Verstärkung orthotroper Stahlfahrbahnplatten mit Hochleistungsbetonen zur Erzielung einer deutlich erhöhten Restlebensdauer
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- Jacob Baumhauer
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1 Verstärkung orthotroper Stahlfahrbahnplatten mit Hochleistungsbetonen zur Erzielung einer deutlich erhöhten Restlebensdauer FFG-Forschungsprojekt Nr September 2013 September 2015 Berichtsverfasser: H. Unterweger, Institut für Stahlbau, TU Graz
2 1 Ausgangslage zum Forschungsprojekt Orthotrope Fahrbahnplatten von schlanken, meist weitgespannten stählernen Straßenbrücken, die in den 1960er Jahren gebaut wurden, weisen gegenüber aktuellen Auslegungsregeln (z.b. Eurocode EN ) Bauelemente mit dünnwandigen Abmessungen auf. Dies betrifft insbesondere die Schlankheit des Deckblechs (b/t Verhältnis, wobei b dem Abstand der Längsrippen und t der Deckblechdicke entspricht) und oft auch eine zu geringe Biegesteifigkeit der einzelnen Längsrippen. Bei Bestandsbrücken liegen im Bereich mit minimaler Deckblechdicke Schlankheiten des Deckblechs bis zu b/t = 36 vor. Entsprechend dem damaligen Bemessungskonzept erfolgte für die orthotrope Platte nur ein Nachweis der statischen Tragsicherheit. Ermüdungsnachweise, insbesondere für das Fahrbahndeck, waren in den nationalen Normenwerken nicht vorgesehen. Bedingt durch den zwischenzeitlich erfolgten deutlichen Anstieg des Schwerverkehrs, sowohl hinsichtlich Frequenz als auch hinsichtlich Gesamtgewicht bzw. Höhe der Achslasten, weisen diese orthotropen Platten Defizite hinsichtlich der Ermüdungstragsicherheit auf, sodass reduzierte rechnerische Restlebensdauern vorliegen. Damit ist die angestrebte Gesamtnutzungsdauer von zumindest 100 Jahren, ohne lokale Verstärkungen des Fahrbahndecks, nicht möglich. In einzelnen europäischen Ländern wurden an orthotropen Fahrbahnplatten bereits Ermüdungsschäden in Form von Rissen festgestellt, die auch lokale Verstärkungen erfordern. 2 Durchführung des Projektes Die Durchführung des Projektes erfolgte an der TU Graz, in einer Kooperation zwischen Institut für Stahlbau (Projektleitung), Institut für Betonbau und dem Labor für konstruktiven Ingenieurbau (LKI). 3 Anforderungen an die Betonverstärkung Restlebensdauer und Gesamtgewicht Die angestrebte Verstärkungslösung sieht den Ersatz des Asphaltbelages durch eine Betonplatte aus Hochleistungsbeton vor. Aus Korrosionsschutzgründen und im Sinne eines duktilen Verhaltens der Verbundfuge ist zwischen Stahldeck und Beton eine Epoxidharzschicht ausgeführt mit Basalteinstreuung (vgl. Bild 2). Eine wesentliche Anforderung im Projekt war, dass nach der Verstärkung durch den Hochleistungsbeton noch eine verbleibende Restlebensdauer von 50 Betriebsjahren für das stählerne Fahrbahndeck vorliegt. Dies erfordert auch die Simulation des Schwerverkehrs in der Vergangenheit, um die rechnerische Ermüdungsvorschädigung zu ermitteln.
