustür statt. Das Segelflugzeug war ca. 18 m nach der ersten Hindernisberührung auf einer gepflasterten Parkfläche des vierten Hauses im Reihenhauskomplex in Endlage gekommen. Auf der gesamten Strecke befanden sich Trümmerstücke der Tragfläche. Das Wrack befand sich kopfüber mit dem Cockpit in Richtung Hauswand. Der vordere Teil des Rumpfes war bis auf Höhe des Bugrades zerstört. Der hinter der Tragfläche gebrochene Rumpf stand ca. 90 abgeknickt parallel zur Hauswand. Die linke Tragfläche war ca. 1 m vor dem Rumpf abgerissen und in mehrere Teilstücke zerbrochen. Die rechte Tragfläche war im Bereich des Querruders gebrochen. Die Steuerung war funktionsfähig. Es wurden keine technischen Defekte festgestellt

5 Zusätzliche Informationen Die Ausbildung der Schülerin begann als Schnupperkurs. Für den Schnupperkurs galten die Vorgaben des Deutschen Aero Club (DAeC) Landesverband Niedersachsen e.v. (LVN). In den Grundlagen für die Segelflugausbildung des LVN wurde das Verfahren für den Schnupperkurs beschrieben: Jede Person ohne Lizenz, die vom vorderen Sitz mit Fluglehrer fliegt, ist als Flugschüler zu betrachten und dem Ausbildungsbetrieb vor dem ersten Start als Mitglied zu melden. [ ] Ein Tauglichkeitszeugnis muss nach 24 LuftVZO i vor dem 1. Alleinflug vorliegen. Die Ausbildung im Verein erfolgte im Rahmen der Ausbildungsgenehmigung des LVN, die 1967 durch den Niedersächsischen Minister für Wirtschaft und Verkehr erteilt wurde. Für die Aufsicht über den Ausbildungsbetrieb ist die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, Geschäftsbereich Wolfenbüttel, zuständig. Für die Ausbildung innerhalb des Verbandes war der Landesausbildungsleiter verantwortlich, der gleichzeitig Vorsitzender der Segelflugkommission des LVN war. Nach Aussage des Landesausbildungsleiters erfolgte in seiner Amtszeit (3,5 Jahre) keine Überprüfung des Vereinsausbildungsbetriebes durch den LVN. Die Verwaltungsaufgaben waren an die Geschäftsstelle des LVN delegiert. Der Vereinsausbildungsleiter war für die gesamte Ausbildung im Verein verantwortlich. Seine Aufgaben waren unter anderem die Schülerakten zu führen und auf die Einhaltung der gesetzlichen und verbandlichen Bestimmungen zu achten. Die Aufsicht hat der Landesausbildungsleiter LVN. Zu Beginn des Schnupperkurses wurde der Schülerin ein Ausbildungsnachweis übergeben. Dieser enthielt handschriftliche Einträge der Flugschülerin. Vermerke des Fluglehrers bzw. des Ausbildungsleiters über die durchgeführte praktische und theoretische Ausbildung fehlten. In den Ausbildungsrichtlinien des DAeC, Methodik der Segelflugausbildung, sind die Flugübungen zum ersten Alleinflug beschrieben. Danach sind mindestens drei Seilrissübungen durchzuführen. Vor dem ersten Alleinflug muss ein zweiter Fluglehrer zustimmen. Die drei mindestens geforderten Windenschleppstartunterbrechungen (Seilrissübungen) waren nicht dokumentiert. Ebenso war die Zustimmung des zweiten Fluglehrers zum ersten Alleinflug nicht schriftlich fixiert. Von den geforderten drei Seilrissübungen wurde eine in ca. 180 m durchgeführt. Eine weitere wurde nach einem Thermikflug in der Luft simuliert. Laut Aussage der beteiligten Fluglehi Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung - 5 -

6 rer fand eine Demonstration und stationäres Trudeln innerhalb der Ausbildung nicht statt. Die Anflüge aus ungewohnter Position beschränkten sich auf eine Platzrunde im südlichen Teil des Flugplatzes und einen Anflug aus niedriger Positionshöhe. Das Tauglichkeitszeugnis lag dem Ausbildungsleiter und Fluglehrer zum ersten Alleinflug nicht vor. Untersuchungsführer: Knoll Die Untersuchung wird in Übereinstimmung mit der Verordnung (EU) Nr. 996/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über die Untersuchung und Verhütung von Unfällen und Störungen in der Zivilluftfahrt und dem Gesetz über die Untersuchung von Unfällen und Störungen beim Betrieb ziviler Luftfahrzeuge (Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz - FlUUG) vom 26. August 1998 durchgeführt. Danach ist das alleinige Ziel der Untersuchung die Verhütung künftiger Unfälle und Störungen. Die Untersuchung dient nicht der Feststellung des Verschuldens, der Haftung oder von Ansprüchen. Herausgeber Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung Hermann-Blenk-Str Braunschweig Telefon Telefax Mail Internet box@bfu-web.de