Tätigkeitsbericht 2010 des Bundeskartellanwaltes
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- Teresa Peters
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1 REPUBLIK ÖSTERREICH BUNDESKARTELLANWALT Tätigkeitsbericht 2010 des Bundeskartellanwaltes 1. Überblick Beim Bundeskartellanwalt (BKAnw) sind im Jahr 2010 insgesamt 336 (2009: 310) neue Verfahren angefallen. Das Schwergewicht lag in der Fusionskontrolle: Bei 235 (2009: 213) Zusammenschlussanmeldungen wurde in sechs Fällen die Prüfung des Zusammenschlusses durch das Kartellgericht (KG) beantragt. In 44 Fällen wurde auf die Stellung eines Prüfungsantrages verzichtet. Der BKAnw hat darüber hinaus in verschiedensten Verfahren rund 20 begründete Stellungnahmen, Rechtsmittelbeantwortungen etc. erstattet und die überwiegende Zahl der kartellgerichtlichen Verfahren begleitet. Im Jahr 2010 wurden an den BKAnw 20 Anfragen beziehungsweise Beschwerden gerichtet, die auch entsprechend behandelt wurden. Als sehr arbeitsaufwändig erwiesen sich wiederum im Rahmen der Verbraucherbehördenkooperation verschiedene Durchsetzungsersuchen an Behörden anderer Mitgliedstaaten, beispielsweise zum Komplex Werbefahrten. Nachstehend sollen einige wichtige, vom BKAnw initiierte bzw. mitinitiierte Verfahren näher dargestellt werden. 2. Zusammenschlusskontrolle 2.1 Berglandmilch/ Tirol Milch 1 Am wurde die Einbringung der Tirol Milch reg.gen.m.b.h ("Tirol Milch ) in die Berglandmilch egen. ( Berglandmilch ) gegen Gewährung von Geschäftsanteilen als Zusammenschluss angemeldet. Sowohl der BKAnw als auch die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) stellten einen Prüfungsantrag. Wie auch im Verfahren Berglandmilch/Landfrisch 2 lag das Hauptaugenmerk des BKAnw auf dem Markt für die Erfassung von Rohmilch. Ginge man von einem gesamtösterreichischen Erfassungsmarkt aus, so stiege durch den Zusammenschluss der Marktanteil der Berglandmilch bei Rohmilch von rund 30% auf knapp unter 40%. Zur Erfassung von Wettbewerbsproblemen auf der lokalen Ebene stellte der 1 2 BWB/Z 1314; KG , 29 Kt 42,43/10 (Auflagenbeschluss) BWB/Z Landfrisch Molkerei reg.gen.m.b.h/ Berglandmilch reg.gen.m.b.h (ab Berglandmilch egen); siehe auch den Jahresbericht des BKAnw 2009 Seite 1
2 BKAnw ein Amtshilfeersuchen an die Agrarmarkt Austria (AMA). Während in den meisten Bezirken den Milchbauern ein oder maximal zwei Abnehmer mit entsprechend hohen Marktanteilen gegenüberstehen, gibt es einzelne Bezirke, in denen Milchproduzenten zwischen sechs bis acht Molkereien und Liefergemeinschaften wählen können. Letztendlich käme es bei einem Erfassungsradius von etwa 150 bis 200 km für milcherfassende Betriebe (Molkereien etc.) aufgrund der Standorte Feldkirchen 3 und Klagenfurt (Berglandmilch) und Wörgl (Tirol Milch) doch zu erheblichen Marktüberschneidungen. Als Markteintritts- bzw. austrittsbarriere musste das Verhalten von Berglandmilch, Rohmilch nahezu ausschließlich von Genossenschaftern zu beziehen, gesehen werden. Deshalb wurden in zahlreichen intensiven Gesprächsrunden mit den Zusammenschlusswerbern die wettbewerblichen Probleme diskutiert und ein umfassendes Auflagenpaket verhandelt. Im Rahmen einer Tagsatzung verkündete der Vorsitzende des zuständigen Kartellsenates am den Beschluss, dass der Zusammenschluss unter der Vorraussetzung der Erfüllung eines umfassenden Auflagenkataloges 4 nicht untersagt werde. Hinsichtlich des Rohmilchmarktes umfasst das Paket die Abnahme von 20 Mio kg Rohmilch von (nicht mit den Zusammenschlusswerbern verbundenen) Tiroler Milchbauern und 12,6 Mio Rohmilch von oberösterreichschen Milchbauern (davon jeweils rund 10% Bio-Rohmilch) zu bestimmten indexierten Preisen. Verschiedene Marktteilnehmer bestätigten im Rahmen eines Market-Tests die Wirksamkeit der Auflagen. 