Vortrag beim Christustag am 15. Juni 2017 in Schwäbisch Gmünd
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- Philipp Fromm
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1 61. Ludwig-Hofacker-Konferenz Vortrag beim Christustag am 15. Juni 2017 in Schwäbisch Gmünd CHRISTUS TAG Jesus neu sehen Johannes 1,35-51 Anatoli Uschomirski, EDI, Leinfelden Für mich als Jude, heißt Jesus neu zu sehen, Jesus als Juden zu sehen. Jesus wurde als König der Juden und als Sohn Gottes gekreuzigt. Als Sohn Gottes ist Jesus schon seit langem präsent in unseren Kirchen und Gemeinden. Als König der Juden ist er den meisten Christen unbekannt. Warum ist es für uns überhaupt wichtig, Jesus als Juden kennen zu lernen? Viele haben Angst, dass Jesus dadurch seine Einzigartigkeit verliert. Dass ein jüdischer Jesus am Ende weniger christlich ist. Zunächst müssen wir feststellen: Gott wirkt nicht an Raum, Zeit und Kultur vorbei. Es war Gottes Plan und seine Entscheidung, dass Jesus als Jude geboren wurde und aufgewachsen ist und als Jude starb. Übrigens, auferstanden ist er auch als Jude. Wissen Sie, warum? Weil auch die Auferstehung ein durchweg jüdisches Konzept ist. Das 1. Kapitel des Johannesevangeliums ist voll von hebräischen Begriffen, die nur im Rahmen des Judentums verstanden werden können. Im V.36 nennt Johannes Jesus nicht Heiland, Erlöser oder Retter, sondern gibt ihm einen Titel, der eindeutig auf die Erfüllung des Passahfestes hinweist: Gottes Lamm! Das kann man nur dann verstehen, wenn man die Geschichte des Auszugs aus Ägypten vor Augen hat. Johannes identifiziert Jesus mit dem wichtigsten Opfertier, das im Tempel besonders für ein Sündopfer benutzt wurde, weil er es ist, der die Sünde der Welt fortnimmt. Das Bild des Lammes weist auf eine andere wichtige Prophetie, in der der Messias als der leidende Gottesknecht dargestellt wird. (Jes.53) Und das war der Grund, warum die beiden Jünger von Johannes Jesus plötzlich nachfolgen und etwas von ihm lernen wollen. Dann lesen wir, dass sie Jesus als Rabbi (Lehrer!) ansprechen. Das Lernen sieht im Judentum und in der hellenistischen Tradition ganz unterschiedlich aus. Das Lernen bei uns Westeuropäern ist eine akademische Wissensvermittlung. Im Judentum bedeutet es: Der Rabbi verbringt viel Zeit mit seinen Jüngern. Sie wohnen zusammen und die Jünger lernen nicht nur den Lehrstoff, sondern vor allem den Lebensstil des Meisters. Deswegen sagt Jesus: Kommt und seht! und sie gehen zu ihm nach Hause. Im V.41. sagt Andreas zu seinem Bruder: Wir haben den Messias gefunden, das heißt übersetzt: der Gesalbte. Seite 1 von 5
2 Der Messias Maschiach ist wieder ein durchweg jüdischer Begriff! Nur im biblischen Israel wurden Könige, Priester und Propheten für ihren Dienst für den Allmächtigen Gott mit dem besten Olivenöl gesalbt! Die Griechen und die Römer hätten mit diesem Begriff nichts anfangen können. Und deswegen übersetzt Johannes, er schreibt ja für Nichtjuden, den Begriff: der Gesalbte! Wieder ein Titel, der nur vom Judentum her verstanden werden kann. Und dann sagt Philippus im V.45 zu Nathanael: Wir haben den gefunden, von dem Mose im Gesetz und die Propheten geschrieben haben. Es ist für uns wichtig, dass Jesus und die Aposteln kein NT hatten. Mose und die Propheten, - das ist ein Fachbegriff für TeNaCH. Thora - Newiim - Ketuwim, - Die hebräische Bibel! Und das war für sie genug, um Jesus als Messias zu erkennen. Und dies ist auch eine Facette davon, wie man Jesus neu sehen kann, - so wie ihn seine ersten Jünger gesehen haben, - von der hebräischen Bibel her! Kennen wir das s.g. AT gut genug, um Jesus dort zu sehen? Die Aussage des Philippus vermittelt uns einen sehr wichtigen Gedanken: Ohne Thora und die Propheten ist Jesus von Nazareth nicht erkennbar! Als Nathanael erfahren hat, dass Jesus aus Nazareth kommt, drückt er seine Zweifel aus: Was kann aus Nazareth Gutes kommen? Die Stadt Nazareth war zurzeit Jesu ein kleines Dorf mit maximal 200 Bewohnern. Sechs km entfernt gab es den großen griechischen Städteverband Sepforis (modern Zippori), als administrative Hauptstadt von Galiläa. Aus dem kleinen unbedeutenden Nazareth erwartete man keinen Messias. Dieser Satz