3 Als weitere Anforderung bestand die Vorgabe das Eigengewicht des Brückentragwerkes nach der Verstärkung nahezu nicht zu erhöhen. Daher war eine Ausführung ohne obenliegende Abdichtung und Fahrbahnbelag erforderlich, sodass die aufgebrachte Betonplatte unmittelbar befahren wird. 4 Repräsentatives, untersuchtes Brückentragwerk Für die Restlebensdauer des Fahrbahndecks ist nur die lokale Biegetragwirkung relevant, sodass die Mitwirkung der Betonplatte als Teil des Hauptträgerobergurtes in diesem Projekt nicht erfasst wurde. Für die lokale Biegetragwirkung des Fahrbahndecks wurden die Anlageverhältnisse der Praterbrücke in Wien als Grundlage verwendet, die auf andere Brückentragwerke sinngemäß übertragbar sind. Die Schlankheit des Deckbleches wurde zusätzlich variiert. Auch hinsichtlich der Verkehrsbelastung wurde die sehr hohe Schwerverkehrsfrequenz der Praterbrücke zugrunde gelegt, mit 1, LKW s pro Jahr in der höchst beanspruchten Fahrspur. Die Analyse der Restlebensdauer des Fahrbahndecks ergab die zwei wesentlichen Detailpunkte in Bild 1. Detail D1 betrifft die Deckblechbiegung in Brückenquerrichtung, Detail D2 den Anschluss der Längsrippe zur Querrippe. Detail D1: Anschluss Längsrippe an Deckblech Detail D2: Anschluss Längsrippe an Querrippe Bild 1: Maßgebende Detailpunkte am Fahrbahndeck zur Bestimmung der Restlebensdauer
4 5 Wesentliche Projektteile und Ergebnisse Die wesentlichen Projektteile mit ihren Annahmen und Ergebnissen werden nachfolgend, für die sich ergebende Betonplattendicke von 80 mm, kurz genannt: Zusammenstellung zum Stand der Technik für diese Art der Tragwerksverstärkung Hier sind vor allem Pilotprojektanwendungen in den Niederlanden und Japan zu nennen. Restlebensdauerberechnung für das stählerne Fahrbahndeck Auf Basis des Ermüdungslastmodells ELM4 mit fünf verschiedenen Schwerfahrzeugstypen nach EN wurde zuerst die Vorschädigung an den maßgebenden Detailpunkten des stählernen Fahrbahndecks (vgl. Bild 1) ermittelt. Aus der Vorgabe einer weiteren zukünftigen Betriebsführung für zumindest 50 Betriebsjahre konnte dann die Mindestdicke der Betonplatte sowie die Anforderung an deren Biegesteifigkeit abgeleitet werden. Für die Ermittlung der Vorschädigung wurden die Achslasten des Lastmodells ELM4 abgemindert, auf Basis von jüngst durchgeführten Betriebsmessungen. Es zeigte sich rein rechnerisch für beide Detailpunkte ein sehr großer Wert der Vorschädigung, sodass bei der Auslegung der Verstärkung davon ausgegangen werden musste, dass die zukünftige Schädigungswirkung aus dem Betrieb vernachlässigbar klein bleibt. Daher wurde gefordert, dass für die hohen Achslasten des Ermüdungslastmodells ELM2, unter Ansatz eines zusätzlichen dynamischen Faktors von 1,20, aus der Fahrzeugüberfahrt das maximale Spannungsspiel unter dem Schwellwert σ L der Ermüdungsfestigkeit nach EN bleibt. Beanspruchungen in der Betonplatte und Verbundfuge Alle Versuche im Projekt (an Kleinteilproben und im Großversuch) deuten auf eine annähernd starre Verbundfuge (kein Schlupf messbar). Zufolge der Schwerfahrzeugüberfahrten (Lastmodell ELM2) resultieren nur mäßige Zugnormalspannungen von etwa 3 N/mm² in der Betonplatte. Auch infolge Zwängungsbeanspruchungen aus Temperatur sind die Zugnormalspannungen gering, wie eine rechnerische Simulation eines heißen Sommertages mit anschließendem Regenereignis zeigte. Auch die Schubspannungen in der Verbundfuge aus Verkehr und Temperaturzwängen sind sehr gering. Schubsteifigkeit in der Verbundfuge und effektive Biegesteifigkeit der Betonplatte Die Querbiegebeanspruchung des Fahrbahndecks mit Betonverstärkung wurde vereinfacht an Kleinteilproben in Form von 3-Punkt bzw. 5-Punkt Biegeversuchen (Einfeld- bzw. Zweifeldträger) abgebildet. Daraus zeigte sich trotz Epoxidharzzwischenlage eine nahezu starre Verbundfuge. Die rückgerechnete