2.2 Strabag/Colas 5 Diese Zusammenschlussanmeldung (vom ) betraf den kleinen, bereits jetzt sehr konzentrierten Markt für Bitumenemulsionen, die vor allem im Straßenbau vor Aufbringung einer Asphaltschichte als Klebstoff zu den tieferliegenden Schichten aufgebracht werden. Der Baukonzern Strabag SE (weltweiter Gesamtumsatz im Jahr ,552 Mrd Euro; Bauleistung ,021 Mrd), der im sachlich relevanten Markt für Bitumenemulsionsprodukte für den Straßenbau über das Konzernunternehmen Bitunova sowie über deren 24,9%-ige Beteiligung an der Vianova Bitumenemulsionen GmbH (Vianova) tätig ist, beabsichtigte den Kauf der Colas GmbH (Colas). Colas, eine Tochtergesellschaft des auf Straßenbau spezialisierten Baukonzerns Colas S.A. mit Sitz in Frankreich und etwa 12 Mrd Euro weltweitem Umsatz, ist ein Anbieter einer umfassenden Produktpalette aus Bitumenemulsionen und bringt als Dienstleister auch diese Speziallösungen als Subvertragsnehmer direkt auf. Colas gilt neben Vianova als der unabhängige Marktführer in Österreich. Der gemeinsame Marktanteil von Bitunova und Colas wurde von Dritten mit über 50% eingeschätzt. Als unmittelbare Auswirkung des Zusammenschlusses wurde von den Kunden das Ausscheiden eines wesentlichen Wettbewerbers mit anschließendem Anstieg des Preisniveaus gesehen. Daneben hätte der Zusammenschluss auf sehr kleinen Spezialmärkten zu einem Monopol geführt. Auch die gesetzliche Oligopolvermutung (Marktanteil der größten vier Unternehmen über 80%) war jedenfalls erfüllt bei Mattighofen/OÖ Siehe auflagenzusammenschlussberglandmilch.pdf KG (Einstellungsbeschluss), 27 Kt 16,17/10 (BWB/Z-1163) Seite 2
3 Sowohl BKAnw als auch BWB stellten jeweils unterschiedliche Prüfungsanträge. Am zogen die Anmelder die Zusammenschlussanmeldung zurück und gaben dieses Zusammenschlussvorhaben auf. Mangels Grundlage zogen auch die Amtsparteien ihre Prüfungsanträge zurück, das kartellgerichtliche Verfahren wurde daraufhin eingestellt. 2.3 Strabag/Lafarge (Nostra Zement) 6 Am meldeten Strabag SE (Strabag) und Lafarge Perlmooser GmbH (LPG) die Gründung der "Lafarge Zement CE Holding GmbH" als Zusammenschluss an, in welche (i) Lafarge, ihre Zementwerke in Österreich, Tschechien und Slowenien und (ii) Strabag ihr gerade in Fertigstellung befindliches Zementwerk in Ungarn ("Nostra Cement") einbringen sollen. An der Gesellschaft soll Lafarge 70 % der Anteile und Stimmrechte halten, Strabag 30%, weshalb die Zusammenschlusswerber alleinige Kontrolle durch Lafarge behaupteten. Tatsächlich war der Zusammenschluss aufgrund der Kontroll-Konstruktion nicht bei der Europäischen Kommission anmeldebedürftig. Der BKAnw stellte einen Prüfungsantrag, der unter anderem auf folgenden Überlegungen beruhte: i) Das Werk Nostra Zement von Strabag, das rund 160 km Luftline von der österr. Staatsgrenze und 280 km Luftlinie von Wien entfernt ist, wurde in Medien zunächst als neuer unabhängiger Wettbewerber 7 tituliert. ii) Durch das Gemeinschaftsunternehmen wird nach Ansicht des BKAnw LPG seine ohnehin bereits starke Stellung auf dem Markt für Grauzement in Ostösterreich verstärken, da der Zement, den Strabag-Transportbetonwerke gegenwärtig von Dritten beziehen, hinkünftig (zumindest großteils) von LPG bezogen werden wird. iii) Zieht man die ursprünglich für 2010 geplante Inbetriebnahme des Zementwerkes Nostra Zement in die Überlegung ein, so würde ohne den gegenständlichen Zusammenschluss - hingegen die marktbeherrschende Position von LPG gegenüber dem Status quo deutlich geschwächt werden, da Strabag