hat aber noch einen durchaus jüdischen Hintergrund. Und der hat mit den Erwartungen an den Messias zu tun. Was wäre die erste christliche Anfrage an den Messias: Was hat er für uns getan? Die Antwort: Er ist für meine Sünden gestorben. Die erste jüdische Anfrage an den Messias wäre: Wer ist er? Woher kommt er? Und deswegen zeichnet Matthäus am Anfang seines Evangeliums die Abstammung des Messias auf. Johannes stellt uns die Jünger paarweise vor: Andreas und Schimon Petrus, Philippus und Nathanael. Das ist wieder kein Zufall! Im Judentum gab es das Gesetz, das nur zwei Zeugen etwas bestätigen können. Und jetzt kommen wir zu einer der wichtigsten Bibelstellen, die ein Bekenntnis, bzw. eine Erkenntnis beinhalten. Als Nathanael Jesus persönlich begegnet, sagt Jesus: Siehe, ein rechter Israelit, in dem kein Falsch ist. Damit bestätigt Jesus Nathanael, dass er ihn unter dem Feigenbaum gesehen hat. Was Nathanael dort gemacht hat und wieso Jesus diese Schlussfolgerung gezogen hat, wissen wir nicht! Aber die Worte Jesu haben Nathanael (übrigens bedeutet sein Name: Gott hat gegeben!) zu einer tiefen Erkenntnis geführt und daraus erwächst das Bekenntnis: Seite 2 von 5
3 Rabbi, du bist Gottes Sohn, du bist der König von Israel! Zurzeit Jesu wurde derjenige als Sohn Gottes bezeichnet, der kraft seiner besonderen göttlichen Erwählung in einem so engen, auf Liebe und Gehorsam beruhenden Verhältnis zu Gott steht, wie ein Sohn zu seinem Vater. Die hebräische Bibel bezeichnet als Sohn Gottes: zum einen einen besonders gerechten Menschen, einen Zaddik (Zedaka Gerechtigkeit!), zum anderen das ganze Volk (Hos. 11,1), meist aber den König Israels (2 Sam 7,14 ). Von daher ist es kein Zufall, dass die Bezeichnung Gottes Sohn hier in Zusammenhang mit dem Titel steht: König von Israel. Hochinteressant ist aber auch der andere messianische Titel: Menschensohn, der im gleichen Text im V.51 steht. An dieser Stelle möchte ich Ulrich Parzany zitieren: Der Menschensohn, das ist nach Daniel 7 der Richter dieser Welt. Das wissen viele Christen in Deutschland nicht. Das Elend der Christenheit in diesem Land ist, dass sie das Alte Testament nicht kennen. 80 Mal in den Evangelien nennt Jesus sich selber den Menschensohn. Und die meisten Christen verstehen das als Menschenkind, eine altertümliche Ausdrucksweise für Mensch. Eine Niedrigkeitsaussage im Gegensatz zu dem Begriff Gottes Sohn, der die Hoheit Jesu beschreibt. Dabei ist Menschensohn der höchste Würdetitel, der für Jesus überhaupt in der Bibel gebraucht wird. In Daniel 7,13 in der Vision vom Weltgericht lesen wir: Ich sah einen kommen wie eines Menschensohn mit den Wolken des Himmels. Dem gibt Gott die ewige Weltherrschaft und damit das Weltgericht. Jeder Jude verstand das natürlich und wenn man die Evangelien liest, dann spürt man, dass es immer Aufruhr gibt, wenn Jesus sich so nennt. Sie sagen, das ist Gotteslästerung. Deshalb wird Jesus zum Schluss vor dem Hohenpriester zum Tode verurteilt. Er sagt: Ihr werdet den Menschensohn sitzen sehen zur Rechten der Kraft Gottes. Messias zu sein, ist schon schlimm genug, aber dass er sogar beansprucht, der Menschensohn zu sein, der die Vollmacht hat, Sünden zu vergeben, obwohl nur Gott Sünden vergeben kann, das regt auf. Und die Spitze ist in dem Wort in Markus 10,45 zu finden: Der Menschensohn ist gekommen, nicht um sich dienen zu lassen. Wer sonst hätte das verdient, als er, der Weltherr und Weltrichter ist. Er ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen. Hier steht das gleiche Wort, das Paulus auch im Römerbrief verwendet. Christus ist ein diakonos, ein Diener der Juden geworden. König von Israel und König der Juden sind Synonyme! Als Jesus geboren wurde, begegnet uns gleich die Frage: Wo ist der neugeborene König der Juden? (Mt. 2,2). Und bei der Kreuzigung wurde eine Tafel über seinem Haupt angebracht, auf der auf seine Schuld hingewiesen wurde, nämlich: Dies ist Jesus, der Juden König. Von seiner Geburt bis zu seinem Tod war Jesus nicht von seinem Volk zu trennen! Manche Juden wollten damals, aber auch bis heute, Jesus als ihren König nicht anerkennen. Andererseits haben Christen jahrhundertelang Jesus als König gewollt, sein Volk jedoch abgelehnt! Seite 3 von 5