5 effektive Biegesteifigkeit der Betonplatte ergab sich zu etwa 25 % jener der ungerissenen Betonplatte (E c,eff = 0,25 E c ). Tragverhalten im Großversuch Das Tragverhalten des verstärkten Fahrbahndecks wurde auch in einem Großversuch detailliert analysiert (s. Bild 2). Der entwickelte UHPC-Beton weist eine Zylinderdruckfestigkeit von 150 N/mm² und einen E-Modul von E c = N/mm² auf. Als Bewehrung weist die 80 mm dicke Betonplatte eine mittige konventionelle Bewehrung (orthogonal, jeweils ø 8, e = 50 mm) auf sowie PVA-Fasern im Ausmaß von 2 % des Volumens. Die vertikale Belastung entsprach dabei der Auswirkung von zwei Achsen, wobei alternativ eine Einzelrad- und eine Doppelradbelastung untersucht wurden. Das Belastungsniveau wurde kontinuierlich gesteigert, um den negativen Effekt von überladenen Schwerfahrzeugen zu simulieren. Bis weit über das Belastungsniveaus des Lastmodells ELM2 wurden keinerlei Risse festgestellt. Erst nach Simulation einer extremen Zwängungsbeanspruchung (Lagerung des Großversuchskörpers an einem heißen Sommertag im Freien mit anschließender Berieselung mit kaltem Wasser), wurden bei neuerlicher Belastung Risse festgestellt. Gegenüber der Ausbildung ohne Verstärkung (nur Asphaltbelag) konnten folgende Reduktionsfaktoren der Dehnungen am Stahldeck durch die Betonverstärkung erreicht werden; - Detail D1; Doppelradbelastung: Reduktionsfaktor f ε = ε vvvvvärrr = 0,11 bzw. 0,18 (vor ε uuuuuuuärrr bzw. nach der Zwängungsbeanspruchung) - Detail D2; Doppelradbelastung: f ε = 0,20 bzw. 0,24 (vor bzw. nach der Zwängungsbeanspruchung) Bild 2: Großversuch zum Tragverhalten mit Betonverstärkung
6 6 Gesamtergebnis Die numerischen Untersuchungen sowie der Großversuch bestätigen das hohe Potential einer Betonplattenverstärkung zur Verlängerung der Betriebsdauer um zumindest 50 Jahre, auch bei vollständiger rechnerischer Ermüdungsschädigung zum Zeitpunkt der Verstärkung. Die Wirksamkeit der Betonplattenverstärkung ist nicht nur für die Deckblechbiegung in Brückenquerrichtung, sondern auch für das Detail des Anschlusses zwischen Längs- und Querrippe gegeben. Die erfreulichen Ergebnisse dieses Forschungsprojektes geben Anlass dazu, die erarbeitete Verstärkungslösung im Zuge einer Pilotprojektanwendung praktisch umzusetzen. Dieses Vorhaben soll wissenschaftlich begleitet werden, um die noch offenen Fragen, wie beispielsweise die Einflüsse der globalen Tragwirkung, die Verifizierung der Restlebensdauer unter Betriebsbedingungen sowie die ausreichende Dauerhaftigkeit und Oberflächengriffigkeit zu beantworten. Danksagung Die Projektpartner an der TU Graz (Prof. Unterweger Stahlbau; Prof. Tue Betonbau; Dozent Freytag LKI) bedanken sich für die gute Zusammenarbeit mit den Fördergebern FFG und ASFINAG, insbesondere mit den Projektverantwortlichen bei der ASFINAG Herrn Dr. Pilch und DI Kleiser.
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