hinkünftig den Zement für eigenen Bedarf (zumindest teilweise) durch das eigene Werk decken wird und dadurch bedeutende Kapazitäten der übrigen Zementwerke frei werden. iv) Im Vergleich zur Inbetriebnahme des Zementwerkes Nostra Zement ergibt sich folglich durch Gründung des Gemeinschaftsunternehmens eine deutliche Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung von LPG. Während der laufenden Prüfung des Zusammenschlusses verkündete die Europäische Kommission in einer Pressemitteilung 8, dass auch der österreichische Zementmarkt Gegenstand einer laufenden Untersuchung ist. Das KG bestellte einen Gutachter, der in einem Zwischenbericht von einem räumlich relevanten Markt von unter 200 km ausging und daher keine wesentlichen wettbewerblichen KG (Einstellungsbeschluss), 27 Kt 39/10 15, 19/10; (BWB/Z-1269 Strabag SE; Lafarge Cement CE Holding GmbH; Nostra Cement) Vgl. zb Wirtschaftsblatt , Strabag legt sich mit der Zementlobby an EK , IP/10/1696 ( Kommission leitet Kartellverfahren gegen mehrere Zementhersteller ein ) Seite 3
4 Auswirkungen auf österreichische Märkte erkennen konnte. Die deutsche Zementkartell- Entscheidung 9 ging allerdings von einem räumlichen Markt von jedenfalls 250 km aus. Da aufgrund des rigiden Fristenregimes des kartellgerichtlichen Prüfungsverfahrens eine vertiefte wettbewerbsökonomische Auseinandersetzung mit den gutachterlichen Thesen im Rahmen des Gerichtsverfahrens nicht erfolgversprechend erschien, zog der BKAnw seinen Prüfungsantrag noch vor dem finalen Gutachten und einer materiellen Entscheidung des KG zurück. 2.4 Imerys (Mircal Brésil)/ Pará Pigmentos S.A (PPSA/Trokarah) 10 Das sehr aufwändige Verfahren betraf den europaweiten 11 Markt für Kaolin, einem wichtigen Farbstoff für viele Papierarten. Imerys ist nach eigenen Angaben weltweite Nummer eins bei Kaolin-Pigmenten und weltweite Nummer zwei bei GCC, einem Substitut für Kaolin. Pará Pigmentos S.A (PPSA) baut ein qualitativ sehr hochwertiges Kaolinvorkommen in Brasilien ab, verarbeitet und verschifft dieses weltweit. PPSA sollte zur Gänze von Imerys/Mircal erworben werden. In einer informellen Befragung wurden von verschiedenen Dritten Befürchtungen hinsichtlich erwarteter Preissteigerungen und einer bedeutenden Verengung des Marktes geäußert. Sowohl BKAnw als auch BWB stellten Prüfungsanträge. Die Anmelderin bemühte verschiedenste Argumentationslinien, neben jener einer behaupteten Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen bis hin zu einem angeblich völkerrechtlich nicht vertretbaren Eingriff infolge einer etwaigen Untersagung des Zusammenschlusses. Kurz nachdem das KG nach intensiven Gesprächen der Anmelderin mit den Amtsparteien - einen Gutachter bestellt hatte, zog die Anmelderin die Anmeldung mit der Argumentation zurück, dass nach neuerlicher Durchrechnung des Jahresumsatzes sowie einer Änderung der Beteiligungsverhältnisse der Zusammenschluss in Österreich nicht mehr anmeldepflichtig wäre. Daraufhin zogen die Amtsparteien unter ausdrücklichem Hinweis auf die Bestimmungen zum Durchführungsverbot von Zusammenschlüssen ihre Prüfungsanträge ebenfalls zurück. 2.5 Kauf von Insolvenzmasse als Zusammenschluss (Weyland / Masseverwaltung Blumenfeld Holzhandel 12, Frischeis/Lagerbestand Masse Blumenfeld Holzhandel 13 ) Über die Blumenfeld Holzhandel GmbH Wien (Blumenfeld) war am der Konkurs eröffnet worden. In weiterer Folge beschäftigten drei Verfahren das KG und die Amtsparteien: Zwei Fusionskontrollverfahren, nämlich a) der Erwerb wesentlicher Teile der Blumenfeld-Masse durch den Holzhändler Weyland GmbH (Weyland), b) der Erwerb des Holzlagers aus der Masse durch die ebenfalls im Holzhandel tätige Frischeis-Gruppe (Frischeis) sowie c) ein von Weyland gegen Frischeis angestrengtes kartellgerichtliches Oberlandesgericht Düsseldorf , VI-2a Kart 2-6/08 OWi KG , Kt 9,10/10 (BWB/Z-1121) Aufgrund der geringen Größe des Zielunternehmens fiel der Zusammenschluss nicht unter die Europäische Fusionskontrollverordnung KG (Einstellungsbeschluss), 25 Kt 15, 19/10 KG , 25 K t23,24/10 (Zurückweisungsbeschluss) Seite 4