4 Das geht nicht! Lasst uns an dem Bekenntnis der Ruth festhalten: Dein Volk ist mein Volk, Dein Gott ist mein Gott! Wie können wir Jesus neu sehen? Ein wichtiger Aspekt davon ist: Ein König braucht ein Königreich! 40 Tage verbringt der auferstandene Herr mit seinen Jüngern und lehrt sie über das Reich Gottes! (Apg.1:3) Und sie stellen ihm eine sehr wichtige Frage: V.6. Herr, wirst du in dieser Zeit wieder aufrichten das Reich für Israel? (Apg.1:6) Offensichtlich haben die Apostel gewusst, dass die Wiederherstellung des Reiches und die Wiederherstellung Israels ein und dasselbe ist! Das ist ein sehr wichtiger Gedanke, denn er widerlegt die ganze Ersatzlehre, nach der die Gemeinde das neue bzw. das geistliche Israel sei, das die Juden als Gottesvolk abgelöst habe. Diese verrückte Idee diente Jahrhunderte lang als Rechtfertigung für viele antijüdische und antisemitische Handlungen innerhalb der Kirche. Auch diente sie als Argumentation für die These: Die gegenwärtige Sammlung des jüdischen Volkes im Land Israel sei ohne jede heilsgeschichtliche Bedeutung. Wenn das wirklich so wäre, dann hätte Jesus an dieser Stelle seinen Jüngern eine entsprechende Moralpredigt über dumme Fragen gehalten. Es ist hochinteressant, was Jesus auf die Frage antwortet. Der Vater hat die Zeiten und Fristen dafür selbst bestimmt. Ihr müsst das nicht wissen. Apg.1:7 Seine Antwort ist sehr überraschend für manche Befürworter der Ersatztheologie. Das Königreich Israels wird mit Sicherheit wiederhergestellt! Die Frage ist nur, wann das geschehen wird, doch das bleibt den Jüngern und uns im Moment verborgen. Das noch Verborgene steht beim HERRN, unserm Gott, aber das bereits offenbar Gewordene ist für uns und unsere Kinder für alle Ewigkeit bestimmt, damit wir alle Worte dieses Gesetzes erfüllen.«5mo.29:28 Konzentrieren wir uns deshalb auf das bereits offenbar Gewordene! Als Christen haben Sie eine besondere Berufung und die Verantwortung, das Evangelium vom Königreich Gottes den Juden und Nichtjuden zu verkündigen. Denn dieses Königreich wird einmal die ganze Welt erfüllen. Wie das Wasser die Meere füllt, so wird die Erde einmal erfüllt sein von der Erkenntnis der Herrlichkeit des HERRN. Habakuk 2:14 Nicht nur in Apg.1 wird das Tikkun Olam, die Wiederherstellung des Reiches angekündigt. Eine ganz interessante Stelle haben wir in der Predigt des Petrus, Apg.3. Seite 4 von 5
5 Nachdem er die Ablehnung des Messias und seine Auferstehung verkündigt hat, ruft er zur Umkehr und sagt, dass die nationale Umkehr Israels zur Wiederherstellung des Reiches führen wird. So tut nun Buße und bekehrt euch, dass eure Sünden ausgetilgt werden, damit Zeiten der Erquickung kommen vom Angesicht des Herrn und er den euch vorausbestimmten Jesus Christus sende! Den muss freilich der Himmel aufnehmen bis zu den Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge, von denen Gott durch den Mund seiner heiligen Propheten von jeher geredet hat. Apg.3: Die Wiederherstellung des Königreichs ist das Ziel des Heilsprogramms Gottes mit den Menschen. Und ich glaube, ein wesentlicher Teil dieses Programms beginnt damit, dass wir lernen, Jesus wirklich neu zu sehen, als Rabbi, als Sohn Gottes, als Menschensohn, aber vor allem als König Israels, der sein Reich inmitten seines Volkes aufrichtet. Quelle: Bitte beachten Sie: Es gilt das gesprochene Wort. Dieser Text ist ausschließlich für den privaten Gebrauch bestimmt. Wenn Sie diesen Text in einem anderen Zusammenhang veröffentlichen oder kommerziell verwenden möchten, wenden Sie sich an die jeweiligen Autorinnen und Autoren. Der Christustag wird veranstaltet von der ChristusBewegung Lebendige Gemeinde in Württemberg sowie der ChristusBewegung Baden. ChristusBewegung Baden Vorsitzender: Lothar Mössner Eschenweg Pfinztal Tel info@bb-baden.de Internet: Lebendige Gemeinde. ChristusBewegung in Württemberg Vorsitzender: Dekan Ralf Albrecht Saalstr. 6, Korntal-Münchingen Tel Fax info@lebendige-gemeinde.de Internet: Treffen Sie uns auf facebook.com/lebendige-gemeinde Folgen Sie uns auf twitter.com/lebendigemeinde Seite 5 von 5
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