5 Verfahren wegen u.a. behaupteten Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung (dazu unten 3.1). a) Am meldete Weyland den Erwerb von Assets der im Konkurs befindlichen Blumenfeld als Zusammenschluss bei der BWB an. Da zum Zeitpunkt der Anmeldung der Umfang des Zusammenschlussvorhabens nicht bestimmt war, bzw. es gar nicht absehbar war, ob der Gläubigerausschluss den Zuschlag erteilen würde, stellten die Amtsparteien Prüfungsanträge und beantragten die Zurückweisung der Anmeldung. Nach Abschluss der Kaufverträge wurden diese zurückgezogen. b) Die Frischeis-Gruppe meldete ihrerseits am den Erwerb des Blumenfeld- Lagerbestands, also der Handelsware, aus der Konkursmasse als Zusammenschluss an. BKAnw und BWB stellten jeweils einen Prüfungsantrag. Die Anmeldung des Erwerbs des Warenlagers als Zusammenschluss wurde vom KG zurückgewiesen. Einerseits ergab das Ermittlungsverfahren, dass ein entsprechendes Warenlager kurzfristig beschafft werden kann, andererseits war der Wert des Warenlagers auf rund 2,7 Mio Euro, d.h. deutlich unter den Schwellenwert von 5 Mio Euro, gesunken. Da letztendlich die Grundlage für das Prüfungsverfahren weggefallen war, zog auch der BKAnw seinen Prüfungsantrag zurück. 3. Kartell- und Marktmachtmissbrauchsverfahren 3.1 Kartellrechtliche Unternehmenseigenschaft der Masse (Frischeis/Masseverwaltung Blumenfeld Holzhandel 14 ) Im Verfahren Weyland/Blumenfeld sah sich der BKAnw veranlasst, eine grundlegende Klärung der kartellrechtlichen Beurteilung der Konkursmasse durch einen Rekurs herbeiführen zu lassen: Wie bereits oben unter 2.5 erläutert, stellte Weyland zunächst Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wegen behaupteter Kartellabsprachen und Marktmachtmissbrauchs gegen Frischeis und die Blumenfeld-Masseverwalterin, da nach Ansicht Weylands durch den Kauf des Lagerbestandes und der mit seiner Auflösung verbundenen Tätigkeiten die Standorte von Blumenfeld derart blockiert werden würden, dass Blumenfeld vollkommen aus dem Markt ausscheide und diese Marktanteile auf die behauptet - marktbeherrschende Frischeis-Gruppe übergehen würden. Dies wurde von Frischeis bestritten. Das KG wies den Sicherungsantrag a limine ab, da es für eine unternehmerische Tätigkeit der Gemeinschuldnerin keinen Anhaltspunkt gebe: Die Gemeinschuldnerin selbst werde nach Veräußerung ihres gesamten Umlauf- und Anlagevermögens nicht in der Lage sein, in naher Zukunft ihre unternehmerische Tätigkeit fortzusetzen. Gegen diese Argumentation richtete sich ein ausführlicher Rekurs des BKAnw. Der OGH als Kartellobergericht (KOG) 15 folgte nicht der verallgemeinernden Argumentation des KG, dass nach Schließung des Unternehmens der Gemeinschulderin diese kein Unternehmen mehr betreibe. Nach Ansicht des KOG hat weder die Eröffnung des KG , 25 Kt 20, 21/10 Siehe OGH als KOG , 16 Ok 6/10: Die Entscheidung des OGH als KOG bejahte ausdrücklich die Zulässigkeit des Rekurses des BKAnw, die sich gegen die Entscheidung selbst richtete, obwohl er inhaltlich sich vor allem gegen die Verneinung der Unternehmenseigenschaft der Masse richtete. Seite 5
6 Insolvenzverfahrens als solches noch die im Zuge des Insolvenzverfahrens angeordnete Schließung des Unternehmens für sich genommen bereits den Wegfall der Unternehmenseigenschaft zur Folge. Entscheidend ist der Zweck des Kartellrechts, also die Wahrung und Förderung des Wettbewerbs. Der Erwerb selbst von Assets stillgelegter Unternehmen(steile) unterliegt jedenfalls dem Kartellrecht, wenn damit der Übergang betriebsbezogener Marktanteile verbunden ist. Da es sich bei dem Warenlager jedoch großteils um problemlos kurzfristig beschaffbare Rohstoffe handelte, verneinte jedoch das KOG das Vorliegen einer ins Gewicht fallenden Markteintrittsbarriere und somit eines unzulässigen Kartells. Hinsichtlich des behaupteten Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung führte das KOG aus, dass entgegen den Bestimmungen zu den spezielleren Regeln zur Zusammenschlusskontrolle (und dem damit verbunden Antragsmonopol der Amtsparteien) der Erwerb von Unternehmensteilen generell nicht der Missbrauchskontrolle unterliegt. Ein Verstoß gegen das Missbrauchsverbot käme nur dann in Betracht, wenn neben der Verstärkung der Marktposition des Unternehmens wesentliche weitere Umstände hinzutreten würden, wie etwa eine faktische Ausschaltung des Restwettbewerbes. 3.2 Zeitschriftenpreise Im Verfahren Zeitschriftenpreise 16, in dem wie im Vorjahresbericht dargelegt das KOG sich der Ansicht des BKAnw (und der BWB) angeschlossen hatte, dass eine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne des Art 101 Abs 1 AEUV vorliege, wurde nunmehr das Verfahren hinsichtlich des möglichen Vorliegens von Freistellungsgründen nach Art 101 Abs 3 AEUV weitergeführt. 4. Sonstiges Schutz von Kartell-Kronzeugen im Strafverfahren ( 209b StPO) Mit dem Strafrechtlichen Kompetenzpaket 17 wurde neben Bestimmungen betreffend allgemeine Kronzeugen im Strafverfahren auch 209b StPO für Mitarbeiter eines Kartell- Kronzeugen-Unternehmens eingeführt. 209b StPO bestimmt, dass die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen Mitarbeiter eines Unternehmens, das als Kartell- Kronzeuge auftritt, einzustellen hat, wenn der BKAnw diese davon verständigt, dass es im Hinblick auf den Beitrag zur Aufklärung einer Zuwiderhandlung unverhältnismäßig wäre, die Mitarbeiter eines an einer Kartellabsprache beteiligten Unternehmens wegen einer durch eine solche Zuwiderhandlung begangenen Straftat zu verfolgen OGH als KOG , 16 Ok 6/09; , 16 Ok 10/09; (KG , 26 Kt 17, 18, 27, 28/07) BGBl I Nr 108/2010 Seite 6
7 5. Verbraucherbehörden-Kooperation Das Schwergewicht in der Verbraucherbehörden-Kooperation lag im Jahr 2010 in der Bekämpfung von Werbefahrten. Die gestellten Durchsetzungsersuchen betrafen grenzüberschreitend organisierte Werbefahrten, wobei Kunden im Rahmen einer Autobusfahrt Reisen, Gesundheitsprodukte etc zu überhöhten Preisen verkauft wurden, jedoch wesentliche Bestimmungen des Zivil- und Verbraucherrechts außer Acht gelassen wurden. Die in Österreich "Werbefahrten" (in Deutschland "Kaffeefahrten") genannten Veranstaltungen, für die oft auch mit falschen Gewinnversprechen geworben wird, haben insgesamt eine bei Weitem unterschätzte wirtschaftliche Bedeutung. In Österreich gibt es vorsichtigen Schätzungen zufolge jährlich mehr als betroffene Konsumenten bei insgesamt mehr als 50 Mio Euro Branchenumsatz. Die Präsentatoren sind exzellent geschult und arbeiten mit vielen Tricks, der berechtigte Rücktritt vom Vertrag erweist sich in vielen Fällen als praktisch nicht möglich. Daneben betrafen verschiedene Verfahren einen österreichschen Vertrieb von Nahrungsergänzungsmitteln im Fernabsatz sowie Unternehmen, die im Online-Vertrieb von Veranstaltungskarten tätig sind. Seite 7
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